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NnterlMmM-Beilage AUW WM - KMIkl MM M MM Druck und Verlag von I. Nuhr Nachf. Dr. Alban Frisch, Hohenstein-Ernstthal. Die Hochzeitsfahrt. — — Roman von Else Krafft. ' Nachdruck verboten. „Was hast du denn?" fragte die Tante beim Morgen kaffee, als die Nichte ihre eingegangenen Postsachen durch- fah und dabei über ein g: ißes, steifes Kartonblatt ab lehnend den Kopf schüttelte. „Ach, . . . n . . . nichts " sagte die junge Frau, indem sie den Brief nachlässig zu r n andern legte. „Nichts," r-".> 77, .c alte Dame auf. „Was ist denn das schon w! er iür eine Antwort, Maria? Ich sehe es dir doch an, daß es was ist. Aber ich will mich nicht in deine Geheimnisse drängen, wenn du so wenig Vertrauen zu mir hast." Maria blickte von ihrer Kaffeetasse auf und in das ge rötete, gutmütige Gesicht unter dem weißen scheitel. „Geheimnisse! "Du liebe Zeit, als ob so eine dumme, steife Hochzeitseinladung ein Geheimnis wäre! Da, . . . lies doch, wenn es dich so brennend interessiert." Und sie schob den weißen Bricsumschlag über den Tisch hinüber. Tie alte Dame rückte ihre Brille zurecht und las: „Zu der am 20. September, nachmittags drei Uhr, statt findenden VcrmühlungSseier ihrer Tochter Margarete mit dem Diplomingenieur Herrn Hans Wächter gestatten sich Frau Maria Volkmann ganz ergebenst einzuladen Bürgermeister Adolf Winkler und Frau." „Volkmann?" . . . fragte die alte Dame, ja, ...warum denn auch hier dein Mädchenname, Maria? Ihr seid doch noch nicht geschieden, du und Herbert, du heißt doch noch Bürkner . . „Ach, laß doch," wehrte die junge Frau ab, das ist doch alles so gleichgültig, Volkmann oder Bürkner, beide Namen wiederholen sich hundertmal, und Papas Name klingt doch wenigstens ein bissel nach Größe . . . Ich werde doch da draußen auf der Reise, wo ich diese kleine Bürgermeistcrs- grete kennen gelernt habe, nicht als Frau Bürkner allein die Badeorte unsicher nrachcn, das kannst du dir doch denken. Es könnte doch mal jemand unter den Kurgästen sein, der Her bert kennt, und der . . . Sie stockte jäh, nahm die HochzeitseiulaLung wieder an sich und schüttelte den Kopf. „Du bist schrecklich neugierig. Tante, darüber könnte ich oft deine sonstigen Vorzüge vergessen. Deine Augen sind ganz rund und ängstlich geworden. Passen gar nicht hinein in Vein liebes Grobmamagesicht. Diese kleine Bürgermcifkrs- grete, Lie nun leider auch daran glauben muß, daß die Her ren der Schöpfung sich im Hausrock ganz anders entpuppen, wie im Bräutigamsfrack, bombardiert mich nämlich schon seit vierzehn Tagen mit Briefen um diese ihre Hochzeit. Die gedruckte Einladung hätten sie mir gar nicht schicken brauchen aus Kroplin, bedenke doch, was für ein stolzer Name für eine Stadt mit einem leibhaften Bürgermeister!" „Nun spottest du auch noch," jammerte die alte Dame, indem sie ganz bekümmert ihr Brötchen aß. Ich glaubte immer, du hättest dieses junge Mädchen damals lieb gewon nen, ich war direkt froh, daß du überhaupt noch jemand lieb haben konntest . . ." „Danke für den Stich," lachte die junge Frau. „Habe ich doch auch. Wenn man das kleine, süße Ding mit dem großen Herzen nur ansah, mußte man es schon gerne haben. Beinahe kurze Röcke trug das Mädel noch, und die Zöpfe in Schnecken links und rechts am Ohr rm vorigen Sommer. Wie ein Hundel lief sie mir nach, und schon in den ersten drei Tagen wußte ich die ganze Lebensgeschrchte von der Bürgermeislersgrete. Da kannte ich Hinz und Kunz aus Kroplin, kannte das ganze, butterweiche Seelchen in seiner goldenen Gradheit besser wie »lein eigenes Innere. So wohl tat mir damals diese offene Krnderfre-undschaft nach der furchtbaren Zeit, so dankbar war ich der Kleinen, daß sie nie fragte, immer nur von sich selbst erzählte, von der wun derschönen, reichen Welt, in der sie ihre achtzehn Fahre aus- leben durste. Keine Ahnung damals von einem Ingenieur Hans Wächter, vom Verlieben, Verloben und Heiraten, alles nur köstliches, unbedachtes Jungsein. Und dann, nach den jubelnden, stürmenden Briesen plötzlich die Verlobuugs- anzcige, Der nun so bald schon die Hochzeit folgt,. . . gräß lich ..." „Und du willst nicht hin?" fragte di« alte Danw beinah beleidigt. „Nein,. . . was denkst du denn von mir? Ich soll mich Wohl in Kroplin lächerlich machen mit meinen geschlitzten Tüllroben und dem ewigen Durst auf Sekt bei jeder fest lichen Gelegenheit." r Die alte Dame hob abwehrend die Hand. ; - „Mein Gott, ...so schlimm bist Lu ja gar nicht, wie du dich selber machst. Deine Vergnügung ssircht und Wild heit hat schon sehr nachgelassen, . . . du willst es bloß nicht einsehen. Uno du brauchtest ja auch nicht gerade deine ver rücktesten Kinser anznziehen, du hast doch auch solidere; da- schwarze Samtkleid ist doch auch dekolletiert, nur die Gold spitze etwas anvers garnieren und ein paar weiße Rosen dazu, das paßt doch sicher..." ... Jetzt lachte Maria ganz laut und herzlich. - „Du willst mich wohl durchaus los sein, daß du so zu- redest?" , - .. Die alte Dame wurde rot. „Unsinn, ... es handelt sich Loch höchstens um zwei bis drei Tage, wenn du wirklich da hrnführest! Nur,... ich würde mich freuen, wenn Lu mal sowas mitmachtest, eine Hochzeit in einem soliden Hause, kleinstädtisch, poetisch und stimmungsvoll. Dein Standesamtsfrübstück damals, nur Männer,... keine Brautjungfern,... nichts, als formelle und überstürzte Staatspslichten,... ich darf gar nicht mehr daran denken. Und nun erst gar diese extravanganten Feste hier mit Künstlern uns Börsenleuten, die in dir immer mir sie Tochter des berühmten Mannes sehen, die nicht halb so gute Bilder malt, wie ihr Vater es getan." „Du bist heute mal wieder ganz besonders liebens würdig," sagte die junge Frau verstimmt, indem Ke aus-