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Müerhaltungs - Beilage JAM Druck und Verlag von I. Ruhr Nachf. Dr. Alban Frisch, Hohenstein-Ernstthal. (Nachdruck verböten.) Seiseitegeschafften Leichnam an. Sie kann sich aber auch freiwillig verborgen halten, um nicht Zeugnis gegen ihren Liebhaber ablegen zu müssen. Gegen diese ganze Ver mutung spricht allerdings ein gewichtiger Grund: Fräu lein Schmidts Charakter. Wer sie kennt, muß es für aus geschlossen halten, daß sie derartige Beziehungen unter hielt. Ihr Lebenswandel gilt allgemein für geradezu mustergültig. Sie wies jede Huldigung zurück, widmete sich ganz ihrem Beruf und mied in Gesellschaft die Unter haltung mit jungen Männern beinahe ängstlich." „Wie erklärt sich dann aber ihr plötzliches Ver schwinden, das so sonderbar mit dem Mord zusarmnen- sällt?" „Ich halte es für einen reinen Zufall und bin über zeugt, Fräulein Schmidt ist bei einem Ausgang, den sie wahrscheinlich gestern unternahm, einem Verbrechen zum Opfer gefallen." „Dann müßte aber doch ihr Leichnam gefunden werden!" „Ich fürchte, dies wird nur zu bald der Fall sein. Dadurch werden dann zwar all' die losen Vermutungen der Polizei aus der Welt geschafft fein, Herrn Lauterbecks Tod wird aber nach wie vor in unbegreifliches Dunkel gehüllt bleiben." Eine lange Pause folgte diesen Worten. Endlich raffte Varon David sich auf. „Wir wollen des armen Adolfs Tod also zunächst beiseite lassen und warten, was die weitere Untersuchung ergibt. Haben Sie mir über unsere andere Angelegenheit nichts Neues zu berichten, Herr Doktor?" „Leider nein. Die Dampfschiffahrtsgesellschaft, an die ich mich um Auskunft über die einstige Schiffsliste des „Orinoco" wandte, hat nicht geantwortet. Aus Hamburg konnte ich bisher nur in Erfahrung bringen, daß die Ver wandten Ihrer Schwiegertochter, Herr Baron — eine Schwester und deren Gatte —, die Stadt bereits vor Jahren verließen und ihr gegenwärtiger Aufenthalt un bekannt ist. Man müßte da Wohl selbst an Ort und Stelle Nachforschungen anstellen, doch fehlt mir dazu im Augen blick die Möglichkeit. Ich habe zwei wichtige Prozesse durchzuführen, die mich in Berlin festhalten." „Und warum engagieren Sie dafür nicht irgendeinen fähigen Menschen? Ich fürchte" — David Drewendt blickte trübe vor sich hin —, „viel Zeit habe ich nicht mehr, um zu warten." „Das kann jederzeit geschehen. Nur wünschten Sie bisher größte Verschwiegenheit in der Sache, Herr Baron." „Gewiß, aber das gilt doch hauptsächlich nur für Wiesental. Ich will nicht, daß Valentin und Melanie, die sich bisher mit Recht für meine Erben halten konnten, mir den Wunsch, nähere Erben aufzufinden, als Lieblosigkeit auslegen. Natürlich würden sie ja auch dann nicht leer aus gehen. Immerhin möchte ich sie nicht unnötig beunruhigen. Es kann ja wohl sein, daß wir von meinem armen ; (3. Fortsetzung.) Lange Zeit blieb es totenstill im Gemach. Posch hatte « Erfrischungen und Zigarren gebracht, aber Dr. Holly I lehnte bis auf eine Zigarre alles ab. Diese rauchend, faß ! er nun dem alten Herrn stumm gegenüber, der seinerseits, I eine Hand über die Augen gelegt, ganz in Schmerz ver- > sunken schien. Plötzlich ließ er die Hand sinken und sah Holly fest an. „Sie sprachen vorhin von dunklen Begleitumständen. I Was meinten Sie damit?" „Vor allem den Ort, an dem das Verbrechen geschah. I Es ist ganz unerklärlich, was Herrn Lauterbeck an das i Winzerhaus im Nosenhofer Park führen konnte. Wie Sie > wissen, gehört der Rosenhof der Familie Rehbach." „Das ist mir bekannt. Aber ich glaube, fast mit Be- ! stimmtheit versichern zu können, daß Adolf diese Familie > kaum dem Namen nach kannte." „Das glaube ich auch. Verkehrt hat er jedenfalls nicht ; im Hause, sonst müßte ich davon wissen. Hans von Reh- ' bach ist mein bester Freund, und durch ihn bin ich seit 1 Jahren auch mit den Herrschaften auf dem Rosenhof in » ständigem Verkehr." „Aber hat man denn gar keine Vermutung, was ! Adolf in den fremden Park geführt hat?" Dr. Holly schwieg. Der Baron sah ihn forschend an. „Na, heraus mit der Sprache!" drängte er unge- ; duldig. „Ich sehe es Ihnen ja doch an, daß Sie irgendeine i Vermutung haben. Ist sie denn so schlimm?" „Schlimm nicht, nur so unbestimmt, daß ich wirklich » selbst nicht weiß, ob sie überhaupt Beachtung verdient. Um ! kurz zu sein: Rehbachs haben feit etwa einem halben Jahr I eine neue Erzieherin für ihre Töchter. Dieses Mädchen — I Jela Schmidt —, die sehr schön ist, ist seit gestern abend ; spurlos verschwunden. Sie wurde um fünf Uhr » zum letztenmal im Nosenhof gesehen, wo sie ihren Zög- l linaen eine schriftliche Aufgabe diktierte. Danach begab I sie sich in ihr Zimmer. Ob sie nachher ausgegangen ist I oder zum Winzerhaus Hinausstieg, darüber weiß niemand ' etwas. Ihre Sachen sind in völliger Ordnung,'nichts in I ihrem Wesen deutete darauf hin, daß sie ihre Stellung auf- I geben wollte. Die Polizei bringt nun das Verschwinden Ü dieses Mädchens mit dem Mord in Verbindung." Drewendts Augen hatten sich in Schreck geweitet. „Ein Weib? Ein Weib soll Adolf ermordet haben?" , rief er entsetzt. ! „Nicht ermordet. Die Polizei nimmt nur insofern k einen Zusammenhang an, als es sich vielleicht um ein j Eisersuchtsdrama handeln könnte. Wenn Fräulein > Schmidt zum Beispiel heimlich Beziehungen zu Herrn , Lauterbcck unterhalten hätte und ein eifersüchtiger Lieb- I Haber beide oben am Winzerhaus überraschte, wäre es I Wohl möglich gewesen, daß dieser sich im Affekt zu der Tat ; hinreißen ließ. Fräulein Schmidt könnte dann entweder ' auch ein Opfer feiner Rache geworden sein — und in der I Tat stellt die Behörde bereits Nachforschungen nach einem Am das Erbs' der DreVenW Kriminalroman von Erich Ebenstein.