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Ws ierhaltmms - Beilage zum MM - WWl AM! M AM Druck und Verla« von I. Stuhr Nachf. Dr. Alban Frisch, Hohenstein-Ernstthal. Hell Binders eg zum Glück Roman von Helene von Mühlau (Hedwig v. Mühlensels), mein das von Ernst war « Können, das mich beseelte und mir den Abschied von dir l leicht werden ließ. Aber dann — wie über Nacht habe ich I einsehen müssen, daß nicht ich es bin, die den Keim zum ; wahrhaft Vollendeten in sich trägt, sondern daß er — der » andere — daß Ernst Kromer es ist. Und in derselben Nacht, I in der mir endgültig diese Erkenntnis gekommen ist, habe I ich die große Wandlung durchgemacht. Und da du mich I fragst, will ich es dir sagen: Ja, ich liebe Ernst Kromer, ? aber ich liebe das, was in ihm ist — seine Kunst! Ich I möchte mich selbst und alle meine Wünsche, die ich für die I eigene Person hegte, vergessen — nur für ihn leben, ihm ! helfen, ihn trösten, wenn die großen Zweifel kommen. ! Von all dem aber weiß er nichts und wahrscheinlich würde I er laut auflachcn, wenn er es wüßte. Tenn er haßt alles, » was weich und sentimental ist. Er bildet sich ein, keinen I Menschen zu seiner Hilse zu brauchen — ach, er ist ja so > jung, Großmutter, und seine Eltern sind hart zu ihm!" Frau Tandwills Gesicht war bleich geworden, schmerz- , liche Erinnerungen zogen durch ihr Herz. Ach, daß sie groß und stark sein könnte jetzt! Daß sie I alles, was sich gegen das, was das Kind ihr da gebeichtet I hatte, auflehnen wollte, zum Schweigen zu bringen ver- ü möchte! Was würde es nützen, wenn sie sich jetzt wehren ' wollte, wie der stolze Tote es einstmals seinem Kinde ge- I genüber getan? Kind. Sag' mir, was du zu sagen hast!" Und München antwortete klar und ruhig: „Als ich dir ging, Großmutter, da war es noch nicht Kromer, den ich zu lieben glaubte. Damals es die Hoffnung auf mein eigenes ganz großes (Nachdruck verboten.) Nur Verderben bringen konnte sie, wenn sie versuchte, Härte und Kälte zu geben statt des Verstehens und der Liebe, die von ihr gefordert worden. „Des Menschen Wille ist sein Glück!" sagte sie leise und strich über die blonden Haare der Enkelin. »Latz alles gut in dir reifen, Kind — wolle nichts überstürzen! Und gib nicht voreilig alles Eigene auf, woran du so fest glaub test, wofür du doch alles andere geben wolltest!" „Seit ich weiß, Großmutter —" flüsternd kamen die Worte aus Leonies Munde, „seit ich weiß, daß mein Vater nichts anderes als ein Stümper gewesen ist, ja — seit ich das mit voller Gewißheit von ihm weiß, seitdem habe ich den Mut verloren. Ich will nicht spielen mit etwas, das mir heilig ist!" „Wer hat es dir gesagt, daß dein Vater ein Stümper geblieben ist? Wer kann es dir gesagt haben, Kind? Wer weiß von ihm?" Aber da schwieg der junge Mund. Eine Blutwelle stieg ins zarte Gesicht und die Augen schlugen sich nieder. Frau Tandwill fragte nicht Weiler. Am nächsten Tage fuhr sie nach Hause. Ruhelos wanderte sie durch die Räume des stolzen Hauses. War es gut, in solch einem Hause zu wohnen? War es gut, solche Traditionen zu pflegen, wie der verstorbene Schloßbesitzer es getan — Traditionen, die wie enggewordene Kleidungsstücke Körper und Seele um schnüren und am freien Atmen und Fühlen hindern? Will das Leben nicht, daß jede Generation die Wand lungen ihrer Zeit durchmacht? Ist es nicht töricht, bei jedem besonderen Vorkommnis, das in die Familie ein greifen will, zu den Wänden, an denen die alten Bilder der Längstgestorbenen hängen, aufzusehen und ängstlich zu fragen: Was würdet ihr sagen? Wie würdet ihr gefühlt und gehandelt haben, wenn solche Dinge an euch heran getreten wären? Nein — nein — nein, das konnte nie und nimmermehr gut sein! Das hieß, dem neuen Leben der Jugend die Entwicklungsmöglichketten unterbinden — das hieß, klein, engherzig und rückständig fein, und konnte nur Unheil heraufbeschwören. „Gib mir die Kraft, gib Mir Lie Weisheit, daß ich richtig und ehrlich vor mir selber handele!" betete Frau Tandwill wieder und wieder, wenn sie nach einem langen, von Gedanken und Herzensnöten beschwerten Tage am Abend in ihrem Bett lag. „Uno wenn ich nicht mehr in die Welt, wie sie jetzt geworden, hineingehöre, so nimm mich von ihr fort! Latz mich kein Hindernis, kein Grund zum Kummer werden für die, die ich liebe!" Dreizehntes Kapitel. Und es war, als wollte Gott der tapferen Frau die Erfüllung ihrer heißen Bitte, die sie an ihn gerichtet hatte, senden. Immer dichtere Schleier woben sich zwischen Ke und das wirkliche Lebe». Die Gedanken verloren die Macht, sie zu martern; es war, als seien sie ihres Treibens müde, als hätten sie nur noch das eine Verlangen, ruhen zu dürfen. ! (13. Fortsetzung.) Manchmal kam Frau Tandwill zu ihrer Enkelin in die > Stadt gefahren, und einmal, als sie mit ihr einem Konzert ; beiwohnte, geschah es, daß Ernst Kromer sich zu ihnen ' gesellte. In Leonies Augen war ein Leuchten — ihre I Stimme klang nicht ganz fest, als sie der geliebten Groß- I mutter den einzigen Freund, den sie besaß, vorstellte. Am späten Abend kniete sie neben dem Sessel, auf dem ! die Großmutter saß, nieder. „Wie gefällt er dir, Großmutter? Sag', glaubst du . an ihn? Könntest du dir denken, daß er großes — nein, I daß er das Allerhöchste erreicht?" In Frau Tandwills I Herzen wollte ein „Ja" antworten, aber da stieg wie eine s Vision das Bild jenes Mannes vor ihr auf, der ihres » Kindes Sinn verwirrt, der seine Seele von allem, was bis ! dahin aufs engste mit ihr verwachsen gewesen war, zu I lösen vermocht hatte. Es war plötzlich, als fielen Schleier s vor ihren Äugen hernieder; die Ankunft lag vor ihr, greif- ; bar — grausam — unabänderlich. Auch dieses Kind war ihr verloren, auch dieses Herz I würde bereit sein, sich von ihr zu lösen, wenn sie jetzt ver- » suchen wollte, an sich zu denken, und zu vernichten strebte, » was eine höhere Macht bereits bewirkt hatte. „Tu liebst ihn, Leonie? Deine Gedanken, deine I Träume, Leine Sehnsucht gehören ihm. Sag' es mir,