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stück zu bringen, waren ich sowohl wie mein Partner, dessen « meine Adresse harrt heute noch seiner Erfüllung, da mein wiederholte Attacken mich in steter Bewegung hielten, I Korpus bis dato noch nie auf der Tafel eines meiner ! schachmatt. Uns beiden, Mensch und Tier, kam die Früh- > Wüstenkönige prangte. stückspause gewissermaßen willkommen, und während Collsmann, dem ich wie gerufen kam und der an ! Prinz noch keuchend vor Aufregung sich in einer Ecke des (Schluß solgt.) Verlorene Liebesmühe. Ein niederdeutscher Volksspruch gibt auf die Frage: Welche ! drei Dinge sind unnötig? folgende Antwort: 1. Schnee wegschauseln — der geht von selbst weg. 2. Den Doktor holen — der Mensch stirbt von selbst. . , 3. Jungen Mädchen einen Bräutigam anzuschassen — die ' schassen sich von selbst einen an. St. i ! als Lehrling anbot, an diesen schrieb und um Erlaubnis I bat, da er mich ohne die Zustimmung meines Vormundes » nicht behalten wollte, wurde ihm diese sofort erteilt. Ein » frommer,Segenswunsch von diesem Gefühlsmenschen an Käfigs niedergelassen hatte, ließ ich mir die leckeren Bissen, i die meine Frau mir in einem kleinen, dem Standort der > s Menagerie ungegliederten Verschlage bereitete, Wohl- ' I schmecken. Dabei gaben wir beide auf unseren Stamm- ° ^Halter wenig acht, und erst sein krähendes „Papa! — - -Papa!", das plötzlich aus dem Käsigraum zu uns herein- > schallte, ließ uns, nichts Gutes ahnend, das Frühstück I unterbrechen. ; Mit einem Satz war ich außerhalb des Verschlages, i um hier eines Anblickes teilhaftig zu werden, der mir für I einen Augenblick den Gebrauch meiner Glieder nahm. In dem von mir soeben verlassenen Käfig, zwischen ; den mächtigen Pranken von Prinz, saß mein Junge, der, I mich erblickend, in lauten Jubel ausbrach, sich dabei, ohne I eine Ahnung der fürchterlichen Gefahr, noch fester an ! seinen vermeintlichen Spielgefährten anschmicgend. Was ! mir alles in den wenigen Sekunden, die ich fast gelähmt I vor Schrecken regungslos verharrte, durch den Kopf schoß, j kann ich unmöglich schildern, doch das Chaos meiner Ge- « danken entwirrte sich sofort, als meine Frau, die mir auf ! denr Fuße folgte, an mir vorbeieilte. Ihre Absicht ahnend, I war ich mit einem Sprunge an ihrer Seite und, sic zurück- j reißend, in wenigen Augenblicken im Vorkäsig, dessen Tür - ich beim Verlassen desselben wie immer offen gelassen ! hatte, da ja die Tür des Hauptkäfigs hinreichend versichert > war, um allen Besreiungsversuchen meines Löwen Trotz j zu bieten, und ich nach beendigtem Frühstück meine unter- » brochene Arbeit wieder aufnehmen wollte. Wie es aber « geschehen konnte, daß ich auch die Tür, die den Vor- mit i dem Hauptkäfig verband, offen ließ — denn mein Knirps > hätte dieselbe nie allein öffnen können — ist mir bis heute ; ein Rätsel. . meiner Zuneigung zu seinen Tieren seine Helle Freude I hatte, verwandte mich zu meiner größten Enttäuschung in ' den ersten Jahren nur zur Pflege und Wartung seiner ; wirklich prachtvollen Gruppe, die in ihrer bis in das i kleinste vollendeten Dressur die Bewunderung und den I Neid aller Fachgenossen erregte. Den Käfig meiner Schutz- ! befohlenen zu reinigen war mir wohl gestattet, nicht aber ; das Betreten desselben. Daß ich schwer unter diesem Ver- i bote litt, werden Sie mir nachfühlen können; denn nur um I den Tieren als Wärter zu dienen, hatte ich meiner Vater- ; stadt nicht Valet gesagt. Der Gedanke, es meinem Brot- ; Herrn gleichzutun, ließ mir keine Ruhe; und eines Tages, i an dem mich ein glücklicher Zufall in den Besitz der Käfig- I schlüssel kommen ließ, betrat ich, ausgerüstet mit der blei- ; gefüllten Peitsche Collsmanns, den Aufenthaltsraum ; meiner Kostgänger. Meine Neugierde, wie wohl die Sechs I sich meinem unbefugten Eindringen gegenüber verhalten I würden, war so brennend, daß neben ihr kein anderes Ge- . fühl aufkommen konnte. Leider kam mein Sensations- ! bedürfnis nicht auf seine Rechnung, denn mit Ausnahme I von Oman, dem ältesten der Schar, nahm niemand Notiz j von meinem Eintreten. Dieser würdige alte Herr schritt . gravitätisch auf mich zu und ließ sich von mir geduldig den ! Kopf krauen. Es war das reine Idyll. Zur Schande Omans I muß ich jedoch eingestehen, daß dessen hier zutage tretende j Zuneigung wohl mehr den alltäglich aus meinen Händen » empfangenen Fleischportioncn galt als meiner zwölfjähri- ! gen Wenigkeit. Mein erster Besuch war also nicht geeignet, I furchteinflößend auf mich zu wirken; und hätte nicht Colls- l mann, der mich bei diesem ersten Debüt als Dompteur er- - wischte, mir eine so ausgiebige Ladung ungebrannter Holz- ! asche verabfolgt, so wäre dieses erste Auftreten im Löwen- I käsig ohne jedes eindrucksvolle Ereignis vorübergcgangen. I Ich teile Ihnen dieses Intermezzo nur mit, weil doch das ; erste „engere Fühlungnehmen" mit diesen Königen der - Tierwelt gewöhnlich eine leicht verzeihliche Erregung bei I dem größten Teil aller, die jemals in die Lage kommen, I einen Raubtierkäfig zum ersten Male zu betreten, auslöst. ; Das schon bei meinem ersten Debüt sich einstellende Glück » ist mir, abgesehen von einigen kleinen Vorfällen, die nicht I der Rede wert sind, stets treu geblieben und bildet ge Im Löwenkäsig. Skizze von MaxZeumer. (Nachdruck verboten.) Ob ich jemals im Verkehr mit meinen Bestien Furcht » gehabt habe?" Dompteur Bering, dessen Auftreten mit einer aus I Tigern und Löwen gebildeten 14 Köpfe starken Tiergruppe n allabendlich Beifallsstürme auslöste und dessen Name allein ; dem Zirkus Roslin stets ein volles Haus brachte, schüttelte » leicht den Kopf. „Nie! — wenigstens soweit es sich um I meine Person handelte. Sonst habe ich dieses Gefühl in I meiner dreißigjährigen Tätigkeit nur ein einziges Mal ; kennengclernt, aber gleich so gründlich, daß ich gern auf » eine Wiederholung verzichte." Bering mochte mir den Wunsch, näheres über den an- I gedeuteten Vorfall zu erfahren, von den Augen abgelesen ; haben, denn er fuhr gutmütig lächelnd fort: „Selbstverständlich teile ich Ihnen diese Episode mit, I nur möchte ich vorerst die Erklärung, weshalb ich bei I meinen Arbeiten im Käfig gegen Furchtempfindungen ge- ! schützt bin, vorausfchicken. Als zehnjähriger Bursche hatte ! ich zum ersten Male in meinem Leben Gelegenheit, in einem I Wanderzirkus, der in meiner Vaterstadt Vorstellungen gab, I den Dompteur Collsmann, dessen aus sechs prachtvollen ! Berberlöwen bestehende Gruppe damals berechtigtes Auf- ! sehen erregte, zu bewundern. Die nächste Folge meines l Zirkusbesuches war meine Flucht aus dem Hause meines I Vormundes, dem ich sicher durch mein Fortlaufen einen I großen Gefallen erwies; denn als Collsmann, dem ich mich wissermaßen die Frucht meiner Sorgfalt im Umgang mit j meinen Tieren, deren Eigenheiten ich stets Rechnung trage, » und deren Wohlbefinden mir nächst dem meiner Familie ! am höchsten steht. Doch ich will Ihre Wißbegierde nicht l länger auf die Folter spannen, um so mehr, als ich Ihnen den Helden der Episode nachher persönlich vorstellen » werde. Es sind seitdem etwa fünfzig Jahre vergangen, und I ich hatte, wie alljährlich, den Winter in der Residenz in j dem hier gastierenden Zirkus Wallerstein zugebracht und » mich im Kreise meiner hier bei den Schwiegereltern le- « benden Familie von den Strapazen meines Berufes ! ordentlich erholt. Ich konnte und wollte den Meinigen < nicht das unruhevolle Leven eines umherziehende« Ar- ' listen zumuten, und da ich doch in jedem Jahr für die » Dauer einiger Monate in der Residenz auszutreten pflegte, I meine Frau mich im Sommer mit unserem drei Jahre I alten Stammhalter in meinem jeweiligen Engagements- ' ort mehrere Wochen besuchte, kamen wir Wohl oder übel » über die trennende Zeit hinweg. Waren wir zusammen, I so pflegte mich meine Gattin mit unserem Erstgeborenen I stets zu meiner Morgsnarbsit zu begleiten, die besonders ! meinem Sprößling unbändiges Vergnügen bereitete; ' dessen stürmische Zärtlichkeiten alle in dem Wunsche aus- I klangen, einmal wie sein Vater mit diesen großen Wau- I waus spielen zu dürfen. Ich hatte damals einen neuen ! Mitarbeiter in der Gestalt eines Senegallöwen erhalten, ! der an meine Ausdauer und Geduld die höchsten Anfor- ! derungen stellte und dessen Bösartigkeit mich zwang, den- > selben in einem von den übrigen Tieren getrennten Käfig ! zu halten. Am Morgen des in Frage kommenden Tages ! hatte sich Prinz besonders ungebärdig benommen, und als I meine Frau erschien, um mir wie immer das zweite Früh- >