Volltext Seite (XML)
gefeindeten Erfindungen. Es war im Jahre 1837,- als der Vertreter Edisons der Pariser Akademie den neuerfunde nen Phonographen vorführte. Der gute Mann wurde, statt daß man ihm begeisterte Lobesworte gesagt hätte, von der Gesellschaft der großen Gerster fast — geohrfeigt, weil man glaubte, er sei nichts als ein guter — Bauchredner! Ein Königreich mit 60 Untertanen. Der Nordküste Sardiniens vorgelagert liegt südlich vom Golf von Terranova Pausania eine Gruppe von Inselchen, zu denen auch die Insel Tavolara gehört, die etwa 3 Kilometer in der Länge mißt und weniger einer Insel als einem Tischchen gleicht, das aus dem Meere ausgestiegen ist. Dieses Inselchen bildete über ein halbes Jahrhundert lang das kleinste Königreich der Welt. Und das kam so: Ein junger Hirt war einst aus den Bergen Sardiniens zum Meer hinabgestiegen und verkaufte auf dem Markt in Terranova Käse und Fische, die er in seinen Mußestunden gefangen hatte. Dieser Hirt namens Esisio Pio heiratete in der Folge und ließ sich mit seiner Frau auf Tavolara nieder. Da er der einzige Bewohner war, so betrachtete er sich als Herr des kleinen Landes. Er führte hier mit den Kindern, die ihm geboren wurden, und die er in der Einsamkeit erzog, ohne daß es ihm ein gefallen wäre, sie taufen zu lassen, das Leben eines Patriarchen. Ms der König Karl Albert von Sardinien im Jahre 1821 Sardinien einen Besuch aüstattete, hielt es Esisio für angezeigt, ihn zu besuchen. Karl Albert fand es nicht unter seiner Würde, sich mit dem „Hirtenkönig" zu unterhalten, und fragte ihn schließlich, ob er einen Wunsch habe. „Ich habe nur den Wunsch," antwortete Esisio, „mit meiner Familie in Frieden auf Tavolara zu leben." — „Komm' einmal nach Turin, und dort wollen wir weiter darüber reden," antwortete Karl Albert in der stillen Hoffnung, daß Efisio sich nie entschließen würde, die Reise nach Turin zu machen. Aber er täuschte sich. Efisio erschien tatsächlich eines Tages im Königspalast zu Turin. „Ta du nun einmal ein König auf deinem Inselchen bist, magst du es in Gottes Namen auch bleiben!" erklärte der König, und Esisio kehrte glücklich als beglaubigter Monarch nach seinem Inselchen zurück. Vierzig Jahre lang waltete er als absoluter und niemals angezweifslter Herrscher seines Amtes. Tie Familie hatte sich inzwischen vergrößert. Die Söhne hatten sich ver heiratet und mit ihren Frauen auf der Insel nieder gelassen, so daß die Bevölkerung jetzt aus 60 Köpfen be stand. König Efisio übte als Souverän, Richter, Priester, General und Admiral eine unbeschränkte Macht aus und wurde von der wirklichen Behörde niemals belästigt. Ein mal freilich erschien ein Stcuerbeamter in Begleitung eines Feldmessers auf seinem Inselchen, um das Land zum Zweck der Steuereinschätzung auszumesscn. König Esisio empfing die beiden Beamten, umgeben von seinem Stamm, mit der Flinte in der Hand und der Frage: „Was sucht ihr hier?" Auf den Bescheid der beiden, daß sie ge kommen seien, das Land auszunehmen, um die Steuern festzusetzen, antwortete König Esisio lächelnd: „Hier bin ich König! König Albert hat mit mir einen Vertrag ab geschlossen; da ist er!" Mit diesen Worten legte er den Beamten tatsächlich ein Schreiben aus dem Kabinett des Königs von Piemont und Sardinien vor, in dem dieser Pio Efisio von Tavolara anerkannte. Die beiden Beamten ließen sich durch die Anzahl von Flinten und Pistolen, die drohend auf sie gerichtet waren, überzeugen und hielten es für angezeigt, angesichts dieser Beweismittel den Rück zug anzutreten. über vierzig Jahre lang herrschte so Efisio über die Insel und seine Untertanen. Aber als er starb, hatte sich die Welt bedenklich gewandelt. Sein ältester Sohn und Thronfolger hielt es unter diesen Verhältnissen für geraten, Lie Insel zu verlassen, und seine Verwandten taten das gleiche. Damit war die Herrlichkeit dieses Operettenkönigreichs zu Ende. Von verkannten Erfindungen. A l t e r t u m u n o N e u z e i t. Die Tragik des Erfinderschicksals, die sorgen- und ent- > täuschungsreichen Kämpfe der Erfinder um ihr Werk finden . wir schon im Altertum. Von Kaiser Tiberius wird erzählt, ! daß er im Jahre 30 einen Mann hinrichten ließ, nur des- I halb, weil er ein biegsames, hämmerbares Glas, das seine I Erfindung war, dem Kaiser vorgelegt hatte, worauf dieser ' Las den Erfinder vernichtende Urteil fällen ließ, oatz, ! „wenn jene Behandlung bekannt werde, der Wert des Gol- t Les auf den des Töpsergeschirrs herabsinke." Ganz fest be- > glaubigt ist diese Erzählung zwar nun nicht, wenn sie aber, ! was durchaus möglich ist, aus Wahrheit beruht, so hat ! Tiberius durch die Hinrichtung jenes genialen Diannes Lie I Erfindung des Hartglases, um die es sich hierbei zweifel- I los handelte, um nicht weniger als 1800 Jahre verzögert, ü Ein Seitenstück hierzu, das aber diesmal eine wirkliche ' Begebenheit darstellt, ist die Erfindung, Lie ein Techniker I im Jahre 78 dem Kaiser Vespasicm vorlegte, und Lie eine I praktische Transportart für schwere Steinsärllen ausführte. ! Nun hätte man beim Bau des Kapitols wie auch des ' Amphitheaters durch diese Art Les Transportes viele I Kosten sparen können; gleichwohl wurde der Erfinder ab- I gewiesen, weil „das arme Volk etwas verdienen müsse". I Aber diesmal wenigstens wurde Ler Mann nicht hin- ! gerichtet. Solche Fälle wiederholten sich im Lause der Jahrhun- l Lerte immer und immer wieder. Völlig verblüfft ist man I aber, wenn man hört, daß ein Kriegstechniker im Jahre ' 1422 einen Nitrosprengsioff, ein richtiges Dynamit, er- I sand! Sein Rezept aber findet sich erst in den Jahren 1880 I bis 1886 in den Reichspatenten wieder. Als er lebte, ! verstand niemand die Bedeutung seiner Erfindung, und ' durch die Abschriften der Nachkommen wurde das kostbare I Rezept so verstümmelt, daß es schließlich doch wieder neu I erfunden wurde. Was aber wäre aus Welt und Mensch- ; heil geworden, hätte man das Dynamit schon vor vier- ! hundert Jahren gekannt und benutzt! An Beispielen verkannter Ersindergenialität fehlt es I denn auch wirklich nicht in der Geschichte unserer fort- I schreitenden Kultur. So wurde im Jahre 1578 durch den » Notschmied Spaichel in Nürnberg die Drehbank wesent- ! lich verbessert. Als man aber diese höchst praktische Ver- I besserung entdeckte, mußte der Erfinder sich verpflichten, ; nicht nur keine neue derartige Drehbank mehr zu bauen, » sondern auch das Original zu — vernichten! Was er denn I auch tatsächlich befolgt haben soll. Sieben Jahre später I war einem Nürnberger Nadlermeister die Erfindung einer ; Nadelschleifmaschine gelungen, allein auch hier war der » Erfolg nur der, daß es ihm unter Androhung einer Strafe I verboten wurde, die Maschine jemals zu benutzen. Noch l schlechter erging es im Jahre 1590 dem Erfinder einer ; Lcitspindeldrehbank, der, als er seine Maschine verkauft » hatte, gar zu acht Tagen Turmhaft verurteilt wurde. Und I wirklich wurde die Erfindung der Leitspindcldrehbank bis l zum Jahre 1755 geheimgehalten, in dem sie dann endlich ; ans Tageslicht gelangen konnte, allerdings nicht mehr zum » Nutzen ihres Erfinders. Der Grund zu diesen kleinlichen Machthabungen und I Gesetzen war natürlich fast in allen Fällen immer nur der, ; daß man fürchtete, durch Lie neuen Erfindungen, oie ja » enorm viel Menschcnkraft sparten, viele Arbeiter um ihren l Verdienst gebracht zu sehen. Dazu kam aber auch Ler Neid j und die Ungunst der eigenen Zunftgenossen, die eine durch ; die Arbeit der neuen Maschinen erzielte Konkurrenz fürch- » teten. So geschah es, daß im Jahre 1758 Lie erste mit I Wasserkraft betriebene Tuckschere von Arbeitern zerstört I wurde, daß die im Jahre 1786 erbaute erste Dampfmühle ; sogar zweimal abbrannte und der erste von Jacquard kon- « struierte Musterwebstuhl eines Tages zertrümmert und I dann gleichfalls verbrannt wurde. Ganz frei von Vorurteilen gegen neue Erfindungen ; ist auch die Neuzeit nicht. Die Gasbeleuchtung galt zuerst » „nur als Spielerei", die dem Publikum „wenig Nutzen" I bringen würde. Und als im Jahre 1846 von Maver und I Kühne das erste Gußstahlgeschütz erfunden wurde, wies ' man die Erfinder und ihr großes Werk ganz ruhig ab, , weil die Erfindung „nichts Eigentümliches" sei! Noch I ein Beispiel aus diesen Hunderten von verkannten und an