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und wollte durchaus nicht sagen, wer ihre Eltern seien, wo sie wohne, wie sie heiße. „Ich kann nicht! Nein, ich kann nicht!" hatte sie immer wiederholt. Während der Untersuchung war sie dann gegen alles Erwarten heldenhaft und ruhig gewesen. Nun aber wollte sie nach Hause. Dis abends muffe sie zu Hause sein, erklärte sie energisch. Dabei fuhr sie mit der kleinen Hand unruhig über den starkkädiaen Bett- berua. Schwere Tränen rannen aus den klarbrannen H->d>wauqen über die mit leisem Fieberrot bedeckten Wanasn. Der Ant wollte mit der kleinen, schwieriaeu Patien- tin nun zu Ende kämmen. — Das schwarze Täfelchen am Kaufende des Bettes war noch leer: zum dritten Mol fräste er die Kranke ernst und eneraisch, wer sie sei. Er muffe ihre Angehörigen benachrichtiaen. „DaS gellt aus keinen Fall!" saate das Kind be stimmt. „Ich sage es eben nicht, und ich kann eS nicht sagen." Der menschenfreundliche sunae Mediziner faßte väter lich mrt ihre funae, gesunde Hand. Hast du noch beide Eltern, liedeS Kind?" Ein dünner Blick wnn die Antwort. „Nein — bloß noch meine liebe, Uebe Mama!" „Nun also! Deine lMe Mama wallen wir eben benachrichtiaen. Sie soll kommen und dich besuchen." DaS biud subr zuckend auf und ba< entsest: „Nein, nein! Bitte nicht! Bitte nicht! Meine Moma darf nicht wiffen, daß ich hier bin. ffe darf mich hier nicht sehen. Ich will nach Hause! Ach bitte, lallen Sie mich dam nach Ha"le!" Amt und Schwester laben einander ratlos an. „Ist deine Mama denn so streng?" fragte die sunge Schwester-unbedacht. DaS Kind legte sich mit beleidigter Miene in die Kiffen zurück. „Meine Ma«"« ist lieb und gut," sagte sie mit un- belch>-eiblichem Nachdruck. Der Arzt winkte dem snnaen Mädchen beiseite zu neben und nabm leine kleine Patientin noch einmal allein in« Gebet. Ihre Mutter werde sich sorgen und ängstigen, nicht wiffen, wo sie bleibe. DaS hatte das Kind aber alles schon selbst überlest. „Bi« Abends änastiat sie sich nicht," saate cS mit ernster Nulle. „Ich war zu Arma einaeladen und durste bis nach acht Mr bleiben. Bloß weil ich das Notdorn. strävSchen im Blumenladen vorn, Fenster sab, bin ich umgekehrt. Notdorn bat meine Mama so aern. Nun ist es zerbrochen und fort. Aber wenn ich nur bis abends nach Hgme komme, dann ist es aleich." Der Arzt saate nun im festen Ton, den er diesem lieblichen Geschßvs aegeniiber aufbringen konnte, an Abend- beimkebren lei nicht zu denken. Er habe übriaenS mehr zu tun. Viele andere Kranke warteten sein. Sie soll ein Ende machen und ihren Namen anaeben, wie es zur Ordnung gehöre. Ihre Mutter mülle nun einmal erfahren, was geschehen sei. Oder ob sie's in der Zei- tuna lesen solle? - Ueber das Kind kam eine förmliche Ekstaw der Erregung. ,,O Gott li»ber Gott! Was soll ich nur tun?" ries sie ratlos. „Meine Herzensmama barmt sich über alles so! Sie können sich gar nicht denken, wie die ist! Sie bat sowieso seit acht Tagen so viel geweint, ich sehe cS ihr immer an. Wenn nun noch etwas Trauriges kommt, das kann sie gar nicht aushalten!" Der Arzt sagte, immer aufmerksamer in das beiß- erregte Gesichtchen blickend: „Liebes Kind — übrigens deinen Vornamen kannst du mir doch nennen." — — Sie überleate und nickte. „Charlotte," sagte ffe leise. „Liebe Charlotte, willst du mir nicht eine Freundin oder einen Freund von euch bezeichnen, einen Ver wandten, irgend femand, der euch nabe stellt, den wir bitten könnten, daß er deiner Mutter recht behutsam das Gefchellone beibrinat?" Die Kleine sann nach. „Nein!" saate sie endlich, se"f-end und lanaaedebnt. Dann stieg rlödlich eine belle Nöte in illre Wanaen, ihre Auaen beaannen zu schimmern, ein liebevoller, ver lesener An«druck leote ffch „m ihr Mündchen. „A-mand wüßte ich wohl" — — „Nun allo!" ,,Al>er nein, eS aellt doch nicht!" „Warum mm wieder nicht? Wer, liebes Kind, wer?" der Arzt. Sie besann ffch noch und laste dann mit eigentümlich Iget"". verschönten 'll'isdw'ck: Duk'l Kurt!" . Ein outen Onkel!" riel der Amt erfreut. Das N la richtig. An he" wollen wir aleich einmal schreiben Der mieh -s deiner Mutter schon so sagen, daß sie nicht er- sch-'ckt." Das ^ü'd meinte nut artW-rndew, sorgenvollem Aus druck- „Ach nein, es wird nicht o-hen!" „Ja, warum nicht in aller Welt?" fraate der Herr a>gktor nun völlig mruia. ,D"kel K"rt wird'« nicht tun!" „lägt wob! nicht Zeit? Was?" Cbarlotte fall ffch um ob etwa eine der Schw-t-ern »der eine der blaffen Kameradinnen aus den Neben- detten berüberlnähe. Dann w>"lte ffe den Doktor zu "ch heran unh flüsterte vertraulich: „Ich will's Ilenen saaen: Saaen ff^ie's nur la nie mand weiwr! und Onkel Kurt sind böle auf ¬ einander. O"k.-l Kurt ko—u-t nie mehr zu uns, nie. Des halb arämt sich sa eben Mama so — — — ich weiß eg dock'!" — ,AH, deSl-alll" - - „Ja, deshalb!" Die Kleine nickte sellr ernst. „Denken Sie nur, Onkel Kurl ist so gut, er bat uns alles zu Liebe und zu Gefallen getan. Und Mama ist auch so süß. — Und sie können sich la auch leiden: und doch haben sie sich so aestritten. Mama bat gezittert und aeweint — und Onkel Kurt ist elffch so Mr sehr heftig. Der kann zornig werden — ach Gott, ach Gott!" Gewaltsam em Lächeln unterdrückend, saate der sunge Herr: „DaS ist schlimm! Das muß man nicht!" DaS war illr aber wolll schon zu viel des Tadels. „O, er meint es nicht böse!" versicherte sie mit Wärme. „Ich weiß sa, was von allem der Grund ist. wenn ich mir's auch vor Mama nicht merken lasten darf. Sie sprachen sa aber manchmal so laut — ich mußte eS hören." — Leise, wie ein Hauch, lisnelte sie: „Onkel will nämlich mein Papa werden, und Mama denkt, mein Papa 'm Himmel könnte böse darüber sein. Das ist es!" „Ab, das?"