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Hohenstern-Eenstthalev Zeitung, Nachrichten und Neueste Nachrichten G/tttralanzeigee füt Hohenstein-Ernstthal mit Hütlengrund, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Rüsdorf, Langenberg, Meinsdorf, Fallen, Langenchursdorf, Reichen» bach, Callenberg, Grumbach, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Pleißa und Rüßdorf, Rr. 151 - ! Donnerstag, den 3. Juli 1925 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen deS Amtsgerichts. Finanzamts und des SlodtratZ zu Hohenstein-Ernstthal, sowie der Behörden der umliegenden Ortschaften. - Druck und Verlag von Dr. Alvan Frisch. Verantwortlich für di« Schriftleitung Dr. Erich Frisch, für die Anzeigen Otto Koch s 75. gahcg AM» W IM MAM Bor einer außenpolitischen Debatte Der Auswärtige Ausschuß des Reichstages trat unter Vorsitz des Ab geordneten H e r g t und die damit in Verbin dung stehenden außenpolitischen Probleme zu sammen. Fast alle Mitglieder des Reichs rates und der Rcichsbe Hörden waren erschienen. Der Außenminister Dr. St re se in a n n gab in den Verhandlungen einen Ueber- blick über die Geschichte der Sicherheitsfrage und über die Möglichkeiten, die der deutschen Negie rung nach der Antwortnote Briands noch blei ben. Im Anschluß an die sehr langen Ausfüh rungen des Außenministers sprachen Redner aller Parteien. Die Debatte beschäftigte sich auch mit der Vorgeschichte der Sicherheitssrage und mit der Verant wortung für den Inhalt des Memo randums, das das Auswärtige Amt zur Einleitung der Verhandlungen am 0. Februar an die französische Negierung gesandt hatte. Nach Ansicht parlamentarischer Kreise werden wich tige Entscheidungen in der Sicherheits frage in den nächsten Wochen nicht getrof - f e n werden, da die inoffizielle Rückfrage in Pa ris über die Unklarheit in Briands Antwortnote bis jetzt noch kein Ergebnis gehabt hat, das zu einer endgültigen Antwort Deutschlands Anlaß geben könnte. Die Beratungen des Auswärtigen Ausschusses haben insofern eine gewisse i n n c r p o l i t i s ch e Vcdeutungals sie die E i n l e i t u n g zu der großen außenpolitischen Debatte find, die auf Wunsch der Deutschen Volkspartei und des A u ß e n m i n i st e r s noch weiter vor der Vertagung des Reichstages im Plenum stattsinden soll. Diese Debatte wird wahrscheinlich an Interpellationen an- geknüpft werden, die schon von der Sozialdemo kratie vorliegen und von anderen Fraktionen noch eingebracht werden. Vorläufig ist, dem „Tag" zufolge, beabsichtigt, die Beratung dieser Interpellationen mit der Abstimmung über ein Vertrauensvotum für den Außenminister abzujchießen. Die Deutschnationale Nolkspartei hat nach dem „Tag" den Wunsch, daß die vor einiger Zeit aufgetauchten Meinungsver schiedenheiten über die auswärtige Politik, die im Kabinett und durch die Erklärung der Deutschnakionalen Volkspartei schon beige legt sind, nach der öffentlichen Ncichstags- sitzung klargestellt werden. Unser Berliner Vertreter schreibt uns dazu noch: In der Sitzung des auswärtigen Ausschusses des Reichstages haben die parlamentarischen Kreise den Wuns ch nach einer möglichst soforti gen Debatte über die A u ß e n p o l i t i k aus gesprochen, zumal die Mitteilungen des Außen ministers Dr. Strese in a n n über die Stellung nahme des Neichskabinetts geeignet waren, auch die Rcichstagsparteien ihrerseits zu Meinungs äußerungen zu veranlassen. Es zeigt sich, daß die Beurteilung der Sicherheitsfrage im gegenwärti gen Augenblick nicht einheitlich genug ist, um den deutschen Standpunkt endgültig festlegen zu kön nen. Zwischen den Parteien bestehen noch so starke Gegensätze, daß das Parlament ge radezu nach einer Aussprache drängt, um über die Tragweite der gegenwärtigen Situation volle Klarheit zu gewinnen. Es ist kein Zufall, daß die Vorstände der Deutschen Volkspartei auf ihrer Tagung zum ersten Mal die Forderung auf eine öffentliche Aussprache gestellt haben, denn die Partei des Außenministers fühlt am stärksten die Unerträg lichkeit des gegenwärtigen Zustandes, der für Regierung und Reichstag ernste Schwierigkeiten hcraufbeschwört. Die bisherigen vereinzelten Angriffe rechts gerichteter Kreise gegen den Außenminister Dr. Stresemann sind vor allen Dingen als ein Sympton der mangelhaften Fühlungnahme zwischen Regierung und Parteien zu bewerten. Sowohl in den Kreisen der Neichsregierung als auch der Regierungsparteien ist man sich dar über klar, daß solche Angriffe eine ständige Wiederholung finden werden, wenn jetzt nicht endlich in eine Erörterung der Lage eintreten wird. Der Reichstag wird also in kürzester Frist eine neue Debatte über die auswärtige Politik cinleiten, doch steht zur Zeit noch nicht fest, bis wann der Außenminister Dr. Stresemann in der Lage sein wird, vor dein Reichstagsplenum zu sprechen. Wichtig ist auch die Frage, wann es zu Verhandlungen zwischen Deutschland und Frankreich kommen wird. Diese Ver handlungen bedürfen auch einer sorgfältigen par lamentarischen Vorbereitung, denn vor dem Be ginn einer ernsthaften Diskussion muß die Neichsregierung wissen, wie weit sie in ihrem Entgegenkommen gegenüber Frankreich gehen darf. Der französische Außenminister Bria n d, der für die französische Regierung die Verhand lungen führen will, befindet sich zweifellos in einer günstigeren Position als die deutschen Staatsmänner, die die denkbar größte Mühe ha ben werden, der deutschen öffentlichen Meinung klar zu machen, welche Vorteile sich ans einem öffentlichen Sicherheitspakt für Deutschland er geben würden. Für Frankreich sind die Vorteile eines Sicherheitspaktes ohne weiteres schon jetzt sichtbar, denn die französische Politik hat dabei die Aussicht, ihre Unabhängigkeit gegenüber den anderen Alliierten wesentlich zu stärken und ihren Einfluß auf die Gestaltung der europäischen Lage zu sichern. Die Garantierung der West grenzen würde außerdem die territorialen Er folge Frankreichs aus dem Weltkriege unbedingt licherstellen, während auf de: anderen Seite Deutschland die endgültige Verpflichtung ein- zugehcn hätte, sich mit seiner jetzigen Lage abzu finden. Aus diesem Grunde ist die Aufmerksam keit der deutschen Diplomatie darauf gerichtet, als Ersatz für den endgültigen Verzicht auf Elsaß- Lothringen eine Revision seiner Ostgren - zen zu fordern, damit die schweren Fehler kor rigiert werden können, die bei der Regelung der Ostfragen seit dem Versailler Vertrag gegenüber Deutschland begangen worden sind. Nur, wenn es gelingen sollte, die deutsche Stellung im Osten zu verbessern, würde man in Deutschland eine Möglichkeit sehen, den Sicherheitspakt mit den Westmächten als einen wirklichen Erfolg für Deutschland zu betrachten. In diesen Gedanken- gängen sieht man in den deutschen Regierungs kreisen einen gewissen Ausweg, um aus der jetzi gen ganz ungeklärten Lage herauszukommen, die für Deutschland außerordentlich nachteilige Fol gen nach sich ziehen muß, wenn die Sicherheits verhandlungen sich aussichtslos erweisen sollten. Sonnabend entscheidende Sitzung des Ncichs- tabinetts Wie wir erfahren, findet am Sonnabend die abschließende Sitzung des Reichs kabinetts in der Sicher Heils- und Entwaffnungsnote statt. Eine deutsche Note an Briand IEIa « « < Drablmeidunal Bertin, 2. Juli Wie wir hören, hat die R e i ch s r e g i e r u n g nunmehr eine Note ausgearbeitet, die sich auf das deutsche Bestreben nach direkten Erörte rungen mit Frankreich bezieht- und die allgemein auf die Frage der Entwaffnung, des Sicherheitspaktes und der Luftfahrfragen ein geht. Die Note ist noch nicht ganz fertiggestellt und unterliegt noch immer der Prüfung des Neichskabinetts. Mit ihrer Heberreichung kann aber innerhalb der nächsten acht bis zehn Tage gerechnet werden. Deutscher Protest gegen die Lusisahrnote Wie von unterrichteter Seite verlautet, hat das Reichsverkehrsministerium die Beratung der Note der Botschafterkonferenz über wei tere Beschränkungen der deutschen Luftfahrt auf breitester Grundlage und unter Heranziehung aller an der deutschen Luft fahrt interessierten Bevölkerungskreise in Aus sicht genommen. Zu diesem Zwecke ist der Bei rat für das Luftfahrtwesen für Donnerstag, den 16. d. M., zu einer Sitzung im Neichsvcrkehrs- ministerium einberusen worden. Der Beirat setzt sich zusammen aus Vertretern der einschlägi gen Industrie der Lustverkchrsunternehmen, der Wissenschaft, des deutschen Etädtetages und der Flughafeninteressenten, sowie aus Vertretern der Arbeitnehmer aus den Kreisen der Flug zeugführer, Monteure, Werkmeister und der Ar beiterschaft. Zu der Sitzung sind ferner Beauf tragte der mitbeteiligten Reichsministerien und der einzelnen Landesregierungen eingeladen. Außerdem ist der Geh. Regierungsrat Prof. Dr. Schreiber, Leiter des Institutes für Luftrecht an der Albertus-Universität in Königsberg als Sachverständiger um Teilnahme an der Sitzung gebeten worden. Die Jndustrieverhandlungcn mit Frankreich „Journeo Industrielle" macht über das zwi schen der französischen und deutschen Industrie getrosfene Abkommen zusam menfassende Angaben. Es besteht nur ein grund sätzliches Uebereinkommen, dessen ausführliche Modalität noch nicht endgültig festgesetzt sei. Die allgeipeinen Linien des Abkommens könnten vollständig umgeworfen werden, wenn die deutsch - französischen Wirtschaftsverhandlungen scheitern sollten oder aus einer anderen als an genommenen Grundlage abgeschlossen würden. Das Uebereinkommen bezieht sich nicht auf die Einfuhr von Eisenerzen nach Deutsch land. Die Frage des Eisenerzes und des Kokses soll in der Verhandlung überhaupt nicht aus führlich zur Sprache gekommen sein. Es handelt sich vielmehr um eine Kontingentierung von Metallprgdukten, Cchmelzeisen, halbfertigen und fertigen Produkten. Die Eesamtziffer des Kon tingents sei aus 1750 000 Tonnen jährlich festge setzt, und zwar für Lothringen auf 530 300, für Luxemburg auf 427 280, für das Saargcbiet auf 742 420 Tonnen. Die deutschen Industriellen, die diese Produkte entweder durch Vermittlung ihrer Abrechnungsämter oder einzeln für sich er hielten, hätten sich verpflichtet, die Hälfte der Zollsätze für die Produkte aus Luxemburg oder Lothringen zu übernehmen. Das Caargebiet werde seine Produkte zollfrei aussühreu. Da sich aus dieser Bestimmung ein gewisser Nachteil für Lothringen ergibt, sei durch ein besonders Ab kommen zwischen der lothringischen und der saarländischen Metallindustrie ein Ausgleich ver einbart worden. Eine besondere Kommission sei mit der Aufstellung des endgültigen Vertrages beauftragt. Zahlreiche Einzelfragen seien noch in der Schwebe, z. B. wieviel die einzelnen Pro dukte im Rahmen des Gesamtkontingents aus machen, wann und zu welchem Preise die Liefe rungen bezahlt werden. Trotz der langwierigen Verhandlungen, die zwischen Deutschland und Frankreich und England in der Schienenliefe- rungsfrage im Gange seien, feien die Grund linien eines Uebereinkommens noch nicht aufge- stellt, Handelsminister Chaumet ließ gestern Herrn Trendekenburg ersuchen, seinen für heute mittag erbetenen Besuch aufzuschieben, da er gestern bis spät abends im Senat festgehaltcn worden sei und das französische Angebot noch nicht fertig vorliege. Man nimmt an, daß dje Sitzung zwischen Chaumet und Trendelenburg, in der die Franzosen ihr letztes Wort sagen wollen, auf Donnerstag festgesetzt wird. Auf dem Drahtwege wird uns dazu noch ge meldet: Paris, 2. Juli. Wie „Matin" berichtet, wird der Handelsminister jedenfalls heute der deut schen Handelsvertragsdclegation Gegenvor schläge unterbreiten. Der Wirtschaftskampf mit Polen IE I a e n c Draht Meldung» Berlin, 2. Juli Entgegen anders lautenden Meldungen kann vorläufig von einem Nachgeben Polens gegenüber D e u t s ch l a n d in der Frage des W i r t s ch a s t s k o n f l i k t e s nicht die Rede sein. Vielmehr ist die Lage außerordent lich gespannt Die Neichsregierung wird nicht zögern, nunmehr die in Aussicht genommenen deutschen Gegc n in aßna h m e n in Krast zu setzen, wenn die polnische Regierung ihre bis herigen Schritte gegen Deutschland nicht zurück- nimmt. Man wird voraussichtlich mit eine, längeren Dauer des deutsch-polnischen Wirtschaftskonfliktes rechnen müssen, zumal wenig Aussicht besteht, daß von dritter Seit» eine Vermittlungsaktion unternommen wird. Hindenburg an die Rentner Reichspräsident von Hindenburg Hai kürzlich den Vertreter des Deutschen Rentner bundes E. V., Dr. Kre n tz, sowie die Vertreter anderer Aufwertungs-Organisationen empfan gen. Dr. K. trug dem Reichspräsidenten die Lag« der Rentner vor und betonte, daß die Aufwer tungsfrage für die Rentner nicht bloß eine Frag« des Rechts, sondern eine Lebensfrage sein muß und insbesondere die Rückwirkung von aus schlaggebender Bedeutung wäre. Zum Schluß nahm der Reichspräsident selbst da« Wort und erklärte folgendes: „Ich danke Ihnen, meine Herren, für die sehr interessanten Ausführungen. Im großen und ganzen stehe ich dieser Frage ja fern. Aber beson ders habe ich mich stets für die Lage der armen, alten Rentner interessiert. Ich glaube auch, daß die frühere Reichsregierung ihrem Wort nicht untreu gewesen ist, wenn ich auch nicht die Ver antwortung gehabt habe. Ich habe ja auch Be denken, daß ein Mann, der 10 000 Mark Ver mögen gehabt hat, nur mit 15 v. H. aufgewertet werden soll, ebenso wie ein Millionär. Dieser kann davon existieren, der andere kann es nicht. Ich habe- selbst mein Vermögen verloren. Ich kann daher die Notlage dieser Leute verstehen. Wenn ich meine Pension nicht gehabt hätte, und sie war ausreichend, hätte ich auch hungern müssen. Ich bitte Sie daher, mir Ihre Wünsche noch einmal schriftlich einzu reichen. Das letzte Wort in dieser Frage ist noch nicht gesprochen. Ich werde erst das fertige Gesetz abwarten, bevor ich meine Entschließungen fasse, denn Sie wissen ja, ich muß als alter Soldat mir die Freiheit meines Handelns wahren." Zwei Millionen Staatskredite spurlos ver schwunden Die gestern wieder aufgenommenen Arbeiten des Barmatuntcrsuchungsausschus» ses des Reichstages bewiesen erneut, in welch unverantwortlicher Weise Personen, die durch irgendeinen parlamentarischen Kuhhandel oder durch Zufallsmehrheiten in den Besitz von eiw flußreichen Parteiführerstellungen gelangt sind, ihre erschlichenen Aemter zur systematischen Aus-