Volltext Seite (XML)
Unterhaltungs - Beilage ZMs ASS« - KAM MW »IIS WM Druck und Verlag von I. Ruhr Nachf. Dr. Alban Frisch, Hohenstein-Ernstthal. Die Ehe der Renate Heinsius Roman von Ruth «Soetz. (17. Fortsetzung.) Als er begonnen, war sie ihm nicht Freude und Drang wie sonst, sie wurde ihm zur Qual. Aus den verschlungenen Linien der Zeichnungen, aus den Zahlen und Buchstaben schaute Malwe mit ihren kecken Augen heraus, und ihr Lachen schien aus dem Rattern, dem Fauchen und Stampfen der Maschinen zu dringen, deren Ton man hier vernahm. Dann, wenn er sich umwandte, hörte er wieder Renate, sah ihr trauriges Antlitz, als er sie so hart abge wiesen, der Wohllaut ihrer Stimme legte sich auf sein Herz, wie er es in der ersten Zeit ihrer Ehe ost getan. Storm hob die Hände zu den Schläfen, eine Unruhe, rätselhaft und schmerzend, ließ ihn nicht zur Arbeit kommen. Da öffnete sich ein kleiner Spalt der Tür, Settgast steckte den Kopf herein. Wie er Otto erblickte, nickte er ihm zu und trat, gefolgt von zwei anderen Herren, näher. Otto sprang auf, seine Augen starrten in die Richtung, aus der die drei eben gekommen waren, und langsam, wie angezogen, bewegte er sich durch das Zimmer, bis er vor den Besuchern stand. „Gut, daß ich Sie treffe, ich glaubte, Sie seien draußen auf dem Walzwerk; ich stelle Ihnen nämlich zwei junge Assistenten vor: Herr Halmer ist der neue Assistent von Weinhold, Sie werden die Liebenswürdigkeit haben, ihn ein wenig mit den Geheimnissen der Paulinenhütte ver traut zu machen, während ich Herrn Burgmüller, der mir und Herrn Landolf zugeteilt ist, herumführe." „Halmer." Otto faßte sich und reichte Lukas Halmer die Hand, die der ihm voll Freundlichkeit entgegenstreckte. Aber ein Wort der Begrüßung wollte ihm nicht über die Lippen. Er hatte den Eindruck, als lodere ein Haß, wild und ungezügelt, aus der Haltung des andern, und jetzt, wie er sich zur freundlichen Begrüßung wandte, schwebte ihm ein eigentümliches Lächeln um die Lippen, das viel leicht auf alle Anwesenden einen peinlichen Eindruck machte. „Kennen sich denn die Herren?" fragte Settgast, und Halmer rief mit fröhlicher und unbefangener Stimme: „Gewiß, wir waren ja Studienkollegen und sind sogar Ver bandsbrüder. So findet man sich wieder, ich komme aus einer oberschlesischen Hütte — und wen treffe ich als ersten? Meinen Freund Otto Storm." »Ja, ja, sonderbar." Otto konnte beim besten Willen nicht in die Begeisterung Halmers einstimmen, auch er innerte er sich nicht, jemals mit ihm befreundet gewesen zu sein; Halmer war sogar der einzige, der ihm damals zu seiner Vermählung keinen Glückwunsch gesandt. Aber wenn er ihm freimütig und ohne alle Feindschaft entgegen kam, war es das klügste, sich ihm freundlich zu zeigen. „Hast du dich gut eingelebt?" fragte Halmer voll Interesse weiter; geschmeidig überging er alles, was un ausgesprochen zwischen ihnen stand. „Bist du zufrieden? Man hat mir viel davon berichtet, wie nett es sich auf Paulinenhütte lebt. Auch in der Stadt soll ein reizender Lon sein, besonders zwischen den Herren vom Werk." (Nachdruck verboten.) ; Settgast verbeugte sich geschmeichelt. „Das will ich I meinen." Er hörte sich gern als tüchtigen Beamten loben I und stimmte immer merkwürdig mit der Ansicht aller Vor- I gesetzten überein. „Besonders Herr Storm hat allen Grund, ' zufrieden zu sein, er gilt bei uns als der Mann der I Zukunft." I „Aber Herr Settgast," wehrte Otto ab und freute sich, ! das Lob zu vernehmen. „Nur nicht zu bescheiden. Sie wissen ja selbst, daß I Herr von Lohe sich sehr für Ihre Pläne interessiert, ich ! bin davon unterrichtet, daß in der letzten Sitzung des Aus- ss sichtsrates einzig die Frage verhandelt wurde, ob man i bei dem Bau der neuen Walzenstraßen Ihr Patent ver- l wenden soll." Der Erfinder fühlte sein Herz in schnellen Schlägen ! hämmern. Settgast war sonderbarerweise immer über die ! geheimsten Vorgänge unterrichtet. Niemand wußte, woher I er seine Kenntnis bezog, und sie entbehrten nie der Richtig- j keit. Diesmal aber wollte Otto nicht glauben, was er ' ihm hier so nebenbei mitteilte. Und doch drängte alles in I ihm, seine Worte als unverbrüchliche Wahrheiten zu i nehmen. ' Fern und unbestimmt lebte in ihm der Gedanke, was ! wohl Malwe sagen würde, wenn sie von dem Erfolg seines ! Geistes hören würde. Sie, die von dem Erfolg lebte, die > auf den Erfolg wartete. Stolz würde sie mit ihm sein « und seine Freude teilen. „Bauen wir neue Walzenstraßen?" fragte Halmer. Er I legte ein großes Interesse an den Tag, als sei er schon : jahrelang Beamter auf dem Werk. Settgast rechnete ihn ! bereits unter die Ingenieure, die auf Paulinenhütte eine I Rolle spielen würden. Burgmüller, der andere neue Assi- ß stent, verhielt sich schweigend. Fast machte er den Ein- » druck, als sei er nur zum Zeitvertreib gekommen. Er « polierte sich, während man die Angelegenheit der Hütte I eingehend besprach, sorgfältig feine Nägel und schaute ge- I langweilt zum Fenster hinaus. Z „Haben wir Neuerungen nötig?" fuhr Halmer ein- ! dringlich fort. „Ja, augenblicklich, weil wir einen ungeheuren Auf- > trag von China haben," erklärte Settgast. „Sehen Sie, unser « Herr Direktor ist ein Mann von Tatkraft und Umsicht, man ! muß es ihm lassen, daß er eine unersetzliche Kraft für I unsere Paulinenhütte bedeutet. Und deshalb dürfen wir ihn nicht verlieren, ich weiß zum Beispiel genau, daß er » mehrfach Berufungen an verschiedene Hochschulen abge- » lehnt hat. Auch die neue Hochschule in Breslau legte Wert I auf ihn. Aber die Vorsitzenden des Aufsichtsrats lassen ihn , nicht gehen. Sie bewilligen ihm alles, was es auch immer ! sei. Und auch Ihre Erfindung hat er durchgesetzt, Herr I Storm, denn sie ist noch nicht einmal patentiert, also er allein ist die Instanz gewesen. Ihm haben Sie es zu ver- » danken, wenn einst die Hütte Ihnen Dank schuldet und viel, - viel ausbezahlen wird."