Suche löschen...
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger
- Erscheinungsdatum
- 1925-06-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841112631-192506122
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841112631-19250612
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841112631-19250612
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-06
- Tag 1925-06-12
-
Monat
1925-06
-
Jahr
1925
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
weit Vereinbarungen über die Kündigungsfrist richt bestehen oder die getroffenen Vereinbarun gen wegen eines Verstoßes gegen die gesetzlichen Bestimmungen ungültig sind, tritt die gesetz liche Kündigungsfrist ein. Die vertragliche Kün digungsfrist geht also der gesetzlichen vor. Die Vertragsfreiheit ist aber durch die gesetzlichen Be stimmungen verschiedenen Beschränkungen unter worfen. Die gesetzliche Kündigungsfrist ist für die Kaufleute und ihre Handlungsgehilfen im Han delsgesetzbuchs, für die gewerblichen Angestellten und Arbeiter in der Gewerbeordnung, für alle übrigen Arbeitsnehmer (z. B. Erzieher, Privat beamte, Gesellschafterinnen, landwirtschaftliche Arbeiter» häusliches Dienstpersonal usw.) im Bürgerlichen Gesetzbuchs, für die Landarbeiter zum Teil auch in der vorläufigen Landarbeits ordnung festgelegt. Die Gewerbeordnung und das Handelsge setzbuch schreiben als allgemeinen Grundsatz zwingend vor, daß die Kündigung für beide Teile gleich sein muß. Das Bürgerliche Gesetz buch kennt eine solche Bestimmung nicht. Für die gewerblichen Arbeiter beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist nach 8 122 der Ge werbeordnung 11 Tage. Die Kündigung ist an jedem Tage zulässig und wird zum Ablaufe des 14. Tages nach Kündigung wirksam. Sie braucht also nicht etwa auf den Zahltag oder auf das Wochenende zu fallen, wie vielfach irrtümlich angenommen wird. Diese Kündigungsfrist kann vertraglich beliebig herabgesetzt werden, sogar bis zur jederzeitigen Kündigung für den Ablauf des Arbeitstages Für die gewerblichen Angestellten und die Handlungsgehilfen betrügt die gesetzliche Kün digungsfrist 6 Wochen. Die Kündigung ist nur für das Ende eines Kalendervierteljahres zu lässig. (31. Mürz, 30. Juni, 30. September, 31. Dezember). Sie muß also spätestens ausge sprochen werden am 17. Februar, 19. Mai, 19 August, 19. November. Auch diese Kündigungs frist kann vertraglich herabgesetzt werden. Sic darf aber nicht unter einen Monat herunter gehen und nur am Monatsschluß für den Schluß des nächsten Monats erfolgen, (also nicht etwa am 1. oder 10. für den nächsten 1. oder 10. oder etwa am 1. für den letzten des Monats). Aus nahmsweise darf aber auch bei dieser Berufs gruppe bis zur täglichen Kündigung herabge gangen werden, nähmlich dann, wenn der Ange stellte ausdrücklich zur vorübergehenden Aus hilfe eingestellt ist. Es tritt aber auch in diesen, Falle, wenn der Angestellte längere Zeit be schäftigt wird, nach Ablauf von 3 Monaten die gesetzliche Kündigungsfrist bezw. nach Verein barung die zulässige Mindestkündigungsfrist von einem Monat in Kraft, auch dann, wenn das Aushilfsverhältnis noch andauert. Für Arbeitgeber in nicht gewerblichen Be trieben richtet sich die gesetzliche Kündigungsfrist auf Grund des Bürgerlichen Gesetzbuches nach der Entlohnung. Maßgebend sind die Zeitab schnitte, nach denen die Vergütung vereinbart ist. also bei Tagesentlohnung tägliche Kündigung (von heute auf morgen), bei Wochenentlohnung wöchentliche Kündigung (am 1. Werktage der Woche auf den letzten Werktag der Woche), bei Monatsentlohnung monatliche Kündigung (am 15. auf den letzten des Monats) bei Entlohnung nach Vierteljahren oder längeren Zeiträumen vierteljährliche Kündigung und zwar auf Quar- talsfchluß bei 6 Wochen Kündigungsfrist (siehe oben). Diese Kündigungsfristen sind bindend, sie können nicht durch Vertrag abgeändert werden. Bei der Berechnung der Kündigungs frist kommt es nicht darauf an, in welchen Zeit räumen die Vergütung tatsächlich gezahlt wird, sondern nur daraus, für welchen Zeitabschnitt sie vereinbart ist. Es kann z. B. Monatsgehalt ver einbart sein, die Zahlung aber in zwei Teilbe trägen am 15. und 30. des Monats oder in vier Beträgen am 8., 15., 23., und 30. erfolgen usw. Bei diesem Beispiele gilt also monatliche Kün digung. Von diesem Grundsätze macht das Bürgerliche Gesetzbuch nur folgende Ausnahmen: 1. Ange stellte, dis gegen feste Bezüge beschäftigt werden und Dienst höherer Art leisten, haben Anspruch aus vierteljährliche Kündigung, auch dann, wenn sie Monatsgehalt oder Wochen-, Tagesvergütung erhalten. 2. Arbeitnehmer, die keine feste, son dern bewegliche Vergütung (Stücklohn, Provision usw.) erhalten, haben keinen Anspruch auf Ein haltung einer Kündigungsfrist. Nur dann, wenn das Arbeitsverhültnis ihre Kraft ganz oder überwiegend in Anspruch nimmt, ist eine Kündi gungsfrist von zwei Wochen (jederzeit auf jeden Termin) einzuhalten. 3. Arbeitnehmer, die ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art leisten, die auf Grund eines besonderen Vertrau ens übertragen zu werden pflegen, haben keinen Anspruch auf Einhaltung einer Kündigungsfrist. 4. Alle Dienstverträge, die auf länger als 5 Jahre oder auf Lebenszeit abgeschlossen worden sind, auch solche in Gewerbe und Handelsgewerbs, können von den Arbeitnehmern vorzeitig ge kündigt werden, und zwar nach Ablauf von 5 Jahren mit einer Kündigungsfrist von 6 Mo naten jederzeit auf jeden Termin. Unter die Vorschriften des Bürgerlichen Ge setzbuches fallen seit Aufhebung der Gesindeord nung auch das häusliche Dienstpersonal und die Landarbeiter. Neben der befristeten Kündigung gibt es noch dis sogenannte fristlose Kündigung. Man ver steht darunter eins Kündigung, die den Arbeits vertrag mit sofortiger Wirkung beendet. Eine solche Kündigung nennt man, wenn sie durch den Arbeitgeber vorgenommen wird, „fristlose Ent lassung", wenn sie durch den Arbeitnehmer er folgt „fristloser Austritt". Eine fristlose Kündigung ist nur aus einem wichtigen Grunde zulässig. Was als wichtiger Grund gilt, ist für die Arbeitnehmer in nichtge werblichen Betrieben, für die Handlungsgehilfen und gewerblichen Angestellten in den einschla genden Gesetzen (B. G. B., Handelsgesetzbuch, Ge werbeordnung) nicht festumrissen. Die vor läufige Landarbeitsordnung erläutert in 8 16 den Begriff „wichtiger Grund" und gibt einige Beispiele dazu. „Wichtiger Grund zur sofortigen Lösung des Vertrages ist jeder Umstand, mit Rücksicht auf die Fortsetzung des Dienstvertrages einer Vertrags partei nicht mehr zugemutet werden kann. Solche Gründe sind insbesondere Tätlichkeiten, grobe Beleidigungen, unsittliche Zumutungen im Arbeitsverhältnisse, beharrliche Verweige rung oder grobe Vernachlässigung der Dienst leistung, wiederholt unpünktliche Lohnzahlung, anhaltend schlechte Kost und gesundheitsschädliche Wohnung. Politische und gewerkschaftliche Be tätigung ist kein Entlassungsgrund." Auch das Handelsgesetzbuch zählt Beispiele von Gründen auf, die zur fristlosen Kündigung berechtigen. Folgende Tatsachen berechtigen den Handlungsgehilfen zum fristlosen Austritt: Unfähigkeit zur Fortsetzung seiner Dienste, Nichtgewührung des Gehaltes oder gebührenden Unterhaltes durch den Arbeitgeber, Tätlichkeiten, erhebliche Ehrverletzung, unsittliche Zumutun gen usw. Der Arbeitgeber ist namentlich in folgenden Fällen zur fristlosen Kündigung berechtigt: Untreue oder Vertrauensmißbrauch des Hand lungsgehilfen, beharrliche Dienstverweigerung, unbefugtes Verlassen des Dienstes, anhaltende Krankheit, Verbüßung längerer Freiheitsstrafen, Tätlichkeiten oder erhebliche Ehrverletzung gegen den Prinzipal oder feinen Stellvertreter usw. Alle diese Fälle stellen, wie schon gesagt, nur Beispiele von wichtigen Gründen zur fristlosen Entlassung dar. Die Zulässigkeit anderer wich tiger Gründe ist deshalb auch nicht ausgeschlossen. Anders bei den gewerblichen Arbeitern. Für diese sind die Gründe zur fristlosen Kündigung des Arbeitsvertrages in den 88 123 und 124 der Gewerbeordnung erschöpfend aufgezählt. Für Gesellen und Gehilfen und alle sonstigen Arten gewerblicher Arbeiter berechtigen darnach folgende Gründe zum fristlosen Austritt: 1. Un fähigkeit zur Fortsetzung der Arbeit, 2. Tätlich keiten oder grobe Beleidigungen der Arbeiter oder ihrer Familienangehörigen durch den Ar beitgeber oder seinen Vertreter; 3. Verleitung der Arbeiter oder deren Familienangehörigen zu Handlungen, die gegen die Gesetze oder die guten Sitten verstoßen; 4. Nichtauszahlen des schul digen Lohnes in der bedungenen Weise, nicht ausreichende Beschäftigung bei Stücklohnzahlung, oder widerrechtliche Uebervorteilung der Ar beiter durch den Arbeitgeber; 5. Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit in einer Weise, die bei Eingehung des Arbeitsvertrages nicht zu er kennen war. In den unter Ziffer 2 gedachten Fällen ist der Austritt aus der Arbeit nicht mehr zulässig, wenn die zugrundeliegenden Tatsachen dem Ar beiter länger als eine Woche bekannt sind. Der Arbeitgeber kann seine Arbeiter aus folgenden Gründen fristlos entlassen: 1. wenn sie bei Abschluß des Arbeitsvertrages dem Arbeit geber durch Vorzeigung falscher oder gefälschter Arbeitsbücher oder Zeugnisse hintergangen oder ihn über das Bestehen eines anderen, sie gleich zeitig verpflichtenden Arbeitsverhältnisses in einem Irrtum versetzt haben; 2. wenn sie' eines Diebstahles, einer Entwendung, einer Unterschlagung, eines Betruges oder eines liederlichen Lebenswandels sich schuldig machen; 3. wenn sie die Arbeit unbefugt verlassen haben oder sonst den nach dem Arbeitsvertrag ihren obliegenden Verpflich tungen nachzukommen beharrlich verweigern; 4. wenn sie der Verwarnung ungeachtet mit Feuer und Licht unvorsichtig umgehen; 5. wenn sie sich Tätlichkeiten oder grobe Beleidigungen gegen den Arbeitgeber oder seine Vertreter oder gegen die Familienangehörigen des Arbeitgeber, oder seiner Vertreter zuschulden kommen lassen; 6. wenn sie einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Sachbeschädigung zum Nachteile des Arbeitgebers oder eines Mitarbeiters sich schuldig machen; 7, wenn sie Familienangehörige des Arbeitgebers oder seiner Vertreter oder Mitarbeiter zu Hand, lungen verleiten oder zu verleiten versuchen odei mit Familienangehörigen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter Handlungen begehen, welch- wider Gesetze oder die guten Sitten verstoßen; 3. wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig oder mit einer abschreckenden Krankheit behaftet sind. Die Entlassungsgriinde von ^—7 müssen inner halb einer Woche geltend gemacht werden, Grund 8 aber ist einer Fristbeschränkung unterworfen. Das Recht zum fristlosen Austritt und zin fristlosen Entlassung kann durch Vereinbarung auch abweichend von der gesetzlichen Regelung ge regelt werden. Das Vertragsrecht ist aber inso weit beschränkt, als die Vereinbarung nicht gegeir die guten Sitten verstoßen darf und das Kündi gungsrecht für beide Parteien gleich sein muß. In solchen Betrieben, die 20 oder mehr Arbeiter haben, haben von der gesetzlichen Regelung ab weichende Gründe nur dann Geltung, wenn sie in der Arbeitsordnung selbst enthalten sind. Schließlich ist noch eine Ausnahme zu erwäh nen, die sich in der Gewerbeordnung für solche Arbeitsverhältnisse findet, die auf mindestens 1 Wochen eingegangen sind oder bei denen eine län gere als Htägige Kündigungsfrist vereinbart ist. In solchen Füllen kann jeder der beiden Ver tragsteile vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Zum Schluffe sei noch darauf hingewiesen, daß nach der Rechtsprechung jede fristlose Kündigung für den Fall, daß die fristlose Kündigung nicht als gerechtfertigt anerkannt werden sollte, zu gleich auch die ordentliche Kündigung zum nächst, zulässigen Termin enthält. Sie miielleii IMMse Berliner amtliche Neuerungen Berlin, 11. Juni. Telegraphische Aus zahlung ans: 11. Geld > 6. Arte) 10. Geld s. 1 Brief HoUaiH luo zu lt-8,59 412,01 168,59 169.01 Buenos NlreS l Peso 1,68 1,SS 1,68 1,68 Belgien roo grcS. 20,25 20,31 20,89 20,45 Norwegen lOo Kr. 70,78 70,94 70,bl 7),69 Dänemark 100 !tr. 79,18 79,38 78,98 79,15 Schweden lüg lkr. 112,26 112,54 112,28 nr,:.6 za.nland lg» sinn. Mk. Jtatle« lüg Lira 10,87 10,61 10,-7 10,61 l6,6S 18,67 16,68 16,09 London l Psd. Sterl. 20,39 20,14 20,39 20,44 Newnork t Dollar ! 4,lSü 4,205 4,195 4,205 Parts 100 JrcS. 20,48 20.51 20,62 20,08 Schweiz log Ire». 81,45 8^,65 61,42 81,62 Spam n lOo Pes. 61,32 61,48 61,27 61,53 Dt.'Ocsterr, 100 Schilling 59,05 59,19 59,05 59,19 Prag lüg ltr. 12,43 12,47 12,43 12,47 Budapest looooo ilr. 5,90 8,92 8,89 5,91 3/6 Bulgarien >00 Lewa 3,08 s.oö 3,0 d Jugo lausten >oo Dinar Nto de Janeiro i Ml.r. 7,20 7,22 7,11 7,13 0,45 0,45 0,48 0.46 Japan l Jeu 1,70 1,71 V" 1,74 Ltüudon lgo LScndo 20,52 20.87 20,48 20,53 Lanstg 80,87 81,07 80,87 81,07 stonst-ntinopel 2.2b 2,26 2,25 2.26 Athen 7,14 7,16 7,14 7,16 Bremer BavmWoUdörse vom 10 Juni. abends » uh:. Offizielle Notierung. Midbluig Universal Standard 28 mm Loko Dollarscent für ein engl. Mund. 26,54 (26,94) wird mir eben immer klarer, daß meine kleine Gestalt sich nicht für die Bühne eignet." Das von den schneeigen glänzenden Locken puffen umrahmte Haupt der alten Schauspielerin rückte unmutig zurück. „Fangen Sie doch nicht wieder davon an, Mausi, das Thema haben mir doch erörtert und dann, wie dem auch sei, Ihr Organ, Ihr klangvolles Organ ist schließlich die Hauptsache. Mit ihrer tiefen, weichen und so überaus modu lationsfähigen Stimme zwingen Sie alle Men schen in den Bann. Sie können dem lieben Herr gott nicht genug für das Gnadengeschenk danken." Mausi lächelte schwach, nur der Hauch eines Lächelns war es. „Sie meinen es gut mit mir, Frau Dieter, und bitte, fassen Sie es nicht als Undank auf, wenn ich zunächst nicht weiter zum Unterricht komme, aber Vaters Tod hat alles in mir so verändert, so durcheinandergebracht." Sie sprach die Wahrheit, auch wenn Franz- Ferdinand ihren Weg icht gekürzt hätte, würde sie in der nächsten Zeit nicht vermocht haben, an eine Fortsegung des Schauspielunterrichts zu denken. Die jung gebliebenen Augen der alten Dame hatten einen weichen verstehenden Ausdruck. „Ich begreife, Mausi, und denke nicht daran, Sie für undankbar zu halten. Aber ich hoffe, Sie werden mich von Zeit zu Zeit besuchen, auch wenn wir keine Nollen studieren, bis ihre alte Lust wieder frisch wird und wir weiterarbeiten können. Bis dahin kommt auch vielleicht eine stunde in der Sie mit der Mutter offen zu spre- hen wagen." Mausi nickte. Wozu noch einmal im Kreis erumdrehen. Sie dachte an Franz-Ferdinand nd ihr junges Herz war übervoll von Sehnsucht ach ihm. llebermorgen sah sie ihn wieder, dann mrcu die acht Tage um, die sie als Wartezeit wischen ihr letztes und das nächste Treffen als ,rist gestellt. Sie sann, welch bedeutsames und raurlges Ereignis zwischen den acht Tagen lag. Ob Franz-Ferdinand wohl in der Zeitung von dem Tod ihres Vaters gelesen haben mochte? Sie hatte ihm ja keine Mitteilung machen kön nen, sie wußte ja nicht einmal, wo er wohnte. Und zugleich huschte es ihr durch den Kopf, daß sie eigentlich überhaupt, sehr, sehr wenig von ihm wußte, fast garnichts außer seinem Namen, sei nem Alter und daß er Medizin studierte. Das nächste Mal mußte er das aber nachholen. Sie wollte wissen, woher er war, und auch von sei nen Eltern sollte er ihr erzählen — ach noch viel mehr. Alles, was ihn anging, interessierte sie ja. Sie c hob sich, nahm mit leicher Umarmung Abschied von Frau Dieter, versprach baldigen Besuch. Die alte Schauspielerin geleitete Maria Rein- h -d bis zur Tür. „Wenn Ihre Tr^ -r erst stiller geworden, Kind, und der c-sts Schmerz vorüber, dann arveiten weiter, studieren i ne Nollen, nicht wahr?" Maria Reinhard n-ckte, versuchte ein Lächeln und gin^ Sie würde sich mit keiner Rolle mehr beschäftigen. S it einem z' tlichen Blick seiner Augen, mit emem Kuß seines Mundes hatte Franz-Ferdi- nand alles zu Nebensächlichkeiten werden lassen, was ihr vorde ' wichtig, wertvoll und groß und jeden Opfers wert geschienen. Sie fuhr mit der elektrischen Bahn heim, die Mutter ' -uchte sie vielleicht irgendwie. „Nichtig, ein Korb von Strümpfen, die des Stopfens bedurften, stand bereit, und Mausi setzte sich auf den erhöhten Fensterplatz und zog den Vaumwollfaden eifrig hin und her. Alle Hand arbeit war ilr verhaßt, aber das Stopfen war ihr leidlich sympathisch. Man brauchte dabei nicht so acht zu geben, konnte seine Gedanken schön spa zieren gehen lassen, wenn man die Nadel her- und hinschob, und durch die wie winzige Wäsche seile gespannten Fäden zog. Die Mutter kramte im Schreibtisch und rechnete allerlei, während sie stopfte. Das Fenster stand offen und Mausi blickte zuweilen hinaus auf den Neckar, der ge heimnisvoll im Tonnenglanz glitzerte und sie dachte an den toten Vater, der die Herrlichkeit der schönen Eotteswelt nie mehr schauen würde. Und auch an Franz-Ferdinand dachte sie, an den sich jeder lebenbejahende, freudige Gedanke von ihr klammerte. Sie ließ den Strumpf, daran sie eben arbei tete, in den Schoß sinken, und blickte, schärfer nach einer Richtung. Wirklich, sie hatte sich nicht geirrt. Frau Iustizrat Rohmer und ihre Tochter Klara nahten von der neuen Brücke her. „Die Rohmers kommen, Mutti," rief sie zum Schreibtisch hinüber. Die große Frau schien sich über den Besuch wenig zu freuen, sie brummte etwas und ver schloß die Papiere, mit denen sie sich bis jetzt ' e- schäftigt, im Schreibtisch. „Stopf Du nur r chig weiter," gebot sie, „Du weißt, Klaras Hände sind auch niemals müßig." Mausi unterdrückte einen Seufzer. Klara Rohmer gefiel der Mutter viel besser als sie, schien ihr die höchste Vollendung einer Haus tochter. Schon meldete das Mädchen den Besuch uud Frau, Lina Reinhard ging den Damen entgegen. Mausi erhob sich. Frau Iustizrat Rohmer sah beinahe aus wie ihre Tochter, nur wie eine ältere verbrauchte Ausgabe von ihr. Man sah zwei etwas grob, aber ziemlich gradlinig geschnittene Gesichter, in denen schmale Augen standen. Tiefgezogene glatte Madonnenscheitel von stumpfem Blond gaben den Gesichtern einen faden Ausdruck. Um die Lippen spielte ein Zug von Ueberlegenheit. Nachdem die Begrüßungen ausgetauscht und die ersten allgemeinen Redensarten gewechselt, die Besucherinnen auch noch ein paar salbungs volle Worte der Trauer dein Gedenken des toten Hausherrn gewidmet hatten, nahm man endlich Platz. Frau Lina bot Kaffee an. Die Damen dankten, man hätte schon getrunken. Mausi zog wieder den Stopffaden hin uns her und ihre Gedanken suchten dabei Franz-Fer dinand. Frau Rohmer beobachtete Maria Reinhard, während sie sich mit deren Mutter unterhielt. „Quäle dich doch nicht so sehr, Mausi," sagte sie plötzlich lässig und lächelnd, „wir wissen ja doch alle, wie ungern du dich mit solchen Arbei ten beschäftigst. Schließlich bei deinen Zu kunftsaussichten wirst du doch auch wohl kaum späterhin Strümpfe stopfen brauchen." Mausi blickte verblüfft und fragend, während ihre Mutter entgegnete: „Setzen Sie Mausi nur keine Raupen in den Kopf, verehrte Frau Justizrat, jede gute Haus frau muß stopfen können. Soviel ich weiß, bes sern Sie die Socken Ihres Mannes selber aus." „Natürlich," nickte die Glattgescheitelte eifrig, „aber das ist auch ganz was anderes." Jetzt'wich Frau Reinhards anfängliche Gleich gültigkeit. „Mausi wird ja nicht gerade einen Millionär heiraten," meinte sie, „immerhin wünsche ich es ihr, schon weil sie keine rechten Hausfrauentalente hat." Frau Rohmer wechselte einen raschen bedeut samen Blick mit ihrer Tochter. Jetzt konnte mau schon deutlicher werden, denn man wollte doch gern wissen, woran man war. Man mußte dos wissen, um sein Verhalten danach einzurichten. Die Justizrütin machte ein schlaues Gesicht. „Aber liebe, beste Frau Baumeister, weshalb sind Sie uns gegenüber so verschlossen? Auch Klara grämt sich über den Mangel an Vertrauen von Mausis Seite. Die beiden sind doch Schul freundinnen! Wenn aber vielleicht über die Sache noch nicht gesprochen werden sott —, wir sind doch keine Klatschbasen. Ich sagte ja auch zu Klara, wenn der Todesfall des Lerrn Bau meisters nicht dazwischen gekommen wäre, hätten wir schon die Verlobungsanzeigs. Und so ist es doch auch, nicht rv^ :?" (Fortsetzung folgt)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)