Volltext Seite (XML)
Türkische Liebesbriefe. ! Von Berta Witt, Altona. ! In einem Lande, in dem die Kunst des Lesens und I Schreibens einst nur wenig verbreitet, die Absonderung ; der Geschlechter und Absperrung der Frauen von jeder » Geselligkeit allgemein, die Lust zu Abenteuern aber durch I Einsamkeit und Langeweile genährt wurde, mußte die I Not erfinderisch machen, um sich einem geliebten Gegen- I stand wenn nicht nähern, so doch verständlich machen zu » können. Man benutzte aber nicht Tinte, Feder, Papier I zur Übermittlung seiner Gefühle, sondern mancherlei kleine > Gegenstände, deren jeder seine sinnbildliche Bedeutung ; hatte, so daß sich aus einer geschickten Zusammenstellung ' solcher Dinge der Inhalt eines ganzen Briefes ergab. Unsere Backfische verstanden sich früher auf ähnliche ge- I heimnisvolle Deutungen eines zwar mehr scherzhaften ; Zeichenverkebrs, den man Blumcnsprache und Brief- » Markensprache nannte und der Wohl eine harmloseAbleitung I jenes orientalischen Gebrauches war. Denn auch die I Türken benutzten Blumen als sprechendes Zeichen, er- ; gänzten aber diese stumme Sprache sehr vielseitig noch » durch Früchte, Farben, Seide, Stosse und Holzstückchen. I Eine solche ausdrucksvolle Zusammenstellung nannte man l einen Sclam, und die Damen der Levante, deren roman- ; tische Neigungen sich gern auf einen christlichen Sklaven » ihres Hausherrn zu richten pflsgren, waren sehr ersinde- I risch in diesen Listen; schon durch die bestimmte Anord- I aung der Blumentöpfe im Garten ließ sich, ohne daß ein I Wort gebraucht wurde, eine geheime Verständigung er- » zielen, und ein geschriebener Brief hätte oft kaum die Ge- I fühle so sicher ausgeorückt, wie es hier geschah. Es be- I zeichnete die Orangcnblüte die Hoffnung, die Ringelblume ; Verzweiflung, die Sonnenblume Beständigkeit, die Tulpe » Beschuldigung der Untreue, die Rose bedeutete Schönheit, I Amarant und Veilchen zusammen drückten ans, daß man I sich in Abwesenheit des Mannes für das Unangenehme ; seiner Gegenwart zu erholen hoffte. Diese verliebte Zeichensprache ist nur den beiden be- I kannst die sie austauschen; denn da sie bestrebt sind, das I Geheimnis undurchdringlich zu machen, ändern sie viel- ; fach die Bedeutung der Blumen und lassen die eine das » ausdrücken, was eigentlich eine andere sagen soll. Ge- I wöhnlich ist Ler Garten oder ein bestimmter Platz darin I der Ort des Briefwechsels; man beschreibt seine Gefühle ; bei ruhiger Muße und beantwortet sie mit aller Sicherheit, » selbst in Gegenwart des Mannes, indem man nur die I Stellung der Blumentöpfe verändert öder wie zum Zeit- I vertreib einen Strauß bindet. So ein Sträußchen von ; Ringelblumen, Orangenblüten, Amaranten und Veilchen » mag etwa bedeuten: „Ich würde verzweifelt sein, wenn I ich nicht hoffte, nach Entfernung des Tyrannen glücklicher I zu werden." Die Bisamblume sagt: wir sind einig; ein ; Stückchen von einem Rosenstock: ich weine beständig, aber ' Sie spotten meiner Tränen; ein Stückchen Zeug: ich bin I Ihrer Zudringlichkeit überdrüssig; ein Eckchen Seide: Sie ! haben mein Herz gewonnen. Etwas Leinwand besagt: ; morgen werden wir uns treffen; ein kleiner Spiegel: ich ' bin bereit, mich Ihnen aufzuopfern; und so ließe sich die ! Reihe noch weiter sortsetzen. Ein Rosinenkern, etwas I blaue Seide, eine Bohne, ein wenig Zucker und ein Stück- ; chen Aloeholz, aus eine gewisse Art angeordnet, machen ' ein Liebesbriefchen etwa folgenden Inhaltes aus: „Mein I Herz gehört Ihnen! Der Schmerz, den mir meine Liebe I verursacht, raubt mir fast den Verstand; reißen Sie mich I aus dem Unglück meines Zustandes, indem Sie mich er- ' hören!" Ter romanhafte Anstrich solcher Korrespondenz I mag zwar mehr ans eine starke, durch die Gelegenheit ge- ! nährte Abenteuerlust schließen lassen als aus echte Gefühle, I wie das aber wohl in einem Lande, in dem die Achtung ' der Menschenrechte und Menschenwürde vor dem werb- I Uchen Teil der Menschheit so lange Halt machte, nicht ! weiter zu verwundern ist. Oer Zimmersumpf. I Mit dem gelehrt klingenden Worte „Paludarium" » wird eine Einrichtung gekennzeichnet, die nachzuahmen ich » allen Sammlern empfehlen möchte. Nennen wir es gut' I deutsch: „Zimmersumpf". Und so wird's gemacht: Zunächst wird eine irdene Schale mit möglichst senkrecht aufstei- I genden Wänden von etwa 15 Zentimeter Höhe beschaffst - Die Schale kann rund oder eckig sein, ihre Größe ist neben- ! sächlich; sie muß für Wasser undurchlässig fein. Diese j Schale wird mit gewöhnlicher Gartenerde etwa 10 Zenti- I meter hoch gefüllt; ist etwas alter Lehm zur Hand, so wird dieser der Erde beigemengt. Nun werden allerlei Sumps- ! pflanzen eingesetzt. Dann wird angegossen, und zwar so l viel, daß vie Erde etwa fingerhoch mit Wasser bedeckt ist. I Nun ist das Paludarium oder der Zimmersumpf fertig. » Die hübsche Landschaft erhält einen Platz an einem sonnig ! gelegenen Fenster. Steht eine Veranda oder ein Balkon I oder gar ein Garten zur Verfügung, so kann die Aufstellung I auch hier erfolgen, nur sollte das Plätzchen nicht gar zu » sehr dem Winde ausgesetzt sein. Das von den Pflanzen « verbrauchte oder verdunstete Wasser wird stets Durch neues I ersetzt. Regenwasser ist hierfür besser als Leitungswasser. I Die Sumpfpslanzen sollen nicht beim Gärtner gekauft - werden, Die müßte man selbst sammeln. Ein Handspaten, ! ein paar Bogen Zeitungspapier und wenn möglich eine I „Botanisiertrommel" bilden dazu die Ausrüstung. Der j Sammelplatz ist der Sumps, Das Teichufer, eine feuchte » Stelle im Walde, am Wiesengraben oder wo sonst der ! Erdboden mehr feucht als trocken isst Dort wird von I Pflanzen ausaehoben, was dienlich erscheinst Die Wurzeln > werden nach Möglichkeit geschont. Jede Pslanze wird « einzeln in Papier gewickelt, nackidem die Erde um Len ! Wurzelstoü ordentlich sestgeLrückt wurde. Welche Pflanzen I tauglich sind, wird am Standort der Pflanzen selbst er- j kannt. Es dürfen nur solche genommen werden, die im . feuchten Erdreich wurzeln oder im ganz seichten Wasser ! stehen. Wenn sie zu haben ist, wird auch etwas Enten- I grütze mitgenommen. Das sind die kleinen, linsenförmigen, j grünen Schwimmpflanzen mit den freihängenden, zier- » lichen Wurzelchen; auf jedem Teiche sind sie in großer Zahl ! vorhanden. Beim Einffflanzcn der Gewächse werden alle i fauligen Teile der Stengel und Blätter mit einem scharfen j Messer abgeschnitten. Ist das Wurzelwerk gar zu üppig, » so darf auch dieses etwas beschnitten werden. Was für die ! Folge an den Pflanzen verdirbt, wird ebenfalls stets be- l seitigt. Was mit dem fertigen Tinge gemacht werden soll? > Beobachten müßt ihr daran! Sehen lernen, wie Die ! Pflanze wächst und lebt, wie sie, je nach Lage oder Stellung l der Zweige, ihre Blätter in Ler Form verändert oder diesen j eine andere Stellung gibt. Wie die Blume sich entfaltet » oder wie neue Triebe aus dem Wurzelstock bervorbrcchen, ! wie an schattiger Stelle Lie Pflanze so ganz anders wächst l als an sonniger Stelle, wie sich dort, wo Helles Licht und j tiefer Schatten auf dem Wasser Zusammentreffen, grüne - Lebewesen scheinbar ganz von selbst bilden und wie diese . Algen weder nach Ler sonnigen Seite noch nach der ganz I dunklen Stelle sich ausbreiten, sondern in der Zone der j Dämmerung verharren — das ist so einiges von dem, das » beobachtet werden soll. Tie Einrichtung eines solchen ! Zimmersumpses kann Len ganzen Sommer hindurch vor- > genommen werden. Wer es einmal damit probiert hast ß fange Las nächste Jahr damit schon im Frühjahr an, wenn « die Pflanzen draußen erst zu treiben beginnen, das wird » dann wieder neue Reize geben. Auch damit dürfte ein i Versuch gewagt werden, die SumpflanLschaft von einem j Jahr in Las nächste hindurchzttüringen. Die Pflanzen » werden zum Winter absterben. Der Standort muß dann ! kühl, aber hell fein; Die Erde ist nur mäß^g feucht zu halten. > Erst wenn im Frühjahr neues Leben sich zeigt, ist mehr , Wasser zu geben. H. ; Aphorismen. An dem Glücke anderer soll man sich aufrichtig freuen, schon - weil es das einzige ist, an das man glaubt. ! * I Ein Augenblick, wo das Herz genießt, wiegt Stunden auf, I Wo der Körper schwelgt. ; * » Wenn der Mensch sich etwas vornimmt, so ist ihm mehr I möglich als man glaubt. I * 8 Das meiste Unglück, der schwerste Verdruß, die bitterste ; Täuschung kommen auf Rechnung unserer eigenen Schwäche. »