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Hohenstem-Emsühaler Tageblall un-AuWer Nr. 120 Dienstag, den 26. Mai 1925 Beilage AMreiE Von Graf Posadowsky Es ist ein Zeichen der Zeit, daß Treu und vckauben im geschäftlichen und Rechtsleben in linem Matze verschwunden sind, wie man es vor dem Kriege nicht gekannt hat. Erotze Verbände scheuen sich nicht, in öffentlichen Versammlungen bmd Erklärungen Anschauungen zu vertreten, die jedem Rechtsgefühl widersprechen. Die schleu nigste Kündigung von Schuldverpflichtungen, so bald bekannt wurde, datz die Regierung ihren früheren ablehnenden Standpunkt in der A u f- w e r t u n g s f r a g e verlassen habe und zu einer — wenn auch völlig unzureichenden — teilweisen Aufwertung bereit sei, war der tatsächliche Aus- fluß solch' gelockerter Rechtsanschauungen. Man verschleierte eigennützige Bestrebungen mit der Fürsorge für das Wohl der gesamten Wirtschaft; tatsächlich aber vertrat man nur die eigensten persönlichsten Vorteile. Der Gedanke war zu ver lockend, die Inflation zu benutzen, um sich „ge sund", d. h. schuldenfrei zu machen ohne sachliche Gegenleistung oder gegen eine sachliche Gegenlei stung, welche man unter gewöhnlichen Verhält nissen als Wucher bezeichnet hätte. Kegen solche Versuche haben die Parteien des Reichstages schon im Aufwertungsausschutz der 2. Wahl periode 1924 entschieden Stellung genommen. Man führte dort aus, datz der Ueberspannung des Wirtschaftsgedankens entgegengetreten wer den müsse; er führe schlietzlich zur Versagung jeder Aufwertung; das Volk fordere Wiederher stellung des Rechts. Besonders nachdrücklich trat die Deutschnationale Volkspartei für eine ge rechte Aufwertung ein. In ihrem Wahlaufruf erklärte sie: „Der Staat mutz wieder ehrlich wer den allen seinen Bürgern gegenüber. Der Bruch gegebener Versprechungen, die Vernichtung garantierter Werte untergräbt jede Staatsauto- ritat. Soweit es irgend in seinen Kräften steht, mutz der Staat das furchtbare Unrecht wieder gutmachen, das er durch unehrliches Geld und un gerechte Gesetze den Volksgenossen zufllgte, die ihm vertrauensvoll ihre Ersparnisse Hingaben." In der Verhandlung vom 28. Juni 1924 trat der Vertreter der Deutschnationalen Volkspartei für eine gerechtere Behandlung der Gläubiger der öffentlichen Anleihen ein und erklärte es für die verdammte Pflicht und Schuldigkeit jeder Partei, die hier Mitarbeiten wolle, nicht etwa über die Einzelheiten den Mund zu halten und zu sagen: „Nun mach's du, Regierung," sondern die Wege zu weisen. Die Wähler durften danach anneh men, datz die Partei bestimmte Anträge über die Höhe der Aufwertung der einzelnen Schuldforde rungen stellen würde. Unmittelbar nach Ein tritt eines Mitgliedes der Deutschnationalen Volkspartei in die Regierung erklärte dieselbe indes, datz sie in ihren Forderungen für die Auf wertung sich auf eine mittlere Linie zurückziehen werde. In dem Ausschuß von 1924 hatte nach dem Ausschutzberichte der Vertreter der Partei insbesondere noch erklärt, die Gemeinden erziel ten aus der Ausbeuie ihrer wirtschaftlichen Be triebe so hohe Summen, datz sie, von Ausnahmen abgesehen, zu einer 100prozentigen Aufwertung fähig seien. Diesem Gedanken trage der Vest'sche Entwurf Rechnung. Der Neichstagsabgeordnete Dr. Best ist seitdem aus der Partei ausgeschieden. „Das Enteignungsrecht der Dritten Steuernot verordnung," so führte der Vertreter der Partei weiter aus, „müsse wieder gutgcmacht werden. Die Zurückdrängung des Rechtsgedankens sei nicht aufrecht zu erhalten." Die Wähler erwar ten, daß die Partei mit äußerstem Nachdruck für eine dem Rechtsgedanken entsprechende Aufwer tung eintreten und ihren früheren Standpunkt „bis zum letzten Graben" verteidigen wird. Auch die neuesten Vorschläge der Regierung sind nicht genügend, namentlich in bezug auf Pfand- und Nentenbriese, sowie in bezug auf Eemeindeanlei- hen, Jndustrieobligationen und die Verpflichtun gen der Kreditinstitute; auch die rückwirkende Kraft bis zum 15. Juni 1922 genügt nicht, da an diesem Tage die Goldmark bereits einen Wert von über 74 Papiermark darstellte. Es gibt für diese Schuldverpflichtungen nur eine gerechte Aufwertung, indem man den Jnflationsverlust zwischen Schuldnern und Gläubigern teilt, d. h. zu 50 Prozent aufwertet und alsbald eine ent sprechende Verzinsung beginnen läßt. Die Folgen einer unzureichenden Aufwertung zu Gunsten des Schuldners werden eine Enttäuschung Hervor rufen, welche auch auf politischem Gebiete die ernstesten Folgen haben dürfte. Es muß verbit ternd auf die Gläubiger wirken, wenn man ihnen den größten Teil ihres Vermögens enteignet, während die Schuldner im Besitz ihrer Sachgüter verbleiben, die vielfach einen wesentlich höheren Wert wie vor dem Kriege darstellen. Dieses menschlich natürliche Gefühl sollten Regierung und Parteien nicht außer Augen lassen. Eine mittlere Linie ist der Kompromiß nicht. Der gor dische Knoten wird allerdings durchgehauen, aber nach dem Vorbilds der 3. Steuerverordnung der Regierung zum schwersten Schaden der Gläubiger und zur unberechtigten Bereicherung der Schuld ner. Die Hoffnung, datz dieser Kompromiß, wenn er Gesetz würde, zur Versöhnung der Gegensätze beitragen werde, wird sich nicht erfüllen. In diesem Zusammenhang ist auch der fol gende Bericht über die Beratungen im Aufwertungs-Ausschuß von Interesse: Der Aufwertungsausschuß des Reichstages setzte Sonnabend die Beratung des A u f w e r- tungsgesetzes beim 8 2 fort. Die Abstim mung über Abschnitt 1 wird zurückg.estellt. Ab schnitt 2 bestimmt: „Als Eoldmarkbetrag (für die Auswertung) gilt bei Ansprüchen, die vor dem 1. Januar 1918 erworben sind, der Nennbetrag. Bei später erworbenen Ansprüchen ist der Berechnung des Goldmarkbetrages der Tag des Erwerbes zu grunde zu legen. Im übrigen ist der Tag des Erwerbs für den Gläubiger maßgebend." Abg. B e st (b. k. F.) begründet Anträge, die die ehrlichen Erwerber solcher Ansprüche schützen sollen, ohne die zu begünstigen, die aus rein spekulativen Gründen erworben haben. — Abg. Dr. Wunderlich (D. Vpt.) empfiehlt einen ähnlichen Antrag, der vorsieht, daß der Aufwer tungsbeitrag einer Hypothek, der dem letzten Hypothekeninhab.>r nach dem Werte zur Zeit der Begründung zukommt, zwischen den mehreren Inhabern der Hypotheken nach Maßgabe ihrer Erwerbspreise verteilt wird, bittet aber, diese schwierige Frage zurückzustellen, bis zum 8 1' wo alle Fälle der Rückwirkung behandelt werde-,, sollen. Staatssekretär Dr. Joel sagt eine ent gegenkommende Prüfung der Anregung im Rah men des 8 11 der Vorlage zu. Abg. Dr. B o l- kius (Ztr.) macht darauf aufmerksam, datz es sich hierbei garnicht um ein Hypothekengeschäft, sondern um die Aufwertung eines Kaufgeschäftes handle, ein Schritt auf einem gefährlichen Wege. Die Beratung wendet sich dann den Bestim mungen zu, die von den Terminen handeln, von denen an die aufgewerteten Ansprüche verzins lich sind, in welcher Höhe diese Zinsen zu berech nen sind, wann die Anträge gestellt werden müs sen, und von wann ab die Zahlung der aufge werteten Kapitalbeträge verlangt werden kann. Auch zu diesen Vorschriften liegen eine Reihe von Anträgen vor. Die Aussprache dreht sich insbe sondere um die Stelle, welche die Aufwertungs hypothek einnehmen soll, um die Höhe des Zins fußes und endlich um die Goldhypotheken. Die Abgg. Dr. V e st (b. k. Fr.) und Dr. E m- minger (Bayr. Vpt.) begründeten Anträge zu diesen Fragen. Abg. Dr. Best fordert die erste Stelle für die Aufwertung, die Abgg. Emminger und Dr. Wunderlich warnen davor, weil das vielfach nicht durchführbar sei, ohne die Konstruk tionen der Landschaften, Hypothekenbanken usw. zu ändern. Der Abg. Emminger fordert weiter die Möglichkeit vorzeitiger Tilgung der Schuld, wenn diese vorzeitigen Leistungen den Betrag von 5000 Mark die Summe der jährlich zu zah lenden Leistungen den Betrag von 1000 Mark nicht übersteigen. Endlich dürfe der jetzige hohe Zinssatz nicht zur Grundlage der künftigen Lei stungen gemacht werden. Staatssekretär Joel macht darauf aufmerk sam, daß wohl kaum jemand vorhanden sei, der wirklich 75—100 Prozent seines Eigentums er halten habe, und zwar auch nicht unter den Landwirten oder den städtischen Hausbesitzern. Diese Besitzer müßten die Möglichkeit behalten, sich neue Kredite zu beschaffen, sonst sei für sie die Aufwertung nicht tragbar. Or meck. H. Hensche L Lo Q m. b » Lenin HO 4z dtiecksr aqe: Drogerie Osbar ?ickiner, MoNrenspotkells kupo t Lckaat, LnZslÄporNelre Pau 2ecN. WM KIM Wk WW Ein heiterer Roman von Friede Birkner kleicrik. Coporta« IV24 bv Kart Köbler u. Co.. Berl!» 28s (Nachdruck verboten.) „Ui, Ui, Jbi uh!" stieß Makopana aus bei dem Anblick der nie gesehenen Geschenke. „Vermutlich Freudeäutzerungen seiner fett- glänzenden Majestät'?" „Scheint so! Eisib, sage ihm, datz mir ihm dann die Gegenstände erklären, und frage ihn, ob er gewillt ist, mir einige Fragen zu beant worten." Majestät zeigte sich gewillt und so fing Hen ner an zu fragen: „Wie lange lebt der große Häuptling schon hier'?" „Zweimal schon hat der Regen uns hier ge deckt." „Also sind sie jetzt im zweiten Jahr hier," sagte Henner zum Doktor. Dann fragte er wr.rer: „Ob er schon Europäer gesehen hat?" „Vor langen Jahren lebende Weiße und im vorigen Jahr einen Toten." „Wo?" „Hier in der Nähe. Ein toter Weißer und tote Hereros und totes Vieh, alles einzeln verstreut." „Weiß Makopana, was das für ein Toter war? War er verwundet? Waren die Hereros verwundet?" Makopana schüttelte zu diesen Fragen nur den Kopf. „Was hat Makopana mit diesen Toten ge macht?" „Nichts! Sonne, Wind und Hyänen haben sie vertilgt." „Hat Makopana sich nichts von den Toten ge nommen? Keine Waffen, keine Kleider?" Jetzt lachte Makopana vergnügt und schlug sich auf den Bauch. „Hat Makopana doch getan." „Kann Makopana uns das zeigen? Wir sind -ekommen, um nach einem. Zug, so wie der unsere, zu forschen, der seit langem verschollen ist." Listig zwinkerte Makopana mit den ver quollenen Schweinsäuglein, rief eines seiner ihn umgebenden bildhäßlichen Weiber und gab ihm einen Befehl. Das Weib lief dann in das Zelt hinein. — Jetzt zeigt Makopana stolz auf seinen Gürtel und sagte: „War an dem toten weißen Mann." „Würde Makopana den Gürtel abnehmen, daß wir ihn betrachten?" Auch dazu war Majestät bereit, wenn auch unter Aechzen und Stöhnen. In unterdrückter Erregung betrachteten Hen ner und der Doktor den schmutzstarrenden, fett- durchtränkten Lederriemen, der em einfaches, festes Schloß hatte und leicht enger und weiter zu machen war. Innen entdeckte jetzt Henner, in das Leder eingebrannt, eine Firma. „Doktor, hier steht: Kochmann, Hamburg, I Jungfernstieg 6." „Ruhe, junger Mann, noch keine voreiligen Schlüsse ziehen, es können ja doch noch mehr Asrikaforscher aus Hamburg einen Gürtel haben. " „Doktor, predigen Sie mir jetzt nicht Ruhe — Sie haben sie ja selbst nicht! Sehen Sie, was bringt denn da das Weib an?" Das Ovaweib brachte in einer Art Kasten einen Haufen Sachen, die sie auf Makopanas Be fehl vor Henner niederlegte, der sie mit hastigem Griff aus dem Kasten nahm. „Doktor — ein Hemd eine Kakhireithose, Stie fel und einen Tropenhut. Doktor! Wem hat das gehört? — Eisib sieh dir das an, kennst du diese Sachen?" Eisib sah Henner in das erregte Gesicht. „Herr, die Sachen sind ganz so wie die, welche du trägst." Mutlos ließ Henner die Sachen fallen. „Stimmt! Du hast recht! So sehen wir Europäer ja hier alle aus. — Hallo, Doktor — was haben Sie da?!" Doktor Robinson hockte am Boden neben dem Kasten und hatte — eine Brieftasche in der Hand. „Ruhe, junger Mann! Jetzt kommt Licht in die ganze Sache. Wissen Sie, was das hier ist?" „Nun? Spannen Sie mich doch nicht auf die Folter!" „Das ist die Brieftasche von Dr. Klaus Olf!" „Doktor! —" „Ruhe! Wenn Makopana merkt, datz uns an der Tasche gelegen ist, weigert er sich am Ende, sie uns zu lassen. — Also sehen Sie, hier steckt eine Karte mit seinem Namen — und hier einige Aufzeichnungen. Und das — hm — junger Mann — das — das ist ja grauenhaft." „Was? Doktor, reden Sie doch!" „Später — erst muß die Tasche unser sein. — Hallo, Eisib, frage Makopana, ob er uns die Tasche gibt." Eisib schien mit der Anfrage kein Glück zu haben. „Herr, Makopana sagt, die Tasche gebe er nicht her, so etwas Schönes habe er noch nie besessen." „Doktor, was tun?" „Bin selbst ratlos! Ist so ein Negerfürst mal auf was versessen, so gibt er es nicht her, und wenn man ihn sonst etwas dafür bietet." „Wir müssen sie aber haben! Es hängt doch alles davon ab. — Halt, Doktor — ich hab's! Vielleicht läßt er sich auf einen Tausch ein. Eisib, frage Makopana, ob er mir die Tasche gibt, wenn ich ihm hier diese dafür gebe." Erregt hielt Hen ner Makopana seine Brieftasche unter die Augen, die sofort freudig funkelten. Seine großen Hände faßten nach Henners Brieftasche, aber nicht die Tasche hatte es ihm angetan, die ließ er achtlos zu Boden fallen, sondern die rosa Schleife Madys hatte sein Begehren geweckt. Mit seinen unge schickten Fingern zupfte er daran, hielt die Schleife an die Nase, was einen netten, runden Fettfleck zur Folge hatte, und sprach dann auf Eisib ein, der seine Worte übersetzte. „Makopana läßt dir sagen, Herr, daß du die Tasche und all die Sachen haben könntest, wenn du ihm die rosa Schleife dafür gibst. Co etwas habe er noch nie gesehen." 1 Henner hatte mit sehr gemischten Gefühlen zu gesehen, wie Madys duftige Taffetschleise unter Makopanas Bewunderung alle Frische und Nied lichkeit verlor. Ganz traurig sah er sein Kleinod an Makopanas Nase kleben. Und nun sollte er sich ganz und gar davon trennen? Seinen Talis man lassen? „Na, junger Mann, was überlegen Sie noch? Ich glaubte nicht, daß wir so leichten Kaufes da vonkommen würden." „Doktor — die Schleife — sie ist doch von ihr!" „Seien Sie kein Frosch, Altmann! Kann die Schleife einen besseren Zweck erfüllen, als uns zu der Brieftasche zu verhelfen, an der alles hängt?" „Sie haben recht, Doktor! — Also sag' ihm, Eisib, daß er die Schleife haben soll! Und dann soll er mal aufstchen, wir wollen ihm den Gummimantel anziehen," sagte Henner und steckte schnell seine und Dr. Olfs Brieftasche zu sich. Majestät erhob sich. Eigentlich ist das nicht richtig gesagt, denn nicht Majestät erhob sich — sondern seine Untertanen erhoben ihn. Vermittels eines sinnreichen Znsammcnarbei- tens der Weiber des Häuptlings gelang es, den Koloß zum Stehen zu bringen. Zwei Weiber warfen ihm ein langes Stück Baststofs um die Schultern, zwei andere faßten seine Arme, und die kräftigsten beiden Weiber schoben von hinten nach, während die vier von vorn aus Leibeskräf ten zogen. So brachte man durch geübtes Zu sammenarbeiten Makopana zum Stehen. Henne: halt'! dem Unternehmen interessiert zugesehen und lich gesagt, daß er allein, nur mit tels eines kleinen Nadelstiches an maßgebender Stelle, 'Makopana seh: fein in die Hoh« gebracht hätte. Makopana stand — und alle seine Untertanen genossen dieses Ereignis bäuchlings, denn alles war vor der Majestät zu Boden gefallen. Fettplänzende Milde lag aus Makopana« Er ficht, und er watschet«« and wuchtet« auf Di. Robinson zu, der mit dem ausgedr«ttet«n Gummi mantel dastand. AS« Ist« L«1ru gern Hütte Hen»