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Gefühllosigkeit äußerte, dgnn zu Wohlempfinden über ging, das immer angenehmer und bewußter wurde. Dieses Stadium des allgemeinen Affektes ging nun in eine Aus lösung der einzelnen Sinnesempfindungen über: die Augen sehen ein gleichmäßiges, ausgebreitetes, opali sierendes Licht, die Zunge schmeckt eine Süßigkeit wie Zucker und Honig, das Ohr hört Sphärenmusik, und schließ lich summieren sich die Wellen der Sinnesempfindungen im Gefühl, das die Empfindung des Fliegens hat. Mit dem Augenblick aber, wo das Schwert des Befreiers die Schnur durchtrennte, hörten diese Empfindungen auf, um unerträglichen Schmerzen Platz zu machen. Jeder Nerv zitterte, in der Nase und den Fingern verspürte er ein furchtbares Stechen und erst nach einer halben Stunde ließen die Qualen nach. Ter Geistliche schließt feinen Be richt mit der Behauptung, daß ein Augenblick himmlischer und engelgleicher Seligkeit zu teuer erkauft sei mit den Schmerzen, deren Dauer als Ewigkeit empfunden wird. Wenn man die Subjektivität in Auffassung und Dar stellung zugesteht, so verbleibt als objektive Erkenntnis: Ter Tod ist kein plötzliches Aufhören des Lebens, sondern ein mehr oder weniger schnelles sukzessives Aussetzen der einzelnen lebenswichtigen Organsunktioncn, ein Vorgang, den die Physiologie als „Nekrobiose" bezeichnet. Und nur an die physischen Funktionen gebunden, wirken sich die psychischen aus, die man als Gefühls-, Verstandes- und Seelenleben erkennt, solange sie in Beziehung zur Materie des Leibes stehen. Für die Erkenntnis des Lebens nach dem Tode aber gilt nach wie vor das Wort: „Wir wissen nichts und werden nichts wissen." Samen, die auf -er Pflanze keimen. Ganz allgemein weiß man, daß der Samen der ! Pflanze nnr keimt, wenn er in feuchtes Erdreich gebettet ! wird. Gelegentlich beobachtet man jedoch, so namentlich I beim Getreide, daß der Samen schon auf der Pflanze keimt und auch Blätter treibt. Das Korn wächst aus, sagt » der Landmann. Doch das sind nur Ausnahmen, durch » übermäßige Feuchtigkeit bedingt. Daß es aber auch Pflan- I zen gibt, bei denen das Keimen der Samen auf der Pflanze die Regel bildet, dafür haben wir in den Mangroven » treffliche Beispiele. Das sind jene Gewächse, die, auf großen , Stetzenwuizeln stehend, die Meeresküsten in den Tropen I einsäumen. Bei diesen Pflanzen fallen weder die Früchte ! ab noch geben sie den reifen Samen frei. Nach der Be- ; fruchtung nimmt der Fruchtknoten eine birnenartige Ge- i statt an, ist aber nicht wie unsere Birne mit dem dünnen, I sondern mit dem dicken Ende durch den Fruchtstiel mit ! der Pflanze verbunden. Jede Fruchtanlage hat ursprüng- ; lich zwei Samenanlagen, davon aber nur eine zur Ausbil- « düng gelangt: die andere verkümmert. Dem Auge verbor- I gen, erfolgt in dieser Frucht die Keimuirg des Samens, wo- ! bei ein Keimblatt und ein Keimblattstamm gebildet wer- ; den. Ersteres hat letzteren zu ernähren. Da hierzu die in i der Frucht immer aufgespeicherte Reservenahrung nicht aus- I reicht, versieht die Pflanze die Frucht immer mit neuen ! Nährstoffen. Eines Tages bricht aus dem freien, dünnen I Ende der Frucht ein stielartiges Gebilde hervor, das immer I länger wird; das ist der Keimblattstamm. Im Verlause I von 7—9 Monaten hat dieser aus der Frucht heraus- . ragende Keimblattstamm eine Länge von 30—50 Zenti- ! Meter erreicht und mißt etwa 1)^ Zentimeter, bei einem I Gewicht von etwa 80 Gramm. Nahe der Ansatzstelle schiebt j sich eine kleine Hülle über dieses Gebilde, das ist der röhren- , förmige untere Teil des Keimblattes. Hier ist die Verbin- ! dungssielle zwischen Keimblatt und Keimblattstamm. Der I Keimblattstamm pendelt lustig vom Winde bewegt unter > der Frucht hin und her, bis er eines Tages abbricht und » nun senkrecht zu Boden fällt. Dabei gräbt sich seine Spitze ! tief in den schlammigen Boden hinein, selbst wenn der Fall I nickt gerade zur Ebbezeit erfolgt und der Keimblattstamm j erst noch das Wasser durchdringen muß. Nun steckt der ; Keimblattstamm im Erdboden. An seinem oberen Ende ist - jetzt auch Vie vorher überdeckte Knospe zu sehen, aus der I alsbald Blätter hcrvorsprießen. Allmählich wächst dann ß aus dem Keimblattstamm ein neuer Mangrovenbaum » heran. Hat sich der Stamm von der Frucht gelöst, so wird - die Fruchthülle auch bald vom Baume abgestoßen. Auf -er Schwelle -es To-es. - Lust- und Schmerzempfindungen. — Historische Fälle. Undurchdringliches Dunkel liegt über den Dingen nach ' dem Tode. Wer den Schritt über die Schwelle getan hat, ; die hinüberführt, kehrt nicht mehr zurück. Aber auf der . Schwelle selbst haben schon viele Menschen gestanden, die I dem Tod ins Angesicht gesehen und einen Blick ins Jenseits ! geworfen Haben, um wieder unter die Lebenden zu treten. ; Der belgische Dichter Maurice Maeterlinck, dessen Neigung i zum übersinnlichen und Mystischen in allen seinen Werken I immer wieder aufklingt, hat es fertiggebracht, sich durch ! Autosuggestion in das Gemütsleben eines kurz vor der ! Hinrichtung stehenden Verbrechers zu versetzen. Er blieb i während der ganzen Zeit in seiner Gesellschaft, begleitete I ihn zum Schafott und versuchte, den Kontakt bis nach Ler I Exekution aufrechtzuerhalten. Aber man mußte den ! Dichter ohnmächtig vorn Platze wegtragen, als der Kopf j des Delinquenten gefallen war. Er verfiel in ein hitziges j Nervenfieber und schwebte lange Zeit zwischen Leben und . Tod. Als er genas, war ihm die Erinnerung an das Er- ! lebnis fast vollständig verlorengegangen. Er kosinte aber I berichten, daß die Empfindungen und Gefühlsregungen j furchtbar und mit menschlichen Kräften nicht zu ertragen » waren. Der Philosoph Bacon von Vcrulam erzählt von I einem adligen Standesgenossen, der, um Aufklärung über I die Frage nach dem jenseitigen Leben zu erhalten, sich auf- ; hängen und natürlich zeitig genug wieder abschneiden » wollte. Er rechnete aber nicht mit dem Schwinden seiner I Kräfte; so wäre das Experiment beinahe verhängnisvoll I für ihn verlaufen, wenn er nicht im letzten Augenblick noch ; gerettet worden wäre. Er berichtet, daß er, als die Schnur ' seinen Hals drosselte, eine Lichtempfindung von einer I außerordentlichen Helle und Gleichmäßigkeit hatte, die I dann allmählich schwand und in Dunkelheit überging. I Schmerzen empfand er bei der ganzen Prozedur nicht. ' Erst nach dem Abschneiden machten sich die Folgen der I Blutstauung bemerkbar. Von einer seltsamen und in ihren Begleitumständen ' einzigartigen Gelegenheit zur Beobachtung der kritischen I Momente zwischen Leben und Tod berichtet ein englischer I Schriftsteller. Ein reicher Metzgermeister in London wurde < wegen Mordes zum Tode durch den Strang verurteilt. ! Da er aber nicht die geringste Lust zum Sterben hatte, ver- ! suchte er, den Tod und seinen Helfer, den Henker, zu über- ! listen. Er vertraute sich einem jungen Arzt an, der gern > reich werden wollte. Dieser operierte dem Todeskandidaten « eine Kanüle in den Hals, die ihn instand setzte, während ! des Hängens zu atmen. Damals war es Brauch, den Ge- l hängten zu „begnadigen" und „in Freiheit zu setzen", j wenn er die vorgeschriebene Zeit am Galgen gehangen - hatte. Nachdem der gehenkte Metzgermeister wieder zu sich ! gekommen war, konnte er seine Beobachtungen mitteilen. ! Er erzählte, daß die Erregung, die er vor der Exekution . ! empfand, sich in Lem Augenblick, da er die Schlinge um den ; Hals fühlte, auf das höchste steigerte. Dann wich sie plötz- > lich einer angenehmen Schläfrigkeit. Auch dieser Gehängte I empfand keine Schmerzen. Wertvoller und reich an psycho-physiologischen Daten I ist der Berichs eines unschuldig gehängten Geistlichen, i Während der amerikanischen Sezessionskriege wurde der I Reverend I. T. Mann als Spion, der im Dienste der Kon- ! föderierten tätig gewesen sein sollte, im Fort Barancas ! gehängt. Vier Minuten hing er zwischen Himmel und I Erde, als ihn ein Offizier, der den Irrtum erkannte, ab- I schnitt. Der Bericht des Geistlichen zeigt sofort den ge- . bildeten Mann, der zu beobachten versteht. Zunächst unter- i scheidet er die beiden Hauptphasen des Erlebnisses: die I Zeit während des Hängens und die nach dem Abschneiden. , Das erste ist die physische Empfindung während der Er- ! drosselung: Nerven und Arterien spannen sich, und den ! Körper überfällt damit eine Hitze, die heftige Schmerzen I im Nervensystem auslöst. Es erscheint ganz natürlich, daß l diese sich steigernden Schmerzempfindungen schließlich ein » Maximum erreichen, das mit dem Gefühl abbricht, als ! fände im Organismus eine Explosion statt. Danach empfand Ler Gehängte Erleichterung, die sich zuerst in einer