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Die alten Griechen batten von diesen ägyptischen Er- I findungen noch zweitausend Jahre später keine Ahnung. I Sie schliefen zur Zeit Homers in sackähnlichen Holz- oder j » Steinkästen, die in einer Zimmerers angebracht waren.! Bänken zu erklimmen waren. In der luxuriösen Kaiserzeit i Heu oder Schilf, bald aber mit Gänse- oder Schwanen- I federn gefüllt wurden; germanische Gänse sollen damals ! in ganzen Herden über die Alpen getrieben worden sein, I nur ihrer Federn wegen, für die es daheim keine Ve>- i Wendung gab. So ging der germanischen Völkerwanderurg I eine germanische Gänsewanderung vorher —, bis schließ- . sich der Vaüdalen-Genserich erschien und die goldenen I Bettfüße Roms zur Wanderung nach Afrika zwang. i Schlasdscken bezogen die reichen Römer aus Griechenland, H Kleinasien, Persien und Karthago. Bettücher wurden nur » von Frauen benutzt. Als besonderes Prunkstück galt das ! Kopfkissen. Die Germanen wußten, wie erwähnt, von den Fein- I heilen des Schlasgemaches bis in das fünfte nachchristliche ; Jahrhundert nichts. Sie »lagen auf der Bärenhaut-, tags, > um immer noch eins zu trinken, nachts, um von Krieg und I Jagd, Trunk und Würfelspiel zu träumen. Nur ganz ver- f i Noch in den ausgegrabenen Häusern Pompejis sieht man I diese schmucklosen Gebilde; man kann sich nur schwer vor- ! stellen, daß der heitere Gott Morpheus um sie seinen Nie wieder hat das Bett im Haus eine so dominie- rende Stellung eingenommen. Und doch sollte seine größte Zeit erst noch kommen. Das war, als die gewaltigen Wände wieder abgetragen wurden und auch statt ihrer Vorhänge beliebt wurden. Aus niedrigen Füßen, sehr ge- räumig, von vier schlanken Säulen flankiert, von leichten Stoffen ringsherum umflattert, wurde es zum — Salon. Selbstverständlich ging damit Frankreich voran. Die Chambre de lit, das Bettzimmer der Damen und Fürsten, bildete das Paradezimmer des Hauses, und jeder Lieb haber und Höfling strebte nach der Ehre, dem Lever, dem „Rufstehen" seiner Herrin, seines Herrn beiwohnen zu dürfen. Man karrn sich denken, daß Handwerk und Kunst wetteiferten, um das Bett mit sinnverwirrender Anmut schienen gerade gut genug, um das Heiligtum von der > Außenwelt abzusperren. ; Zauber breiten konnte. Poetischer muten da doch die jün- i geren Klinen an (von denen das bittere Wort Klinik I herstammt), hängebodenartige Rester, die aus vier Stangen ; oder Säulen ruhten und nur mit Hilfe von Leitern oder weichlichte Mägdlein häuften Laub zusammen und breite- j ten ihr Fell darüber; aber gewiß sahen die Führer des . Volkes darin ein Zeichen der Dekadenz. Erst als die ! Franken den christlichen Glauben annahmcn, nahmen sie I damit zugleich auch das Bett bei sich auf; doch verschmähten z sie und auch die anderen germanischen Stämme noch jahr- » hundertelang die Flaumenfüllung; Moos, Laub und Felle ! erinnerten sie auch im sonnigen Süden an die rauhe, Wald- I bedeckte Heimat. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn > sie nie umgelernt hätten; denn man weiß ja, daß unsere ; Ärzte die Federbetten hassen —, natürlich nicht die eigenen. » übrigens taucht das Wort „Bett" schon in dem alte- I ftsn deutschen Wörterbuch, dem des heiligen Gallus aus I dem 8. Jahrhundert, auf; es har dort die Form pstti, und ; Gallus berichtet, daß es in einer besonderen Kammer stehe. « Aus der letzterwähnten Bemerkung ergibt sich, daß es sich > dabei um ein Sommerbett handelt; das Winterbett der I damaligen Zeit schwebte über dem Herd, wie man das ; heute noch hie und da ans dem Lande findet. Russen und ' Mongolen schlafen bekanntlich am liebsten direkt auf, hinter I oder unter dem Küchenofen. In der Ritterzeit gab es der Regel nach nur für den ! Hausherrn und die Hausfrau ein — gemeinsames — Bett. ! Das Gesinde nnd die Gäste mußten sich mit einem Lager l auf den Wandbänken in der „Halle" begnügen. Selbst in » den Kaiserpfalzen diente der Festsaal, wenn das Gelage . vorüber war, zugleich als Schlafraum, und mancher wackere ! Gras mag erst gar nicht das nahe Banklager ausgesucht, I sondern seinen Rausch gleich unter der Trinttasel ausge- ; schlafen haben; denn wenn er sein „Bett* erstiegen hätte, ; so wäre er doch alsbald wieder heruntergerollt. Das Ehe- , bett war nach römischem Muster hoch und nur bei turne- I rischer Gewandtheit ohne Fußbank zu erklimmen; die > Matratze war mit einem „Laken" strafs bespannt, mit Decken ; und Pfühlen reichlich ausgestattet und Lurch Vorhänge vor i neugierigen Blicken geschützt. Im Sortos äelloücruw, einer i Bildersammlung aus dem 12. Jahrhundert, sieht man, wie ! Decken, Pfühle und Matratzen schön bestickt sind. Vor dem ; Bett liegt ein prächtiger Teppich. In der zweiten Hälfte des Mittelalters wird das I Bett der Reichen zu einem riesenschrankähnlichen Möbel- , stück. An drei Seiten reichen feste Wände bis zur Zimmer- ! decke, nur die vierte Seite ist offen. Die ganze Kunst- I sertigkeit jener Jahrhunderte erschöpfte sich in der Ver- j zierung des ungeheuren Kastens; Spitzbogenornamente » und Malereien schmückten es, und die kostbarsten Stoffe ! Das Nachtlager. Kulturhistorische Skizze von Stephan Wolters. Von ganz wenigen Ausnahmcmenschen abgesehen, , verbringen wir alle innerhalb unserer Wohnung nirgends ; mehr Zeit als im Bett. Der Speisetisch hat seine Viertel- i und Halbestunden; das Kinderzimmer, der Schaukelstuhl, I in dem wir die Zeitung lesen nnd unsere mehr oder minder ! echte Havanna rauchen, das Sosa, aus dem wir mit der ü Eheliebsten plaudern, empfangen uns zu kurzer Rast, aber l wirkliche Ausdauer entfalten wir nur, wenn wir den I Krimskrams der Kleidung von uns streifen nnd uns legen, . um der süßen Ruhe zu pflegen. Ist es da nicht merkwürdig und ein Zeichen der Un° I dankbarkeit, die unserem Geschlecht im Blut liegt, daß wir ß dem Bett nur geringe Ausmerksampeit schenken und daß ; kaum je ein Dichter des treuen Freundes preisend gedacht , bat, in dessen Armen wir unser Leid vergessen und neue I Kraft sammeln zum Kampf mit dem wilden Leben da l draußen? Fast nur das Bett des Kindes bat seine Lieder ; und die nennt man obendrein noch Wiegenlieder. Nun, so soll wenigstens in Prosa einmal einiges über I die „Matratzengrust" und ihre Vorsahren gesagt werden. Wer hat zuerst in einer Art Bett gelegen? ; Das war gewiß ein alter Ägypter. Wenigstens stam- ' men die ersten Bilder von Ruhestätten aus dem ehrwürdi- I gen Nilland. Die treuen Kinder Kemis, die es so wohl « verstanden, für den ewigen Schlaf zu sorgen — mit Ein- ! balsamieren und Felsengräbern —, sie haben auch seinem ' Vorläufer, der vom Abend bis zmn Morgen herrscht, einen I Thron gezimmert. Er sah aus wie eine moderne Chaise- I longue — vier Füße und darüber ein Brett, am Kopfende I eine runde Lehne, das Ganze nach dem farbenfrohen Ge- ! schmack des betriebsamen Volkes bunt bemalt, etwas hart « und unbequem für unsere Vorstellung, aber gewiß nicht I für Leute, die keine Ahnung von „modernem Komfort" ! hatten. Tie Damen, Li» damals wie seither so oft wieder k die kunstreichste» Frisuren trugen, legten den Kops nicht I auf die Bettlehne, sondern hielten ein besonderes Gestell I bereit,das oben ein; halbmondförmige Ausweitung zeigte; ! in diese „betteten" sie das Hinterhaupt und schlummerten ! so, von Träumen umgaukelt und in dem erbebenden Be- ! wußtsein, Laß sie am nächsten Tage durch ihre Coifsüre I nicht übermäßig lange in Anspruch genommen werden ! würden. auszustatten. Die große französische Revolution hat dieser über- » treibung ein Ende gemacht. Auch die europäischen Nabobs ! begnügen sich mit bescheideneren Ruhestätten, und als ! Ludwig ll. von Bayern sür sich eine Kopie des Prunk- I bettes Ludwig LIV. hatte anfertigen lassen, da benutzte er I es nur ein einziges Mal, dann wanderte es ins Museum. » Der aufs Praktische gerichtete Sinn unserer Zeit lehnt alle ! überflüssige Pracht ab, nur in der Qualität des Materials I wird noch einiger Luxus entfaltet. In vielen Familien » zieht man den gemütlichen Holzbetten sogar Metallbetten - vor, wie sie zuerst im kunst- und gemütsfremden Amerika ! „konstruiert" worden sind: sie lassen sich leicht bewegen I und bieten dem Ungeziefer keine Schlupfwinkel — es gibt > keine Flohhatz mehr —, Poesie des Bettes, du schwindest! ; i wurde das Untergestell oft aus kostbarstem Material! I hergestellt, die Füße am liebsten aus purem Silber! ! oder Gold. Der Fortschritt gegenüber Ägypten bestand ; in Ler Verwendung von Matratzen, die zuerst nur mit!