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Unterhaltungs-Beilage zum MjlÄ'KMM ÄMtl« WM Druck und Verlag von I. Ruhr Nachf. Dr. Alban Frisch, Hohenstein-Ernstthal. (Nachdruck verboten.) ! den ; des » das regten Gesichtern. Sie begrüßten Wessel respektvoll und packten ihre Bestecke zusammen und hoben den Körper j stellten ihm den jungen Mann Lublinskis auf, ihn, unterstützt von Wenrer und dem vor I dort gcgenüberstehen wird. — Mit weit ausgerissenen I Augen, in denen das Weiße unheimlich leuchtete, starrte ; Wessel in Len Nebel, der zwischen Len Stämmen wogte. - Vor sich sah er Las Bild der nächsten Stunde mit grau- I samer Deutlichkeit: das scharfe Gesicht Lublinskis, Lie ! Oberlippe zu einem Lächeln emporgczogen, Laß die I gelblich-weißen Zähne sichtbar wurden. Dieses nicder- (7. Fortsetzung.) Sechstes Kapitel. All das war das Werk weniger Sekunden, in denen - es üuf allen wie ein schreckensstarrer Bann gelegen, der ! sich nun löste. Die Ärzte stürzten auf Lublinski zu, die I Sekundanten sprachen wild gestikulierend aufeinander ß ein — Wessel stand unbeweglich an das Beipult gelehnt, » mit geschlossenen Augen da. Es war aus einmal still in ! ihm geworden, totenstill. Die Ärzte erhoben sich. Der da lag, bedurfte ihrer I nicht: die Kugel war mitten durchs Herz gegangen. Sie ; Schiffbruch im Hasen Nornan von Zda Bock. : Von dem Augenblick an, da Ehrhardt und Lindner » erklärt hatten, daß das Duell nicht stattsinden könne, war I eine unheilvolle Veränderung mit Wessel vorgegangen. I Dieses Duell, das er anfangs nur als Genugtuung für Lie ; Beleidigung ansah, die ihm Lie Art eines Mannes zu- ' gefügt, Ler ihm von jeher unangenehm gewesen war, und I den er züchtigen wollte, erschien mit einem Male als > etwas ganz anderes. Es mußte etwas geschehen. Etwas, ! das zum Wendepunkt seines Lebens wurde. Die rasende ' Leidenschaft für die Frau Les Mannes, der ihn beleidigt, I loderte stürmisch auf, ergoß sich wie ein glühender Strom I auf sein Denken und begrub Vernunft und Überlegung. Das Duell erschien ihm als „Gottesgericht"! Er — ! oder ich! Für beide war kein Raum. Ihm lag nicht viel I an seinem verpfuschten Leben, wahrhaftig nicht! Traf's ; ibn — gut. Dann war es sein Schicksal — aber wenn ; nicht — wenn. — Doch darüber hinaus war er noch nicht i gekommen. An Lem Punkt angelangt, verwirrten sich > seine Gedanken zu einem wilden Chaos, aus dem ihm ! immer Wieser Las eine klar heraustönte: das Duell muß ; stattsinden! I Es war ein kühler Morgen nach einer Nacht, die I Wessel fast schlaflos verbracht hatte. Den ganzen ver- ' gangenen Tag war er von .Hause fortgewesen, um Lydia > auszuweichen. Vor Lydias stillem, blassem Gesicht fürchtete < er sich. So hatte er sich, trotzdem er erst nach Mitternacht heim- > gekommen war, beim ersten Morgengrauen aus Lem Hause I gestohlen. Langsam ritt er die Pappclallee entlang. Auf ! Blättern und Gräsern glitzerte Ler Tan, aber es war ; alles noch grau und farblos. Die „Waldandacht" lag i totenstill da. Ihr fehlte heute der Zauber der strahlenden I Sonne, der tiefblaue Himmel. Wessel band sein Pferd an Baum und setzte sich, wie neulich, auf Len Schemel BetpulteS. „Doktor Liebmann, praktischer Arzt." „Freue mich; hoffentlich mache ich Ihnen keine Sche- I rerei!" versuchte Wessel zu scherzen. Fünf Minuten vor der festgesetzten Stunde erschienen ' die anderen: Rodenbach, Werner und ein Militärarzt in I Uniform, Lublinski und ein zweiter Herr, den Wessel vom » Sehen kannte, in Zivil. Die Sekundamen begrüßten sich flüchtig. Die Offr- ! ziere verhielten sich steif und reserviert gegen die Zivilisten, I die nach ihrer Meinung eine nicht korrekte Sache vertraten. Der Begleiter Lublinskis, ein Graf Zerkowitz, der als ; Unparteiischer fungierte, trat jetzt zu den gegnerischen Se- i kundanten, nach kurzer Zwiesprache maßen Lie Herren die 1 Entfernung ab und die Sekundanten prüften die Pistolen. . Wessel stand mit über der Brust verschränkten Armen ! an einen Baum gelehnt und sah unverwandt zu Lublinski, I der unbefangen sprach wie sonst. Wessel hatte ein selt- > sames Gefühl: es war ja wahrhastig nicht das erste Duell, - das er austrug. Immer war er ruhig und kaltblütig ge- . wesen, und heute? Tausend Gedanken schossen ihm durch I den Kopf — wie im Traume kam er den an ihn gerichteten ß Aufforderungen nach, entledigte sich seiner Oberkleider und « trat an die von seinen Sekundanten bezeichnete Stelle. Als Doktor Schröder ihm die Waffe reichte, umklam» I werte er den Schaft der Pistole beinahe gewaltsam, wobei I ihn die Kälte des Stahles eisig durchzuckte. I Er stand mit weitaufgerissenen Augen regungslos, ' der Arm mit der WaffeHing schlaff herab, ihm war, als I zögen sich leise, feine, dünne Schleier von einem Baum I znm anderen, und durch die Schleier lugten grünlich ! schillernde, heiße Frauenaugen, in Lenen es loderte und ! glühte: „Ich liebe dich auch — o, ja, ich liebe dich — aber I ich bin feig, so feig! Und er hält mich fest, dieser Mann, > der beinahe schon ein Greis ist — und ich trage feinen » Namen! — Ich fürchte mich vor ihm —' - ! Mit einem Ruck warf Wessel Len Kopf zurück, sein I ganzer Körper straffte sich, da drüben stand ja dieser alte js Kerl, Len er haßte, und La — da — nun zog er höhnisch ; Lie Oberlippe hoch. — „Eins — zwei —Ehe das , „drei" von Len Lippen des Unparteiischen gefallen war, I hatte Wessel die Pistole hochgerissen und losgedrückt. Lublinski stand einen Augenblick unbeweglich, dann ' stürzte er vornüber auf das Gesicht, wie ein gefällter I Baumstamm. » trächtige Lächeln — cs machte Wessel rasend, wenn er nur I daran dachte. Wessel horchte auf. Stimmen erklangen. I Doktor Schröder uno Halpern und ein dritter junger I Mann, den Wessel nicht kannte, erschienen mit blassen, er- Wie lange war es her, daß er ebenfalls da gesessen f und mit fiebernden Pulsen auf das Weib gewartet hatte, er liebte — und Vas dem anderen gehörte, dem an- ! deren, den er haßte — haßte — haßte — und der ihm