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«« Neid des Nebenbuhlers nicht geschehen lassen wollte. Jetzt zu sein. Der Herrscher dieser kleinen Welt ist gestorben warfen; auch auf sie erstreckte sich der Herrschaftsanspruch des allmächtigen Königs, übrigens verteilte er die Er trägnisse der Ernte und des Fischfangs gleichmäßig und wie Konstantinopel im Lause der Jahrhunderte, in denen es, von vielen begehrt, dennoch keinem zusiel, weil es der Was aber dem kleinen Eiland Berühmtheit verleiht, ist das Andenken seines Fürsten. Lal-Rao, der letzte König von Preawang, ist zu den Göttern gegangen. Ihm war eine Herrschaft über die Seelen gegeben, vor der die eines Ludwig LIV. wie das liberalste konstitutionelle Re stand entgegengesetzt, und man hatte nur Magdas völlige Genesung abwarten wollen, um die Verlobung ösfentlich gime anmutet. „Ich hatte," so erzählt Pierre Mille in einem Pariser Blatt, „vor fünfundzwanzig Jahren das Vergnügen, der Insel Preawang einen Besuch abzustatten und bei dieser Gelegenheit von Lal-Rao empfangen zu werden, der mir die herzlichste Gastfreundschaft gewährte. Ich sollte die vollendetste absolute Monarchie kennen lernen. Die Monarchien, die es vor dem Krieg in den zivilisierten Ländern gegeben hat, waren dieser Herrschaft gegenüber eine bloße Attrappe, und von den Monarchien, die heute noch bestehen, braucht man gar nicht erst zu reden. Auf Preawang gab es kein Gesetz; Lal-Rao war es selbst. Es gab keine Behörde, kein Parlament; selbstver ständlich auch keine Zeitung, denn Lal-Rao ließ es nicht geschehen, daß die Leute von Preawang Lesen und Schreiben lernten. Er duldete in seinem Reich keine Schule, und wenn sich ein Missionar in die Bezirke dieses Despoten verirrte, sah er sich bald wieder unsanft an Bord des Schiffes versetzt, dem er entstiegen war. „Ich bin die Wissenschaft," erläuterte mir Lal-Rao, „ich bin die Re ligion." Auf Preawang gab es keine Handelsfreiheit und kein persönliches Eigentum. Wenn zufällig ein Handels dampfer an der Jnselküste Anker warf, begab sich der aus gezeichnete Monarch ohne Begleitung an Bord und erstand von den Kaufleuten, was seine Untertanen brauchten. Die Verteilung erfolgte durch ihn selbst und nach seinem Gut dünken. Der gesamte Grund und Boden der Insel gehörte ihm; was unter der Sonne von Preawang wuchs und gedieh, war ihm ohne weiteres verfallen. Selbst die Fische, die in Schwärmen um die Insel zogen, wurden wicht Eigentum der Leute, die Tag für Tag ihre Netze aus Lal-Hao, Ser lehie absolute Monarch. Die Snndainsel Preawang als Dorado eines Despoten. Keine Landkarte verzeichnet die kleine Insel Prea wang, ein winziges Eiland, nur ein Paar Quadratkilo meter groß, das, meerumspült, mitten unter den Inseln des Sundaarchipels aus den Wassern ragt; und doch haben zwei Mächte, das große England und das kleine Holland mit Eifersucht und Argwohn voreinander durch Jahrzehnte auf den günstigen Augenblick gewartet, um den kleinen Himmelsstrich ihrem Kolonialbesitz einzuver leiben. Preawang hat in dieser Zeit die Rolle gespielt mel so will, ein Weilchen an dem Anblick ihres Glückes freuen." Man suchte ihr unter liebevollen Scherzen die Todes gedanken auszureden, ihrer Bitte aber leistete man bereit willig Folge, und zehn Tage später, nachdem er seine Vor bereitungen getroffen und einen Vertreter bestellt hatte, traf Eberhard Lettinger als der glücklichste, strahlendste Bräutigam am sonnigen Gestade des Adriatischen Meeres ein. Auch er hegte nach seinem ersten Besuche bei Magda keinen Zweifel mehr an der Hoffnungslosigkeit ihres Zu standes und er behandelte sie darum mit all jener Rück sichtnahme, aus die ein dem Tode geweihtes menschliches Wesen Anspruch erheben darf. Weil er wußte, daß sie es gern hören würde, erzählte er in ihrer Gegenwart auch von dem kurzen Besuch, den er auf der Herreise seinem Freunde Leuenhoff abgestattet hatte, der seit sechs Wochen als Arzt an einem süddeutschen Sanatorium tätig war. Er habe ihn als einen stillen und ernsten Mann gefunden, der ganz in den Pflichten seines Berufes aufging und durch sein weiches, menschenfreund liches Wesen leicht die Liebe seiner Pattenten gewann. „Mit der Vergangenheit hat er offenbar in jeder Hin sicht abgeschloffen, und ich zweifle nicht, daß er auf dem besten Wege ist, den Hafen eines wenn auch nicht über, schwenglichen, so doch ruhigen und dauernden Glückes zu erreichen." — Während der vier Wochen, die zwischen Aufgebot und Hochzeit noch vergehen mußten, erfuhr der Konsul aus dem Briefe eines Londoner Geschäftsfreundes auch zum ersten Male wieder etwas über Stuart Milners Ergehen. Es waren nicht gerade schlechte Neuigkeiten, die der Kor respondent von ihm zu melden wußte. Milners Groß oheim war gestorben, und der junge Mann hatte Las ihm zugefallene beträchtliche Vermögen dazu verwendet, als Teilhaber in eine angesehene Handelsfirma zu Melbourne einzutreten. Kurz vor seiner Abreise nach Australien freilich wäre er um ein Haar das Opfer eines Mordanschlages ge worden, den ein ehemaliger Jockei auf offener Straße gegen ihn verübt hatte. Der junge Mensch hatte ohne jeden voraufgegangensn Wortwechsel zwei Revolverschüsss gegen ihn abgefeuert, glücklicherweise ohne ihn zu treffen. Dann war er von hinzueilenden Passanten überwältigt und sestgenommen worden. Man hatte ihn ins Pglizeige- fängnis gebracht, aber von dort alsbald ins Kranken haus überführen müssen, da man erkannte, daß er sich im letzten Stadium der Schwindsucht befand. Schon am dritten Tage nach seiner Einlieferung hatte er denn auch den letzten Atemzug getan. Sein Name war — wie der Briesschreiber hinzufügte — Sidney Henderson gewesen. — Ende. — gerecht unter sein Volk; kein Untertan brauchte Furcht vor oer Armut zu haben. Lal-Rao war sich aber auch seiner Pflichten bewußt. Er hatte eine hohe Auffassung von seinem königlichen Amt, denn er hielt sich, wie jeder wahrhaft absolute Monarch im antiken Sinn, gleichzeitig für Gott und verlangte von seinen Untertanen, daß er als solcher anerkannt würde. Er war es, der das Korn und den Taro, eine Art dicker Kohlrübe, reifen ließ; er spendete Sonne und Regen, Wärme und Feuchtigkeit. Wenn die Leute von Preawang aussäten, mußten sie auf dem Felde feierliche Bittgebete verrichten und Geldstücke in den Boden stecken, um Lal- Rao, den Herrn des Himmels und der Erde, bei guter Laune zu erhalten. Wenn die Kokosnüsse gepflückt wurden und die Fischer ausfuhren, wurden ähnliche Zeremonien veranstaltet. So lastete alles auf ihm; er war in feinem tiefsten Innern von seiner Bedeutung überzeugt und waltete ge wissenhaft seines Amtes. Und er gestand mir, sagt Pierre Mille, daß er keine Minute freie Zeit für sich übrig habe. Ich fragte ibn, ob er nicht Lust habe, seine Herrschaft über die Nachbartnseln auszudehnen. „Wie komme ich dazu?" erwiderte er. „Meine Insel ist groß genug für mich, viel leicht schon zu groß. Ein König muß alles wissen, wenn er richtig regieren will. Wenn ich 6000 Untertanen hätte — diese Zahl erschien ihm ungeheuerlich groß —, wäre ich ja nicht mehr imstande, jeden einzelnen in seinem Tun und Treiben Zu beobachten." , bekanntzumachen. ' , . Nun schien dieser Zeitpunkt freilich sehr weit hin- scheint der günstige Augenblick der Annexion gekommen ausgeschoben. Aber eines Tages, ungefähr eine Woche nach dem unvermuteten Eintreffen ihres Gatten, führte und sein Nachfolger wird wohl ein englischer oder hollän- Magda selbst eine überraschende Veränderung aller Zu- discher Resident sein. Die Welt wird darob nicht aus dem kunftspläne herbei, indem sie sich als ein besonderes Ge- ! Gleichgewicht kommen; denn Preawang, von dem, wie schenk und als einen Liebesbeweis des Konsuls ausbat, schon erwähnt, selbst große Landkarten keine Notiz nehmen, daß ohne einen langen Brautstand sobald als möglich, da es außerhalb des Seeverkehrs liegt und keinen Handel und zwar hier unten im Süden, die Vermählung des jun- mit dem Ausland treibt, wird dem guten Magen Old gen Paares stattfinde. ! Englands kein Unbehagen verursachen. „Ich möchte Evas Hochzeit so gern noch erleben," sagte > sie mit einem trüben Lächeln, „und mich, wenn es der Him-