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§s 3»? « « des Ferne. Dem alten Papa Raffke wurde es ganz weich ums Herz, und er dachte: „Am Ende sollte man nicht so hart sein, wenn sie ihn so lieb hat.' — Dr. Wolfgang Brehmer stand indessen im leisen Ge spräch mit Wollstein. .Sie müssen, lieber Freund; sonst streike ich!' .Keinen Grund; Wenns weiter nichts ist.' Das Lied war zu Ende. .Nun, Herrschaften, bitte ich ein paar Herren ins Billardzimmer; das ist weit genug entfernt von hier. Dort sollen sie mich bewachen, damit ich nichts hören kann.' Dr. Brehmer verließ das Gemach. Raffke wandte sich an die Zurückbleibenden: Wir wollen es ihm recht schwer machen, nicht?' Gewiß; er soll suchen! Wer hat die Radel?' Lore ging zum Klavier. .Wie berührt mich wundersam Oft ein Wort von dir, Das von deinen Lippen kam * Und vom Herzen mir.' Zart und innig klangen die Worte von den Lippen schönen Mädchens; wie verklärt schaute sie in dle Der Hausherr zog eine schwarze Perle aus seiner I Krawatte. »So, die leuchtet im Düstern nicht.' ! Nach vielem Hin und Her wurde sie zwischen die Blu- I men einer kleinen Vase geschoben. Wöllstein verließ als ! letzter den Raum; er drehte das Licht ab. . » Dr. Brehmer wurde gerufen. Er ging lächelnd in das I dunkle Zimmer, ohne auch nur ein Wort mit jemand zu l wechseln. Lautlose Stille. Da, nach ein paar Sekunden, s rat er wieder ein, verneigte sich vor dem Gastgeber und » teckte ihm di« Perle in die Krawatte. .Donnerwetter!' kam es von Raffkes Lippen. Stürmischer Beifall lohnte ihn. Ganz entzückt sah Lore z den Geliebten au. Und der Preis? Lore ist die glückliche Fra» des Kunsthistorikers Dr. I Brehmer. Raffke hielt sein Wort; er hat es nicht bereut, z Am Taustage des ersten Enkels sagte er zu seinem ; Schwiegersohn: .Nun, Wolf, kannst du mir eigentlich doch sagen, wie I das damals zugegangen ist, daß du die Nadel sandest! s Ist es wirklich Hellsehen gewesen?' ; .Gewiß, Papa! Es gibt Dinge zwischen Himmel und » Erde, von denen sich Misere Schulweisheit nichts träumen I läßt.' . Abends, als er mit seiner Lore am Nettchen deS ; Jungen stand, sah die glückliche Mutter stolz zu ihm » herauf. »Wenn Papa 'ne Ahnung davon hätte, daß Wöllstein I damals, ehe er das Licht abdrehte, seine Uhr neben die ; Vase gelegt hatte und dich durch das Tick-Tack in der ' stillen Stube so fein dabin geführt hat!' »Er braucht's nie zu erführen, das hebt mein Ansehen I noch: er muß einsehen, daß Geld nicht das Höchste tst^' ! Und er küßte sein Weid. Oer Dom zu Regensburg. Die Schönheit Deutschlands. Sieben Jahrhunderte sind über den Regensburger I Dom hinweggeschritten; kein Wunder, daß mancher ' Schaden angerichtet, so manche Bresche in das feste Ge- ss füge des Mauerwerks gelegt wurde. Um das wettvolle » Baudenkmal in seinem Bestand zu erhalten, sind umfang. I reiche Ausbesserungsarbeitcn notwendig; dazu soll eine , Dombauhütte errichtet werden. Vorläufig ist, wie Re- ; gierungsbaumeister Gustav Hoh in der „Bauwelt' (Berlin) i mitteilt, ein Dombaubureau eingerichtet, das seit eini- I ger Zeit die notwendigen umfangreichen Vorarbeiten ; erledigt. Die Untersuchung ergab, daß keine Gefahr für ' den konstruktiven Bestand des Domes oder seiner Teile i besteht; jedoch sind die Skulpturen der Fassaden, die den I Entwicklungsgang der Gotik vom 13. Jahrhundert bis zu ; ihrem Ausklingen um 1500 zeigen, in fortschreitendem ; Verfall und gefährden dadurch die Sicherheit der i Passanten. Am besten gehalten hat sich der von den ersten l Dombaumeistern, die in zweihundettjähriger Bauzeit das ; Werk leiteten, benutzte wetterfeste Kalkstein; sehr stark der- ; wittert ist jedoch der später verwandte, leichter erhältliche i und leichter zu bearbeitende Sandstein, der leider auch I zu dem vor 65 Jahren erfolgten Ausbau der Türme ver- ' wendet wurde. Die Folge ist, daß wertvolle Bauteile Lem ; völligen Untergang geiveiht sind, wenn nicht schleunige i Abhilfe erfolgt. Hiermit wurde bereits begonnen. Ver- I schiedene gefahrdrohende Teile wurden bereits abgetragen, ! darunter einige verwitterte Statuen. Die abgetragenen ; Teile werden zu einem Lapidarium vereinigt und katalogi- i siert; von den schadhaften Teilen der Fassaden werden I photographische Aufnahmen gemacht und das ältere zer- ! streute Planmaterial wird gesammelt. Nebenher geht die ; Prüfung geeigneter Bausteine im Geologischen Institut in i München, um einen dauerhaften Baustein zu gewinnen, I und die Feststellung der Verwitterungsvorgänge bei den ! verschiedenen alten Stcinsorten und der Anwendungs- I Möglichkeit wirksamer Steinschutzmittel, mit denen bisher I allerdings keine besonderen Erfolge erzielt wurden, durch I die Landcsgewerdeanstalt in Nürnberg. ! Oer Hellseher. Skizze von Hanna Zunr. j (Schluß.) (Nachdruck verboten.) ; „Was hat denn meine Tochter damit zu schaffen?' ' Stirnrunzelnd fragte es Raffke. „Wir sprechen hier ja von I den Leistungen des Wondermann! Wie macht der diese l Dinge möglich?' „Ein geschickter Taschenspieler, meiner Ansicht nach!' „Aber wie ist es zu erklären, daß das Medium mit I verbundenen Augen sofort Vie Dinge benennt, die der Herr I in die Hand nimmt? Es besteht doch keine Verbindung . zwischen beiden!' - - „Es scheint keine zu bestehen! In Wirklichkeit be- I obachtet die Dame unter der Augenbinde den Boden. Mit » feinen Füßen gibt der Herr ihr Zeichen, Zahlen nach einem : bestimmten Schema, die ganze Worte bedeuten. Natürlich i braucht er nur Buchstaben zu markieren, nur Konsonanten. I Das Medium versteht ihn. Es werden ja stets die gleichen ' Dinge gezeigt. Münzen, Lose, Banknoten, Ringe usw. ; Etwas Übung ist natürlich notwendig. Gegenstände, die i nicht in dem Schema enthalten sind, nimmt der Künstler l einfach nicht! Ebenso ist das Aufsuchen versteckter Sachen ; gar nicht so schwierig. Der Zuschauer führt ja einfach das ; Medium dadurch, daß dieses mit den Fingern seinen Puls i fühlt und aus den schnelleren Schlag achtet, der sich bei An- I Näherung an die betreffende Stelle prompt einstelltI Auch ; nur Übung!' ! „Na, so ganz will mir das nicht einleuchten,' er- I widerte Direktor Raffke. „Von uns macht ihm keiner das f nach, daß er eine Stecknadel hier im Salon wiederfinvet, » die ich verstecke!' „Woll'n wir wetten, Herr Direktor? Ich erbiete mich; I sogar im ganz dunklen Zimmer will ich die Nadel f finden!' „Wenn Sie das fertigbringen, dann, ja dann' — — „Darf ich den Preis selber bestimmen?' „Soll gemacht sein! Mein Wort!' „Alles, auch wenn es großen Wert für Sie hat?' ; „Alles, die Herrschaften sind meine Zeugen.' „Gut, wir wollen erst ein bißchen Musik hören, um l die notwendige Stimmung zu bekommen; möchte das j gnädige Fräulein nicht ein wenig spielen?' ; Lore hatte mit wachsender Erregung zugehört und ' keinen Blick von Wolfgang gelassen. Was plante er? Ob l er sich nicht am Ende um den letzten Rest der Zuneigung I ihres Vaters damit brachte? ! Wolfgang fing lächelnd den Blick auf. „Ja, meine Herrschaften, es gibt Jdeenübertragung; I denken Sie nur daran, wie Goethe in seinen „Gesprächen » mit Eckermann' erzählt, daß seine Sehnsucht seine Geliebte » gezwungen, sich noch spät abends auf den Weg zu machen ! und ihm zu begegnen! In der Liebe ist jedes Hindernis l zu überbrücken!'