Volltext Seite (XML)
s L Ls 8 L L L« - 2 D - Z »! «-s « rr « bekommen und einen guten Rechtsanwalt gewonnen — er betrieb nun mit aller Energie seine Freilassung mit Rück sicht auf die nach seiner und des Anwalts Ansicht voll kommen ungenügenden Beweise. Der Schließer trat ein. „Machen Sie sich bereit — Sie sollen in zehn Mi nuten einer Dame gcgenübergestellt werden." „Nanu." „Es handelt sich um Ihre Identität." Dr. Weiler erschrak — aber der Schließer achtele nicht auf sein Gesicht. Er war gewohnt, von dem Doktor immer patzige Antworten zu erhalten, und hielt sich immer so kurz wie möglich bei ihm aus — er haßte diesen Menschen, der das Untersuchungsgefängnis für einen Pergnügungsort anjad. Weiler steckte den letzten Happen in den Mund, aber er schmeckte ihm nicht mehr — er ging erregt auf und nieder — sein scharfer Verstand faßte sofort einen Argwohn. Eine Dame wollte ihn sehen? Es handelte sich um seine Identität? Gut, daß der Schließer geschwatzt hatte — wer konnte das sein? Dann war es jemand von den Damen der Hochzeitsgesellschaft. War es jemand, der den richtigen Dr. Weiler kannte? Eigentlich unwahrscheinlich — denn der hatte ja seit Jahren Deutschland nicht ge sehen — oder war sie aus Buenos Aires? Dann konnte die Sache faul werden, denn er war ja niemals dort ge- wesen — also Frechheit war die Parole I Oder? — nein , — das war unmöglich, aber man mußte auf alles gefaßt ; sein — hatte man wirklich die rechte Fährte? War es i seine Frau? Er erschrak — dann schüttelte er den Kopf — k er sah ja so verändert aus, ohne Bart, selbst sie würde ihn ! nicht erkennen — besonders nun, wo er vorbereitet war. ; Wieder wurde die Tür geösfnet. „Sind Sie bereit?" Er hatte schnell den schwarzen Anzug angelegt, den ' er bei seiner Einlieferung getragen, und ging — ein Lächeln ; auf den Lippen, das seine Verlegenheit verbergen sollte — i vor dem Beamten her. In Schellhorns Amtszimmer waren der Nnter- . suchungsrichter, die beiden Kommissare, ein Protokollführer ! und die junge Frau. Er erkannte sie natürlich sofort, aber , er sah sie nicht an. Lilly von Wedeken stand auf —sie hob ihren müden ! Blick zu ihm empor — erschrak flüchtig, sah ihn genauer I an — dann schüttelte sie den Kopf.' „Er ist es nicht." Der Untersuchungsrichter nickte. „Ist der Friseur da?" „Jawohl, Herr Landgerichtsrat." „Herr Kommissar Gerlach — Sie haben ja das Bild » des Freiherrn von Wedeken — lasten Sie dem Mann genau ! denselben Bart Neben wie aus dem Bilde — bitte im I Nebenzimmer —' Dr. Weiler verstand sich auch jetzt zu beherrschen — » er sagte kein Wort, sondern ließ sich willenlos hinaus- i führen. „Sie sind vollkommen sicher?" „Eine flüchtige Ähnlichkeit könnte vorliegen, aber das » war nicht mein Gatte — „Herr Doktor Schlüter — Sie haben ja Kornmacher l gekannt." „Es sind zehn Jahre her — eine Ähnlichkeit ist ent- ; schieden vorhanden — aber — die Form der Nase ist » anders." Landgerichtsrat Schellhorn wandte sich wieder an die ; junge Frau von Wedeken und sagte zu ihr: „Gnädige Frau — noch eine Frage — erinnern Sie i sich an die Daumen Ihres Gatten?" „An die Daumen?" „Ich meine, ist Ihnen ausgefallen, daß er an beiden ; Händen an den Daumen Narben hatte?" Sie atmete fast erleichtert auf. „Bestimmt nicht — das müßte ich gesehen haben." Die Tür öffnete sich und Dr. Weiler wurde wieder i bereingeführt — er sah in der Tat vollkommen verändert I aus — ein schwarzer, eleganter Spitzbart umkleidete sein f Gesicht, eine schwarze Perücke, vornehm gescheitelt, deckte » das Haupt — die junge Frau sprang auf — starrte ihn « an — sie stieß einen lauten, gellenden Schrei aus — „Nein Wie abwehrend erhob sie die Hände, dann brach st« j zusammen. » „Gnädige Frau — Sie erkennen Ihren Gatten?" ! Sie antwortete nicht — ihre Brust atmete krampfhaft i — sie zitterte an allen Gliedern. f „Ich bitte Sie, geben Sie der Wahrheit die Ehre — » lasten Sie keine falsche Rücksicht walten." Der Mann stand ihr mit verschränkten Armen gegen- I über — auch er war blaß. Schellhorn trat vor ihn hin: I „Wollen Sie jetzt noch leugnen, daß Sie mit dem ; flüchtigen Freiherrn von Wedeken identisch sind?" „Ja!" „Sie wagen?" „Ich kenne die Dame nicht!" I „Gnädige Frau — Sie sind Ihrer Sache sicher?" Sie stand langsam auf und wankte auf ihn zu — sie > sah ihm mit groß aufgerissenen Augen in das Gesicht — I ihre Stimme war heiser vor Erregung. I „Ich habe mich geirrt — der Mann ist nicht mein ? Gatte" Schellhorn fuhr auf. „Nicht?" ; „Ich habe mich im ersten Augenblick getäuscht — der k Bart hat mich verwirrt — jetzt sehe ich genau — er ist nicht I mein Gatte." „Sie irren sich nicht wieder?" ! „Ich müßte doch auch seine Stimme erkennen." Sie wich mit allen Zeichen des Entsetzens fort. „Nein — nein — ich bitte Sie — bringen Sie den > schrecklichen Menschen fort — ich kenne ihn nicht — ich ! habe ihn niemals gesehen!" Sie schrie fast, dann brach sie ohnmächtig zusammen I — hätte sie Schlüter nicht in seinen Armen aufgesangen, sie wäre der Länge nach auf den Boden gestürzt. „Führen Sie den Häftling in seine Zelle zurück und > nehmen Sie ihm den Bart ob." Wortlos — ein höhnisches Lächeln auf den Lippen — ; ging Dr. Weiler in seine Zelle zurück — wie ihm der Bart ; abgenommen und er allein war, lachte er kurz auf. „ „Sie ist eine dumme Pute, aber diesmal kam es mir ; zustatten — es hätte brenzlich werden können." Inzwischen bemühten sich Schlüter und Gerlach um I die junge Frau und der erste murmelte vor sich hin: , „Das war eigentlich Tierquälerei!" ? Lilly erwachte und sah sich um — sie weinte jetzt i krampfhaft, aber sie wurde etwas ruhiger, als sie bemerkte, ! daß der Angeschuldigte fort war. Der Landgerichtsrat , ließ ihr Zeit, sich zu beruhigen, dann fragte er noch einmal: I „Gnädige Frau, ich verstehe Ihre Erschütterung voll- I kommen — Sie sind ganz fest überzeugt, daß der Mann j nicht Ihr Gatte war?" - „Ganz fest." ! „Dann danke ich Ihnen — Ihrer Abreise steht nichts l mehr im Wege. Herr Kommissar Gerlach, Sie haben wohl I die Güte, der Dame zu einem Auto zu verhelfen." Lilly verneigte sich kurz — sie war nicht imstande, zu ! sprechen — sie wankte wie eine Schwerkranke am Arm des I Beamten hinaus. „Wieder eine Niete, Herr Doktor!" ; „Die arme kleine Frau." „Wir müssen manchmal grausam sein — sie tut auch I mir leid." I Dr. Schlüter ging hinaus — er nahm ein Auto und ; fuhr in seine Wohnung, aber er kam noch lange nicht zu » der wohlverdienten Ruhe. Er konnte einen Gedanken nicht l loswerden. Er hatte ja in diesen Tagen schon gesehen, I wie stark Frauenliebe war. I „Er ist doch ihr Mann! Sie wollte ihn nur nicht ver- ' raten!" Er beschloß, auch diesen Fall im Auge zu behalten — I er hätte ihr nicht gezürnt — auch wenn er gewußt hätte, ! daß sie das Gericht belogen. Welch eine Märtyrerin! k Was hatte sie gelitten durch ihn, und doch — ? Er schüttelte den Kopf. Vielleicht hatte er unrecht — ; vielleicht war es wirklich ein anderer. — (Fortsetzung solgt.) I