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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger : 08.01.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-01-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841112631-192501082
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841112631-19250108
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841112631-19250108
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-01
- Tag 1925-01-08
-
Monat
1925-01
-
Jahr
1925
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Hohenstein-Cmslthaler Tageblallun-MzeM Nr. 6 Donnerstag, den 8. Januar 1925 Beilage Bor 1« Jahren. voll Generalleutnant a. D. v o n A l t r o ck. Das lang erwartet« Kricgswerk des Reichs, archios ' ) „Der Weltkrieg von 1914 'ns 1918" brin^t dem deutschen Bolte aus Grund der ttriegsakten ein Bild der groß«» Geschehnisse, das streng wahrheilsgcmäß die gewallten kriegerischen Ereignisse vor zehn Jahre» darstellt, ohne etwas hmzüzusetzen oder zu verschweigen .Nan wnd dieses Werk mit allgemeiner Gennctuuni 'egrii. ßen, hat doch das deutsche Voll ein Recht dar auf, die Wahrheit über die größte und kritischste Zeit seiner Geschichte zu erfahren. Auf 1110 Sei ten ist eine staunenswerte Fülle kriegerischen Ge schehens verarbeitet, unter Verwertung dcrrism- Haft angewachsenen Literatur aller Lander, wie mannigjacher persönlicher Aufzeichnungen. Beide untengenannten Bände behandeln lediglich miü- tärische Ereignisse. Ergänzungsbände über das Rcichsheer, die Mobilmachung, Leistungen der Technik, wie Anteilnahme und Leiden der Hei. mal werden später folgen. In operativer Hin sicht hat der Direktor im Rcichsarchio Hans von Haeften, in archivalischer der Direk tor des Archivs Dr. E r n st M ü s « b e ck die Leitung üvernvmmcn Das Werk ist nicht nach Art der früheren Gencralstadswerke geschrie ben, se len doch lehrhafte Schlußfolgerungen in operativer wie taktischer Beziehung Das ist ein entschiedener Vorteil, denn die fortschreitende Erkenntnis vermag sich leichter durchzusetzen, wenn sie nicht durch autoritative Richtlinien fcstgclcgi ist; al ein im Hinblicl aus die raz id« fortschrei tende Technik rm Kriegswesc» ist dieser Vorzug nicht zu verkennen. Dennoch ai t das Werk ein klares Bi d der Geschehnis«, zumal kurze Nück- blicke der operativen Auswirkung der Führer- entschlüssc und der Kamps« der Truppen das Vcr. stehen erleichtern. Auch über die dem deut che» Volke aufgebür dete K r i e g s s ch u l d s r a g c enthält das Werk überzeugende Hinweise. Laut Ta belle aus Seite 38-39 hatten unsere Ost- und Westgegncr 140 Millionen Einwohner mehr als die Mittelmächte, auch hiel.cn sie 2 059 000 Friedensseldaten ni e h r unter Wassen wie diese. Durch die Zeitübcr icht aus Seite 36-37 ist be- wiesen, daß Deutschland clle Kricgsmaßregcl» später angeordnet hat, als die Staaten der Entente. Hiernach ist die Friedfertigkeit Deutsch, lands größer gewesen, als cs die Sicherheit des St'.atcs hätte zul ssen dürfen, keineswegs aber kann ''ehauptet werden, daß wir den Weltkrieg von lmgcr Hand vorbereitet und frevelnd be gonnen h tten. Die Legende von der deutschen Kriegsschuld ist eienso frech eiligen wie diecnige von der einseitigen Verletzung der b e t. gischen Neutralität. Die Auf. marschkarte 1 sBd. 1) zeigt, daß unsere Gegner durch Belgien in die deut'che rechte Flanke vor- *> „Der Weltkriea 1911 btS Bearbeitet vai» Netchsarchiv. Die militärischen Operationen zn Uanbe. l. Band: Die Greiuichlachten im Westen. 2. Band: Die Befreiung Lstprennens. Berleat bei E. S. Mitt ler u. Solin, Berit» SW„ Koch ar. W—71. gelM wollten, und wir ihnen ersreitlicherwelse nur rechtzeitig zuvorkamen. Rian bekachte die zahl reichen aus Nordostsrankreich auch in industrie- armen Gegenden gegen die belgische Grenze ge- bauten strategischen Aufmarsch- und Anschlußbäh. nen. Sie beweisen, daß Franzosen und Enz. lünder durch Bel ien vormarschieren wollten. Aus derscloen Ausmarschkarte ergibt sich hierzu, daß die französischen Ausmarfchgmppen 4, 5, Gruppe Hirson und die englische Arine« mit zu- sammen elf Armeekorps, vier Reservcdkisionen und drei Kavolleriedivisioncn nur durch Belgien vormarschicren konnten, da ihnen eine andere Marschriät lng überhaupt nicht zur Verfügung stand. Erwägt man, daß das ganze belgische Festungsnetz sich n u r g « g e n Deutschland richtete, ferne, daß Bel- gl«n feste militäri'che Abmachungen init dec E». tente eingegangen war, so bleibt von der bel gischen Neutralität nichts übrig. Bel,ien war lange vor dem Krieae unser erklärter Gegner! Westtriegsschauplatz. Der deutsche A u j m a r s ch ist von dem vielerörterten Schlieff.mßhen Plane lei- der erste' lich abgewichen. Die Mahnung des sterbenden Helden in seiner Todesstunde: „M acht mir d e n r e ch t e n F l ü . g e l n i ch t z u sch w a ch" ist »iht be achtet worden Die Zahl der auf dem linken deutschen Dcs.mstsslügcl planmäßig aumiarschier. tm Divisionen veträgt achtzehn, wozu noch die Gruppen Metz und Stramm«; viel« ^rla!'- divi ionen und Landwc''rsarnu t one» kommen, so daß man dort etwa fünfundzwanzig D oi:>" n (der Zahl nach) versammelt halte. Es^chlte mir- ' in dem rrch.cn deu. >1 eil Fl'ig'l d'^ vir S 'l- f- fen geplante gewalli'e Stoßkraft. Trotz di ser nicht al^ctlichen deutschen Anfangsgrupvicrung boten sich für uns velfach günstige Gelegenhei ten um den Krieg dennoch schnell zuni erfolg reichen Ende zu führen, wenn nur rechtzeitig zu- gesabt und die sich bietenden Gelegenheiten aus- genut t worden wären. Im V e r l a u f e der O v e r a 1 i o . n e » trennte sich die rechte deutsche Tt'ßirupp« weit von der linken Flügelgruppc, so daß zwi schen beiden ein großer Zwischenraum euistand, den der Feind ''ei «ini'er Ini iotive durch Vor gehen gegen die beiden inneren deutschen Flü- gel se >r wi-ksam bä:te ausnußen können. Daß es nicht geschah, ist kein Nuhmeszeichon für die französische Führmig, mag aber seinen Grund in der Besorgnis vor der mitten in diesem Zwi schenraum liegenden Festung Metz ge'a't haben. Bei den einleitenden gewaltigen Grsnzfchlach. ten auf der reck ten deutschen Hceresftanke war in der S ch l a ch t an der S a m b r « volle Aussicht vorhanden, den Krieg mit einem Sck'lage zu günstiger Wendung zu brin gen Karte 5 lBd. 1) ungt auch dem Laie» die große Gunst der Lage f r die deutschen W st fe»' Die 5. frcmzö'ische Armee stieß aui die nord wärts gegen Charleroi, Front »ach Süden, füh rende deutsche zweite Armee, rechts von welber d'e deutsche erste Armee 'is über Atü hinaus- reifte w hrend re-'twmk'n links von i r die drill« deutsche Arme« von Ost nach West, beider seits Dinant, im Vorgehen weit im Rücken der französischen fünften Armee bc-zrisen war. Joffre hätte di« Möglichkeit gehabt, die eng lische Armee gegen die rechte Flank« der deutschen ersten Arme« anzusetze», zog sie jedoch nahe an die franzö ische fünfte Armee nordostwärts Hera». So waren die 'ünste französische und die englische Armee durch die erste deutsche Armee weit überflügelt und durch die 3. deutsche Armee wirksam im Rücken bedroht. Das Oberkommando der deutschen zweiten Armee, dem zeitweise auch der Oberbefehl über die erste und drille deutsche Armee übertragen war, zog jedoch d!« erste und dritte Armee scharf nach der Mit.« heran und er focht so cinen nach Schliessen „ordinären Sieg". Die Gegner eiit'anien, zwar stark geschädigt, doch immerhin »och in der Hand der Führung befind lich. Di« Gelegenheit war versäumt, mit einem Schlag« die nötige deutsche Ueberlcgenhcit auf dem rechten deutschen Ctoßslügel herzustcllen. Bet der Heeresgruppe der sechsten und sieben, ten deutsche Armee bot sich nicht die erwartete Möglichkeit, starke feindliche, im Angriff »ach Osten befindliche Kräfte in Lothringen einzukes- ^elm Die DireVven der deutschen Heeresl itung schwankten und ließen eine» klaren Witts» ver- missen: so kam es s lieblich zum allzenieinen Angriff der sechsten und siebenden Armee gegen tie franzöli che Fesluimssront, wobei sich die deut chen Armeen fest'icfm. Die Absicht, stark« deut'che Kräfte vom linke» nach dem reck ten Stoß- slügcl abzutransporticrcn, wurde libt ausge führt, sondern starr an der urmrimglichen Grup pierung 'cstgehalten: dann folgte sogar der vcr- hä» i i .vol'e Abtransport von zwei Armcekorps vom rechten deutschen Flügel »ach dem Oste». Die Unternehmung gegen Mühllhau en i. Els. hätte nur Sinn geha' t, wenn die in das Obercl aß cingedrungenen sranzösis.hen Kr str dadurch in die Schweiz geworfen worden w rc», wozu bei doppelter Ueoerlegenhcit alle Aus sicht vorhanden war. Die Darstellung lä" j cr- kemum, daß es an dem nötigen Einvernehmen z w i sch e n den höheren Führer st eilen dort gefehlt hat, obwohl der Feind — falsch gruppiert — seine Kavallcricdmision aus de» nach der Schwciz gekehrten Fl 1 gesetzt hatte. Ani nitische» Tage, dem 10. August, war Ver'asier dieses Ansatzes als Kommandeur der 60. Iniaiikerie-Brigade und Vorhutsührer der 30 Infanterie-Division nach der Erstürmmvz von Scbweiahausen mit schwachen Kräften in Parallelverf-lgung sel ständig bis Niederburn- hauvt, elf Kilometer vom Viadukt von Dam« merkirch, vorgedrungen. Mehrere Stund«n vor Dmiklbeit bat er von dort um Berst rkimg zur Fortsetzung der Verfolgung; er er« ielt Befehl, keinen Schritt weiter vorzugehen. Am anderen Tage, 11 August, vormittags, erhielt er di« trübe Meldung: „Soeben marschiert das franzö sische 7. Korps durch Dammerkirch nach Bclsort ao." Dazu stellt das Kriegswcrk fest: das deut'che 14. Armeekorps ging am 10. August, 2 Uhr 45 Minuten nachm., b i und südlich Mühl must» zur NiGe über saust tt den Feind auf der ganzen Front festzuhaltrn); seiner: „daß der Oberbefehlshaber die weiter« Dersolgung nur noch besonders zusammengestelkten A He klungen übertrug." Wir siegten zwar, aber ohnestra. Kgische Ausbeute! Oftkriegsschauplatz. Krisennachrichtm vom Ostlriegsschauplatz v«r. anlaßccn lebhafte Ferngespräch« zwischrn der Oöersten Heeresleitung und dem Oberkoni- maiwo 8 in Ostpreußen. Der Oberkommandie rende General v. P r i t t w i tz hatte die Schlacht von Gumbinnen abgebrochen und den Rückzug nach der Weichsel eingeleikct. Auf die Aufforderung, unbedingt die Weichsel zu halten, erklärte er: „Wie soll ich mit der Handvoll Trup. pen die Weichsel halten, sie kann ja überall durchwatet werden." Bald darauf rang er sich jedoch zum Angriff gegen die russische Nartzw- armee durch, als er durch Hindenburg- Ludendorff ersetzt wurde. Hatte Priu- witz Diviimcn gegen die Narewarmee ein- setze» wollen, so bestimmten Hindenburg-Luden, dorff 11f^ (von im ganzen dreizehn deutschen Divisionen) dazu. Die Narewarmee allein zählte 14^ In'aiiterie- und 4 Kaoalleriedivisionen; die zwi chen Grodno und Kowno ausmarschierle Nic- menarmee 13^ und 5>z; südlich des Ncncw war die neunte rui ifche Arniee im Aufmarsch s6 uno 1)^); außerdem rollte die zehnte russische Armee in Richtung Warschau heran. Dicse ge- raoczu oerzwei eite Lage und ihre Bezwingung zeigt die Größe der deutschen Führer. Sechs Tage vergingen, ehe es bei Tannenberg gelang, die russische Narewarmee zu schlagen und «liizukesscln, Tage der allcrschwcrsten Nerveu- b«lastumi für die deutschen Führer. In jedem Augen.lick konnte die runische, in Greisnäh« sie- bende Niemenarmee in Rücken und Flanke der gegen die Narewarmee kämpfenden Deutschen er scheinen. Die Narewarmee wurde kie§sge'ang«n uno anschließend mit denscl en deutschen Truppen, umer Verstärkung von zwei Korps vom Westen her. die M a s u r e n s ch l a ch 1 gegen die ru'ische Niemenarmee geschlagen. Rechts ans Meer angele nt, konnce li se nur auf ihrem lin ke» (Süd-)Fliigel umfaßt werden; auch sie wurde unter Verlust von 100 000 Mann völlig ge'chla- gen und für lange operatiousk cnfähig. Beide Schlachten mußte» unter Nückcnbcdrohung gegen überlegene Feinde geschlagen werden. Gal' bis her dis Schlacht bei Cannae, wo Hanni al mit einer Minderheit die Römer in Front, Flanken und Rücken aufaßte und schlug, als die größte Schlacht der Wcstgesckibte, so ist heute Tannen berg der glänzendste aller Siege, denn Hannibal war nicht im Rücken bedroht wie die Deutschen bei Tannenberg und in der Masurenschlacht. Es Ist berechtig, daß das nm liche Kriegs werk diese Schlacht wcsemlih eingehender behan delt als die sonstige» K mpfe, bei denen Trup- pe»körpcr von der Brigadc herab einschließlich kaum erwähnt werden konnte», geschweige denn Emzeltatcn Cens drängt sich dem Leser beim vergleichen den Studium der West- und Ost-Operationen er- scb tt rnd aus. In der a>'wn"i'en --"G-bt i g« Sn SlraMM sm WtimS. Geschichtliches Lebensbild von Philipp Galen. 64> 'Nachdruck verboten.) Langsamer war dem alten Schweden nie ein Tag auf seiner Insel verstrichen als dieser, es wollte gar kein Ende nehmen. Kaum aber war die Nacht über das Land Herringesunken, kaum war das Licht in des Generals Schlafzimmer erlöscht, so trat er mit behenden Schritten seinen Warnungsgang an und fand die jungen Leute schon seiner har rend. Mit ziemlicher Fassung hörten beide die Erzählung des Pächters an und waren bald mit ihm einig, daß es doch wohl am geraten sten wäre, wenn sie Rügen verließen. „Wie gehen wir aber von hier fort?" nahm Waldemar das Wort. „Zu Lande oder zu Wasser?" „Nicht zu Lande, nicht zu Lande, mein Junge, das ist jetzt gefährlich. Der Weg nach Schweden zu Wasser ist zwar weit und das Fahrwasser durch Rügen eng, allein eins dunkle Nacht und guter Wind machen das Wagnis ausführbar." „Ja, Ohm, wir müssen zu Wasser fort. Aber wie? Schaff' uns ein seetüchtiges Boot, und das übrige übernehme ich. Auf Jasmund allein aber wird es solche Boote geben, wenn nicht aus der Lietzower Fähre. Könnte ich meinen Vater sprechen, der würde mir am besten raten, denn er kennt jedes Boot am ganzen Binnen- und Außenstrande von Rügen." „Daran ist nicht zu denken, daß du den sprichst. Aber halt, das war ein guter Gedanke! Wenn ich selbst zu ihm ginge und unsere Rat losigkeit vorstellte?" „Das wäre das beste. Aber wie willst du zu ihm gelangen." „Das muß beschlafen werden, mein Junge. Kommt Zeit, kommt Rat." Nach herzlichem Händedruck trennte man sich. Der alte Schwede kehrte nach Pulitz zurück. um seinen Plan zu beschlafen, und die Verfolg ten stiegen in ihre Hütte hinab, um das neue Vorhaben nach allen Seiten zu besprechen. * Der General war am nächsten Morgen un gemein früh munter und ließ den Pächter auf fordern, zwei Pferde vor seinen Neisewagen zu legen, damit er in Bequemlichkeit sein Besitztum umfahren könne Da aber zeigte sich ein Hindernis, auf welches man am wenig sten gerechnet hatte. Mochte der anders gestal tete Wagen, als die kleinen Pferde des alten Schweden ihn bisher zu sehen gewohnt waren, daran schuld sein, oder mochten sie mit dem Teufel im Bunde stehen, genug, die patrioti schen Tiere weigerten sich durchaus, das Pa riser Fuhrwerk in Bewegung zu setzen Der General ließ sich mit dem Pächter in Unterhaltung ein, aus welche Weise man wohl in aller Eile zu einem brauchbaren Tiere ge langen könne. Dem alten Schweden fuhr es bei dieser Unterredung wie ein Blitz durch den Kopf. „Hm;" sagte er plötzlich, „wenn ich noch heute nach zwei guten und frommen Pferden — sehr frommen, Herr General — forschen dürfte, käme ich vielleicht nicht zu spät zum Handel, denn die Rasse ist selten auf Rügen. Aber es ist etwas weit bis Jasmund, wo sie zu haben sind, und ich dürfte leicht dazu einen Tag ge brauchen, den Kaus abzuschließen." „So beeilen Sie sich und gehen Sie so gleich hin." „Sehr gern: aber dann bitte ich mir von Ihnen eine Bescheinigung aus, daß ich in Ihrem Auftrage die Reise unternehme, denn ich muß auf jeden Fall gefaßt sein, daß mich Ihre Landsleute fragen, was ich auf Jasmund zu suchen habe." „Oh, weiter nichts? Kommen Eie herein, Sie sollen einen Paß haben, den selbst der Kaiser respektiert." Der Paß war geschrieben, und der alte Schwede stieg zugleich in eins seiner Boote, um sich nach Lietzow rudern zu lassen. Er blieb allerdings etwas lange aus, und erst abends neun Uhr sah man sein Boot wieder an das Pulitzer Ufer legen. Leider aber war der offizielle Zweck seiner Reise nicht erreicht, der Pferdehandel konnte gar nicht abgeschlossen werden, da die Gäule schon verkauft gewesen, noch bevor der Pächter nach Sagard gekommen war. So berichtete er wenigstens dem General, und dieser legte sich mürrisch zu Bett. Magnus und Waldemar, die in der Nähe ihrer Höhle im Heidekraut saßen und nach Pulitz hinüberschauten, hatten ihren Freund schon mit Herzklopfen erwartet, da er über die Zeit ausgeblieben war. Als sie ihn aber kom me» sahen, standen sie auf und traten ihm ent gegen. „Aha!" ries der Alte mit freudiger Stimme, „da seid ihr schon. Nun wohlauf, ich bringe gute Botschaft." „Bist du in Saßnitz gewesen, Ohm?" „Ja, und ordentlich habe ich gewirtschaftet, wie ihr gleich hören sollt. Es war zwölf Uhr mittags, als ich von Pulitz abstieß. Bald war ich in Lietzow, und nun wanderte ich raschen Schrittes nach Saßnitz. Die Herren Franzosen machten ein verwundertes Gesicht, wie ich so unvermutet zwischen sie fuhr, als sie aber den Befehl des Generals gelesen hatten, mich unge hindert ziehen zu lassen, wedelten sie wie ein Hund, der nicht beißen darf, mit dem Schwänze und krochen in ihre Hütte. Da war ich denn mit den Alten allein, Waldemar, und berich tete ihnen alles, was ich auf dem Herzen hatte. Der Alte durfte freilich das Haus nicht verlas sen, denn den beobachten die Frankenkerle auf jeden Schritt. Aber dafür war die Hille da, und die ist mehr wert als zehn Männer, wo es ein entschlossenes Handeln gilt. Sie ging mit mir zu dem Riesen Piesing hinunter, dem gro ßen Lotsen in Saßnitz, der auch ein Auge auf die Fremden hat und ihnen einen Hieb ver setzen möchte. Dem brachten wir Wasser auf seine Mühle, und das hatte das Wettermädel vorhergewußt, sowie auch, daß er einen Bruder in Lietzow hat, der über verschiedene Boote ver fügen kann. Piesing begleitete uns vis zur Fähre und nahm mit seinem Bruder Rück sprache. Wir brauchten nicht lange zu reden, da waren wir schon handelseins und der Pie sing trug uns aus freien Stücken seinen Wunsch vor, einer der Schiffer zu sein, die euch ins Meer Hinauslotsen sollen. Außer den beiden Piesings wird noch der Lotse Kruse aus Saß nitz euch begleiten und der vierte wird mein treuer Jochen sein, der ebenfalls das Binnen wasser kennt wie einer. So habt ihr vier Män ner, und wenn der Wind ausbleibt, werden sie euch rudern. Wir denken morgen ' '"nd um elf Uhr von hier abzusegeln; ist es dunkel oder gar neblig, so kann es noch etwas früher geschehen. Jetzt aber, meine Herren, begebt euch zur Ruhe und haltet noch eine Nacht und einen Tag in der Mooshütte aus. Morgen nacht mache ich die Tür der Freiheit aus und Gott wird sie euch hoffentlich bald ganz geben." Mit diesen Worten verabschiedete er sich, und bald war er ihren Blicken im Dunkel der Nacht entschwunden. Siebenundzwanzigstes Kapitel. Der Mensch denkt und Gott lenkt. Der Tag der Flucht war angebrochen, und wie es alle Mitwisser und Teilnehmer dersel ben gewünscht, war das Unwetter eingetreten, welches man schon am Abend vorher mit ziem licher Sicherheit hatte voraussagen können. Es war zehn Uhr abends, als Magnus und Waldemar ihr Versteck verließen und der klei nen Hütte Lebewohl sagten, die sie so sicher be herbergt hatte, um nach dem Strande zu gehen und an der bezeichneten Stelle das Boot des treuen Freundes auf Pulitz zu erwarten. Der alte Schwede war auch diesmal pünkt lich wie immer. In wenigen Minuten kam sein kleines Boot vorsichtig von der Südseite von Pulitz herangerudert und legte dicht am Ufer des Werders an. Außer dem Pächter sel-
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