Der Christ kann seinen Wohlthätigkeitssinn auf keine edlere und heilbringendere Weise an den Tag legen, als durch die Aufnahme und Erziehung armer und verwaister Jugend
Titel
Der Christ kann seinen Wohlthätigkeitssinn auf keine edlere und heilbringendere Weise an den Tag legen, als durch die Aufnahme und Erziehung armer und verwaister Jugend
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Predigt am Tage Michaelis 1814 zu Budissin gehalten
— I? — / > . vernommen und Herzen und Hände geöffnet haben, ihren Hunger zu stillen, ihre Blöße zu decken, ihren Thätig- keilötrieb zu beschäftigen, ihr Streben nach Wahrheit und Tugend zu leiten und sie überhaupt für Gott und die Welt zu erziehen. Ist es eine wahre und gegründete Behauptung, haß wir unsern christlichen Wohlthätigkcitssinn auf keine edlere und gemeinnützlichcre Weise darthun können, als wenn wir arme und verwaiste Kinder aufnehmen und erziehen; so muß uns diese Wahrheit zweytens mit Schrecken warnen, dieser Jugend ein Acrgerniß zu werden. Es ist ja überhaupt ein heiliges Gesetz der Menschenliebe, allen, mit denen wir in Verbindung stehen und auf die wir wirken können, ein gutes Bei spiel zu geben, unser Licht leuchten zu lassen vor den Leuten, daß sie unsre guten Werke sehen und unsern Vater im Himmel preißen. Muß uns aber dieses Gesetz nicht besonders in Ansehung d e s Beyspiels heilig seyn, das wir unsrer unschuldigen, gutmüthigen und im Geschäfte der Veredlung begriffenen Jugend zu geben haben? O höret, Väter und Mütter, die ihr arme und verwaiste Kinder als Pflegcbefohlne und Zöglinge übernommen habt, höret die donnernde Stimme eures göttlichen Richters: wer ärgert dieser Geringsten Einen, die an mich glauben, dem wäre besser, daß ein Mühl stein an seinen Hals gehänget und er ersäu fet würde im Meer, wo es am tiefsten ist, der ist der schweresten, härtesten Strafe werth. Erschrecket über diesen Ausspruch und überleget, ach, überleget das Gewicht der Verschuldung, mit welchem ihr euch belasten würdet, wenn ihr eure Untergebenen zur Sünde verleiten wolltet. Gerade solche Wesen, die für das Gute die meiste Empfänglichkeit haben, die um ihres unverschuldeten Unglücks willen von wohlwollendgesinnten Errettern