Der Christ kann seinen Wohlthätigkeitssinn auf keine edlere und heilbringendere Weise an den Tag legen, als durch die Aufnahme und Erziehung armer und verwaister Jugend
Titel
Der Christ kann seinen Wohlthätigkeitssinn auf keine edlere und heilbringendere Weise an den Tag legen, als durch die Aufnahme und Erziehung armer und verwaister Jugend
Untertitel
Predigt am Tage Michaelis 1814 zu Budissin gehalten
keitssinn auf keine edlere und heilbringendere Weise sichtbar machen könne, als durch die Aufnahme und Erziehung armer und verwaister Jugend. Aber leuchtet es nicht besonders ein, daß wir durch die Ucbcrnahme dieses Geschäfts erstens in das heilige Vcr- hältniß treten, in welchem Eltern mit ih ren Kindern stehen; daß wir sodann dadurch dem Aergernisse entgegenarbeiten, das ihnen die Welt giebt, und endlich zugleich auf die Bildung einer bessern Nachwelt hinwirken, die im Plane Gottes liegt? Lasset mich jeden dieser Punkte in seiner Verbindung mit dem Ganzen betrachten. Wir treten durch die Aufnahme und Erziehung armer und verwaister Jugend zuerst in das hei lige Verhältniß, in welchem Eltern mit ihren Kindern stehen. Heiliger, ehrwürdiger und enger geknüpft ist wohl kein Verhältniß und keine Ver bindung auf Erden, als die, welche der unsichtbare und huldvolle Schöpfer der Natur zwischen Eltern und Kindern gestiftet hat. Beyde fühlen sich für einander geschaffen, unwiderstehlich zu einander hingczogen und durch ein unauflösliches Band eingeschlossen. Beyde stehen untereinander in einem ähnlichen wichtigen Bunde, in welchem die ganze Menschheit mit Gott steht. Die Eltern vertreten Gottes Stelle, und die Kinder sollen von ihnen frühzeitig lernen, was sie Gotte schuldig sind. Am meisten aber fühlt sich das unverdorbene Kind zu dem Muttcrhcrzcn hingczogen, unter welchem cs einst schlummerte und an dem es auch die ersten Keime seines geistigen Lebens und Wirkens entwickeln will. Schade nur, daß so sehr wenige Mütter diesen kindlichen Wink verstehen, daß die allermeisten nur das Leben des Körpers warren und nähren, und den inwohncnden göttlichen Funken, obschon durch herrliche Anlagen und Fähigkeiten