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Bafel allgemeine Liebe und Zufriedenheit gewonnen, und die angenehmsten und einladendsten Aussichten eröffneten sich ihm. Aber dieser Platz sollte nicht sein Wirkungskreis bleiben. Eine verderbliche Seuche schlich sich ins freysmnige Helvetien ein, und der junge lebenslustige und thatcndurstige Arzt, dessen Sinn am öftersten nach seinem Vaterlande stand, verliest das furcht bar bcdrohetc Basel und ging nach Frankreich über, um dort die merkwürdigsten Plätze und ihre medicinischen Anstalten zu besehen. Von da führte ihn des Herzens geheime Sehnsucht geradezu nach dem heimathlichen Boden zurück, der die Asche seiner frühverblichcnen Eltern verwahrte. Seine Anverwandten und Freunde in Dudissm wurden durch seine Ankunft seltsam überrascht. Der geliebte Ankömmling aber trat auch hier in eine Stadt ein, die von giftig ansteckender Luft umhauchet war; denn in den Jahren 161t, 1612 und 1614 wüthete hier die Pest. Doch, gerade im Kampfe mit der wilden Seuche und auf des Todes ödem Felde, fühlte der durch brüderliche Theilnahme begeisterte Arzt eine große Aufforderung an sich, mit allen Hülfsmittclu seiner Kunst hcrvorzutrcten und die Scharfe der Seuche unter seinen Landsleuten zu schwachen. Seine Anstrengungen, seine Aufopferungen und Anstalten wurden mit dem glücklichsten Erfolge gekrönt. Da hielt es denn der Magistrat seiner Vaterstadt für seine Pflicht, dem so geschickten und rhätigen Arzte, zum Wohle der Bürgerschaft, im 1.1612 die besondere Aufsicht und Fürsorge über die damals hier * bestehenden Apotheken zu übertragen. Im Jahre 1617 nahm man ihn sogar, nach dem da maligen Geiste der Zeit, in das Rathscollcgium selbst auf. Und wie er ein glücklicher Lcibesarzt war, so sollte er auch ein Scclcnarzt der Schule werden; man übertrug ihm die besondere Aufsicht darüber. Mit großer Liebe und dankbarer Anhänglichkeit, mit weiser Umsicht und kräftigem Ernst nahm sich der neue Schulaufscher der so wichtigen Pflanzstätte an, die ihn selbst einst in ihrem Schooßc genährt, gepflegt und mit väterlicher Wärme seines geistigen Lebens erste Blüthen entwickelt hatte. Sicher wurde durch diese nähere Verbindung, in welche er mit dem Gyn»»ns»»n, . tcin-1- Lftbe ru der studircnden Jugend eine reiche und kräftige Nahrung gegeben. Und wie der Jugendfreund nach Kräften vcr Seymr zu nüsen suchte, so arbeitet« er als Bürger auch zum Besten der Stadt überhaupt, so weit es nur immer sein Wirkungskreis verstauen wollte. Doch auf einmal und Allen unvermuthet, traf er Anstalt', diesen cinzuschranken und sich mehr in das Privatleben zurückzuziehcn. Er legte 1621 sein öffentliches Amt nieder. — Der nähere Beweggrund zu dieser so wichtigen Veränderung seines Lebens ist uns nicht bekannt. Aber das hat der Vortreffliche laut gestanden, er habe sich längst nach dem stilleren heiligen Leben eines gottgcweiheten Herzens gesehnt und cr fühle sich in seinem Genüsse äußerst wohl. Wer könnte auch nur bey diesem einzigen Zuge in dem Bilde unseres Mannes mit Nachdenken und Empfindung verweilen, ohne sich zu ihm hingezogen zu fühlen, ohne ihn herzlich licbzuge- ivinncn, ohne noch heute seinerzeit und unserer Stadt seinetwegen Glück zu wünschen? Gewiße seine Mitbürger empfanden seinen Verlust mit Schmerzen; gewiß, er war ein christliches Vorbild unter seinen Chrisienbrüdern; gewiß, das Gymnasium trauerte, als cr auch von ihm jetzt seine Hand abzog: — aber wahrlich nicht sein Her;! Ja, der Mann, dessen Andenken wir erneuern, war Gelehrter, war seiner Kunst Meister, war Geschäftsmann und Rathgeber, war Mcnschcn- retter und Menschenfreund, war Schul- und Daterlandsfreund; und — was mehr, als Alles, sagen will, er war Christ in einem vorzüglichen Sinne! Denn wie er einmal von seiner Seele und von seinem Leben festgchiPten war, der große irdische Lebenszweck, zu scyn und zu wirken für Gott und die Welt, und gleichsam Mitarbeiter zu werden an Gottes Haushaltung auf Erden, wie lange cs Tag ist; so verfolgte cr denselben auch jetzt und verbrachte seine Zeit nicht im dumpfen Dahinbrüten, nicht in einem thatcnlosen Pfianzenleben, oder in einem geschäftigen und des Menschen höchst unwürdigen Müßiggänge; auch nicht in zerstreuenden Erholungen und Ergötzlichkeiten; aber sich selbst lebte er, christlich