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Erzgebirgischer Volksfreund : 26.01.1945
- Erscheinungsdatum
- 1945-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-194501261
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19450126
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19450126
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1945
-
Monat
1945-01
- Tag 1945-01-26
-
Monat
1945-01
-
Jahr
1945
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 26.01.1945
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Entschlossener Widerstand. Der aufopferungsvolle Kampf unserer Soldaten und Dolks- sturmmänner im Osten hat den Ansturm des Feindes verlang samt. Im Süden des Schlachtfeldes versucht der Feind w-iter- hin, Ob erschienen zu umfassen. Südlich der Weichsel drängr er nach Westm, wurde aber nach anfänglichem Boden, gewmn in harten Gebirgskämpfcn wieder aufgcfangen. Die von Osten und Nordostcn gegen das oberschlesische Industrie- gebiet geführten Angriffe scheiterten. Dagegen verstärkten die Sowjets ihren nördlichen Umfassungsflügel und drückten von Gleiwitz aus. dessen Südteil von unseren Truppen gehalten wird, nach Südosten. Diese Kampfe sind noch im Gange. Die beiderseits Oppeln an die Oder herangeführte feindliche In fanterie versuchte, sich zwischen Cosel und Brieg an mehreren Stellen auf, dem Westuser festzusetzen. Die Gegenangriffe zur Beseitigung der bereits eingeengten Brückenköpfe dauerten in der Nacht zum Donnerstag noch an. Der Druck gegen Breslau nahm zu Südöstlich der Stahl gewann der Feind Boden, ost wärts von ihr wurde er aber abgeschlagen. Das im Brenn punkt schwerer Angriffe liegende Oels wurde in harten Kämpfen gehalten. Nach dem Scheitern der Frontalangriffe versucht der Feind jetzt, auch gegen Breslau eine Umfassung einzuleiten. Er setzte deshalb bei Steinau etwa 30 Panzer über die Oder. Gegenangriffe zerschlugen die vorgeprellte Stoßgruppc und warfen deren Neste auf das Ostufrr zurück. Im Warthegau lieferten die f^-Iunkerschule und die Leeresunteroffizierschule „Hermann Göring" dem Feind bei Kalisch schwere Kämpfe. Die gegen Posen und Thorn mit starken, von Schlachtfliegcrn unterstützten Panzerkräften ge führten sowjetischen Angriffe scheiterten. Erbitterte Kämpfe tobten im Dreieck zwischen Thorn, Elbing und Ortelsburg. Hier wollen die Bolschewisten ihren Einbruchsraum nach Westen und Osten ausweiten Volkssturmbataillone und herankommende Reserven brachten dem Feind zwischen Thorn und Älbing in Verteidigung und Gegenstoß erhebl-che Verluste bei. Die Stöße nach Nordosten richteten sich auf Allenstein, wo unsere Truppen durch Abwehr zahlreicher Durchbruchsversuche einen bedeutsamen taktischen Abwehrcrfolg errangen. Sie sicherten dadurch die Verkürzung der Dcrteidigungsfront zwi- schen Ortelsburg, Lötzen und Angerburg. Zwischen der Masu- rischen Seenplatte und dem Kunschen Haff vereitelten unsere Divisionen ebenfalls den vom Feind angestrebten Durchbruch und führten eine Reihe kräftiger Gegenangriffe. Die aus ihren Deime-Brückenköpsen angreifenden bolschewistischen Kräfte wur- den zusammrngeschossen und die über Labiau nach Westen vor gestoßenen Kolonnen im Gegenangriff auf den Westrand der Stadt zurückgeworfcn. Die Bodcngcwinne des Feindes geben aber nur eine Seite des Ringens. Der wirkliche Stand der Schlacht prägt sich in anderen Meldungen aus. So gab der OKW.» Bericht am Mittwoch bekannt, daß jene Kräfte, die bet Beginn der feindlichen Offensive im Naum von Kiele« den Angriff einer Schützenarmee, einer Panzerarmee .und zweier weiterer Panzerkorps zerschlugen und spater, auf vereisten Straßen kämpfend und marschierend, die nachdrängende feindliche In fanterie gefesselt hatten, jetzt die Verbindung mit den Haupt- kräften erkämpft hatten. In Anerkennung dieser außer ordentlichen Leistung von Führung und Truppe verlieh der Führer soeben dem General der Panzertruppcn Walter Neh ring, der diese Verbände zurückführte, das Eichenlaub Mit Schwertern. An allen Abschnitten der Schlacht leisten unsere Truppen bis herunter zur kleinen und kleinsten Kampfgruppe todesmutigen Widerstand. Bei dem Ringen um den Gcfechts- stand eines in Ostpreußen eingesetzten Grenadierregiments wehrte ein Leutnant mit vier Mann zwei Tage und Nächte die fortgesetzten Angriffe eines sowjetischen Bataillons ab. Andere Trupps der gleichen Kompanie vernichteten mit Nah kampfmitteln 15 Panzer, die, durch eisigen Schneesturm der Sicht entzogen, plötzlich vor den Deckungslöchern auftauck'tcn. Zwei von ihnen brachte der jüngste Grenadier zur Strecke, der eben erst zur Truppe gekommen war und seinen Mangel an Erfahrung durch unerschütterlichen Kampfgeist ersetzte. Der OKW.-Bericht vom Donnerstag enthält als weitere die Lage der Schlacht kennzeichnende Nachricht Zahlen über die Verluste der Sowjets zwischen Karpaten und Weichsel. Don den dort genannten 1356 Sowjetponzern wurden 1016 von Truppen des Heeres, 177 von der Flakartillerie und 163 von fliegenden Verbänden der Luftwaffe abgeschossen. Auch die von den anderen Ab- schnitten gemeldeten feindlichen Verluste sind außerordentlich hoch. Im Bereich einer ostwärts Königsberg eingesetzten Panzerarmee wurden z. B. seit Beginn der Kämpfe über 600 feindliche Panzer vernichtet. In Kurland, wo der Feind seine Kräfte verstärkte, — so daß z. Z. südöstlich Libau über 15 Schützendivisionen und 15 Panzerverbände, südlich Frauen burg sechs Schützendivisionen und drei Panzerverbände und nordwestlich Doblcn acht Schützendivisionen und drei weitere Panzerverbände im Angriff stehen —, schossen Truppen des Heeres und der Waffen-ff in den beiden letzten Tagen 153 Panzer ab. Als Meisterschütze erwies sich hier Lt. Gantert von der 2. Kompanie der Panzerjägerabt. 205, her mit seinem Richtschützen, Uffz. Rieck, am Dienstag in 48 Minuten acht von 1b angreifenden Panzern abschoß und dadurch südlich Frauenburg den feindlichen Einbruch verhinderte. Sehr hohe Verluste des Feinde» werden auch au» Ungarn gemeldet. Hier setzten unsere Truppen zwischen Plat- tense» und Donau nach Abwehr stärkerer, gegen den SUdriegel unsere» Einbruchsraume» und gegen unseren Frontvorsprung im Pilisgebirge gerichtete Gegenstöße ihren Angriff fort. Unter Abschuß zahlreicher Panzer durchstießen sie starke feindliche Sperren und bildeten jenseits de» Flüß chens Vali einige Brückenköpfe. Im Vertesgebirge und nörd- lich davon drangen sie 10 Km. nach Osten vor. Nördlich der Donau verhielt sich der durch die schwere), Kämpfe zwischen dem 18. und 21. Januar geschwächte Feind ruhig. Er hat hier außer hohen blutigen Verlusten in jenen Tagen 194 Panzer, 14 Selbstfahrlafetten, 18 Panzerspähwagen, 257 Pak- geschütze und weit über 800 Kraftfahrzeuge verloren. Unter der Wirkung ihrer hohen Verluste war der Drück der Bolsche wisten auch gegen den Westteil von Budapest vorübergehend schwächer. Die bei Nacht geführten Vorstöße scheiterten. ' . * Die Kampfe a« der Westfront waren im Gegensatz zu der großräumigen Schlacht im Osten trotz ihrer Härte örtlich begrenzt. Ihre Brennpunkte lagen am Rurbrüüenkopf, südöstlich Roermond, im Abschnitt St. Vith, an der Sauer und im Elsaß. Die schweren Angriffe der Briten an der Nur gelten z. Z. der Höhenschwelle westlich Heinsberg. Obwohl starke Bomberverbände den Angriff un terstützten und auch beiderseits Heinsberg starke Panzerkräfte anstürmten, verhinderten unsere Truppen den Durchbruch in die an dieser Stelle mehrere Kilometer breite Rursenke. An den Ardennen bauten unsere Truppen hart südöstlich St. Vith eine neue Hauptkampflinie auf,, an der alle weiteren Vorstöße des Feindes scheiterten. In Mittel-Luxemburg drückte der Feind gegen die Llerflinie und nördlich der Sauer gegen Dianden. In harten Kämpfen verhinderten unsere Truppen ins Gewicht fallende feindliche Fortschritte und brachten dem Gegner durch erfolgreiche Gegenstöße und massiertes Abwehr feuer schwere Verluste bet. Wechselvolle Kämpfe sind auch am Orscyolzriegel im Gange. Im nördlichen Elsaß hat sich der feindliche Widerstand versteift. Dennoch gewann unser An griff weiter Boden. Im Rothabschnitt angreifend, befreiten unsere Truppen wieder mehrere Ortschaften, und weiter ost-' wärts stießen mehrere Angriffskeile aus der Westspitze des Hagenauer Forstes nach Süden bis über die Moder vor. Der neue Brückenkopf zog sehr starke feindliche Angriffe auf sich, hielt aber stand. Im südlichen Elsaß standen die Kämpfe im Zeichen unserer Gegenangriffe zur Beseitigung der bei seind- lichen Fesselungsangriffen entstandenen örtlichen Einbrüche. Das wichtigste Ergebnis dieser Kämpfe war die Säuberung des östlichen Illufers zwischen Schlettstadt und Kolmar. Bei Vernichtung der vorgevrellten festidlichen Kräfte wurden 18 Panzer und Panzerspähwagen zerstört oder erbeutet. Kreislekter als Dolkssturmführer gefallen. Als die Sowjets in überraschendem Vorstoß sich der Stadt Dreschen (ostwärts Posen) näherten, stellte der Kreisleiter Nierentz die Trecks zusammen, die die Frauen und Kinder aus seinem Kreise nach dem Reichsgebiet brachten. Dann über nahm er die Führung des Volkssturms und richtete den Ort zur Verteidigung gegen die anrückenden Bolschewisten her. In 36stündigem Kampf leistete er mit seinen Volkssturm- männern, von jeder Verbindung und Unterstützung abge- schlossen, so lange fanatischen Widerstand, big die Verbindung mit deutschen Truppen ausgenommen werden konnte. Kreis- leiter Nierentz selbst fand in den schweren Kämpfen den Hel- dentod. Londoner politische Kreise, so schreibt die „Basler Natio nalzeitung", können nicht leugnen, daß ein ausnahmslos ge horchendes, fanatisch kämpfendes und gut organisiertes Volks- aufqebot den militärischen Einsatz Deutschlands erheblich ver stärkt. Trotz aller Gefahren, Nöte und Schwierigkeiten legt sich das deutsche Volk Rechenschaft darüber ab, so heißt es in der „Suisse", daß es um Leben oder Tod geht. Jeder Deutsche weiß, daß der Frieden, den ihm die Alliierten geben würden, das Ende Deutschlands und des deutschen Volkes be deuten würde. Der Krieg erlaubt dem deutschen Volk, wenn auch unter großen Opfern, zu leben, aber eine Niederlage würde gleichbedeutend mit der Versklavung und dem Tode Deutschlands sein. Seltsame Brände in Tschungking. Nachdem in der Nacht zum Freitag die USA.-Botschaft in Tschungking aus unaufgeklärten Gründen abbrannte, wurden am Montag das Büro und das Lagerhaus des Tschungkinger USA.Haüptguartiers durch Feuer vernichtet. Auch weitere Häuser in Tschungking brannten nieder. Wasserknappheit be- hinderte die Löscharbeiten. Wie G1«hlweibe«burg besrett wurde. DNB. Kriegsberichter Horst Kanitz (PK.). Nächtlicher Angriff. Die schmale Sichel de» Monde» gießt, ein fahles -Licht über die kalte Schneelandschaft. Unsere Soldaten sind in bester Stimmung. Sie haben di« Bolschewisten nun seit fünf Tagen vor sich hergetrieben, daß sie nicht zur Besinnung kamen, und jetzt stehen sie vor Stuhlweißenburg. Stuhlweißenburg! Diese Stadt ist vielen der Grenadiere, ff- und Flaksoldaten, die jetzt vor ihren Toren stehen, gilt be kannt. In wieviel Familien waren sie wie zu Hause, wieviele Häuser durften sie als die ihren betrachten! Stuhlweißenburg ist mehr als gewesene Heimstätte deutscher Soldaten, mehr als wichtiger Verkehrsknotenpunkt und Nachschubzentrnm der Sowjets. Stuhlweißenburg ist einer der wichtigsten Eckpfeiler in der von den Bolschewisten gezogenen Mauer um Budapest. Und dieser Eckpfeiler muß fallen, noch in dieser Nacht. Wie wichtig ist es jetzt, daß viele der Männer diese Gegend fast wie ihre Heimat kennen. Alle normalerweise gangbaren Wege sind durch Minensperren verlegt. Unsere Pioniere müssen erst Gassen bahnen. Aber noch bevor diese Arbeit getan ist, schleichen sich Grenadiere auf verschlungenen, nur ihnen bekannten Pfaden fast bis ans Weichbild der Stadt, und Kano niere der leichten Flak folgen ihnen. Hartnäckig bleibt der Widerstand der Bolschewisten. Wenig- stens hier glauben sie den deutschen Vorstoß auffangcn zu können. Pakstellung reiht sich an Pakstellung, Minenfeld an Minenfeld Panzer, in aller Eile bereitgestellt, suchen den Vormarsch unserer Truppen zu hemmen. Es nützt nichts. In zwei Stoßkeilen rücken ff- und Heeresverbände, unterstützt durch in den Erdkampf eingezogene Flakartilleristen, In die Stadt rin. Nicht zu hemmende Begeisterung reißt sie vor wärts. Der erbitterte Widerstand der Sowjets wird in todes mutigem Sturm gebrochen. Bezeichnend ist der Ausruf eines Grenadiers, der sich mit den Worten: „Ostpreußen habt ihr er- reicht, aber auch das wird euch noch versalzen werden, und von hier aus werdet ihr nur tot oder wenigstens als Gefangene deutschen Boden sehen!" auf die Bolschewisten stürzte. Trotz rasender Flokabwehr, trotz Pakfeuer und dem Einsatz schwerer Granatwerfer erreichen unsere Soldaten, voran die panzerbrechend« Flak, die Stadt, und trotz vorgerückter Stunde — es ist fast schon Morgen — steht die Bevölkerung, die sich beim Nahen deutscher Soldaten aus Kellern und Schlupf, winkeln wagte, zum Empfang steht und umringt, zu Tränen gerührt, unsere Männer. Weiß Gott die Bolschewisten haben der Bevölkerung kaum das Notwendigste zum Essen gelassen, aber von dem Wenigen/das sie gerettet haben, reichen sie uns Erfrischungen in ehrlicher Dankbarkeit. Dabei berichten sie unter Schluchzen von den Vergewaltigungen und von den Ver schleppungen, niemand weiß, wohin, von Raub und Mord und grauenvollen Martern, die die Bolschewisten sich auch hier wie überall zu schulden kommen ließen. „Daß Menschen so etwas fertig bringen", klagt eine junge Mutter, die sich versteckt gehalten hat, „man sollte es nicht für möglich halten! Alles an Wein", es handelt sich um eine Winzerfamilie, „haben die Bolschewisten geraubt und sich sinn los besoffen. Dann haben sie in betrunkenem Zustand Preis- schießen aus Menschen veranstaltet. Man kann es gar nicht wiedergeben, so schlimm sind sie." Das alles hat nun ein Ende. Deutscher Abwehvwille hat die Pläne der Sowjets -um Scheitern gebracht. Ein kölsche, mystischer Gcneralquartiermeister mit seinem gesamten Stab fiel uns in die Hände, ebenso ein Eisenbahnzug, geladen mit 30 einsatzklaren Sowjetpanzern. Und die Verfolgung geht weiter, der Vormarsch auch, trotz verzweifelten harten Wider, standes. Kurze Meldungen. Das im Raum zwischen den Beskiden und der Weichsel eingesetzte Flakregiment 48 unter Führung des Ritterkreuz- trägcrs Oberstlt. Sell schoß vom 22. bis 24. Januar unter schwierigen Bedingungen 48 sowjetische Panzer sowie fünf Flugzeuge ab und setzte mehrere Pakgeschützc außer Gefecht. Die Angloamerikaner sind in den besetzten deutschen Gc. bieten gezwungen, für mehrere Gemeinden einen Ortsvorstcher oder Bürgermeister einzufetzen, da sich unter der zurückgeblie. denen Bevölkerung niemand findet, der selbst auf di« vcr- lockendsten Versprechungen hin für den Feind Bütteldienste zu verrichten bereit ist. Staatschef Franco hielt auf dem Nationalkongrcß der Syndikate eine Rede, in der er die unheilvollen Folgen des libcralistischen Wirtschaftssystems kennzeichnete und gegen die Methoden der kommunistischen Agitation Stellung nahm. Wie de Gaulle vor der Presse erklärte, werde Frankreich diesen Krieg nicht beenden, ohne dafür Sorge zu tragen, daß Frankreichs Macht für immer von der Ouelle bis zur Mündung des Rheins reiche. In mehreren Bezirken Londons und großen Teilen Süd- cnglands wurde am Mittwoch die Elektrizitätsversorgung be- hördlich unterbrochen. Der Londoner Rundfunk bezeichnet die Maßnahme als ein „drastisches Bemühen, Brennstoff zu sparen . Ein Brief der Bettina. Mächtig ergriff der am 17. März 1813 erlassene Aufruf „An n .n Volk" die Gemüter aller vaterlandsliebenden Män ner und Frauen. Wer irgend konnte, eilte zu den Waffen. Man überbot sich an Opserwilligkeit. Alle, gleich welchen Stan des und Herkommens, wurden von einem starken Gemein schaftsgefühl erfaßt. Auch unter den Vertretern der Wissen schaften, Künste und Literatur lebte ein Geist einsatzbereiter Vaterlandsliebe auf, wie man ihn früher nicht gekannt hatte. Neben der preußischen Feldarmee und der Landwehr war am 21. April 1813 der Landsturm durch königliche Verordnung er richtet worden. Er umfaßte alle Männer von 15 bis zu 60 Jahren, die für den Kriegsdienst zwar nicht unbrauchbar, aber an dem Eintritt in die Armee oder Landwehr beruflich be hindert waren. Männer, wie Professor von Savigny. der Rektor der Ber liner Universität, Architekt Schinkel. Achim von Arnim, der Gründer der Berliner Tischgcsell'chaft, der Philosoph Fichte, der Philologe Friedrich August Wolf, der Theologe Marheineke, Postrat Pistor, ein hervorragender Techniker, traten in den Landsturm ein. Ein wenig bekannter Brief.aus dem Juli 1814, den Bettina Brentano, d-e Gattin Achims von Arnim, an ihre Schwester Meline, spätcce Frau von Guo'ia in Frankfurt a. M., gerichtet hat, schildert die damaligen Zeitverhältnisse. Es heißt da u. a.: „Eine böse Zeit war das vorige Frühjahr und Sommer, wo ich schwanger, Freimund kränklich und unmutig, nur eine Magd, ohne Geld, jeden Augenblick erwarten mußte, daß mich Arnim verlassen werde, um vor den Feind zu treten. Ja, damals war eine böse Zeit, und ich hatte da viel Tränen zu verschlucken, viel Betrübnis zu verbergen, und ich kann noch nicht begreifen, wie glücklich ich durchgekommen. Da Arnim als Freiwilliger sich bei der Landwehr gestellt hatte und nur durch den Zufall, daß alle Offiziersstellen besetzt waren und er nach dem Befehl des Königs nicht unter dem Offiziersrang dienen konnte, ist er nachher beim Landsturm als Hauptmann und zuletzt als Kam- Mandant gewesen; denk Dir, daß in diesem Krieg fünf oder gar sieben Arnims tot geblieben, von denen man nie gleich wußte, aus welchem Hause sie waren. Wieviel Angst und Schrecken hätte ich da allein gehabt. — Nun ist das Schlimmste vorüber, und die Wunden werden nach und nach vernarben. Manche« hat uns di« Zeit gelehrt, was wir unter anderen Umständen viel schwerer erlernt haben würden Ich kann jetzt mit einer Schüssel mittags auskommen, ich kann grobe Strümpfe und geflickte Hemden tragen und brauch keine battistnen Sacktücher mehr. Auch Arnim hat in den Londsturmz«iten di« verfluchten französischen Jabot» von seinen Hemden gerissen, an denen man immer zu kneipen und zu fälteln hatte, kurz, der Luxus ist bei uns und bei den meisten honetten Leuten so verbannt, daß es bemahe überall wie Kei Diogenes im Fasse aussieht..." Ihr silbernes Patengeschenk hatte sie im Zuge der allge meinen Opferfreudigkeit dem Vaterland gegeben, um von dem Erlös in Höhe von '250 Talern einen freiwilligen Reiter aus- zurüsten. Di« Opferwilligkeit ging so weit, daß der Haushalt drei Wochen lang von dem Erlös eines Sattels und ein paar Pistolenhalftern bestritten wurde. Weiter heißt es in dem Brief: „Während Landsturm und Landwehr in Bcr' - errichtet wurden, mar ein seltsames Leben da. Da waren all. Tage auf offener Straße Männer und Kinder (von 15 Jahren) von allen Ständen versammelt, die dem König und Vaterland schwuren, in den Tod zu gehen. Mich hat's manchmal bis ins Mark der Knochen geschaudert, wenn ich im Vorgehen auf großen, sonst einsamen Plätzen einen solchen Eid, darauf ein herzliches Vivat gegen Kimmel schallen hörte. Auch war es seltsam anzulehen, wie brannte Leute und Freunde mit allen Arten von Waffen zu jeder Stunde über die Straße liefen, so manche, von denen man sich'« vorher kaum denken konnte, daß sie Soldaten wären..." „Das war ein« Zeit voll Geschäft«, man konnte sich kaum umsehen, und doch war jedermann gesunder und stärker als sonst. Savigny, der morgens um Vr4 Uhr apfstand, nach dem Schießplatz rannte, von da nach seiner Commission, wo er ost vor 6 Uhr nicht zum Mittagessen kam und nach Tisch gleich wieder fort, meisten« bi» Mitternacht, ja oft noch länger da zu tun hatte, hat sich ni« wohler befunden al« in dieser Zeit. Auch Arnim, »end man war behaglich, wenn man sich sah. Ein feder fühlt« sich und seine Kraft, erfühlte, daß s?>n Glück n'cht von äußeren Dingen abhänge, von Glanz, von Reichtum, ein jeder war der Schmied seine« Schicksal«, der UeberzeuguNK daß er sein« eigen« Freiheit erhalten könne."
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