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Pulsnitzer Tageblatt : 05.12.1931
- Erscheinungsdatum
- 1931-12-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1840937203-193112053
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1840937203-19311205
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1840937203-19311205
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Stadt Pulsnitz
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Pulsnitzer Tageblatt
-
Jahr
1931
-
Monat
1931-12
- Tag 1931-12-05
-
Monat
1931-12
-
Jahr
1931
- Titel
- Pulsnitzer Tageblatt : 05.12.1931
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Nr. L83. Pulsnitzer Tageblatt. — Sonnabend, den 5. Dezember 1L31. Sette 2. Oertliches und Süchfifches (Dachdruck nur mit Quellenangabe gestattet.) ... und Krampus lockt zum Kaufe. Das Weihnachtsfest naht heran. Durch die winterliche Sülle klingt das Läuten der Adventsglocken; sie tragen die frohe Botschaft der kommenden Festzeit über Berg und Tal, und in dieser Zeit der freudigen Erwartung erscheint am 6. Dezember als Vorbote des Christkindes der gütige St. Ni- kolaus. Sein Gedenktag wurde in früheren Zeiten allgemein durch eine Kinderbescherung gefeiert, und erst seit der Reformation ist dieser Brauch, abgesehen vom Rheinland und Süddeutschland, auf den Weihnachtsabend verlegt worden. In den meisten Gegenden bleiot St. Nikolaus heute unsicht bar. Und heute wie vor Jahrhunderten ist die Freude der Kinder unbeschreiblich, wenn sie in ihren vor die Tür oder aufs Fensterbrett gestellten Schuhen am Morgen.des 6. De zember all die Herrlichkeiten entdecken, die der gute St. Niko laus ihnen gebracht hat. In evangelischen Ländern jedoch verschmelzen St. Nikolaus und Ruprecht zu einer Person, die als Weihnachtsmann am Heiligen Abend von den Kin dern bejubelt wird; wie er sich aber auch zeigen mag — über all ist er gern gesehen, und gehört zu den populärsten Heili gen, der in Rußland als Wundertäter und National- heiliger verehrt wird. In Oe st erreich und auch in eini- gen Gegenden Deutschlands zeigt sich außer dem langbärtigen Knecht Ruprecht noch ein anderer, recht wunderlich aussehen der Begleiter des heiligen Nikolaus: Es ist der Krampus — eine koboldartige Gestalt aus Nüssen, Feigen und Zwetsch gen, der uns in den Schaufenstern der Zuckerbäcker seine rote Zunge herausstreckt. Dieses Fabelwesen ist uns wohl noch aus der germanischen Heidenzeit überkommen. A. P. Pulsnitz. Kirchenmusik. Advents-Motette: „Der Herr kommt zu den Seinen" von A. Hoppe (Kirchenchor). Pulsnitz. Der ärztliche Sonntagsdienst wird Sonntag. 6. Dezember, von Herrn Dr. med. Fuchs versehen. Pulsnitz. Mütterberatung. Die nächste Mütter beratungssprechstunde in Pulsnitz findet Mittwoch, 9. De zember, nachmittags 3 Uhr im Rathause, 1 Treppe, statt. Pulsnitz. Volkshochschule. Montag, 7. Dezember, liest Professor Enking-Dresden Humor aus eigenen Werken. Mit dieser Vorlesung schließt die Volkshochschule das Jahr 1931 ab. Hierzu ist jedermann herzlich willkommen. Pulsnitz. Wegen Hausfriedensbruch und Kör perverletzung verurteilte das hiesige Amtsgericht am Mittwoch vier Handwerksburschen. Diese waren vor einiger Zeit in der Deerenweinschänke Baldauf eingekehrt und hatten dann im angetrunkenen Zustande dem Schützenhaus einen Besuch abgestattet, wo es zu einer Schlägerei kam. Das Ur teil lautete für Swidurski wegen einfachen und gemeinschaft lichen Hausfriedensbruch und Körperverletzung in 2 Fällen 5 Monate Gefängnis; für Tietze wegen gemeinschaftlichem Hausfriedensbruch und Körperverletzung 2 Monate 16 Tage Gefängnis; für Hirtz wegen Hausfriedensbruch und einfacher und gemeinschaftlicher Körperverletzung 3 Monate 1 Tag Gefängnis; für Meyer wegen gemeinschaftlicher Körperver letzung 2 Monate 1 Woche Gefängnis. Die Untersuchungshaft wurde voll angerechnet. — Wann kauft die kluge Hausfrau? Gut zu kaufen ist eine Kunst. Das weih jede Hausfrau. Bedarf oder Wunsch, Lie verfügbaren Geldmittel und eine preiswerte Ware, diese drei Dinge müssen aufeinander abgestimmt sein. Dann erst kann Ler Kauf befriedigen. Je schmaler nun die Mittel, je vorsorglicher der Kauf. Deshalb macht sich die kluge Hausfrau vor allem zur Besorgung der Weihnachts einkäufe einen Plan; denn sie will wissen, was sie kaufen muh, was sie kaufen soll, was sie kaufen kann. Sie weih, ein solcher Plan erstreckt sich zunächst auf die Waren; dann auf die Geschäfte, Umwege, Doppelwege sollen vermieden werden; außerdem erstreckt sich der Plan auf die Einkaufszeit. Die kluge Hausfrau hat Grundsätze! Sie weih, ein Weihnachts geschenk darf man nicht in den letzten fünf Minuten am Heiligabend kaufen. Sie weih, wann eine sorgliche Auswahl am reich sortierten Lager am besten möglich ist. Darum ver meidet sie das Einkäufen in den letzten Derkaufsstunden eines Tages, an den Sonntagen und besonders in den letzten Tagen vor dem Fest. Ihr oberster Grundsatz lautet: Gut kauft, wer frühzeitig kauft! Nene Stcmpelmarken. Das sächsische Finanzministe rium hat beschlossen, zur Erleichterung bei der Stempel markenverwendung eine neue Stempelmarke im Werte von 30 Pfg. einzuführen. Sie erhält grünen Untergrund mit rosaer Unterschatticrung. Das Finanzministerium hat außerdem genehmigt, daß zu vorübergehender Verwen dung Stempelmarken zu 10 Pfg. mit violettem Unter grund und rosaer Unterschattierung ausgegeben werden. Pulsnitz M. S. Auf die morgen statt findenden Märchenaufführungen in Menzels Gasthof sei hiermit noch besonders hingewiesen. Der Turnverein Pulsnitz M. S„ hat uns die letzten Jahre immer mit schönen Aufführungen aufgewartet und uns stehen die letzten Stücke noch in guter Erinnerung. Das Stück: „Die Regenbvgen-Königin" bringt uns ernste und heitere Szenen, so dah es «in Stück sür unsre traurige Zeit ist. Darum kann nur jedem empfohlen werden: „Auf ins Märchenspiel!" Großnaundorf. Standarten-Konzert. Am ver gangenen Mittwoch bot sich den Einwohnern unseres Ortes ein auserlesener Kunstgenuß, indem uns eine Abteilung der Standarten-Kapelle 5, Dresden, der NSDAP, unter der Leitung des Herrn. Konzertmeisters Gerhard Kluge ein selten schönes Konzert in Lunzes Gasthof bot. Wies doch Las Pro gramm an einzelnen Stücken auf: Ein Potpourri aus der „Czardasfürstin" von Kalman, ferner die Ouvertüre zur Operette „Die schöne Galathee" von Suppe und ein Walzer von Strauß „An der schönen blauen Donau", die allein schon den Erfolg eines solchen Unternehmens verbürgten. Kein Wunder, wenn sich das zahlreich versammelte Konzert publikum nach jedem Stück zu reichem Beifall förmlich hin reihen lieh. Auch als Diolinsolist konnten wir Herrn Gerhard Kluge, der mit sicherer Stabführung das ganze Konzert leitete, bewundern. In dem Solostück „Kanarienvogel" von Poiakin hat er sich selbst übertroffen, so dah er sich zu einer Zugabe, „Ein altes Wiener Lied" von Fritz Kreisler, herbei lassen muhte. Was Herr Kluge an Tonreinheit und Dogen- technik in beiden Solistücken zeigte und zu Gehör brachte, fand bei dem dankbaren Publikum stürmischen Applaus. Alles in allen:: Das Konzert war, auch durch die rhetorisch begeistern den Worts des Sturmführers und des jugendlichen Herrn Hille-Bautzen, sowie durch den sich anschließenden fröhlichen Tanz ein wahrhaft Deutscher Abend, der in aller Herzen den Wunsch wach werden ließ: „Kommt wieder zu uns!" Freiberg. Beseitigte Gefahr enqu e l l e.VDie neue Straße bei Niederschöna wurde dieser Tage dem Ver kehr übergeben und dadurch einem schon längst ausge sprochenen Wunsch der Benutzer der Verkehrsstraße Dres den-Hof Rechnung getragen. Bekanntlich wies die Staats straße bei Niederschöna eine außerordentlich starke Steigung auf, an der sich wiederholt schon schwere Unfälle ereignet haben. Der Straßenbau, der zahlreichen Erwerbs losen längere Zeit Arbeit gab, weist bei 1200 Meter Länge einen Höhenunterschied von 63 Metern auf. Die Aus führung des Baues war wiederholt der schwierigen Finanzverhältnisse wegen gefährdet. 4 Freital. Neues Selbstanschlußamt. In Frei tal wird an Stelle des Handamtes ein Fernsprechselbst- anschlußamt in Betrieb genommen. Den Fern- und Schnellverkehr (einschließlich des Vorortstv-rkehrs) ver- mitelt das uberweisungsfernamt Dresden. Nach der In betriebnahme des Selbstanschlußamtes gelten die im amt lichen Fernsprechbnch für den Oberpostdirektionsbezirl Dresden unter Freital in eckigen Klammern stehenden vierstelligen Rufnummern. SeMktMle 5MW 2, 3. unck 4. ^ckvent kesorgt kure kmkäuke in cken Geschäften cles heimischen xevrerdlicken ^istelstsnckes Leipzig. Aufgeklärter Raubüberfall. Am 14. November wurde, wie berichtet, früh Ecke Winter- gartenstraße einem Mädchen von einem Radfahrer die Handtasche entrissen. Er fuhr davon, mittels Kraftdroschke verfolgt von dem Hauptwachtmeister Naumann. Als der Beamte vom Trittbrett sprang, um den Täter zu fassen, rutschte er aus und erlitt beim Sturze einen Schädelbruch, an dessen Folgen er bald darauf starb. — Durch einen Hin weis aus dem Publikum wurde ein Maurer aus Radefeld verdächtigt und festgenommen. Er ist geständig und will die überfallene in der vorhergehenden Nacht in einem Lokal in der inneren Stadt kennengelernt haben. Er sei mit ihr in einer Wohnung zusammengewesen. Dabei müsse sic ihm einen Zehnmarkschein entwendet haben. Den Ver ¬ lust habe er erst entdeckt, als er mit ihr wieder auf der Straße war. Ta habe er den Entschluß gefaßt, ihr oie Handtasche zu entreißen und auf seinem Fahrrade davon zufahren. Von seiner Verfolgung will er nichts bemerkt habe» Zwickau. Schrebergärten für Erwerbs lose. Der Stadtrat hat dem Bezirksverband der Schre- bergartenvereine an der Erlmühle Gelände zur Errichtung von 77 Schrebergärten für Erwerbslose zur Verfügung ge stellt. über die Hergabe von Gelände für weitere 300 der artige Gärten im Westen und Süden der Stadt wird noch verhandelt. Reichsiagseinberufung abßelehni. Der Aeltestenrat des Reichstages tagte am Freitagnachmittag unter dem Vorsitz des Präsidenten Löbe, «m z« dem neuen kommunistischen Antrag auf Reichstags einberufung Stellung zu nehmen. In der Sitzung waren alle Parteien vertreten, die Deutschnationaleu durch die Ab geordnete Fra« Annagrete Lehmann, die Nationalsozia listen durch den Abgeordneten Stöhr. Die Kommunisten begründeten ihren Antrag mit längeren Ausführungen. Im übrigen nahm nur Staatssekretär Pünder das Wort, de, um Ablehnung des Antrages bat. Die ReiAtagseinberusung wurde von dem Aeltestenrat abgelehnt. Für die Reichstagseinberufung stimmten die Nationalsozialisten, die Deutschnationaleu, die K o m m u n i st e n und dieDeutscheVolkspartei. Die Vertreter der Wirtschaftspartei und desLand - volks vertraten den Standpunkt, daß die Frage einer Reichstagseinberufung praktisch erst akut werde, wenn die Notverordnung bekannt ist. Die Kommunisten werden dann einen neuen Antrag auf Reichstagseinberufung stellen. Die Sowjelwirtschafien liefern zu wenig Getreide ab Moskau. In einer Verordnung des Volkskommissariats für die Landwirtschaft Jnnerruhlands werden die staatlichen Wirtschaften auf die katastrophale Nichterfüllung der Pläne für die Getreideablieferung hingewiesen. Der Jahresplan für die Bereitstellung des Brotgetreides sei bis heute nur zu 56 v. H. durchgeführt worden, obwohl am 10. Dezember die Ablieferungsfrist abläuft. Das Volkskommissariat macht alle staatlichen Wirtschaften deshalb in energischster Weise auf ihre Ablieferungspflicht aufmerksam und droht den Direktoren der Wirtschaften persönlich die schärfsten Maßnahmen für den Fall an, wenn der Plan nicht rechtzeitig durchgeführt wird. Die Riefenunterfchlagungen in Pulsnitz Der Kassenborsteher Reumann freigesprochen Vor der Sächsischen Disziplinarkammer unter Vorsitz des Landgerichtsdirektors Dehn kamen die Riesenunterschlagungen in der Spar- und Girokasse in Pulsnitz, die vor einiger Zeit so großes Aufsehen erregten, in einer Verhandlung gegen den Kasseninspektor Arthur Neumann zur Verhandlung. Er sollte, wie es in der Verhandlung ausgedrückt wurde, als „Sündenbock" der Stadtverwaltung von Pulsnitz in die Wüste geschickt werden. Neumann war seit 1927 Kasseninspektor der Spar- und Girokasse in Pulsnitz, an der er schon vorher in anderer Stellung tätig gewesen war. Während der Zeit seiner Tätigkeit verübte die Kontenführerin Kind Unter schlagungen in Höhe von 313 000 RM im Verlauf von etwa sechs Jahren. Die Unterschlagungen nahm sie dergestalt vor, daß sie seit 1924 während vorübergehender Abwesenheit des Kassierers Geld aus der Kasse entwendete. Neumann schenkte ihr unbegrenztes Vertrauen und hatte ihr wiederholt die Kasse übergeben, ohne sie vorher abzurechnen und ihr ein Zählgeld für die Zeit seiner Abwesenheit zur Erledigung der Geschäfte zu übergeben. Diese Gelegenheiten benutzte die Kind, um in der raffiniertesten Weise Geld beiseite zu bringen. Ihr war dies nur dadurch möglich, daß sie zugleich auch Duchhaltungs- arbeiten ausführte und hierbei auf der Buchungsmaschine so genannte Luftbuchungen ausführte. Auf diese Weise konnte sie vortrefflich ihre Unterschlagungen verschleiern, ohne dah je mand dahinter kam. Sie verstand es, sich immer rechtzeitig in die Buchhaltungsarbeiten einzuschalten, namentlich amMonats- und am Jahresschluss. Wäre eine saubere Trennung von Kassen- und Buchhaltungsgeschäften vorgenommen worden, hätten dis Unterschlagungen spätestens am Monatsschluh, wahrscheinlich aber schon am nächsten Tage aufgedeckt werden müssen. Es fiel zwar den anderen Angestellten teilweise auf, daß die Kind immer sehr eifrig bei den Monats- und Jahres buchungen half, ja auch die Luftbuchungen, bei Lenen die Maschine anders anschlägt als sonst, wurden gehört, aber trotz gelegentlichem Mißtrauen einiger Beamter wegen Les noblen Auftretens der Kind, die einen eigenen Kraftwagen in Dresden stehen hatte und kostspielige Auslandsreisen im Flugzeug unternahm, vertraute man ihr blindlings, so daß sie jährlich reichlich 50 000 RM beiseite bringen konnte. Allerdings hat sie nicht übermäßig viel von dem Geld gehabt, denn die ersten Unterschlagungen hatte sie zu Gunsten eines anderen gemacht, der sie dann zu weiteren dauernden Veruntreuungen erpreßte mit der Drohung der Anzeige und der so über 200 000 RM von der Deute erlangte. Die Kind wurde rechts kräftig zu 3 Jahren 8 Monaten Gefängnis verurteilt, die sie gegenwärtig verbüßt. Gegen Neumann hat das Ministerium des Innern Antrag auf. Dienstentlassung gestellt. Die Anklage legte Neumann schwere Dienstverletzungen zur Last. Er habe der Kind die Geschäfte überlassen und sie nicht kon trolliert, nicht verhindert, Laß sie als Kontenführerin alles durch die Additionsmaschine aufrechnet, so dah sie hierdurch ihre strafbaren Handlungen jahrelang vertuschen und zugleich fortsetzen konnte. Ferner warf ihm die Anklage vor, Latz er nicht selbst die Kasseneingänge zusammengestellt und trotz des ihm bekannten großen Aufwands der Kind sowie trotz War nungen von anderer Seite nicht für nötig befunden habe, die Maschinenstreifen über die Einzahlungen gewissenhaft nachzu rechnen. Hierdurch habe er Ler Kind die Möglichkeit gegeben,, 313 000 RM zu entwenden. Neumann ist seit längerer Zeit beurlaubt, doch ist kein Strafverfahren gegen ihn eingeleiteb worden. Die Stadt Pulsnitz hat ihm zuerst sein Gehalt ent zogen und mußte auf eine Klage Neumanns hin, ihm we nigstens einen Teil seines Gehaltes auszahlen. In der Ver handlung betonte Neuniann, dah er seine Pflichten erfüllt habe. Die Kasse sei jährlich von Revisionsbeamten des Sächsi schen Sparkassenverbands geprüft und stets in bester Ordnung befunden worden. Das:Zettelwesen habe schon vor seiner Zeit bestanden. Ihm sei niemals eine verdächtige Handlung der Kind aufgefallen, auch sei er nie gewarnt worden. Er habe sich auf die Revisoren und aus die Additionsmaschine ver lassen. Ihm s«i überhaupt keine Dienstanweisung gegeben worden, als der Direktor der Kasse abgebaut wurde. Der Betrieb sei unverändert fortgeführt worden. Sämtliche Re visoren hätten den Geschäftsbetrieb teilweise acht Tage lang beobachtet und gebilligt. Allerdings sei auch ihm der geringe Gewinn der Kasse aufgefallen, aber er habe darüber nicht weiter nachgedacht. Wenn Differenzen auftraten, habe sich die Kind immer eifrig bemüht, sie aufzusuchen. Sie habe einen reichen Bräutigam gehabt, und auf ihn habe er es zurück geführt, daß sie Reisen machen konnte. Es wurden zahlreiche Zeugen vernommen, darunter auch Fräulein Kind. Sie gab ihre Veruntreuungen zu und er klärte, dah Neumann nichts davon gewuht oder gesehen habe. Bei den weiteren Vernehmungen stellte sich heraus, dah sie mit einem Duchhaltungsbeamten Poller Spekulationsgeschäfte gemeinsam gemacht hat und dah ihm viel eher als Neumann die Pflicht abgelegen hätte, ihre Buchhaltungsarbeiten genau zu kontrollieren. Auch die Revision hat ziemlich kläglich ver sagt, weil sie nicht genau genüg vorgenommen worden ist und nicht gegen die Vermengung von Kassen- und Duchungs- geschäften eingeschritten ist. Der Anklagevertreter, Regierungs rat Merzdorf hielt den Antrag auf Dienstentlassung auf recht. Neumann sei der verantwortliche Leiter der Kasse ge wesen und habe der Kind überlassen, die Kassenbelege selbst zu bearbeiten. Er habe in ganz unverantwortlicher Weise sein Personal nicht beaufsichtigt. Namentlich habe er sich nicht darum gekümmert, ob und wie die Kontrollmahnahmen durch geführt wurden. Die Girokasse und die Stadt Pulsnitz seien schwer geschädigt worden. Da bei Neumann keine selbstsüch tigen Motive mitgespislt hätten, stellte der Anklagevertreter, es ins Ermessen des Gerichts, ihm einen Teil seines Ruhe gehalts zu belassen. Rechtsanwalt Dr. Wittmaacks be tonte, dah zum Gegenstand eines Disziplinarverfahrens nur grobe Fahrlässigkeit gemacht werden dürfe. Eine solche grobe Fahrlässigkeit liege hier nicht vor. Die Stadt Pulsnitz habe sich Neumann als Sündenbock herausgesucht. Die Verfeh lungen lägen nicht auf dem Gebiet der Kasse, sondern der Buchführung, daher hätten andere Beamte verantwortlich ge macht werden müssen. Auch der Revifionsbeamte sei felsenfest davon überzeugt gewesen ebenso wie Neumann, dah die Buchungsmaschine nicht irre. Neumann habe nichts von Lust buchungen gewuht. Er habe auch nicht darauf kommen können, dah die Revision mangelhaft sei. Der Buchhaltungsbeamte Poller hätte die Monatsrechnungen nachprüfen müssen. Auch seien die Unterschlagungen nicht aus dem Geldschrank, sondern aus neuen Einzahlungen verübt worden. Nach kurzer Beratung wurde das Urteil bekanntgegeben. Die Disziplinarkammer hat Lem Antrag auf Dienstent lassung nicht stattgegeben und die Kosten des Ver fahrens der Staatskasse auferlegt. In der Begründung sagte das Gericht. Neumann hätte sich darauf verlassen können, dah die Kontrolle genau ausgeführt werde. Es sei kein Anhalt dafür vorhanden, dah er seine Pflichten als Kassenleiter grob vernachlässigt hätte. Er durfte sich auf die Revision ver lassen. Er habe die Geschäfte pslichtmähig so weiter geführt, wie er sie übernommen hatte. Er durfte annehmen, dah die Buchungsmaschine ordnungsgemäß arbeitete. Dah Poller sei nen Pflichten als Kontrolleur nicht nachkam, habe Neumann nicht gewuht. Die Revision habe der Kind jahrelang das beste Zeugnis ausgestellt. Selbst wenn Neumann die Kasse vor der Uebergabe geschlossen hätte, hätte die Kind Ge legenheit zu Unterschlagungen gehabt. Auch für die Fäl schungen der Unterlagen für Lie Bilanz sei nicht Neumann verantwortlich, sondern höchstens die andern Beamten. Der : Fall habe gezeigt, was für furchtbare Gefahren ! ein.e solche Rechnungsmaschine in sich berge. Es seien keine disziplinellen Verfehlungen Neumanns fest gestellt worden, die eine .Strgfe als gerechtfertigt erscheinen liehen. Daher fei Neumann fxeizujprechen. Für die Stadt Pulsnitz, deren Bürgermeister Dr. Jurgeleit der Verhandlung beiwohnte, dürften sich nach diesem Urteil gewisse andre Maßnahmen. von selbst ergeben.... Dr. Otto Bandmann.
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