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Nr. 125. Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den 2. September 1920. Seite 6. Diese Bestimmung findet keine Anwendung aus Mitglieder derjenigen Vereini gungen, für welche die Wafienanmeldung durch 8 4 Abs. 1 schon vorgeschrieben ist. 8 8. Diese Bestimmungen treten mit dem Tage ihrer Verkündigung in Krast. Berlin, den 22. August 1S20. Der Reichskommiffar für die Entwaffnung der Zivilbevölkerung. vr. Peters. Nahrnnttelahgabe. Die in der Bekanntmachung vom 29. August 1920 gesetzte Frist zur Einreichung der mit Zucker belieferten Abschnitte nebst Abrechnung wird bis zum 18. September 192V verlängert. Die AmtshaupLmannschaft für de« Kommnnalverband. Die Leipziger Herbstmesse und die wirtschaftliche Lage. Die in dieser Woche begonnene Leipziger Herbstmesse spielt sich in einer kritischen allgemeinen wirtschaftlichen Lage ab, und man wird daher aus derselben wohl nur ernste Erfahrungen für das wirtschaftliche Leben Deutschlands sammeln können. Schon der seit einer Reihe von Monaten zutage getretene Mangel an Kauflust auf fast allen Gebieten ist ein bedenkliches Zeichen für die wirtschaftliche Lage, ver stärkt wird der Ernst der Lage aber noch durch das auf Deutschlands Wirtschaftsleben drückende Abkommen von Spa, welches uns in der Frage der Kohlenversorgung unter Umständen vor unslösbare Ausgaben stellt und ganze Zweige unserer Industrie lahmlegen kann. Außerdem weiß jeder- man, daß die geradezu wahnsinnig hohen Preise für die meisten Bedarfsartikel geradezu wie ein Hindernis bet allen Einkäufen wirken müssen Bedarf, sogar größter Bedarf ist ja für Waren aller Art vorhanden. Darüber kann aber kein Zweifel bestehen, daß wir uns in der geradezu wahn witzig zu bezeichnenden Lage befinden, daß trotz größten Bedarfes an Ware und auch gegenüber dem Vorhandensein ziemlich großer Mengen von Waren da noch keine Kauflust vorhanden ist Dabei scheint aber kein Kaufman es zu wagen, das erlösende Wort zu sprechen. Vielleicht fällt es aus der diesjährigen Leipziger Herbstmesse. Sollte es aber in Leipzig nicht offen in diesen Tagen ausgesprochen werden, so wird man es in der alten Leipziger Metz - Stadt und in der ganzen deutschen Geschäftswelt erfahren, wie das erlösende Wort heißt. Die wahnsinnig hochgeschraubten Preise haben es mit sich gebracht, datz diese das Geschäft totgeschlagen haben, denn das Publikum hält auch schon über ein halbes Jahr mit seinen Käufen zurück und der Kaufmann wagt keine großen Einkäufe zu machen, weil er einen Preissturz fürchtet. Das erlösende Wort kann daher nur heißen: Herunter von den wahnwitzigen Preisen, die niemand mehr zahlen kann, oder anzulegen fürchtet. Mutz doch ein junges Paar, welches in die Ehe tritt und eine leidliche Ausstattung anschaffen will, jetzt fürchten, sich und die Eltern auf jahr- zehnte hinaus mit Schulden zu belasten. Dieses eine Bei spiel aus dem wirtschaftlichen und sozialen Leben zeigt die Ursache der elenden Wirtschastsnot in ihrer ganzen Nacktheit. Oder will man vielleicht nur noch abwarten, bis eine Klär ung für die Preise stattgesunden hat? Nach oben entwickeln sich die Preise nicht mehr, wie es dis Wucherer und Schieber, die an dem ganzen Elend die Hauptschuld tragen, wohl wünschen. Der gegenwärtige Stand der Preise hat aber das ganze wirtschaftliche Leven in Stockung gebracht, also kann nur noch ein Abbau der Preise Wandel schaffen. Man muß aber ausdrücklich einen vernünftigen Abbau und keinen sinnlosen Preissturz wünschen, damit der neue Antrieb chr das wirtschaftliche Leben nicht zur Katastrophe auf der an deren Seite wird. Die Geschästsstockung ist übrigens nicht nur in Deutschland, sondern fast in allen Ländern aufge treten und hat sich auch in Amerika gezeigt Man darf sich daher in der deutschen Geschäftswelt nicht in falscher Zu versicht wiegen und etwa aus neue Preissteigerungen hoffen. Das Gegenteil ist notwendig und es mutz sogar Naturgesetz- lich eintreten, nach dem man auf vielen Gebieten die Waren preise um tausend Prozent gesteigert hatte. Die Aussprache zwischen den Besuchern der Leipziger Messe wird der wirt schaftlichen Wahrheit Bahn brechen müssen. Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Palsnitz. (Oöffentliche Ausstellung) Vom 18.—26. September 1920 findet in Pulsnitz (Schulturnhalle) eine öffentliche Ausstellung des Deut schen Hygiene-Museums Dresden über „Der Säugling und seine Pflege" statt. Die wird von der Schwester Elisabeth Peisker geleitet werden. Bei der Bedeutung, die der Kleinkinderpflege für die gesamte Volkswohl fahrt zukommt, darf erwartet werden, daß dis Aus stellung recht zahlreich besucht wird Der Eintritt ist jedermann gestattet. Eintrittskarten zum Preise von 1 Mark sind zu haben bei der Allg. Ortskrankenkasse Pulsnitz, beim Eewerkschaftskartett Pulsnitz M. S, bei Herrn Stadtrat Beyer in Pulsnitz am Markt und in der Natskanzlei Außerdem werden durch die Schwester vom 20, September ab 2 Kurfs über Säug- lings und Kleinkinderpflege abgehalten. Der erste Kursus findet täglich vormittags 10 Uhr statt «Preis 6 Mark). Der zweite Kursus findet täglich nachmit tags 5 Uhr statt (Preis 3 Mark). Dauer jede« Kur sus ca. 8 Tage und täglich ra 2 Stunden. An jedem Kursus wird gelehrt: Ernährung und Pflege des Kleinkindes, Schnittmuster für Säuglingswäsche, Vaden und Herrichten eines einfachen Lagers, Verhütung, Erkennung und Verhalten bei Kinderkrankheiten u.a.m. Auch hier wird rege Verteidigung sehr empfohlen. — (Wetterbericht vom 31. Vugu st.) Das östliche Minimum war wieder westwärts vo^gedrungen und das Barometer in Deutschland anhallend gefallen, überall setzten wieder anhaltende und auch ergiebige Negenfälle ein bei teilweise stärkerem Winde. Der nördliche bis westliche Hochdruck konnte daher bis jetzt noch keinen Einfluß e?langen, wird es vielmehr erst in Zukunft. — (Ausgabe von Notkleingeld durch die Handelskammern) Die Vorsitzenden und Syndici der sächsischen Handelskammern sind vor kurzem an das Wirtschastsministerium wegen Heraus- gäbe von Kleingeld durch die sächsischen Handels kammern herangetreien, und zwar sollen hierfür 50 - Pfg. - Scheine, als auch 10-Pfg. Scheine in Be tracht gezogen werden. Diele Scheine sollen entsprechend der gegebenen Anregung in ganz Sachsen Gültigkeit haben und dadurch viel besser umlauftfähig sein, als dies bei dem auf engeren G-liungsraum beschränkten Stadt- oder Bezirksgelo der Fall sein kann. Eine Entscheidung steht zurzeit noch aus. am besten mit dem Jahre 1911 vergleichen. Auch dieses hatte einen langen, schönen Frühling auch dieses hatte einen langen schönen und heißen Sommer, und auch dieses zeigte im Sep tember einen plötzlichen Wetterumschwung. Der Wetterum schwung hielt jedoch nur kurze Zeit an. Der Schluß des Sep tember war wieder herbstlich, aber doch angenehm warm und ließ die Oefen noch ungeheizt. Der Winter freilich wurde kurz und hart. So wirds auch in diesem Jahre, was ich mit ziem licher Bestimmtheit voraussagen möchte. Einmal erinnert nach das Wachstum der Pflanzen, ihr Blühen, ihr Gedeihen, ihre Reife an das Jahr 1911, dann aber bemerke ich auch eine wirklich genaue ^Übereinstimmung des Wetters vom Jahre 1911 und 1920. Man kann also damit rechnen, daß die plötzliche regnerische Kälte bald durch schönes, angenehmes Herbstwetter abgelöst wird. Uebrigens wird bereits vom Rhein gemeldet, daß dort der Herbst jein bestes Gesicht zeigt. Dort wird es also zu einer guten Traubenlese kommen. Aber wir können auch in anderen Teilen Deutschlands mit bestem Wetter rechnen, angetan, die Herbsternte zu bewerkstelligen. So wird sich in der nächsten Zeit gewiß das Wetter der Kartoffel- und Aübenernte günstig zeigen. Man kann also optimistisch den kommenden Tagen entgegensehen und braucht nicht gleich an gesichts des dünnen Regens den Mut verlieren. Wir werden nicht so bald Heizen brauchen. Wir können Kohlen soweit wie möglich sparen. Ich vergleiche nicht nur das Jahr 1911 mit dem Jahr 1920, sondern habe für das Jahr 1911 auch ein Beispiel in dem Jahre 1887 gehabt, das nach genauen Auf zeichnungen in allem mit dem Jahre 1911 übereinstimmte und die Mutmaßung, die man im Frühjahr 1911 nach einem Ver gleich des übereinstimmenden Wetters mit 1887 fand, hat sich überaus bestätigt. Wir sahen in der Natur diese Erscheinungen und die gleiche Wetterfolge. Es wäre seltsam, wenn sich diese Regeln nicht wieder bestätigen sollten. Preisausschreiben für die Schüler «nd Schülerinnen im Freistaat Sachse« über Gesundheitspflege. Aus Grund letztwilliger Verfügungen des Wirklichen Ge Heimen Rates Dr. Lingner stellt die Lingner-Stiftung in diesem Jahre folgende Aufgaben für Preisaufsätze: 1. den Voiks- schülern und -Schülerinnen im letzten Schuljahre: Wodurch erhalte ich meinen Körper gesund? oder Vom Wunderbau meines Körpers 2. den Schülerinnen der Fortbildung-, und Fachschulen, höheren Mädchenschulen, Unterklassen der Seminare und Studienanstalten: Mode und Gesundheit. 3. den Schülern der Fach und Fortbildungs schulen, Gewerbe-, Handelsschulen chsw.: Wie begegne ich den Gefahren meines Berufes? 4. den Schülern höherer Lehranstalten Untertertia bis Untersekunda: Wie stelle ich ryich zum Sport? oder Vom Wund erbau mei nes Körpers. 5. den Schülern und Schülerinnen höherer Lehranstalten «einschließlich Semlna e und Studienanstalten) in den 3 Oberklassen: Hygiene und Höflichkeit. Zur Auswahl werden au gesetzt: Als erste Preise: Schneeschuhe, Faust-, Fuß- oder SLleuöerball, Tennischläger, Badeanzug, als zweite: Rod-.Ischlitten, Schlittschuhe, Wanderkocher, als dritte: Rucksack, Thermos- bezw. Feldflasche, Turnschuhe. Die Arbeiten sind, wie üblich, mit Kennwort zu versehen und bis 1. November d. I. an die Lingner-Stiftung, Dresden N., Gro- ßenhainerstraße 9 einzusenden. Näheres teilen die Schulen auf Grund des Verordnungsblattes mit. — (W ie der Winter wird?) Von einem Natur wissenschaftler wird uns geschrieben: Die Natur sagt am deut lichsten, wie das Wetter sich entwickeln wird. Hier kehren die alten Erscheinungen wieder, hier wiederholt sich in regelmäß igen Zwischenräumen Wetter, Wachsen. Wir können dieses Jahr ° ° «no 85) Roman von H. Courths-Mahler. „Bitte wollen der Herr Graf einmal mit mir gehen," sagte er erregt. Gras Harro sah ihn erschrochen an. Seine Ner ven waren überreizt von der dumpfen Angst um Gris-ldi». „Was gibt e», Grollmann," fragte er erschrocken. Krollmann zuckte die Achseln. „Vielleicht ist er nur eine Torheit von mir; Herr Gras — aber ich möchte Ihnen doch melden, war ich vernommen habe. Alt wir von der Suche nach Fräulein von Ronach heimkchrten, ging ich mit Heinrich in dessen Zimmer. Wir wollten noch zu sammen etwa» essen, »eil wir heute noch kein Abend brot genoffen hatten. Kaum hatten wir uns nieder, gesetzt da vernahmen wir ein Klopsen, ein ganz selr- samer Klopfen, immer dreimal hintereinander, dann eine Pause und dann wieder dreimal. Heinrichs Zim mer liegt unten im Erdgeschoß, genau unter dem Schlafzimmer der hochseligrn Gräfin Alice. Und dar Klopfen kam entschieden aus der anstoßenden Turm wand. Heinrich und ich gingen nun in den darüber liegenden Raum. Gr ist dir Silberkammer. Dort hörten wir dar Klopfen noch deutlicher. Und nun ist mir der Gedanke gekommen, ob Fräulein von Ronach am Ende gar in dm Zimmern der hochfeltgen Gräfin Allee etngeschloffen ist." Graf Harro lauschte voll Ungeduld seinem Be richt. Nun schüttelte er den Kopf. ^Dtese Zimmer find ja verschlossen, Grollmann. Wie sollte Fräulein von Ronach da hineingekommen sein?" „DaS habe ich mich auch schon gefragt, aber immerhin — man könnte doch einmal nachsehm. Und dann — wenn der Herr Grckf doch selbst einmal mit in die Stlberkammer kommen wollten, um das Klopfen zu hören." Graf Harro ging sogleich mit ihm. Heinrich stand noch lauschend in der SiSerkammer. „Er klopft noch immer," sagte er. Und da hörte auch der Graf dar seltsame Klopfen. Et kam entschieden aut der Wand, di« an den Turm stieß. Der Graf legt« sein Ohr an die Wand. La klopfte «s wieder, dreimal — Pauss — und wieder dreimal. Er war ein Klopfen, als wenn man mit einem harten Gegenstand an eine Holzwand klopfte. Unwillkürlich ergriff er in Ermangelung «inet anderen Gegenstandes einen hölzernen Schemel und klopfte laut, genau in derselben Art, dreimal — Paus« — dreimal — an di« Wand. Sogleich ertönte Antwort, etwas hastiger und lauter als vorher. Graf Harro und die beiden Die ner sahen sich bestürzt an. Dann klopft« der Graf wieder, aber diesmal viermal — Pause — viermal. Und wie «in Echo kam e» aus der Wand zurück. Nun Hopste der Gras zweimal — Pause — zweimal. Und siehe da — in gleicher Weise gab der Klopsgeist Ant wort. So versuchte Graf Harro noch verschiedene Zeitmaße. Immer kam die gleiche Antwort wie ein Echo. Da richtete sich der Gras empor. „Heinrich — Sie bleiben hier und geben immer, fort diese Signale. Ich geh« mit Grollmann hinauf in dis Zimmer der Gräfin. Diesem rätselhaften Klopfen müssen wir auf die Spur kommen," sagte er blaß und erregt. Und er eilte hinaus. Grollmann folgte ihm. Erst Holts er die Schlüssel aus seinem Zimmer, dann öffnete er die Zimmer der Gräfin Alic'. Es war «in Gefühl in ihm, als seien seine Nerven bis zum Zerreißen angespannt. * AIS Komteß Beat« Griseldis durch das schnelle Zuwerfen der Tür in den dunklen Hohlraum einge sperrt hatte, schrie diese vor Entsetzen aus. Sie wußte sofort, daß die- ein Anschlag auf ihr Leben war. DaS hatten ihr die wie im Irrsinn funkelnden Augen der Komtess« gesagt. Und sie wußte ja, daß die starke Tür, die zwischen einer hölzernen und einer eisernen Wand ein« schalldämpfende Füllung hatte, von innen nicht geöffnet werden konnte. Wahrscheinlich war diese Tür so dick und schwrr und wohl mit einer Iso- lierschicht versehen, um bei etwaiger Feuergefahr den Hohlraum und somit da- Schloß vom Turm abzu schließen, Griseldis sagte sich sogleich, daß die Komtess« sie hier in diesem Hohlraum dem ErstickungStode oder dem Verhungern preiSgeöen wollte. Sie war stets ein mutiger, unverzagte- Geschöpf gewesen, aber diese Erkenntnis ließ ihr doch das Blut in den Adern gerinnen. Sie schauerte in einer furcht baren Angst zusammen. Von der Komteffe konnte st« krtns Gnade erwarten. Diese wußte nun wohl, daß sie ihrem Geheimnis auf die Spur gekommen war, ihr« Schuld entdeckt hatte. Also mußt« sie di« Zeu gin ihrer Schuld schon infolge de- Selbsterhaltungs triebe- unschädlich machen. Und außerdem war die Komtesse eifersüchtig auf st« und räumte mit ihr «ine Nebenbuhlerin au- dem Wege. Griseldis mußte sich also klarmachen, daß sie vernichtet werden sollte. Und sie wußte, daß nur ein Wunder sie retten konnte. Niemand würde ihr Schreien und Jammern hören. Kein Laut drang au- ihrem Gefängnis hin aus, um von ihrer Not Kunde zu geben, Beate würde den Turm abschließen. Dann suchte sie niemand hier. Und drüben befanden sich die ebenfalls verschlossenen Zimmer der Gräfin. Da tonnte sie also auch keine Hilfe herbrirusen, selbst wenn eS ihr gelang, die Tür da oben in dem Wandschrank zu öffn-n. DaS alles hatte wohl die Komtesse in Betracht gezogen. Und Griseldis sagte sich, daß nur «in besonder» glücklicher Zufall — «in Wunder — sie retten könne. Als sie den erstrn furchtbaren Schreck überwun den hatte, zergrübelte sie sich den Kopf nach einem NettungSwege. Aber nichts wollte ihr einfallen. Sie bekam Kopfweh von allem Denken in dem dunklen, engen Raum. „Ich muß die Tür zum Wandschrank zu öffnen suchen, daß ich nicht ersticke," dacht« sie. Aber leider hatte sie keinen Srffrl in den Hohlraum getragen. Und so kam sie nicht bis an das Schloß heran, daß sie e» öffnen konnte. So sehr sie sich auch mühte, an der glatten Holzwand emporzuklettern — immer wieder glitt sie Herab. Und nun meint« sie schon Atembeklemmungen zu spüren. Aber da- war natür lich nur die Angst. Fortsetzung folgt.