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Toni standen die Tränen in den Augen; dieser Schaden, und aller UM die paar Stücke Torle. Di« mit im Abteil fitzenden Damen lächelten geheimnisvoll — indem wurde die Tür zum Nebrnabteil einen Spalt breit geöffnet, ein lachender Männerkopf erschien «inen Augen- blick und ein kleiner Z-ttel flatterte auf Tani» Schoß. Dar war ja die Handschrift ihres Manne» k! — Und sie la»: .Eile mit W-tle, liebes Ki"d!" Die Spiehrutenwiese in Arnsdorf. Vsn 8tr. Nachdruck verboten. Anno 18IS kamen eines Tages nach Arnsdorf preußische Hu aren ins Quartier. Di^ Offiziere hielten auf gut» M nneszucht. Sie duldeten nicht, dcß die Sol daten ohne Befehl plünderten und biloeten daher einen auffallenden Gegensatz zu den Franzosen, die stets nah men, was sie fanden und obendrein mutwillig zerstörten und vernichteten, was ste nicht mitnehmen konnten. Die Hrn»doefer waren den preußischen O filteren recht dank, bar. Freilich war es den Vorgesetzten der Husaren nicht i n wer möglich, jede Ausschreitung zu verhindern. So hatte ein Husar trotz des Verbotes im Oberdorfs in mehreren Häusern geplündert. Er richtete dabei sein Augenmerk ganz besonder» auf Geld und Schmucksachen. Di« betreffenden Leute beschwerten sich beim Oberst. Der geriet über den Ungehorsam seiner Husaren in Hellen Zorn. Er befahl den Mannschaften, mit sämtlichem G.pöck onzutreten. Auf einer Wies« hinter dem Erb- gertcht, das damals noch zwischen der heutigen Radeberger Straße und d«r Dorkstraß« stand, mußten die Husaren sich ausstillen. Der Oberst hielt eine ernste Ansprache und erwartete nun, daß der Bösewicht freiwillig sich melden werde. Da es aber nicht geschah, so ließ er Mann für Mann vortreten und Kleider und Gepäck genau durchsuchen. Bald hatte man den Plünderer ent deckt. Bri ihm wurden die gestohlenen Gegenstände vor- gefunden. Nun folgte die verdient« Strafe sofort. Jeder Husar mußte sich mit einer Weidenrute versehen. Der Oberst befahl, eine Gaff« zu bilden. Ji einer langen Reihe standen sich die Soldaten einander gegenüber. Dem Diebe wurden di« Kleider vom Rücken gizogen und er mußte nun die Goff« langsamen Schrittes durchlaufen. Jeder Soldat versetzte ihm mit der Weidenrute einen derben Schlag auf den Rücken. Schon beim zehnten Hiebe lief dem Husar das Blut über den Leib. Als er am Ende der Spießrutenwiese angekommen war, brach er laut aufschreiend zusammen und mußt« vom Platze getragen werden. Di« bestohlenen Ortsbewohner erhielt«« ihr Eigentum wieder zurück. Jene Wies« aber bezeich neten die Arnsdorfer fortan als di« Spießrutenwiesr. Und fi« wurde Jahrzehnte hindurch so genannt. Heute kennen ihren Namen nur noch die Aeltesten unter den Alteingesessenen de» Dorfes. Donnerstag ist Vohnentag. —° Reiseerinnerung von W. Müller-Eberhart. Bereits drei Wochen war ich von Antwerpen mit dem Hansadampfrr »Loswenburg" nach dem La Plata als einziger Passagier unlerwtg». Für Verpflegung war besten» gtsorgt, und der Kapitän Ziegenmeyrr ließ es an der nötigen Nötig« nicht fehlen. Wenn einmal der Appetit in der ungewohnten Hitze der Aequatortal Gewässer nicht den Bärenhunger in den Sturmtagen der BiSk^a erreichte, sagte er fast barsch: »Warum essen Sie nicht. Was di« Hau»frau zu Haus« ist, Sin ich an Bord. N cht ord«ntlich effin al, Gast, ist ab«r «ine Beleidigung der Hausfrau." — Also ich aß und kam gut mit ihm cus. Nur der Donnerstag hatte es mit seiner Sprisrfolge in sich. Schon zweimal hatte ich es über mich ergehen lassen: Früh 7 Uhr als Magrnaustakt dickgekochte braune indische Bohnen auf deffrn unergründlicher Schüssel durchwachsene Epkckscheiben im Fetisaft schwammen. »Warum langen Ste nicht zu?" „Kapitän, so am frühen Morgen, nüchtern, bei der Glut ist mir Kaffee, W- ßbrot, Butter, Sardinen und Bananen reichlich grnug." „Hm!" knurr!« der Alte und hieb in die Bohnen «in. Das Mittagsmahl l«it«te rin« köstlich duftende Boh- nensuppe ein und dann hinterher grsalzrne Schnittbohnen mit Büchserflrffch Als der Kapitän fast mürrisch auf meine Teller schaute, die ihm nicht oufgehäuft genug schienen, wagte ich schüchtern zu fragen: .Herr Kapitän, w«nn ich recht beobachtet habe, gibt e» Donnerstag» immer Bohnen. E» ist zuhause stet» eine» meiner Liebling»gerichte -ewr- sen, sagen Sie aber, warum an einem Tage der Woche stet» früh d cke braune Bohnen, mittag» dicke weiße Boh nensuppe und dann Schnittbohnen als G-müs«?' D r kam ick schlecht an. Ec legte hart Messer und Gabel auf den Tisch und herrschte mich an: »Glauben Sie etwa, mir macht daS Spaß. Wenn man zwanzig Jahre unter dem Aequator diese Kost mttmacht, har man seinen erweiterten Magen, der einem zu schaffen macht. Aber kommen Sie mir nicht und führen an Bord neue Sitten ein. Di« Bohne ist dem Donnar heilig. Donners tag ist auf See ein für allemal Bohnentag; dann sind wir wenigstens damit für di« ganze Wach« durch!" Nun mußt« ich es. Bekam auf den vierten Don nerstag da» vohnenmrnu und auf der Rückreise ebenso vielmal den Bohn-ntag. Ich aß mit Todesverachtung und Kapitän Zi«g«n- meyrr hatte sich nicht mehr zu beklagen. Auch ein Bote des Frühlings. —° Krokus, Schneeglöckchen, Lerchen und Stare find unsere ersten Frühling»bot«n. Sie fallen uns zurrst in die Augen; fi« ergötzen unser Ohr und beleben unser« Frühlingrhcffrung. Nur einen läßt man unbeachtet beiseite st.hen; sein« Frühltngsregungen werden wenig beachtet. Er drängt sich nicht vor, ist «in „Stiller im Lande", und doch ist es ein Raturklnd, das auch fein FrühltngsangisiHt zeigt: der Wald! Er spricht eben eine stumm« Sprache. Uder du brauchst ihm nur ent- grgenzukommen, und bald wirst du feine Sprache ver stehen. „Bist du im Wald gewandelt?" Noch herrscht in ihm trauliche feiertägliche Stille. Noch find seine Sommerfrischler auf der Reis«. Aber fi« kommen, bauen in seinen Zweigen ihre Wohnungen und suchen die alten wieder auf. Di« kletnrn Lebewesen schlummern noch unter Moos und Wurzeln. Nur ab und zu wagt sich ein Eichhörnchen au» seinem Wtnterversteck hervor. Doch der Wald srlbst si-ht schon viel freundlicher aus. Die Schneelast ist abgeschüttrlt. Die gebeugten Wipfel rich- trn sich wieder hoch. Der reinliche Schneebrlag hat den Staub des Vorjahr«» mitgenommen. Blitzblank stad die Nadeln wt« nach einem Sch«u«rsest. Straff recken sich die vorjährigen Triebe zur Höhe. Die dicken Knospen kleben auf den Spitzen und freuen sich der kräftigen Sonnenstrahlen, die neue» Leben und frische» Wachstum in ihnen wecken sollen. Da» Dunlrl der Wtnternacht, di« dichten Nebelschleier, di« alles so schwarzgrau erschti- -2 — n«n litßrn, sind gewichen. Munter ist drs Walde» G ün geworden, fein« lebhaft« Farbenlönung hat er wieder gefunden. Diese Farbenwandlung sagt un» auch, daß der Frühling auf dem Wege ist. Die Futterplätz« liegen verödet. Das W ld bedarf ihrer nicht mehr. Dre Rau fen sind leer. Nur verstreut liegende Fulterüberreste, der fcstgetr«wp«ltr Boden, die Losung, reden von ihrer Be stimmung, von der Fürsorge des echten Weidmann«». Da» dunkelgrün glänzende Pietselbeer- und das lichtere Hetdelbeerkraut blicken uns munter an, st- reden ebenso vom Frühling, wie das Heidekraut, da» unser Fuß streift. Der Sonn«, dem Frühling entgegen! so rufen auch sie uns zu, nachdem sie von der Schneedecke, unter der sie verborgen und geborgen lagen, wieder frei sind. Und bet näherem Hinschauen sagen un« auch die schw«ll«nden Knosp,n der Waldgesträuch«, daß ihre Winterruhe und Schlafjrit vorüber ist, daß neue» Lrben durch ihre Z-llen strömt. So ruft uns auch der Waid nach seiner st-llen Werfe zu: „Der Sonne, dem Frühling entgegen!" Bekenntnisse deutscher Männer vor dem 2—« französischen Kriegsgericht. —° Recht zur Zrrt .«scheint soeben eine Schrift, die die weitest« Verbreitung in deutschen Landen verdient. Dr. Friedrich Grimm, der bekannte Verteidiger ier von den Franzosen widerrechtlich verhafteten Z chendirekroren, ging von der durchaus berechtigten Ar sich» aus, daß das deutsch« Volk ein Anrecht daraus habe, e.ne genaue Kennt ni» von den Vorgängen zu erhalten, di« unwirtelbar zu dem Mainzer Prozeß gegen die rheinisch w-stsälischen Bergwerksvertreter geführt haken, und den Verlauf drs ProzrffeS selbst auf da» Genaueste kennen zu lernen. Zu diesem Zweck« hat Dr. Grimm di« einzelnen Dokumertr in schlichter historischer Zusammenstellung ohne j-den Kommentar veröffentlicht (im Verlag Hermann Sack, Berlin W 36) und zugleich im gleichen V-rlag« eine englische und französische Au»gabe derselben herausge- bracht. Di« Vorgänge und ihre dokumentarisch« Wieder gabe sprechen eine so beredte Sprache, daß ihre geradezu erschütternde Wirkung durch irgendwelche Zusätze nur abgeschwächt werden könnte. Wir bringen hier einig« in ihrer fast klassisch zu nennend.n Schlichtheit so bezeichnende B-kenntrnst-, die diese trrudeuischen Männer im Angesicht französischer „Sieger" macht, w«hrlo» und doch gewappnet mit dem heiligen Recht ihrer guten Sach« abgelebt haben. D«r offiziell« Prot «st, den die Zechenoertre- ter gegen di« Zumutung ehrloser Handlungen on die Brsatzungtbehörden richteten, schließt mit den Worten: „Niemand kann gezwungen werden, gegen sein Vaterland zu handeln und eine ehrlose Handlung zu begehen. Die Aufforderung, die an mich gestellt wird, schafft für mich etnen moralischen Zwang, der auch nach französischem Recht j-d« Verantwortung meinrrseit» aus- schließt. Zasammenfostend stelle ich fest und erkläre hier« mit auf das Bestimmteste: Zu einer Handlung gegen mein Vaterland und zu einer ehrlosen Handlung laste rch mich nicht zwingen." Lon den zur Verhandlung vor dem Kriegsgericht des Großen Hauptquartiers der französischen Rheinarme« in Mainz am 24. Januar 1923 durch französisch« Gen- darmeri« vorgeführten Z«chenv«rtretern erklärte u. a. Fritz Thyssen: »Ich bin Deutscher. Als solcher bin iS verpfltchtet, den Gesetzen meines Landes zu grhorchen Nach der Aus- faffung mrinrr Negierung ist der Einmarsch drr fran- zofischen Truppt« in das Ruh'gebiet nicht berechtigt Ich will darum m«inem Lande die Trru« hallen." G «»raldirektor Franz Wüstenhöfer erklärt: „Für uns D-ursche gelten die deutschen Gesetze un die B stimmungin der deutschen Regierung. Es konnte für meine Entschließungen demnach nur das eine mög- lich sein: meiner Z-che Anweisung zu geben, alle Lieferun gen an Frankreich und v-lgien einzustellen." Generaldirektor Ernst Tengelmann erklärt: Ich verweigere aofolut die Kohlenlirferungen und werde nichts machen, was der Ehre meine» Vaterlandes er tgegenst-ht — Ich st«he auf dem Standpunkt, doß ich al» DlUtscher die B rpflchtung hab«, den deutschen Ge setzen zu grhorchen. Ich werde von niemand eins An weisung entgegennrhmen, die mich verpflichtet, gegen die Interessen wein«» Vaterlandes zu handeln." Generaldirektor Walter Spindler erklärt: „Als D-utschrr gehorche ich dem mir gegebenen Befehl, und ich erkläre, daß nichts auf der Welt mich dazu bringen kann, die Treue gegen mein Vaterland zu brechen." In würd'ger und erhebender Weise schließt sich die- s«n B-kenntnifsen deutscher Treue das Schlußwort an, da» G heimtar Raiffeisen vordem Kriegsgericht markig zum Ausdruck vrach e: „Dieselbe Disziplin, welche ich von den mir unter stellten Beamten verlange, vrrlange ich auch von mir s-lbst gegenüber meiner mir vorgesetzten B-Hörde. Ich habe meinem Staate den Diensteid geschworen, ich kann und w>ll nicht meineidig werden." Auch wir glauben, daß sich angesichts diesem mann haften Ausdruck innerer Stärke und hoher moralischer Qualität jeder Kommentar erübrigt. Diese Wort« spre chen für sich selbst und sollten im ganzen deutschen Volk den Widerhall finden, den ste verdienen. Dit eiserne Zeit findet auch eiserne Männer. — Wir wüsten und werden «» zwing.«-,. —° Wie man in Neuyork lebt. Tlara Ratzka, eine unserer bekannten Schriftstelle rinnen, weilt jetzt über dem großen Wasser und erzäh l im neuesten Heft der „Gartenlaube" über ihre Eindrücke in Nkuyorl: „Seit einiger Z-it sehr ich mir das von oben, un ten und von allen Seiten an. Wenn ich „von oben" sage, so darf niemand an Milliardäre denken. Ste woh nen in ihren teil» recht geschmacklosen und häufig ganz schmalen engbrüstigen Häusern dicht an der Flfth Aoenue, einer Straße, dt« mit der Tiergartenstretz« in Berlin kei nen Vergleich aushallen kann. Ich stellte mir vor, die Reichen der Flfth Avenue hätten erlesen schöne V llen. Nein, die Häuser an der Ftsth Avenue haben mit wenig Ausnahmen nicht einmal Vor^ä ten. Dafür hoben bei Rüchen groß« und gewiß auch sehr schöne Landfitze, di« ste in 6 — 8 Stunden Automobtlsahrt erreichen können. Ich selbst wohne im 15. Stock «iner Art Siegellack- stange. E» gibt deren viele. Ste find fast alle eine Art HotrlS, wie man fie bei uns nicht kennt. Man kann möblirrte wie unmöbliert« Wohnungen von 1—4 Zim mern in ihnen haben. Jrde Wohnung hat ein Bade- und Ankleidezimmer, eine Garderobkkammer, ein Tele phon und fließend«» warmes und kaltes Master. J-de Mahlzeit kann vom unten gelegenen Restaurant ins Zimmer bestellt werden. Es gibt langjährige Mieter in diesen Häusern. Der Bl ck von meinem 15. Stock aus zeigt die mächtige Stadt Straß« um Straße, Block um Block, im mer durchbrochen von den hoch hinaufstrebendrn Bauten. — 3 —