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ßig, von Goler-j getrennt durch den UNfangMchen Schloß- park, dir Besitzung der Herrn Grafen Schall-Riaucou». In Klein Baußig befand sich di« gräfliche Mühl». Sie steht heute noch, ist aber als Mühls aufgehoben. Da» «ebäude ist am südlichen Siebel gekennzeichnet durch ein in Sandstein gehauener Wappenbtld der gräfliche» Fa milie in Saußig. Zwei Löwen tragen eine Krone. Die Inschrift lautet: Or. K. 1764. Die ehemalige Mühle in Kleinesaußig war früher einmal von der Herrschaft verkauft worden und befand sich Jahre hindurch in Privathänden. Sie wurde später vom Srafen wieder zurückgekauft. von Klein-Saußig aur gelangten wir in einem Viertelstündchrn nach dem Bahnhof Sritschen. Mein Wandergenoff« verließ mich hier und kehrte mit der Bahn über Bautzen nach Rodewitz. Ich aber machte, da mein Zug eine Stunde später ging, noch einen Abstecher nach der sehenswerten Seitschener Schanze. Zu diesem Zwick« schlug ich den Weg nach Sroßseitschen rin. DaS Dors liegt eine Virrtelstunde vom Bahnhof« entfernt. Unge fähr 600 Meter unterhalb de» Bahnhof«» steht nach Sroßseitschen zu am Westrand« der Straße ein Stein- kreuz aus Sranit, an dem ein frischer Palmenkranz hing. Da» Steinkrruz erinnert an einen Unglückrsall mit töt- lichem Aurgange. Der Weg brachte mich nach Sroßseitschen und am dortigen RiMrgutr vorüber. Bor dem Rittergut-, nur durch den Fahrweg getrennt, breitet sich ein umfangrei cher Teich au». — Am Eingänge zum Rittergutrhos stehen zwei Steinsäulen, die am Kopfe je eine Stein- platte mit Inschrift enthalten. Ich schlug von hier den Weg nach Kleinseitschen «in. Gleich hinter Kleinsritschsn nimmt die Schanze ihren Anfang, die in einem präch tigen Naturparke von alten, wetterharten Eichen liegt. Sie ist eine sogenannte Spitzschanze, d. h. eins Schanze, die in eine merkbare Spitze ausläuft, woraus man schlie ßen darf, daß sie einst «in wichtiger Wachtposten in die« ser Segend g«w«sen sein muß. — Die Schanze fistelte meine ganze Aufmerksamkeit. Im Seist« sah ich di« Zeit vor »—7000 Jahrrn aufsteigrn. — Auch die S»itsch«n«r Schanze bildete in KriegSzetken, wie wohl die meisten Schanzen der Lausitz die Zufluchtsstätte in KrirgSzetten. Nachgrabungen fördrrten Urnsnreste und allerhand Brand trümmer und Knochenrefle zu tage. Wenig« Minuten oberhalb der Schanz« liegt in südöstlicher Richtung da» stattlich« Rittergut Kleinseitschen, neben ihm da» gleichnamig« Dörfch«n. Bon hier führt «in« gut« Fahrstraße in 10 Minuten nach d«m Bahnhöfe Seitschen. Mit Anbruch der Nacht kehrte ich von hier au» mit der Bahn zurück. — Di« Wanderung ist «ine recht lohnende und bequem in 4 —K Stunden, auSschlirßlich Bahnfahrt, auSzusühren. Auch sie beweist «», daß unser« sächsisch« Heimat der landschaftlichen Reize viele hat und daß sie auch schön da ist, wohin der allgemeine Wander« krom weniger führt. Und sonderbar: Wer mit offenen Augen seine Heimat durchwandert, der lernt sie immer lt«b«r gewinnen, denn «r entdeckt mit j«dem kleinem Sireifzuze neue Reiz« derselben kennen. Darum nehme man sich vor, bei jeder Gelegenheit di« Heimat zu durch queren und ihre verborgenen Winkel aufzusuchen. Man wird immer befriedigt heimkehren. Auf das der bittre Leidenskelch voll werde bis zum Naud! «»«»o Sylvester. Erzählung aus den schwersten Tagen der Oberlaufitz 2) Von Hermann Weise. Do wöt'n Lichts an oall'n Ecken ond Enden ge- schpoart war'n maßt«, weilS kaum ze S«zoahlen woar, hotte Emil de Kinder schon betzeits ze Raande geschoafft ond soaß nu ön Finstern an Linda'n ihre« Bette, schtree- ctzelter behuts'n 'S «i'gefoalln« Gssöchte ond ihren Ruschel- kopp, dar'» an'er ömmer suo gutt g«foallsn toat. .Linda!" soat'er dergröffen zu'er. ,Morns ö» nu bei Geburtstag. Zu garne hätt'ch derr an« Friede ge macht. Oawer tuk amo schenken ond wa» aus'n Gabsen schütteln, wenn schon ane Eb'gkeet nischt mth hönn« ge- waast öS." „Mei guter Emil!" soate do Linda triöstend ond drockt'a Zärtlich de Haand. .Satz derr doa nö stke Dinge ön Kopp. Nu, wenn» wrter nischt ö». Wo'mer ner liewer 'n lte'm Gott bitten oad a gut'» Wort gähn, doaß'er mich Saale wiöder gesond war'» läßt. Sleebs, möt dir, mei Emil, g«trau'ch mersch, derno ze schoaff«« ond« fart'g ze brengen, doaß mrr iöwern Barg kommen. Ws'ch mich derno wiöder rauSgemaustert hoo, do koa'ch o wiöder oallengen no'n Raicht'n sahn ond do word derno o oall» wiöder gut! war'n." Do schüttelte Lmil möt'a Koppe ond mcents off- foahr'nd: ,Soag mer amo, Linda, hoan mir ftit dan lause Kriggr, wuo mer au»'n suowiesuo bluo» noa oalk a hoalwrr Mensch heemkoam ond'ch derno die eö'ge Zeit dort« Hungen ön Kohlen römgeplackt Hot, schon «mo wiöder ane fruohe Schtovde gehoat ond suo la'm kinn, wie sich» fer an Menschen gehiert?.' Do toat'n Linda gutt zured'n ond soate: »Göbt'ch doa zrfriöden. Mir kinn» doa emo nö ändern ond sen a'm bluoS zrm Arb'tn geboren. Ond mir wo's juo o garne," Do fuhl'er Emil ön d« Reöde ond böiter vfflachrnd fvhrsch'n nsu»: .Freilich, w;mr mersch noa kinn ond nö ern« ver Hunger ömfoallen. JH täte juo goarnischi soan ond hätte nischt derwiöder, we'S hirhe eenen suo wie'n andern giöhn wor« ond mir Oall-, ohne Nutznoahmr, an eenen Schtran?« zieh» müßt«». Slrrb ner, wär doa» derr Foall, do wärsch schon lang« anderscher. Doa» ö» «s a'm, de Nuot ond derr Hunger jägt ond bringt d« MenjHen »ähndtr zesoam'a ond macht se wiöder eenig ond we'mer derno wiöder eenig wär'«, do word mer o wiöder woa» derziölen ond ver on» bringen. Sich amo oan, off dar eenen Seite nischt wie Nuot, Elend ond d« Sorgen frasi'n d'ch baale off Taus«nde sichen hön ond verhungern lengs'n. Ond bluo» de oarmen Kinder, di« nischt derfür kinn, tun einen am mresten leed. Ond derno off derr jenen Seite wiödersch Gegenschtöcke. De Wuchrer, Schieber ond Bluttsauger wöffen vrr Wollust ond Uepp'g« keet baale nö mih, woa» ft oalls offschtacken fin. Do brechen baale de Lösche ver lauter ficken Sachen, die Onseree'S bluo» 'n Noam'n no kennt. Ond an «en'n O'md« word dorte hundertmo mih verjuchheet ond v?r- wöchst, oal» woas de de ganz« Woche f«r dene schwere Oarbt besiehst." .Tuck ner nö o an Oallen woa» auSsttzen wo'n," dermoahnt'u Llnda. .Mer dsrkennt'ch doa kaum wiödrr, Emil, Söst dos sist nö suo onztfriöden gewaast." Do wollt'rr schon wiöder an de Hlöh giöhn, oal» off emo hing'a ön derr Eck«, wuo de Mader schlufen, an« Halle Kinderschtömme oanfung, a Liebel ze singen, doaß se oall« Beede ruh'g bleeben ond oandächt'g zuhiörten: SA g -- sä L ^LL>» - 2- .Und ist dir Not auch noch so groß, Kein Mensch will dir nicht mehr beiflrhen. Dann blick zum Herrgott nur «mpor, Er läßt dich nimmer untergrhen! So lehrt' uns stet» lieb Mütterlein, Die muß es doch am besten wissen! Und wenn sie erst gesund wird sein, Soll fie daheim nichts mehr vermiffsn! W^r Klrinen bitt'n dich, Herrgott! Laß Mütterchen gesund bald werden! Sie ist so lieb und herzensgut, Trotzdem ihr Los gar schwer auf Erden. - Und sind der Sorgen noch so viel. Lieb Mütterlein tut nie verzagen, Drum wollen wir, Mutter! ist» wert, Sie auf den Händen immer tragen!" Se konnt'nch oall« beed« d«r Tranen nö mih derrwehr'n. Linda lahnt'n Kopp an Emile ftne Brost ond toat'n Satteln: .Tuck'n Kindern nö noa 'n Glooben nahmen. Siech n«r, Voater, wuo s«'s doa salwer an eeg'n Leiwe schpüren ond's derla'm müssen, wie biöse ond schwer ötze de Zeiten sein ond do sein ft ömmer noa gedold'g ond dergahn'ch ön Oall'S, weil ft flch'r soan: Gtöht» d« 'n oarmen Eltern, dk'ch ötze Saale z« Tuode rackren müffen, «rn« anderscher!" Do fung de Uhr oan, Zwälfe ze schloan ond Hausen toalen d« Stocken 'S noi Johr ei'lauten. .Linda!" soate Emil friedlicher geschtömmt. ,'» oal« Johr möt oall senen Kummer ond Elends hoan mer nu glücklich hinger on». Wsa» word on» nu doa» not Johr brengen? Kchlömmsr koa's doa Saale ne war'n, dächr'ch doa." Do monter»'« Linda off ond schtömmt'n zu: .Mir müffen a'm, moag» nu kommen wie» wöll, 'n Mut nö sinken lösten. Ond fellt'ch, wo«D der liewe Gott verhütten Möchte," derbrir lufn'er de Tranen ner suo de Backen nungrr, .doa noa von Oich glößn müffen, Ihr Hot suo viöl ond o Schwer'» dorchgemacht, do denl'H, ward'er dos» o noa möt verschmarZen larnen. Eee'S, mei guter Emil, lee'ch derr noa ans Harze, wrter hoa'ch kerne Bitte miöh: Brrgöß onsre M'm Kinder rö ond bleib'n ömmer dar liewe, gut« Voater, dar d'n von jehar ömmer gewast böst." Ergröffen krockier Emil de sabgemoagerien Hände, toat'er an Schwoatz gähn ond Srscht» bluo» broaü'n- weift rau», wie ar zu'er soate: .Doa» wär o'»irschtemo, doaß off mich k«e Berloß wäre. Do koast'ch juo zefriödrn gähn. WoaS'ch emo verschprech«, doaS haal'ch derno o." Ond enge hult'n s« sich nos lang« ömarfelt. 'S -uog'n urndlich baal« 'S Harze z'soamm'n ond'S toat'n an Schöch dorch ond dorch gähn, SluoS wenn s« droan dachten: »War wöß, wie lange noa öS «8 on» Beeden vergönnt, vetsoammrn ze sein. De haußen lauert doa schon lange derr onerböitlichr Sansenmoann, derr Schnitter Tuod, öm on» noa onftr Söffe! Glöck voll'dn» ze zsrschtiör'n ond on» Beede ser ömmer aut'nander ze reißen!" Oen derr Farne verhoallt drr Glocken Sylvester- lauten ond in ihr'» Harzen toat» leis« ano klingen: E» ist bestimmt in Gotte» Rat, — da» man vom Lieb sten wo» man hat muß scheiden —! o—««« Dresdner Brief Weihnachtsglocken! Friede auf Erden I Frieden? Wie klingt da» Wort so schön. feierlich beruhigend! Wie eine linde Hand streicht e» über unsere S?elen. Frieden — haben wir denn Frieden? Al» nach dem mörderischen Krieg diese» Wort freudekündend unk erklang, da atmeten wir aus und hofften. Aber der Frieden kam uns nicht. Partei- kampf trennte di« Brüder eine» Lande», zerriß all« Band« der Zusawmrngehörigkrit. Selbst im freundlichen, rohr liebenden Sachsen, selbst in drr heiteren Gidrstadt tonnte nicht Ruhr werden. Und die Not, die graue, heimlich schürende Sorg« tat da» ihrige dazu. Nan scheint eS doch, al» wolle sich endlich der Horizont lichten, als bräche ein freundlicher Strahl durch graue» Gewölk. Und «» will Weihnachten werden! Sind wir nicht selbst schuld an an dem Jammert Muß e» denn immer ein Arm und Reich, ein Hoch und Niedrig geben unter Menschen, dir gleich geboren, ohne Ausnahme einst dem Tod verfallen? Wer brachte da» Geld unter uns, den Friedensstörer, den Moloch, der alle» Gute verschlingt? Friede auf Erdrn! — Ach, solange wir noch Diener de» Geldes find, werden wir keinen Frieden finden. Herbst liche Stürm« brausen über di« Stadt dahin, dir Elb« geht in seltenem Wellenschlag. Draußen ist» trüb und wenig verlockend; nun gut, so wollen wir Frieden, Ruhe und Licht in un» und unserem Heim aufbauen, wollen Weihnachten feiern daheim im Kreise der Familie. Schon erstehen klein« Waldstücken auf Plätzen und Straßen und hie und da sieht man einen Bater oder zwei Kinder mit verklärL glänzenden Augen ein Christbäumchen trogen. Denn auf den strahlenden Lichterbaam will am heiligen Abend kein Dresdner verzichten. Und di« Kinder der Familie, di« samt und sonder« aus dem Verband der Kirche ausgetreten find, falten abends im Nettchen heim lich verstohlen dir Hände genau so wie di« Kinder des Pfarrers und beten: Du lieber, heiliger, frommer Christ. Im Häuft riecht eZ würzig nach Tannennadeln, Backwerk und Aepfeln, ein eigener Duft, der zu unserm Weihnach ten nun einmal gehört. Und die berühmten Dresdner Christstolltn, di« früher weit über Land und Meer ver sandt wurden, zieren wieder di« Fenster der Bäckerläden und stehen wohlverpsckt auf Brettern aufgebsur oben auf dem SHrank in der kühlen Stube. Nicht allen wird es ss wohl; viel«, ach, zu viele stad -s, die ohne Arbeit, ohne Verdienst, Leine rechte Wkihnachtkfreude haben. Traurig ist ein Blick in solch« Familie. Alles woS zum Leben nötig, doppelt fühlbar in kalter Winterszeit, geht dem Verfall entgenen. Kälte, Mangel, schlecht genährte Kinder, Elend und Jammer, wer kann dar verstehen, der selbst in wohlgeordneten verhältnisftn lebt? Und eS gibt so viele, die helfen könnten, wenn sie nur wollten. Uber auch viele, die gar- nichrs ahnen, wie neben ihnen anders Mensch«« leiden und sich vlqaälen um ihr Stücklein Brot! Wollen wir doch Jeder in unsrrem Kreise bestrebt sein, an de« Tagen der Weihnacht da» Elend um uns her zu sehen und zu lindern! Mancher stumme Danke»- blick lohnt dafür, ein schöner Lohn! Zwar gibt «Z in Dresden öffentliche Fürsorge und WohltätigkritSanstaltrn, aber diese find so überlastet, daß sie nur verschwindend wenig Not lindern können, Ein junges Weib sprach mich kürzlich ganz verschämt um eine Gabe an, müde, abge hetzt, mit zerriffenen Schuhen. Sie sah froher Mutter- Hoffnung entgegen und hatte kein Obdach für die Nacht, da st« ohne Hemd war und sich schämte, so in da» Asyl für Obdachlos« zu gthrn. Welch furchtbares L-id in solcher Enthüllung! Und nichtachtend flutet dak leichte Leben der Großstadt an solchen Au»g«stoß«nen vorüber, di« schweigend ihren Jammer in sich o-rschUeßen und nur durch ein mitfühlende« Wort zum Offenbaren ihrer Wünsch« gebracht werden können! .Und wenn wir Menschen mit Engelszungrn redeten und hätten der Lieb« nicht , . .' Drum sei Lirse zum Nächsten der Leitstern für euer Tun, dann wird es weni ger Not geben und wahrer Friede in euch und um such rinkrhrei'! Dann wrrden die WrihnaHtsglocksn von den Türmen der Stadt in alle Herzen den Ruf klingen lassen: Friedr auf Erden! Regina Berthold. -8-