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dann hast du den ersten vernünftigen Schritt getan, denn, Emil, lieben, ohne davon überzeugt zu sein, daß man wieder geliebt wird und daraufhin sogar schon Pläne schmieden wollen, da» heißt, «in Hau» ohne Srund bauen. Ich habe in meinem Leben so manch« unglück lich« Lt«b« keimen, blühen und — adst«rben sehen und mir mein« Lehren darau» gezogen. Glaub« mir, daß Vernunft in der Liebe wohl nicht zuerst, aber auch nicht zuletzt kommen darf. Emil, mein lieber Sohn, laß dir noch von deiner alternden Mutter sagen: „Es gibt so viele» im Leben, da» wir für gut halten, weil et unsern von arger Lust getrübten Augen al» gut erscheint, wenn un» aber durch da» Schicksal die Binde, di« di« Erkennt ni» bisher von un» serngehalten davon genommen wird, dann ist «» meist zu spät, und ruft man vorher dem unerfahrenen Stürm« ein Halt zu, so gibt» krine Ohren, welche hören. Also, herzliebster Emil, sei vernüfttg und höre aus dein« Elt«rn, di« et wahrhaftig gut mit dir m«inen. Reue ist bitter/ Während dieser, au» vollster Lieb« gesprochenen Worte, hatte sich die Mutter neben ihren Sohn gesetzt und seine Rechte mit der ihrigen umfaßt. Emil schwieg. Dir Muttrr wußte, daß diese» Schweigen nicht» mit dem Trotz zu tun hatte. Nun trat auch der Vater wieder in die Laube. „Emil sprach er ernst, „ich muß »och einmal kommen. E» läßt mir in der Stube keine Ruhe. Emil, du bist alt und ver ständig genug, um dir e» genau überlegen zu können wa» dir soeben deine Eltern in wohlmeinendster Abficht gesagt haben. Solltest du trotzdem ander» handeln wollen, al» wir von dir erwarten, so merke noch da» letzt« Wort deine» Vat«r» in dieser Angettgenhrii: „Kehre, wenn du merkst, daß wir recht haben, beizeiten um, ehe «» zu spät ist." Emil wollt« darauf etwa» sagen. Er vermochte e» nicht. Da» Herz war übervoll und doch preßten sich seine Lippen krampfhaft zusammen. „Emil, du tust gut daran, daß du nicht» daraus erwiderst. E» könnten vielleicht voreilig« Wort« l««r« Versprechung«» sein. Wir wirken nun nicht mehr davon reden. Gebe Sott, daß du nicht früher oder später voll Reu« au»rm sen mußt: „O Vater, o Mutter, hätte ich Euch gefolgt!' „Komm Mutter, wir wollen Emil sich selbst überlassen.' Noch einen Blick voll innigster Liebe richtete di« Muttrr auf ihren Sohn, dann folgte sie dem Vater. Emil blickt« b«id«n so lange nach wie e» ihm möglich war, dann falteten fich seine Hände und er b«tete au» tiefstem Her- zen: „Himmlischer Vater, du Lenker uvsirer Geschicke, dtiner weisen Führung will ich e» überlassen. Möge ich dabet da» Recht« erkennen und darnach handtln. Amen.' Di« schtidende Sonne, die ihm noch goldige Strahlen durch die Blätter de» die Laube beschattenden JaSmin al» Nbschied»grüße zuschickte, ließ ihn hoffnung»frrudtg aufbltcken. Sollte sich srine Zukunft so goldig gestalten wie da» Lichtmeer am Ab«ndhimm«I? Aber e» zaub«rt die untergehende Sonne! Vielleicht ist dir nur ein kur ze» Ltebr»glück beschirden? Eine Träne stahl sich in sein Auge, al» er den rotgoldigen Sonnenball unaushaltsam verschwinden sah. (Fortsetzung folgt) »«»»»»»»»»»»»»»»»»»»««»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»»« Was vor 100 Jahren über Franken thal b. Bischofsrv. geschrieben wurde. (Nachdruck verboten.) Ein freundlich gelegener Ort in Bischof»werda» Näh« ist da» stattliche Kirchdorf Frankenthal, eine Lied», lung jener fränkischen Kolontstenwelle, die um« Johr 1200 über da» Vogtland und da» Erzgebirge nach Osten ging. Daher auch der Nam« diese» Dorst». — lieber Frankenthal wird vor »00 Jahren folgend«» geschrieben: Frankenthal ist ein Dorf in der Oberlaufitz, im Bautzner Hauptkreise, nahe an der meißnisch«» Grenze und eine Stunde von Bischof»werda und 1*/, Std. von Stolpen gelegen. E» grenzt an die Fluren Goldbach, Großröhr»dorf, Bretnig, Rammenau und Harthau. E» hat 45 Rauche, 700 Etnwohnrr und einen Beizoll, «ine Pfarrkirche, «in« Schul« und ein Rittergut. Nach Fran- kenthal ist rin Teil d«» Dorfe» Bretnig «tngepfarrt. In diesem Dorf« gibt «» viel« Lrinw«b«r und Bandwirker. Durch da» Dorf fließt in südöstlicher Richtung ein Bäch lein, da« der Rammenauer Bach verstärkt. Die Kirch« steht östlich über der Mitte der Dorfe» und zu ihrem Spränge! gehört die di«»seit» de» Bache» gelegen« Seite von Bretnig Eine hierher gehörig« Mühl« liegt an de: verrintgung d«» Dorsbache» mit d«m Ramm«nau«r Wasser. Nach West«» zu gr«nzt an di« Frankenthaler Flur die Mafliney, «in großer stolpenscher Kiefernwald. Am Rand« der Maffeney fließt die klein« Röder in südlicher A chtung und speist sech» Teiche der Frankenthaler und Harthaurr Gegend. Dasselbe tut ein in Nordosten im Gebüsch fließender Nebenbach de« Rammenauer Wasser«. — Be kannte Besitzer de« Frankenthaler Rtttergute« sind: um» Jahr 1620 Hann» Wolf v. Ponikau; bi« 1681 der Geh. Rat Graf Retnh. Dietrich v. Taube auf Neukirchen, Leu. ben, Wilthen, Rödern; 1723 ein Rittmeister o. Bünau auf Zaschendorf, welche« er aber nedst Frankenthal 1767 verkaufte; 1769 der Kausmann Andrea« Gläser zu Pirna. — Zatschen Frankenthal und Rammrnau befindet fich da» Grab eine» Frankenthaler Bauersmann, der sich einst au» LiebeSgram entleibt«. An jener einsamen Stelle soll «» gar nicht geheuer sein. Der in ungeweihter Erde Begraben» findet kein« Ruhe, und wer um Mitternacht hier vorübrrgeht, der hört au« jenem einsamen Grabe den Ruf: „Helft mir! Helft mir!' Wenn der nächtliche Wanvtter in die Nähe de» Selbstmördergrab«« kommt, verirrt er sich, und fährt ein Geschirr um Mitternacht hier vorüber, dann geraten die Pferde in Unruhe und Angst, und der Fuhrmann vermag kaum, sie zu zügeln, s:r. Eine geschichtliche Erinnerung aus der o——o Sächsischen Schweiz, o—»" (Nachdruck verboten.) Zwanzig Minuten nordwestlich von der vielbesuchten Schwetzermühle im Bielatal« entfernt, liegt da» gegen 126 Einwohner zählende Dörfchen Raum. E» gehört zu den jüngsten Dörfern Sachsen». Im Anfang« des 19. Jahrhundert» ist e» entstanden und hieß ursprüng lich „Der wilde Mann'. — Einst war dies« Gegend noch mit dicht«m Wald überzogen, durch den aber ein« vtel- Lrsucht« Straße führt«. Da errichtet« «in Mann an di«, ser mttt«n im w«it«n Wald« «in Gasthau». Fuhrknecht«, Holzfäll«! und Rtisend« hielttn in ihm gern Einkehr. Nun war aber die Gegend sehr verruf«». Allerlei Die be». und Räubergefindel machte sie unsicher. Der „Diebe»grund" erinnert noch an jen« Zeit. Dem Be wohner der einsam gelegenen Waldschenk« gab der Volk» münd den Nam«n „Der wilde Mann', wohl darum, da er der einzige Bewohner jener Wildnis war. Al» nun im Laufe der Jahre neben dem stillen Wirtlhause noch ander« Leute fich anfiedelten, entstand nach und nach «in Dörfchen, aus da» man sogar diesen Namen mit über- trug. Später nannte man da» Walddörschen „Räum', da dort durch da» Schlagen de» Walde« viel Raum zu weiterer Ansiedelung gegeben war. Alten Leuten ist ab«r di« Bezeichnung „Der wild« Mann' r.och sehr geläufig. Str. »LZ 2 » o " SF S Z » F F F F Tine Episode von Magda Troit. Dir Tod war überraschend schnell gekommen. Da» junge, blühende Mädchen war beim Aepfelflücken von d«r Leiter gefallen, hatte am selben Tage über heftige Schmerzen im Kopf und Rücken geklagt, am näHsten Tage hatte man den Arzt gerufen, der ratlos die Schultern zuckte, denn Bianka lag völlig apathisch auf ihrem Schmerzenslager und nur ihr« großen, dunklen Augen schweiften von Zeit zu Zeit unruhig durch dr» Raum. Mutter und Geschwister fragten besorgt, ob st« Schm«rz«n hab«. Sie gab keine Antwort mehr, und cl» Bianka an diesem Abend die Augen schloß, hoben sich die Lieder am nächsten Morgen nicht mehr. Ohne daß jemand wußte, mußt« st« in der Nacht friedlich hinüber geschlummert sein. Al» Frau Vallentin am anderen Morgen an da» Bett ihrer Nettesten trat, sah sie ein wächserne« Antlitz, fühlte eiskalte, erstarrte Hände. Man rief den Arzt, der konnte nicht« mehr helfen, da« junge Mädchen war tot. Er warf einen langen, traurigen Bl^ck auf diese» junge Blut, da« ss früh von der Erde hatte scheiden müssen. Schon immer galt Bianka Vallentin für ein schöne» Mädchen, jetzt, da sie in weißen Kissen so friedlich schlummerte, wirkte sie fast noch schöner. Da« mäßig lange, tief dunkelbraune Haar hing ihr in zwei Zöpfen über die Schultern. Urber der marmorweißen Stirn war e» schlicht gescheitelt, einige Härchen kräuselten sich leicht und lagen wie seine Strich« auf der jetzt gelblich schim mernden Haut. Frau Vallentin hatte der Tochter di« Hände über der Brust gefaltet, blühend« weiß« Rosen hatte man ihr auf die Bettdecke gestreut. Zahlreiche Tränen flossen um di« Dahingegangene, denn Bianka war ein sanfte», liebe» Mädchen gewesen. Ein qualvoller Tag löste den andern ab. Der Tischler bracht« den Sarg und unter heftigem Schluchzen legten die Eltern ehre Netteste in den eng«n Schrrin. Wie ein schöne» Bild war di« Tote anzusehen, da» Antlitz von unendlichem Frieden übrrschattet. Man glaubte, sie schliefe und träume «inen holdseligen Traum. Morgen würde sich der Deckel über diese» jungfräuliche Antlitz legen und wenige Stunden später würden die Erdschollen darauf kollern. Stundenlang saß Frau Valentin bei der Toten. Von Zett zu Zeit streichelte st« die eiskalten Hände. Sie sprach leise mit der Dahingegangenen und schuf sich selbst da» denkbar größte Leid damit, daß sie fich ausmatte, wie furchtbar der morgige Tag sein «erde. „Dich muß ich der kalten Erde übergeben, so jung, so schön und so gut. Wir soll ich» ertragen, wenn sie morgen den Deckel ausschrauben.' Erst am späten Abend ging sie in da» Schlafzimmer hinüber, nachdem sie vorher noch einmal nachgesehen hatte, ob auch die Kerzen, die zu den Häupten der Toten standen, noch lang genug waren, um zu leuchten. Der Tag der Beerdigung kam heran. Mit tränen- überströmtem Glicht hob fich Frau Vallentin von ihrem Lager. „Wäre doch die heutige Qual vorüber!' Sie warf sich den dunklen Morgenrock über, einer ihrer ersten Grüße sollte der toten Tochter gelten, der Tochter, der sie heut« zum letzten Male die Hand drücken konnte, der sie zum letzten Mal« die kalte Stirn mit ihren Lippen berühren durfte. Sie trat in da» Zimmer, in dem Bianka aufgebahrt lag. Die Kerzen waren fast hrruntergebrannt; sie flackerten unruhig und streuten ihren zuckenden Schein über da» gelbe, fiLnr RniVtz Wer , wächsernen Hände. Mit einem leisen Schrei fuhr Frau Vallentin zurück. Sie faßte fich an die Stirn, rieb fich die Augen, str starrt« auf die Tote, deren Antlitz roch immer die fried lichen Züge aufwie». Sie sah di« beiden Zöpfe, die über die Schultern hingen, aber st« waren nicht mehr dunkel braun, st« waren schn«eweitz. Und ebenso schneeweiß war auch da« Haar, da» in Scheiteln über der Stirn lag, ebenso weiß die seinen Härchen, die fich dort ringelten. Frau Valentin trat bebend näher, griff nach dem weißen Haar, rieb fich wieder di« Augen und stürzte dann davon, um den Satten zu rufen. Der kam und überzeugte fich auch, daß über Nacht da» schöne, dunkle Haar vollkommen weiß geworden war. Di« Nachbarn kamen, man staunte, man tauschte allerhand Vermutungen au». Und schließlich ries rtner den Arzt herbei. Sein Blick war unsicher. Dann ging er rasch davon und kehrt« nach w«nigen Minuten wieder zurück. Er schickt« alle Anwrsenden au» dem Zimmer, «r blieb mit der Toten allein. Ein seine«, dünne« Messer blitzte in seiner Hand, dann faßt« er nach der rechten Hand d«r Toten und schnitt ihr die Pultadrr durch. Sekundenlang hoben fich die Lieder von den ge schloffenen Augen, ein leiser, weher Seufzer ging durch den Raum, dann schoß ein roter Strahl über da» weiß« Drcktuch de» Sarget. Der Starrkrampf war gehoben. Erschüttert erhob sich der Arzt und sucht« Frau Vallintin auf, schonend leitte er mit, wa» soeben geschehen. „Ein Starrkrampf hat st« befallen. Ich hoffe, sie wird genesen.' Frau Vallentin stürzte in» Zimmer. Noch war da» Antlitz der Tochter von gelblichem Ton, aber die Züge waren wild verzerrt und au» dem Munde der Bewegung»- losen kam ein qualvoller Schrei: „Nicht begraben werden!' Die Qual der letzten Stunden hatte der Scheintoten, deren Lappen durch den Kramps geschloffen worden, da» Haar gebleicht. Sie hatte die Worte der Mutter gehört, sie hatte gefühlt, wie man st« in d«n Sarg gettgt und konnte nicht reden. Qual, grenzenlos« Qual! —° Unterredung mit Ausländern. Berliner Brief. Hier kommen sie alle her, die Deutschland bereisen den Ausländer. Berlin gehört -um Programm. Und wenn sie Berlin gefthen haben, sagen sie, sie hätten Deutschland gesehen. Wa» dabet für Deutschland heraui» kommt, kann man sich denken. Um nach Möglichkeit an meinem Teil aufzuklär«n, fand ich mich denn bereit, den mir von Freunden gemeldeten Mr. H. au» Chicago in seinem Hotel aufzusuchen. Ich sand einen quicklebendigen „besseren' älteren Herrn, der mich mit der wohlwollen den Freundlichkeit empfing, mit der ein gutmütiger satter M-nsch im allgemeinen seinem Mitmenschen, dem e« nicht hervorragend geht, zu begegnen pflegt. Da» Ge spräch bleibt oberflächlich, dreht fich um di« gemeinsamen B«kanvtrn drüben, dir Urberfahrt. O, ihm gefällt e» in Deutschland, so rührig, so tätig, so tüchtig . . . Aber jeder v«rtiefung weicht «r geschickt au». Na- türlich muß ich mit ihm den Abend verbringen. Im Hotel werden wir außerordentlich respektvoll behandelt, j«d« Weisung de» Mr. H wird mit tiefem Bückling ent-