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-LI II. Elternworte. .Unserem Emil muß etwas rugestoßen sein", sagte ein paar Tage später Frau Mitschke zu ihrem Manne, einem biederen Kittlitz«, der allda in gutem Ansehen stand. .Seit dem Horkenfeste ist er wie umgewandelt. Ist dir'sMcht oufgefallen.Vater, wie still er «inhrrgeht, wie nachdenklich er immer autsteht und dabet scheint ihm manchmal etwas eine große Freude zu bereiten. Ich denke, es geht ihm etwas Wichtige» durch den Sinn. Ob er sich mit Zukuns.splänen beschäftigt?' „Freilich hab« ich'« auch schon bemerkt", sagt« Vater Mitschke darauf. „Es wird schon so sein, wie du vermutest. Seine Zu kunft beschäftigt ihn, 'S ist auch bald Zeit, daß er darüber nachdenkt, wo er sich am besten selbständig machen kann, nachdem er mit gutem Erfolge sein« Lehrzeit beendet und eine Reihe von Jahren in vorteilhafter Stellung gewesen ist. — Aber, zum Kuckuck, wo steckt er denn schon wieder? Kaum bekommt man ihn den Tag übrr noch zu sehen. Ich dächte, es gehöre sich für ihn, mit uns über sein« Angel«genheit«n zu sprecht«, als allein darüber nachzudenken. Aber so macht es jetzt di« junge Welt. Die Alten sind für st« abgetan, und sie will von ihnen keinen guten Rat mehr annehmen." Vater Mitschke hatte sich bei diesen Worten in seinen Sorgrnstuhl am Fenster gesetzt. Da» war da» untrügliche Züchen eines herannahenden Gewitter». Seine Frau wußte das nur zu gut. Deshalb sagt« sie in begütigend«« Ton«: „Vater, du tust vielleicht unserem Sohne Unrecht. Er wird sich jedenfalls einen Plan zurechtlegen und ihn uns dann mitteilen. Wenn du aber mit ihm davon sprechen wolltest, er ist im Hinteren Garten in der Laube." „Was?' fuhr der Alte heftig auf, „ich ihm nachgehen? Da» fehlte noch, daß da» Alter der Jugend nachliefe. Er mag nur selber kommen, wrnn's ihm danach verlangt." „Nun werde doch nicht gleich so heftig, Vater. Ich dachte nur so für mich, es wär« bester, wenn du zu ihm gingest. Emil käme vielleicht eher zu einem Entschlusse." Als Vater Mitschke etwa» vor sich hinmurmelte, nahm di« Mutter das Spinnrad zur Hand und spann fleißig, währ«nd der Alte sein Selbstgespräch weiter hielt. Sie kannte ihn und wußte, al» er nach einer Weil« aufstand und sich zur Tür wandte, daß st« richtig gesprochen. „Vater", sagt« st« in bttt«ndem Tone, „werde nicht hef tig, wenn das, was Emil sagt, nicht nach deinem Wunsch« sein sollte." „Werd' sehen." Mit diesen Worten verließ Vater Mitschke di« Stubr. (Forts, folgt.) Die Schreckens-Nacht eines Schülers. Von einem Schüler. Der Arbeitsgemeinschaft für vaterländische Aufklärung in Berlin ist folgender Bericht eines von den Franzosen im besetzten Gebiet mißhandelten Schülers zugegangen, der für sich selber spricht. Eh« ich dt«s« Z«tl«n schreibe, will ich vorau-schicken, daß «» sich nicht um den Bericht «in«» Phantasten Han. delt, wie Leser im unbesetzten Gebiet vielleicht annehmen könnten, sondern um ungeschminkt« Tatsacht. Ich befand mich am 10. Juni mit meinem Vater und einem Freundt aus dem Nachhausewege von einem Spaziergang«. E» war kurz vor 8 Uhr ab«nds. Plötz lich kam«n «inig« französisch« Offiziere auf uv» zu und fordrrten uns in französischer Sprache auf, vom Bürger- steig« herunterzugehen. Nachdem man un» vergeblich nach Waffen untersucht hatte, verlangt« man unsere Pa pier« zu sehen. Mir fiel «in, daß ich meinrn Auswei» vergeffen halt«, und ich bat daher m«inen Vater, meinen Paß zu holen. Aber di« Offizier« sti«ß«n mich in di« Rippen und ließen mich absührev. Sowie ich den Blicken der Siraßengänger entzogen war, hagelte es Ohrfeigen und Fußtritte. Höhnisch fragt« d«r mich b«gletrend« Offizier, ob ich auch wohl wüßte, was mir brvorstünde; dabei schlug «r mich mehrer« Mal« mit d«r g«ballten Faust unter das Kinn. Ich sand kein« Zeit, darübrr nachzudenken, was noch geschehen werde. Als wir uns der Wache näherten, drang mir immer deutlicher ein Geschrei und Stöhnen in die Ohren, das ich anfangs nur schwach vernommen hatte. Sollten die Franzosen etwa . . . . , doch der Gedanke schien mir zu schrecklich, als daß ich ihn hätte ganz ausdenken können; bald sollte ich aber eines besseren belehrt werden. Ein Jußtriti b- förderte mich mitten in ein Zimmer. Ein schr,Sucher Anblick bot sich mir dar. Am Boden lagen wehrlose Menschen und jammerten, di« Augen vor Angst wett g«. öffnet. Mit Peitschen hieben und Kampfhelmrn schlugen Offizier« auf di« Wehrlos«» ein. Auch ich entging meinem Schicksale nicht. Vergeben» riefen wir um Scho, nung. Schließlich schien«« auch dt«s« Menschen diese« Schauspiels überdrüssig geworden zu sein. Mit Peitschen und Kolbenstößrn trieben sie un» zwei Treppen hinaus. Ein Posten öffnete di« Tür zu dem Raume, der für die nächste Zeit unser Aufenthalt sein sollte. Die Tür siel ins Schloß. LS war schon ziemlich dunkel. Ab und zu ein Seufzer, ein Stöhnen innen — und draußen der Schritt de« Postens. Wir waren zehn Mann in ein winziges Zimmerchen eingepfercht. Die Deck« war so niedrig, daß ich sie mit dem Kopfe streifte. Streckte man die Arme au», so berührte man die gegenüberliegenden Wände. Ein Fensterchen, durch da» man nicht einmal den Kopf hinaukstrecken konnte, gewährte der Luft kaum Zutritt. Faule» Stroh und «in Stuhl machten die ganze Einrichtung au». — Allmählich wurde die Luft unerträg lich schlecht. Wir baten um Master. E» wurde uns verwrtgert. Wir baten darum, «»»treten zu dürfen; wan antwortet« un» nicht. Einig«n wurde schlecht. Neben mir lag ein Herr von der Polizei; «r hatte einen Revolver bet sich gehabt, und deshalb war er hier. Sein Gesicht war voller Beulen und Schwielen. Sein« Hand- gelenk« zeigt«» drutlich die Spuren grausam«! Mißhand lung: man halt« Draht um s«ine Handgelenke gelegt und solange zugedreht, bi» da» Blut kam. Einem an deren hatte man die Finger umgedreht, bi» er am Boden lag. Al» da» Bitten um Master immer sichender wurde, ließ sich der Posten, ein Elsässer, herbei und bracht« Was s«r und noch «intn Stuhl, nachdem er sich aber vorher überzeugt hatte, daß kein Vorgesetzter in der Nähr sei, wie er sagte. Aber e» war ihm verboten worden, un» austreten zu lasten. Ich mag nicht schildern, wa» nun un» zu tun allein übrig blieb, um unsere Notdurft zu befriedigen. — Der Dunst um un» war allmählich so stickig geworden, daß sich jeder nach dem Fensterchen drängte, um frische Luft zu bekommen. Ab und zu verrieten un» klatschend« Ohrfeig«» und da» Schelten der Offizier« da» Herannah«n neurr Leidtnsgenoffen. Die Stunden der Nacht verriet«» un» «in« Ewigk«it. Al» der erst« Sonntnstrahl in unsrr v«r- li«ß schirn, fahr« wir «rst, wi« zerschunden wir waren. Später kam d«r Elsässer herein^ und jed«»mal durften zwei herau»tr«t«n. Al» wir zurückkehrten, schreckten wir unwillkürlich zurück, so schlecht war dl« Luft, die un» entgegrnschlug. Um 8 Uhr kam ein Offizier und fragte nach dem Schüler mit der Schülermütze. Ich zog st« au» meiner Jack«, unter d«r ich sie verborgen hatte, hervor. Noch ein Fußtritt, und ich befand mich in der Freiheit. Zu Hause hatte man sich nicht geringe Sorge gemacht. Mein Vater erzählte mir, daß er noch am Abend mit meinem Ausweis aus der Wache gewesen sei, man hatte ihn aber schroff abgrwiesen, ja, als er den Ausweis vor- zeigte, hatte man ihn ihm au» der Hand geschlagen. Heut« erfuhr ich, daß di« Angehörigen d«S erwähnten Polizei- Leamten noch nicht einmal wußten, wo dieser sich befind«. Photographen geworden, und die englischen Leitungen beeilen sich, dir .reformierten Kellnerinnen" ihren Leser« bildlich vorzusühren. „Zahlhochseiten.« Vater sein ist schwer, sagt Wilhelm Busch; HochzeitSvater noch mehr. Welche Riesin- summen verschlingt heut« rin Hochzeitsmahl! Daß Hoch- zritSmähl« aber auch früher schon teuer, sehr teuer sein konnten, zeigt der Bericht einer alten Chronik au» dem Nürnberg zu Anfang de» vorigen Jahrhundert». Da kostete pro Person «in Hochzeitsgedeck 8 bi» IS Guldm, ein« Summe, die schon damals ganz außerordentlich hoch war — sie entspricht heute 272 000 bi» 610000 Mark pro Person —, und dazu kamen noch sehr viele diesem Satz entsprechend« Nebenausgabe». Schuld daran trug ein wohllöbltcher Magistrat, der, natürlich gegen bedeutende Abgaben, alle Hochzeitsgasterrien einem ein- zigen Wirt übertragen hatte, dem Wirt am Schießgraben, und der preßte nun heraus, was er konnte. Mancher Bürger seufzte schwer unter dieser Last — sie siel übrigen» dem Bräutigam und nicht, wie Heutes der Braut, b«. ziehungswrtse dem Brautvater zu — und so bildete sich nun, gewtssermaßen zum Ausgleich, die Sitte aus, dem Brampaare kostbare Geschenk« zu machen. Auf dies« Weis« war dann aber erreicht, daß «igrntlich all« Teil« «ine Hochzeit verwünschten. Da führt« sich nach und nach «in praktischer Ausweg ein — de „Zahlhgchzeit", da» heißt, der Gast bezahlte srine Zech« selbst und gab dafür kein Hochzeitsgeschenk. Auf den Einladung«» war schon b«- merkt, ob es sich um eine Zahlhochzeit handelt oder nicht, im ersteren Fall« war gleich der Prri» angegeben. (Sollte sich diese Einrichtung nicht auch für di« Geg«n- wart empfrhl«n?) Die japanischen 11 Gebote der Braut. An ihrem Hochzeitstage erhält die Japanerin 11 Gebote, die ihr von ihrer Mutier feierlich eingeprägt werden und die sie unoerbrüchlich befolgen muß, um rin« glückliche Ehe zu führen. Die Verhaltungsmaßregeln haben sich seit Jahrhunderten von Geschlecht zu Geschlecht vererbt und werden noch heute von allen japanischen Ehefrauen beherzigt, die der alten Ueberlieserung treu bleiben. Diese 11 Gebote der Mutter an die Braut lauten: 1. In dem Augenblick, wo Du vrrheiraM bist, bist Du nicht länger meine Tochter. Deshalb mußt Du nun Deinen Schwiegereltern ebenso gehorchen, wie Du bisher Vater und Mutter gehorcht hast. 2. Wenn Du verheiratet bist, so wird Dein Mann Dein einziger Herr sein. Sei gefügig und btscheiden gegen ihn. 3. Gehorsam gegen den Gatten ist dis edelste Tu- gend der Frau. 4 Denke stet» daran, daß Du zu Deiner Schwie germutter freundlich sein mußt. 5. Sei niemals eifersüchtig. Eifersucht wird die Lieb« Deine» Mannes zu Dir Löten. 6. Werde niemals zornig, selbst wenn Dein Mann Dir Unrecht tut, und wenn er sich beruhigt hat, sprich freundlich zu ihm. 7. Red« nicht viel. Sage nie etwas Ueble» von Deinen Nachbarn Lüge nie. 8. Befrage niemals Wahrsager. 9. Sei sparsam in Deinem Haushalt und verwende auf ihn dir größte Sorgfalt. 10. Prahle niemals mit dem Rang oder dem Reich tum Deine» Mannes. Erwähne niemal» den eigenen Reichtum in Gegenwart der Verwandten Deine» Mannes. 11. Wühl« Dir Deine Gesellschaft nicht unter zu jung«» Menschen, auch wenn Du selbst jung bist. Sei stets sauber und be'cheiden ungezogen. Trage niemals Gewänder in zu leuchtenden Farben. Allerlei n— Kellnerinnen in Hosen. In einem Augenblick, wo man in Deutschland üo«r eine Reform der Kellner- kletdung nachdenkt, wo man den kaum noch erschwing lichen Frack durch eine weniger kostspielige, aber um so praktischere Zioiluniform ersetzen möchte, in diesem Augen blick hat ein Londoner Warenhaus seinen Kellnerinnen im Erfrischungsraum «i.l anderes Aussehen gegeben. Die jungen Damen laufen seit einigen Tagen in lang«» wtißen Hosen mit breiten, dunklen Biesen zwischen d«n Tischreihen herum und sehen, wie die englischen Blätter vrrfichern, überaus f«fch aus. Zu den weißen Betnklei- bern tragen sie dunkelblaue, faltige Leinenjacken mit weißen Manschetten. Die Jacken reichen Lis ziemlich zu den Knie» und fallen wie weite Röckchen auseinander. Den Hals schmückt ein breiter, weißer Ktnderkragen mit -einer wallenden Künstlerkrawattr. Als Kopfbedeckung ist eine weiße, schirmlose Küchenmütze gewählt worden, die Pch die Damen sehr verwegen über die Frisur stülpen. Unter dem Rand lassen st« kokett di« Löckchen heraus- hängen. Die neue Tracht, zu der Spangenschuhe mit hohen Absätzen getragen werden, ist da» Objekt zahlreicher Humor. Die Stenotypistin. Di« „N. B Z." bringt folgende heitere Glosse: „Warum habe» Sie das so gemacht?" sagt« der Ches zur Stenotypistin. „Ich dachte ", sagte das Fräulein. „Sie sollen nicht denken, Fräulein", brach der Chef los, „ich verbitte mir. daß St« denken, verstehen Sie? Ich verlang«, daß St« da» wortwörtlich nied«rschr«tbrn, wa» ich sage, und damit basta, verstan den?" Dann diktierte er weiter, und eine halb« Stunde später bekam rr von dem Fräulein folgenden Brief in der Unterschriftsmappe vorgelegt: „Sehr geehrte Firma! — Unerhört, daß man solche Leute noch mit geehrt an- reden muß. — Wir haben Ihren Stornierungsaufirag — Stornierung mit ir — erhalten, den Sie mit Ihrem Schreiben vom — sehen Sie im Briefe nach, welche» Datum, Fräulein --- also vom soundsovielten, mitgeteilt haben. Wenn Sie auch nach d«m abgeschlossenen Ver- trag — mein Kolleg« ist «in Ochse, daß er solche Verträgt abschließt — da» Recht zum Rücktritt haben, so möchten wir doch nicht verfehlen, darauf hinzuweisen, daß keine Aussicht aus eine Preissenkung besteht — da» wär« ja noch schöner, die wollen unsern Krempel halb geschenkt, nischt wie Aerger. Im Gegenteil glauben wir, daß auf Grund der ständig steigenden Frachten und Rohmateria lien — die faulen Köppe lesen wohl keine Zeitung, daß man ihnen da» noch euseinandersetzen muß — die Preis« demnächst schärfer anziehen werden. Um Ihnen aber zu beweisen, daß wir unserer alten Kundschaft zuliebe — Zustand von alt«: Kundschaft, di« ganze Firma existiert «rst seit einem Jahre — also wi« weit war ich, Fräulein — Kundschaft zuliebe an die Grenze de» Möglichen gehen, offerieren wir Ihnen hiermit nochmals di« War«n mit eintm Preisnachlaß von — na, auf was wilden di« denn anbeißen, 30 Prozent, nee, das ist zuviel, sagrn wir 20 Prozent — also schreiben Sie — 20 Prozmt und -2- -3-