Volltext Seite (XML)
Nr. 63 Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, oen 29 Mai 1923. Seite 2 (Kontrolle der Lebensmit Dresden. telläden und Preisprüfungsstelle) Die 8 der Kleinrentner. Dresden. («Dtp lomland wir!' und „aka- demtsch geprüfter Landwirt". Da» Kultus- Ministerium gibt in der Ltaatszeitung bekannt, daß nach der neuen am 18. April in Kraft getretenen Ord nung-sür di« Prüfungen in der Landwirtschaft und verwchidten Fächern an der Universität Leipzig den- jenigsn Landwirten, die die Diplomprüfung bestanden haben, der akademische Grad „Diplom-Landwirt" und den Landwirten, welche die Prüfung für praktische Landwirte bestanden haben, der Grad „akademisch ««- prüfter Landwirt* verliehen wird. Solchen Landwir« i re«, die schon früher di« obigen Prüfungen abgelegt Habens kann nachträglich die Berechtigung zur Füh rung dieser Bezeichnungen zuerkannt werden. Anträge find unter Einsendung einer Gebühr von 1000 Mark an die Prüfungskommission für Landwirte in Leipzig, Goethestraß« 6, zu richten. Unberechtigt« Führung der Heiden Grade ist nach ß 360 Nr. 8 de» Strafgesetz buch«» strafbar. j unter Anwendung »on Gewalt Lebensmittel ge holt haben. nit einwandfreiem Brote auch für die Zukunft »stellen. Bischofswerda. (Ein verlockendes Jnse- Hitfindel sich im hiesigen „Erzähler". Es lautet: !s 700000 Mark sofort zu leihen gesucht auf ein ;s Jahr. Rückzahlung ein 2'/, Zentner fettes »ein. Offerten usw. (Wenn da niemand anbetßt!) Gebäude. Bei d fielen mehrere S( Um die Schritte zu beraten, die getan werben müssen, diesem Unwesen «in Ende zu bestreiten, fand am Sonntag im Rathaus« eine Sitzung unter dem Vorsitz des Oberbürger meisters Blüher statt, an der auch Vertreter de» Polizeipräsidium» mit dem Prä-dentrn Mente und Vertreter der Drr»d- ner Geschäftswelt teilnahmen. Die Besprechungen im Rathause wurden am Montag fortgesetzt und da» Polizeipräsidium hat darauf folgende Bekanntmachung erlassen: „Die neuerlich er« folgte Steigerung der Lebensmittelprets« hat in ver- braucherkreisrn starke Erregung verursacht. Daß die fortschreitende Entwertung der Mark, namentlich bei ven von au»ländtschrn Rohstoffen abhängigen Waren, nicht ohne jede Nachwirkung auch auf die Prei»btldung bleiben kann, leuchtet «in, ebenso, daß der örtlich« Handel von den Lieferanten abhängig ist und daß «ine gewaltsame örtlich« Preisherabsetzung in kurzer Zeit die unentbehrlich« Zufuhr unterbinden und in erster Linie die Minderbemittelten schädigen würde. Die Lrganisationen de» Leben»mitt«lhandel» haben jedoch zugesagt, mit allen Mitteln darauf htnzuwtrken, daß jede durch die Verhältnisse nicht unbedingt ge botene Preissteigerung unterbleibt. Di« Pretsprüfung»- stelle und ihre Au»schüfle, sowie die zur Verfolgung de» Wucher» berufenen Stellen werden mit Energie jeder übertriebenen Preisforderung rntgrgintreten. Zur wirksameren Bekämpfung von Wucher wird die Re gierung um Errichtung von Marktstandgerichten ersucht. Für die Minderbemittelten werden namentlich mit Hilf« de» Leben»mitt«l- und sonstigen Handel« G«ld«r zum verbilligten Erwerb zur Verfügung gestellt werden. Da» nähere wird nach Vereinbarung mit den beteiligten Kreisen bekannt gemacht. In den letzten Tagen find zahlreiche Eingriff« in d«n Geschäftsverkehr unter« nommen worden. Auch ist der Gedanke eine» Käufer- tretks aufgetaucht, der aber da» Gegenteil der Wünsch« errrichtn würde E« wird dringend ersucht, die Ruhe zu bewahren und jede Störung de» Erwerbsleben» zu vermeiden, da sie letzten Ende» nur die Leben«. Mittelversorgung gefährden. Die Ordnungspolizet wird allen derartigen Störungen mit Aufgebot ihrer gesamten Kräfte nachdrücklich enlgegentreren." 500 Millionen Mark städtische Notstandsbeihilfe. Dresden. Der Rat zu Drerden schreibt uns: „Die Vorkommnisse der letzten Tage, die zu einer schweren Gefährdung der Lebensmittel Versorgung Dresdens zu führen drohen, haben den Rat heute mittag (Montas) zu einer Sondersitzung veranlaßt. Versuche dr« Oberbürgermeisters und de« Polizei- Präsidenten, heute vormittag im Rathause eine Ab. ordnung der Erwerbslosen von der Aussichtslosigkeit ihres Vorhaben» zu überzeugen, durch zwangsweise Unterbindung des geordneten Handelsverkehrs eine Preissenkung hrrbetzuführen, waren sehlgeschlagen. Der Rat beschloß, zugleich, um rin« weitrre Schädigung de» Wirtschaftsleben» zu v«rhüten, der wirtschaftlichen Notlage, in die besonder» di« mittrllosen Kreise der Bevölkerung durch die neu« Tenerungswell« geraten sind, durch sofortig« Bereitstellung von Unterstützung»- mitteln Rechnung zu tragen und bewilligte unter Anerkennung der Dringlichkeit «in Berechnung«g«ld von 500 Millionen Mack zu Lasten de» Haushalt- plane« 1923 in der Erwartung, daß der Betrag durch Sammlung in den Kreisen des Handel», der Industrie und der Banken ganz oder teilweise gedeckt wird. Bereitschaft hierzu ist namentlich au« Handels« kreisen bereit« in einer heute vormittag im Rathaus« abg«halten«n B«spr«chung kundgrgebrn worden. Die bewilligten Mittel werden mit 200 Millionen Mark dem städtischen Fürsorgeamt mit 300 Millionen Mark dem Kriegssürsorgeamt und dem Ort«amt für Krtrger- fürsorge zugewiesen und von diesen in einmaligen Varbethilsev an die dort betreuten Notleidenden unter Berücksichtigung de« Familienstandes verteilt, sodaß sich bei etwa 50 000 Unterstützungsbedürftigen einmalige Unterstützung«beiträge von 10000 M pro Kopf ergeben. Weiter sanden Anträge au« der Mitte de« Rate« Annahme, wonach die Gtaat«regierung ersucht werden soll, bei der Reich«regi»rung unverzüglich für aus reichend« Erhöhung d«r ErwerbSlosenunterstützungssätz« mit Wirkung vom heutigen Tage und dafür rin- zutreten, daß diese Sätze den jeweiligen Besoldung»« änderungen für die Beamten angepaßt oder in ähn licher Weise gleitend gestaltet werden. Endlich beschloß der Rat, di« Rtgierung um Maßnahmrn zu ersuchen, damit di« Polizei ihrer Aufgabe, für Ruh« und Ord nung im öffrntlichen und Wirtschaftsleben zu sorgen, gerecht wird." Verschärfung de» Lage in Dresden. Blutige Zu- sammenftöfie zwischen polisei und Demonstranten. — Gestern Montag abend gegen 7 Uhr kam es in der Nähe des Hauptbahnhofes zu einem Zusam menstoß zwischen proletarischen Hundertschaften und der Polizei, wobei es auf beiden Seiten einige Ver letzte gab Die Hundertschaften zogen dann in mili tärischer Ordnung und im Gleichschritt nach dem in der Nähe des Pirnaischen Platzes gelegenen Polizei präsidium Die Kommunisten, zum Teil mit dicken DresSner ÄUMNgÄkMnAkationen. Dresden. Die Meldungen über d«n Aufruhr im Ruhrgebiet haben auch hier di« kömmunistts-L g«. ftnnten Kr«ise der Erwerbslosen und deren Anhang auf den Plan gerufen. Die gerade in den letzten Tagen fühlbar in die Erscheinung getretene Erhöhung der Lebensmittelprets« gab den Vorwand zu Demon strationen, die bereit« am Mittwoch einsetzten und wohl in der Einnahme der Markthalle am Anton«, platz ihren Höhepunkt erreichen sollten. Di« Polizei vrrhinderte jedoch überall durch ihr ruhige« aber en«rgische» Eingreifen größer« Störungen. Die De monstrationen fanden am Sonnabend bereit« in den Morgenstunden ihre Fortsetzung. Die Markthallen, Lebens- und Bedarfsmittelge- schäfte wurden blockiert und ihre Schliessung erswungen. Gemachte Einkäufe wurden den Käufern abgenommen und weitere Einkäufe verhindert, ohne daß die Polizei etngriff. Der Terror ist vollkommen. Die Geschäfte und teilweise auch die Restaurants haben geschloffen. Trupp» jugendlicher, verwegener Demonstranten durch, ziehen überall kontrollierend dauernd die Straßen. Er ist da« gleiche Bild, das sich bereits vor den Nooem- ber-UnruZen vorigen Jahre» bot, und es ist mit aller Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, daß die j«tzt noch ztemlich harmlosen Ansammlungen und Umzüge schließ lich doch wieder zu Zusammenstößen und Plünderungen führen werden. Ls wäre aber «in großer Irrtum, zu glauben, daß Erwerbslose die Führ«r dieser Bewegung seien. Die Drahtzieher fitzen ganz wo ander»; Minister präsident Zetgner wird sie genau kmnen, e» stad An« gehörige derselben Partei, die jetzt di« vielumworbene Stütze de« sächsischen Kabinett« bildet. Man kennt einzelne Persönlichkeiten, die auch heute wieder die unleugbar« Not der Er»«rb»lvs«n für ihr« agitatori schen und politischen Zweck« au»zub«ut«n suchen, von früher her, sie dirigieren die Mafien nach den Markt- hallen, den Hauptstraßen, den öffentlichen Gebäuden, und wenn da» von ihnen angesLürte Feuer Flammen schlägt, find sie plötzlich von der Bildfläche verschwunden. Auch während de» gestrigen Sonntags hat in Dre»den der Terror der Erwerbslosen und Kommunisten seine Fortsetzung gefunden. Zahlreiche Speisewirtschaften und Kaffees, die geöffnet halten, wurden mm Schliessen geswungen. Gestern, Montag früh, sind sämtliche Markthallen der Stadt von großen Menschenmengen umlagert und ebenfall« geschloffen. Lediglich die Brot verkaufenden Geschäfte durften teilweise den Verkauf von Brot auf rechterhatten. Alle übrigen, auch die Fleischerläden find geschloffen. Starke Polizeipatrouillrn zu Pferde, im Auto und zu Fuß durchziehen die Straß«n und verhindern Plünderung«», zu denen e« bisher nirgends gekommen ist. Gestern stattgefundene Verhandlungen find bis her ergebnislos verlaufen. E» best»ht die Absicht, die Schließung der Geschäfte für eine längere Zett, wie verlautet, für etwa vier- zehn Tage durchzuhalten. In Maueranschlägen for- drrn die Kommunisten, unter der Bezeichnung Er- werbslosenrat, die Arbeiterschaft und proletarischen Hundertschaften aus, auf die Straße zu ziehen und zur Selbsthilfe zu greifen. Der Verkehr in den Straßen ist außerordentlich lebhaft. Bet «in«r Fort- dauer der Verhältnisse dürste die Not unter der Ein- wohnerschaft infolge Mangel an Lebensmitteln zu einer Katastrophe führen. Die in den Markthallen lagernden Gemüse und Nahrungsmittel sind dem Verderben ausgesetzt. Di« Erwerbslosen brabstchtigen sich mit den Gewerkschaften in Verbindung zu setzen, um die Proklamierung eines Generalstreik« zu er. Möglichen. Am Sonnabend sogen die Massen auch vor das Opernhaus, um die Aufführung von ,B»rt« Godunow, zu ver. hindern. Nach längeren Verhandlungen wurde ihnen bedeutet, daß st« mit dem zuständigen Ministerium verhandeln sollten. Die Opernverwaltung habe nicht» mit Preikbildungen zu tun. Weiter ist bekannt ge worden, daß einzeln« Trupp» auch Leipzig. (Ankunft von Ruhrkindern) Am Sonntag trafen 103 Ruhrkinder, die einen recht erholungsbedürftigen Eindruck machten, in Bad Lausick ein, wo sie im Bethlehem Stift des Leipziger Vereins für Innere Mission Ausnahme fanden. Leipzig. (Das Ziel der Kommunisten.) Ueder das Ziel der Kommunisten schreibt die sozial demokratische Volkszeitung u a.: „Die Stellung der Kommunisten zu den in Sachsen getroffenen Verein barungen ist eine wesentkich anders als in unserer Partei Während wir glaubten, trotz aller Mängel und Unklarheiten mit diesen Vereinbarungen einen Boden Zu schassen für ein gemeinsames Wirken im Interesse der Arbeiterklasse und zur Anbahnung einer wirklichen Einheitsfront aller Arbeiter betrachten die Kommunisten die Vereinbarungen nur als Mittel zu dem Zweck, die Arbeiterklasse zu spalten. Allo: nicht Einheii-front, sondern Zertrümmerung der proletari schen Front durch Schwächung der proletarischen Massen- Organisationen, das ist das Ziel der Kommunisten. auf das Land in der Umgebung gesogen sind I und sich au» Gütern und bei kleinen Bauern zugearbeiteten Knitteln bewaffnet, umlagerten das dann erfolgenden Zusammenstoß i^ doch hat die Schutzmannschaft Nachrichtenstelle der Staafskanzlei schreibt: Das Wirt schaft-Ministerium macht darauf aufmerksam, daß Großx und Kleinhändlern, die den Beauftragten der Landespreisprüfungsstelle oder der örtlichen und Be zirhrftreieplüfungsstellen nicht jede verlangte Auskunft über Herkunft und Erstehungspreis über von ihnen in den Handel gebrachte Lebensmittel oder Waren des täglichen Bedarfs bereitwillig geben, die Eclaub- nftezum Handel wegen Unzuverlässigkeit sofort ent zogen werden wird. Das gleiche wird geschehen, wenn Beauftragte der Preisprüfungsstellen unhöflich oder gar ungebührlich von Händlern oder deren Ver- käufern behändelt wird. Die Preteprüfungsstellen werdrn angewiesen, in solchen Fällen das sofort der zuständigen Behörde zu melden Das Wirtschafts Ministerium beabsichtigt, rücksichtslos gegen diejenigen Handler und Verkäufer vorzugehen, die in dieser Zeit der Not sich nicht willig den im öffentlichen Ver- braucherinteresse liegenden Anordnungen fügen Das ""-ffchaftsministerium erwartet aber auch, daß gegen Ker und Geschäftsinhaber nicht in unbesonnener ungesetzlicher Weise verfahren wird. Dresden. (DerKartoffelpreis) Die Kar- pieisnotierungskommisson hat am 28. Mai einen Überpreis von 4400—4800 Mark für weiße, rote gelbfleischige Sorten notiert. . Meißen. (Tagung der sächsischenHaus- besitz er.) Am Sonnabend und Sonntag fand in Meißen die Tagung der sächsischen Hausbesitzer statt. Baumeister Schuemichen-Dresden sprach über das durch den Reichstag angenommene Mieterschutzgrsetz seine Entstehung. Baurat Ackermann > Leipzig Kaumeister Großmann Dresden verbreiteten sich die Durchführung des Reichsmietengesetzes in rn. Angenommen wurde folgende Entschließung: le 95 000 organisierten, sächsischen Hausbesitzer ucen in ihrem Widerstande gegen die Einsührung Mieterschutzgeletzer und werden sich auch den >AMEfsten Abwehrmaßnahmen des Zentralverbandes deutscher Haus- und Grunöbesitzeroereine anschließen. S. Die bisherige Durchführung des Reichsmietenge setzest widerspricht dem Zweck des Gesetzes, weil die GemsindebehSrden die Zuschläge zur Grundmiete nicht nach'den tatsächlichen, wirtschaftuchen Verhältnissen festgesetzt haben. Die sächsischen Hausbesitzer erwarten M» fordern, daß die sächsische Landesregierung ge- ste Abhilfe trifft und die Einhaltung des Z 3 leichsmietengesetzes durch die Gemeinden sicher Wird dieser Zustand nicht gewährt, so lehnen ichsijchen Haus, und Grundbesitzer alle Einzah- n, soweit sie nicht durch die Mieten gedeckt sind, »te öffentlichen Kassen einmütig ab. Si« fordern, alle Unterhaitungsarbeiten auf laufende Beträge mmen und nur ausnahmsweise solche als große MWandsetzungen bezeichnet werden, die das Gesetz zwingend vorschreibt. Sie lehnen die Aufnahme von Hypotheken für große Instandsetzungen ab, wenn sie nicht kurzfristig getilgt werden und für die Besitzer in bestimmter Frist verschwinden oder dem Friedens wtrte anzepaßt werben. Bei der fortschreitenden Verteuerung der Baukosten fordern die Hausbesitzer iWDsens von der Regierung und Brandversicherungs. Müller unbedingt sofortige Anpassung der Schäden- egusierung an die wirklichen Baukosten. 4. Die DMbesitzer Sachsens fordern von der Reichs- und iandesregierung, daß unverzüglich mit der Vorbe- eitllng zum Abbau der Wohnungszwangswirtschaft «gönnen werde, damit die freie Wirtschaft hemmungs- o- wieder «insetzen kann. Sie fordern dies umso mehr, als damit das Wohnungselend, die Arbeits losigkeit und die Notoerkäufe an das Ausland besei tigt werden Pirna. (Line „offene Hand" im vollsten Ginn« zeigten unsere Bürgerschützen Sei dem ditsmali gen althergrbrachten Pstngstschießen. Man spendete bet dem «chützensrühstück drr Bild« 300 000 Mark für dis Ruhrkämpfer und 200000 Mark für die Unter.