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Nc. 65. Pulsnitzrr Wochenblatt. — Sonnabend, ven 2. Juni 1923. Seite 2 schaftüch nicht Durchgrbildeten sehr rinleuchtrnd« Pro- pagavda für Real- oder Goldlöhne. Die Einführung solcher Löhne würde da) völlige Ende drr deutschen Mart Led-men. Dir Inflation würde in rasendim Tempo weitergchen und i« Kürze die heute noch br- stehende innere Valuta auf den Stand drr äußeren Valuta und darüber hinaus treiben. Er wäre also da» Gegenteil de» Zwecke» erreicht und die Teuerung verwehrt, anstatt daß fie ausgeglichen werde. Dafür würde aber der an sich schon Schwierigkeiten kämpfende deutsche Außenhandel vollkommen zum Er liegen kommen, waS die völlige wirtschaftliche Kata strophe mit allen chren fürchterlichen Folgen, wie Rohstoffmangel, Arbeiterentlassungen und «rbettrlosen- krawallen größten Aukmaß yerdtisühren müßt;. Da» Problem ist innerwirtschaftlich allein über« Haupt nicht zu lösen. Die Teuerungswelle kann nur durch eine Stabilisierung der Mark abgedroffelt werdm Voraussetzung für diese ist die Regelung der Repara. tionrfrage und die damit verbunden« Wiederherstellung der wirtschaftlichen und politischen Freiheit Deutsch lands. Zugleich damit müssen innerwirtschaftlich di« Reformen rückfichrslor durchgeführt werden, dir in der ReparationSnote des Kabinetts Wirth vom 14 No vember 1922 angekündigt und vom Rrichkmrband der deutschen Industrie in seinem Gutachten an de« Reichskanzler Cuno erneut als notwendig bezeichnet worden find. Die stabilisierte Mark macht die deutsche Industrie, au« der der überwiegende Teil de« deutschen Volkes seine Ex sten-Mittel brzirht, auf dem Ausland» mark konkurrenzunfähig und führt infolgedessen eine Absatzkris« herbei, dir nur dann zu vermeiden ist, wenn die deutsch« Produktion wieder,zur Frieden-höhe ge steigert wird, d. h. wenn «!ne Jntrnstvtrrung der Ar beit unter Anspannung aller Kräfte erfolgt und wenn alle unproduktiven Kosten rücksichtslos ««»geschaltet werden. Auch wenn uns ein Gott endlich den außr ren Frieden geben würde, so werden wir arbeiten, arbeiten und nochmals arbeiten müssen, um un- zu nähren und am Leben zu erhalten. —— Oertliche und sächsische Angelegenheiten Pulsnitz. (Eoldnes Ehejubiläum.) Am 27. Mai durften dis in der SHloßstraße wohnenden Eheleute Brückner im Kreise ihrer Kinder und Kin- deskindsr das Fest der goldenen Hochzeit feiern. Das Jubelpaar wurde im Hause durch Herrn Pfarrer Schulze eingesegnet. Diese Liebe hat die beiden, lie ben Alten zur schönen Feier gegrüßt. Sir sind solcher helfender Liebe auch wert. Mag ihnen in dieser schweren Zeit ein sonniger Feierabend beschicden sein. Pulsnitz. (Goldene, silberneundgrüne Hochzeit aneinemTageineinerFamilie.) Dem allseitig wertgeschätzten und geachteten Ehepaar Branddirektor Reinhold Gude und Gemahlin ist es vergönnt, am heutigen Tage das Fest der golde- nen Hochzeit in voller Gesundheit und geistiger Frische im Kreise seiner Angehörigen feiern zu kön nen Am gleichen Tage feiert die Tochter des gol denen Jubelpaares mit ihrem Ehegsmahl, Herrn Justizinfpekior Kleinstück, Dresden, das Fest der sil Kernen Hochzeit, und wiederum feiert die Enkelin des Jubelpaares, Margarete Kleinstück, am heutigen Tage das Fest der grünen Hochzeit Dem goldenen und silbernen Jubelpaare, sowie den Neuvermählten Herz, lichen Glückwunsch! Pulsnitz. (Ehrung) Im Laufe des heuti- pen Vormittags fand namens der Stadt durch die Herren Bürgermeister Kannegießer und Stadtrat Beyer, letzterer als Dezernent des städtischen Feuer löschwesens, anläßlich des goldenen Ehejubiläums die feierliche Beglückwünschung des Jubilars, Herrn Rie^ mermeistsr Reinhold Gude, start, der als hochverdien« ter städtischer Branddirektor und alter treuer Bürger allseitig bekannt ist und geschätzt wird. Pulsnitz. (Deutsche» Leid an Rhein und Ruhr!") Urber diese» akuelle Thema wird nächsten Dienstag, abend» >/,8 Uhr im Saale de» Schützenhaufe» Herr Pfarrer Reifenratth au» Simmern (Hunsrück), der soeben au» französischer Gesanzenschaft emlassen und ausgewiesen worden ist, spreche». Da der Überschuß der Rahrhilfe zugedacht ist, verfehle nie mand, diesen gewiß sehr interessant stch gestaltenden Bortrag mit Lichtbildern zu besuchen. — (Das verbreitete Gerücht,) in der Sachs. Schweiz sei eine Schulklasse abgestürzt, beruht auf Unwahrheit. — (Toldankaufspreis.) Der Ankauf von Gold für das Reich durch die Reichsbank und Post erfolgt vom 4. d. M. ab bis auf weiteres zum Preise von 260000 Mark für ein Zwanzigmarkstück und 130000 Mark für ein Zehnmarkstück Für auslän dische Goldmünzen werden entsprechende Preise gezahlt. Der Ankauf von Reichssilbermünzen durch die Reichs- bank und Post erfolgt bis auf weiteres zum »000fachen Betrage des Nennwertes. — (AurgabevonöOO, Mark stücken.) Vom Rtich-finanzmintsterium wrrden in nächster Zeit veue SOO Markstück« in den Verkehr gebracht, die sich in ihrer Beschaffenheit den bereit» im Umlauf befindlichen SOO Markstücken anpasse» werden. Demnächst werden auch 1000 Markstücke in Umlauf gebracht. Di« neuen SOO Markstücke sollen nach und nach bis zu einer Ge samtsumwe von SO Milliarden auSgegrben werdrn. — (Da» Reichrfivanzwimstrrium gibt wohl das Hartgeld in den Verkehr, aber im Verkehr selbst merkt man nicht! davon.) — (DerBezugSpreis für Monat Juni) der Dresdner Blätter beträgt: D:e»duer Anzeiger 7500 M Dresdner Nachrichten 7000 M, Dresdner Neueste Nachrichten 6500 M, Dresdner Volkszeitung 6500 W — (Ungeheure Steigerung der Pa pi er preise) Vom 1. Juni ab ist der Preis für Zeitungsdruckpapier auf 25S0 Mark pro Kilogramm festgesetzt, während er für dis erste Hälfte des Mai noch 1550 Mark und für die zweite Hälfte Mai 1615 Mark betrug. Begründet wird diese enorme und in diesem Umfange nicht erwartete Steigerung um etwa 60 v. H. mit den neuen Zellstofspre-sen. Für Zellstoff muß ausländisches Holz bezogen wer- den, was natürlich bei der Entwertung der Mark zurzeit riesige Summen beansprucht. Dazu kommt noch die Preiserhöhung für Kohls und die Stei gerung der Frachten, sowie dec Löhne. Für den ( Waggon Papier müssen also jetzt 25'/, Million Mark gegenüber 16 Millionen Mark im Monat Mai be zahlt werden. Dieser neue Papierprsis wird natür lich auch für die Presse neue Verteuerungen zur Folge haben müssen. — (Ruhsstandsoezüge) Infolge Erhöhung des Versorgungezuschlags zum Wariegeld, Ruhegehalt und Witwengeld, des Ausgleichszuschlags zur Kmder- beihilse, der EhefrauenbeihUfs und des örtlichen Son derzuschlags, sowie infolge Erweiterung des Kreises derjenigen Orts, für dis örtlicher Sondsrzuschlag ge währt wird, erhöhen sich ab 1. Mai und ab 1. Juni die Versorgungsgebührnisse der im Ruhestande bs sindlichen Staatsdeamten, Geistlichen (diese, soweit sie im Staatsdienst angestellt waren) und Lehrsr sowie ihrer Hinterbliebenen. Der auf dis Monate April und Mai entfallende Nüchtragszahlung wird den Versorgungsberechtigten voraussichtlich gegen Mitte Juni, und zwar zugleich mit den Esbührnissen für Juli überwiesen werden. — (Auskunft über die Einstellungs bedingungen in die Landespolizeischuie Meißen) erteilen die Landgendarmeriebeamten der Amtshauptmannschaft Kamenz. Bei ihnen können Merkblätter, die diese Bedingungen im einzelnen ent- holten, unentgeltlich entnommen werden. — (Der Preis einer Bahnsteigkarte) ist vom 1. Juni ab au? 200 M festgesetzt. — (O öffentliche Sitzung der Bezirks. Versammlung) findet Sonnabend,, den 9 Juni im Sitzungssaal« des Rathauses zu Kamenz statt. Di« Tagesordnung hängt im Dienstgebände der Amtshauptmannschaft aus. Kamenz. (Zum Leiter der hiesigen Handelsschule) wurde vom Handelsschulausschuß mit Genehmigung des WirtschastsmimsteriumS Herr Oberlehrer Richard Hirche gewählt. Dresden. (Die Vorberatung der Ge. meindsrsform-Aorlage) Am 4 Juni nimmt dec vom Landtag eingesetzte Sonderausschuß zur Bs- ratung der Vorlage über die Gemeindereform seine Arbeiten auf. Dresden. (Therese Malte ns 50jähri. gev Bühnenjubiläum) Die Kammersängerin Therese Malten wird am 18 Juni das Jubiläum ihrer 50jährigen Zugehörigkeit zur Dresdner Oper feiern. Am Sonntag, den 17. Juni wird die Jubi larin der Aufführung der ^Walküre" in der Oper als Ehrengast beiwohnen. Dresden. (Die Erd Seer ernte in drr Lößnitz) hat am Ende voriger Woche begonnen. Die sogenannte E-dbeerenbörse, di« seit Jahrzehnten im Karten de» Bahnhof»-Hotel in KötzschenSrova abze- halten wurde, ist in diesem Jahre nicht wieder auf. gelebt. Gegenwärtig haben sich die Großhändler aus verschiedene Stellen in der Nähe der Lößnitzöerge ver- teilt. Zur Zeit gelangt die aromatische kleine verg- Seere zum Versand. Die größeren Sorten werden erst in etwa vierzehn Tagen herangereift sein. Die ersten Liter-Erdbeerta wurden mit 16 000 bi» 17 000 Mark bezahlt. Kenner rechnen mit einer guten Mittelernte. Löbau. (Kein Tanzbetrieb mehr) Im Bezirke der hiesigen Amtshauptmannschaft haben 3S Säle den Tanzbetrieb geschlossen. Zwickau. (Ein Fleischerabwehrstreik.) Wegen zu hoher Viehpreise wurde am Montag vor mittag der hi^igs Viehmarkt geschlossen Dann fan den Verhandlungen zwischen Viehhändlern und Flei schern sowie Feststellungen der Prüfungsausschüsse statt, dis dazu führten, daß noch am Mittag der regelmäßige Viehmarkt wieder ausgenommen werden konnte. Leipzig. (Reichs-Ausstellung für Ko- lonialwarenund Lebensmittel) Der Reichs, verband Deutscher Kolonialwaren und Lebensmittel- Händler e. V. wird im Anschluß an seine diesjährige Hauptversammlung vom 4. bis 10 August in Leip- zig eine Reichsausstellung für Kolonialwaren und Lebensmittel auf dem städtischen Ausstellungsgeländr am Völkscschlachtdenkmal veranstalten Leipzig. (Eins Warnung an die Ar beiter.) Das Grwerkschaftskartell Leipzig und der Bezirksvorstand der V2PD in Leipzig erlassen eine Warnung an die Arbeiter, sich nicht provozieren zu lassen, in der es u. a. heißt: In dem besktzten Gebiet ist eine umfangreiche Streikbewegung ausgebrochen, die auf die unbesetzten Gebiete üoerzugreifen droht. In Dresden ist es bereits zu erheblichen Zusammen stößen gekommen. Durch Terrorakts versucht man die Arbeiter aus drn Betrieben herauszuholsn. Es sieht zu erwarten, daß auch im Leipziger Bezirk der artige Terrorakte geplant werden. Leipzig. (Schwere Gewitter über Leip« zig) Am Mittwoch abend gegen 7 Uhr gingen über Leipzig schwere Gewitter mit zeitweise sehr starken Regengüssen nieder und hielten bis in die 11 Abend stunde an Der Blitz schlug verschiedentlich ein; doch sind Unglücksfälle bisher nicht gemeldet. Das Fern sprechamt harte den Betrieb bis in die späten Nacht stunden eingestellt, daß sämtliche Ferngesprächs stun denlange Verzögerungen erfuhren Leipzig. (Erlebnisse eines Berliner Tischlermeisters.) Ein Berliner Tischlermeister, der geschäftlich nach Leipzig kam, wurde nach einer Zecherei von zwei Frauenspersonen um seine Hand Lasche mit Geld und Ausweispapieren sowie mehreren Schmuckgegenständen im Gesamtwerte oon etwa sechs Millionen Mark bestohlen.. Teuerungs-Anruhen. Billige Unruhen in Bautzen. Nm Mittwoch nachmittag versammelte sich vor dem Rathaus? ein Trupp Erwerbsloser, um dem Rat« Forderungen zu unterbreiten. Da» Rathaus blieb je doch geschlossen. Darauf bildet« fich rin Zug, drr sich unter drm Gesänge der Internationale durch di« Stra ßen zog. Einzelne Case« und Restaurants wurdrn zur Schließung gezwungen. Ruh-stömngen sind aber nicht oorgekommen. Am 31. Mat in der 8. Abend stunde ist e» zu einem bedauerlichen Zusammenstoß gekommen. Dir Demonstranten, stellten die Forde rung aus Entfernung drr Gendarmerie. Als die Gen darmerie au§zog, um eine Gastwirtschaft vor Demolie rungen zu schützen, kam es zu Zusammenstößen, bei denen die Gendarmerie von Len Gummiknüppeln Ge brauch machte. Di« Menge zog dann vor da» Poli- z-igeSäuhe, va» fie umlagerte. Durch die Fenstrr wurde mit Knüppeln und Steinen geworfen. Polizeibeamte versuchten den Platz Zu räumen, worauf au» den Rei hen der Demonstranten einzelne Schüss« fi-len. Daraus matzten die Pülizeibeawten von ihren Schußwaffen Gebrauch. Zuerst gaben fie Schreckschüsse ab, hinterher wurde schar? geschossen. Um 11 Uhr war der Platz geräumt. Durch di« Schüsse ist eine Frau getötet und rin Mann durch einen Kopfschuß verl-tzt worden, an dessen Folgen er im KrankenhaMr gestorben ist. Außerdem find 5 Schwerverletzte zu verzeichnen. Ver treter der Gewerkschaften und der sozialdemokratischen Partei bemühen sich, d.e Ruhr und Ordnung wieder herzustellen. Gestern herrschte in der Stadt vollständig Ruhe. Die Stadtverwaltung hat eine der Hnuptbe- dingmrgsrr der Demonstranten erfüllt und dis heran- gezogene Landgendarmsrtr wieder «nllassen. Zn Löbau fand am Donnrrktag mittag eine Tsutrungsdemon- stration statt. Die Betriebe wurden um 11 Uhr ge schlossen und die Arbeiter versammelten stch vor dem Rathau». Parteisekretär Richter hielt ein« Anspruch« und verla» von der GewerksHuft»leUung ausgestellte Forderungen. Reber diese ist am Freitag mit den Vertretern der Industrie, de» Kleinhandel» und der Landwirtschaft verhandelt worden Nach Annahme der Forderungen durch dir Demonstranten zerstreute sich die Mengs. Politische Rundschau Deutsches Reich. Berlin, 1. Juni. (Um die Ausstellung eines gemeinsamen französisch - belgi schen Programms.) Wie au» Pari» gemeldet wird, verlautet in dortigen politischen Kreisen, Belgien hab« seiner Forderung eine» beschleunigten Meinung»' au»tausche» mit Frankreich über die AuSarbettuns sine» gemeinsamen Reparationsprogramm» dadurch Nachdruck verliehen, Laß e» im Falle weiteren sranzö' fischen Zauderns mit Zurückziehung seiner Truppen au» dem-Ruhrgebiee gedroht habe. Berlin, 2. Juni. (Der M 2 r. Ind«x) 3^ Lause dr» vergangenen Monate» hat fich eine sprung hafte Verteuerung aller Lebensbedürfnisse vollzogen- Die Wochenmeßziffer einer vielköpfigen Arbeiterfamilie stieg nach den Berechnung«! der Industrie- und Handelkzettung von 3257 in der ersten Maiwoch« am 3474, d. h. um »,L«/., in der zweiten auf 3<S0 (7.» in der dritten auf 4236, einer nochmaligen Verteuerung um 13»/, entsprechend, und in der Schlußwoche de» Mai mit einem Stand» von 4942 um 17,8«/». Der Teu»rung»index der Industrie- und Handelszettuu»