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Nr. 6:. Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnabend, den 26 Mai 1923 seit« 2. Glauchau, Marienberg, Stollberg, Dippoldiswalde (l—HI), Freiberg, Pirna, Sebnitz, Pegau, Döbeln, Grimma, Oschatz sl-Nl), Rochlitz, Oelsnitz im Vogt- lande, Mylau und Zwickau-Schedewitz zu Kommissar bezirken umgewandelt. — (Auch 1000-Markstücks) wird dem nächst das Rekchsfinanzministerium in Umlauf brrn gen. Die neuen 500 Markstücke sollen noch und nach bis zu einer Gesamtsumme von 90 Milliarden aus- gegeben werden. Das Michrfinar Ministerium gibt wohl das Hartgeld in den Verkehr, aber im Verkehr selbst merkt man nichts davon. Wir werden von den neuen 500 - Markstücken auch nicht viel zu sehen bekommen. — (Mütterbera tung.) Die Mütterberatung in Oberstei na finBet am Freitag, den 1. Juni, nachmittag Uhc in der Schule statt. Arzt wird anwesend sein. Ohorn. <6. öffentliche Semeinderats- sitzung.) Zunächst wird eine Ergänzungswahl für den Erwerbslosen Ausschuß vorgenommen. Gewählt «erden von den Arbeitgebern die Herren Emil Schäfer und Ingenieur Hermann und von den Arbeitneh mern Herr Paul Berndt. Dann werden elektrische Angelegenheiten und die Versorgung der Gemeinde mit Kohlen besprochen. Die Aufstellung der Bedarfs- listen und die Verteilung der Kohlen werden wieder in die bewährten Hände des Herrn Emil Haufe ge legt. Der Zentner Kohlen kostet heute am Kohlen amt Pulsnitz 5470 M; dazu kommen die Unkosten von Pulsnitz bis an die Verteilungsstellen im Orts. Die Gemeinde erhält in den nächsten Tagen einen Waggon Brennholz nach Pulsnitz. Der rm dürfte sich ob Pulsnitz auf ungefähr 40000 M stellen. Da inbezug auf die Belieferung mit Brennholz unser Forstamt an d*r Grenze seiner Leistungsfähigkeit an- gelangt ist, kann nur geraten werden, sich die bei der großen Geldentwertung immerhin günstige Ge legenheit zunutze zu machen. Als Gemeindezuschlag zur Wohnungsbauabgabe werden die höchsten Sätze von 1000 °/o Zuschlag auf Wohnräume und von 2000'«/, Zuschlag auf gewervlichs Räume mit 10 gegen 7 Stimmen Mehrheit angenommen Auf Grund der Bestimmungen des Reichsmietengesetzes werden wirtschaftlich Schwachen im Bedarfsfälle Mietzins, beihtlfen aus Gemeindemitteln in Aussicht gestellt, verschiedene Differenzen an Wegen und Wegerändern hinsichtlich ihrer Grenzen und ihrer Nutzung werden dem Wegebauausschuß überwiesen. Zwei Wohnungs- fachen werden vom Wohnungsamt an das Mieteini gungsamt zurackgegeben. Bei Destnfektionskosten, von denen zwei Drittel die Gemeinde und ein Drittel der Betroffene tragen, kommt der tatsächliche Aus- wand und ein Stundenlohn von 1250 M in Anrech nvng Das Eewerbegericht, das Herr Negierungsrat Dr. Ritter in Kamenz so gut wie kostenlos verwaltet, bedarf nach dem Voranschlag zu 1923 rund 330000 M. Bon diesem Aufwand hat Ohorn reichlich 32 000 M oder 14 M auf die Person aufzubringen Nachdem noch ein Gesuch um Erlaß der Hundesteuer einstim mige Ablehnung gefunden, wurde die Oeffentlichkeit ausgeschlossen. Ohorn. (Dorf-Notgemeinschaft.) Nach einmonatlicher Pause konnte die Landwirtschaft vor Pfingsten je 10 Pfund Mehl und die Industrie je Z—4000 M an unsere etwa 50 Notleidenden verteilen. Der freiwillige Wohlfnhrtsausschuß selbst belieferte die Betreffenden mit 50 Pfund Fett und 8 Zentnern Kartoffeln. Mit Beiträgen bedachte uns die im Wohl tun immer an erster Stelle gestandene Vereinigung „Volksbühne" mit 13 605 M, der hilfsbereite „Jugend verein" mit 11000 M und eine brkannte Wohltäterin mit 50 000 M Unsere Notgemeinschaft braucht aber infolge der abermaligen Teuerungswelle weiter die kräftigste Unterstützung und wird in nächster Zeit den Opfersinn der Einwohner abermals in Anspruch neh men müssen. Ohorn. (Geflügelausstellung.) Inden Lagen vom 7.-9. Dezember d. I hält der Geflügel, züchterverband „Oberlausitz-West" seine III. Verbands schau verbunden mit der V. allgemeinen Geflügel und Kaninchenschau im großen Hellen Saale der ^König Albert-Eiche" ab. Die Prämiierung findet nach dem Bundessyftem statt Vier bewährte Preis richter haben bereits zugesagt. Kamenz. (Vandalen auf dem Hut- berge.) Der Hutberg, der im Mai wegen seiner blühenden Azaleen und Rhododendren von weit und breit besucht wird, weil diese wundervollen. Anlagen in Deutschland wohl einzig dastrhen, ist in der Nacht zum 2 Pfirrgstseiertag von auswärtigen jungen Bur schen schwer heimgesucht worden. Diese für Natur schönsten unempfänglichen jungen Leuts brachten es fertig, dis Anlagen in empörender Weise zu plün dern, sie rissen ganze Arme voll Blütensiräuße ab und warfen sie über die Kirchhofsmauer, auch wurde beobachtet, daß sie große Mengen der gestohlenen Llütenzweige mit dem Frühzuge nach auswärts ent führten. Kamenz. (EinaufsehenerregendesJn- serat) erließ die Bäcker-Innung Kamenz und Um gegend im Anzeigenteil des „Kamenzer Tageblattes." Die Innung gab bekannt, daß die Belieferung der Brotmarken mit dem Buchstaben V, die vom 20. d. M an Geltung haben, bis auf weiteres nicht er folgen kann. Als Grund wurde angegeben, daß der Kommunalverband mit der Mehrlieferung etwa 3 Monate rückständig sei und daß die Bäcker ihre freien Mchlbeltände zum Teil schon verbraucht hätten. Zu dieser Erklärung der Bäcker-Innung wird vom Kom munalverband Kamenz eins Gegenerklärung ver öffentlich, in der es u. a heißt: „Nach der am 22.Apri!von derGetreidestelle des Kommunalverbandes ausgestellten Bestandsberrchnung mußten sich bei den Kamenzer Bäckern in ihre Gesamtheit an diesem Tage noch 20420 Ic^ Kommunaloerbandsmshl be finden, d h. es waren den Bäckern im Laufe des gegenwärtigen Wirtschaftsjahres insgesamt 40420 KZ. Kommunaloerbandsmeh! mehr geliefert worden, als sie nach den von ihnen bei der Getreidestelle einge reichten Brotmarken verkauft hatten Eine restlose Nsubelieferung sämtlicher Bäcker von Kamenz war bis zum heutigen Tage deshalb noch nicht möglich, weil der Kommunalverband Getreide verwenden muß, das ihm von der Reichsgstreidsstelle von auswärts Zuge- wiesen wird. Trotz wiederholter telegrafischer und telefonischer Anforderungen in Berlin war eine ge wisse Pause in den Getreideeingängen singetrstsn, seit acht Tagen laufen aber dis Getreidewagen wieder regelmäßig bei den Vereinigten Mühlenwerken ein und ebenso wie alle übrigen Bäcker des Bezirks werden auch diejenigen der Stadt Kamenz im Laufe der kdmmendsn Woche dis ihnen zugswiesenen Mehl mengen zugerollt erhalten. Zuzugehsn ist, daß ein zelnen Bäckern seit einer Reihe von Monaten kein Mehl vom Kommunaloerband mehr geliefert worden ist, und zwar aus dem Grunde, weil sie mit der Bezahlung der Rechnungen, zum ersten Teil noch für Lieferungen des Jahres 1922 tm Rückstände sind. Der Kommunaloerband würde es nicht verantworten können, solche Bäcker, die Rechnungsbeträge von 400000 Mk, ja von mehr als 1'/, Millionen Mark monatelang unbeglichen lassen, weiterhin mit Kom munalverbandsmehl zu beliefern. Es wäre dis Pflicht der Innung gewesen, wenn sie glaubt, berechtigte Beschwerden über dis Maßnahmen des Kommunal- verbandes erheben zu können, sich zunächst an dis für die Leitung verantwortliche Person zu wenden, ehe sie ein Inserat an die Oeffentlichkeit brachte." Dresden. (500MarkfüreineStraßsn. bahnfahr t.) Die BerwalEng der Städtischen Straßenbahn folgt dem Beispiele der Großen Straßen bahn in Leipzig und erhöht vom 1. Juni ad. die Preiss für eins Straßenbahnfahrt von jetzt 300 auf künftig 500 Mark. Dresden. (Wiener Sänger in Dres- d e n.) Am Mittwoch mittag trafen von Wien, über Passau kommend, etwa 320 Mitglieder der deutschen Volksgesangvereine au« Wien und Umgebung in Dresden ein. Sie wurden auf dem Hauptbahnhofs von Vertretern der Dresdner Sängerbünde herzlich willkommen geheißen. Um IV- Uhr fand im Neuen Rathause ein Empfang der österreichischen vänger und Sängerinneu statt, dis der Oberbürgermeister Blüher namens der Stadt Dresden begrüßte. Den Dank der Wiener Gäste sprach in temperamentvollen, zu Herzen gehenden Worten der Rechtsanwalt Bern hard aus Wien aus. Hieran schloß sich e n Früh stück im Festsaale des Rathauses, wobei der Minister präsident Dr. Zeigner im Namen der sächsischen Staatsregierung die Wiener Sänger begrüßte. Er führte u. a. aus, Deutschland könne nie vergessen, daß das österreichische Volk nur denkbar sei als ein Teil des ganzen deutschen Vaterlandes. Was Deutschland jetzt durchmache, gehe nicht um den Bestand des Rei ches, sondern um das Schicksal Europas. Zum Schlüsse lud der Ministerpräsident dis österreichischen Gäste zu einer Besichtigung der Dresdner Kunstsammlungen ein. Der Vorsitzende der Volksgssangvereine Hofrat Kronfuß erwiderte mit herzlichen Dankesworten Bei dem Empfang im Rathause, der sich zu einer großen Verbrüderungskundgebung gestaltete, waren außer Vertretern der staatlichen und städtischen Behörden auch der österreichische Generalkonsul und die Vor standsmitglieder des Deutschösterreichischen Hilfsvsreins zugegen Abends fand im Gewerbehause ein großes Konzert unter der Leitung des Chormeistsrs Kar! Lieblsiter statt, in dessem Mittelpunkt das deuischöster- reichifche Volkslied stand Am Donnerstag früh er folgte die Weiterfahrt nach Breslau. Die Wiener Sänger und Sängerinnen beabsichtigen, von dort aus über Berlin eine Deutschlandreise anzutreten. Dresden. (Ein kommunistischer An trag.) Ein Antrag der kommunistischen Landtags- fraktion verlangt zinsfreie Darlehen an sächsische Konsumgenossenschaften jeder Art im lOfachen Betrage ihres eingezahlten Stammkapitals. Dresden. (Demonstrationen in der Markthalle.) Am Donnerstag vormittag sammel ten sich in der Nähe der Antonsmarkthalle, in der der Kleinverkauf stattfindet, größere Menschenmassen an. Einige drangen in die Markthalle ein und for derten vor allem Herabsetzung der Fett- und Fleisch preise. Um Zwischenfällen vorzubeugen, wurde die Markthalle geschlossen. Die Demonstranten zogen dann nach der Webergasse, wo bereits die meisten Läden gleichfalls geschlossen waren. Pega«. (Mtllionenwerte in Wiesen- grundstück sn.) Die Verpachtung von 32'/, Acker städtischer Wiesen hat insgesamt einen Ertrag »an 38'/, Millionen Mark ergeben. — (Zur Leipziger Elternratswahl.) Die Elternratswahl in Leipzig am 13. Mai dss. Js. erbrachte einen Sieg für dis Anhänger der christlichen Schule. Diese Tatsache versucht die linksstehende Presse durch eine auch in bürgerliche Blätter aufge nommene Notiz über das Wahlergebnis dadurch zu verschleiern, daß 391 Vertretern der weltlichen Schul« 378 Vertreter der Bekenntnisschule gegenüber gestellt werden. Die Zahl 378 betrifft aber lediglich die Sitze für die Listen der christlichen Elternvereine. Zu den Vertretern der Bekenntnisschule gehören aber auch die 26 gewährten Katholiken. So ergibt sich a« Sitzen für die Bekenntnisschule 378 evangelische und 26 katholische, d. h 404 insgesamt, denen insgesamt nur 395 Sitze für die weltliche Schule gsgenüberstehen. Ein Vergleich mit dem Vorjahre, wo die weltlich« Schule 428 Sitze, die christliche nur 395 hatte, läßt den großen Sieg für die christliche Schule klar er kennen. Freiberg. (In den Alpen tätlich ver unglückt) ist am Pfingstmontag nach einer Mel dung der Gendarmeriestation Earmisch der in Mün chen wohnende 30 Jahre alte Student und Bank beamte Walter Hertwig, Sohn des Oberjustizrats» Hertwig hterselbst. Hertwig ist am Kreuzeck abgestürzt. Wolkenstein. (Aus einer Pfingst fahrt in den Tod.) Am 1. Feiertag unternahmen drei Radfahrer aus Großolbersdorf eine Pfingstfahrt. Als sie bei Floßplatz die steile Straße hinabfuhren, verlor der eine die Gewalt über sein Rad und stürzte kopfüber in die Zschopau. Seine Kameraden ver suchten zwar, den Verunglückten zu retten, aber ohne Erfolg. Erst am anderen Tags wurde er von der Feuerwehr tot im Wasser aufgsfunden. Politische Rundschau Deutsche» Reich. Berlin, 25. Mai. (Tine Tagung deutsch nationaler Arbeiter.) Am nächsten Sonntag findet eine außerordentliche deutschnationale Arbeiter- tagung im großen Saale de» Krirgervereinshause» statt. Zwei deutschnational« Arbeiter au» dem Ruhr- gebiete werden zu Worte kommen. — (Dreißig «old Milliarden.) Um die Höh« de» deutschen Angebote» von 30 Milliarden zu veranschaulichen, dürft« folgende, vom deutschen RetchS- wtrtschastSminiftrrtum gefertigt« Zusammenstellung ge eignet sein: Eine Milliarde Soldmark macht auS: mehr als die Hälfte der Gesamteinnahmen des Deut schen Reicher im Jahre 192L (außer BetriebSoerwal- tungen). Fünf Sechstel der JahreSeinnchmm aus dem Eisenbahnverkehr, «in Drittel de» Werte» der Rohstoff- einfuhr im Jahr« 1S2L, «in Drittel de» Werte» der Fabrikataurfuhr im Jahre 1922, ein Viertel der Ge samtwertes der Ausfuhr im Jahre 1922, fünf Sechstel der Förderung an Steinkohlen im Jahre 1932, daS dreieinhalbfache der Werter der Kartoffelernte im Jahre 1322, dar einfache de? Wertes der Brotgrtreidr- srnt« im Jahre 1921, da» einfache der Kosten de» Neubauer von 250 000 Bierzimmerwohnungen oder 250000 Kleinwohnhäusern, etwa dat dreißigfach« der Sparkassenguthaden. Hamburg, 24. Mai. (Der Abschluß d«S dierjährigen DeutschentageS.) Trotz stürmi schen Rrgrn» hatten sich Tausende von Menschen gestern Nachmittag in Friedrichkruh am Trabe Bismarcks ein- gefunden, wo Bürgermeister Schröder Hamburg in kur zen Worten an den großen deutschen Staats- und VolrSmann gemahnte. Er faßte seine Ausführungen in dem alt«n Hanseatenspruch zusammen: .Wenn wt hebt tosammm stau — hett noch niemand uns wat dan!" Damit hatte der diesjährige Siroßdeutschentag sei» Ende erreicht. Frankreich. Paris, 25. Mai. (Belgirnim Einverneh men mit England.) Der neuen sranzöstsch-belgt- schen Aussprache steht man in den hiesigen politischen Kreisen nicht ohne Besorgnis entgegen, um so mehr, al» man befürcht««, daß die belgischen Minister außer de« bereits erwähnten Gegenständen in der Repara- tionSfrage auch die französische Rheinlandpolitik und im Zusammenhang damit die imperialistischen Pläne der französischen Schwerindustrie zur Sprache zu brin gen beadfichtigen. Die Vermutung, daß Belgien dabei im Einvernehmen mit der englischen Regierung han delt, gewinnt an Wahrscheinlichkeit durch die von ver schiedenen Blättern gemeldete ung«wöhnliche Aktivität der gegenwärtig zwischen London und Brüssel geführ ten Meinungsaustausches. Dem englischen Gesandten in Brüssel wird dabei eine besondere Rolle zugewi«sen. England. London, 24 Mai. (Rußland fügt sich-) Krassin hatte gestern Abend ein« Unterredung mit Lord Curzon und überreichte ihm die Antwort der russischen Sowjetregierung. Nach den lrtzten verichttn dürste die russische Note sämtliche strittigen Fordern»- gen der britischen Regierung annehmen, sodaß die Gefahr einer diplomatischen Bruche» für jitzt ver mieden erscheint.