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Nr. 85. Pulsnitzer Wochenblatt. Dienstag, den S. Mai 1923. Seite 2. — (Drr dir»jährige VerbandStag der Frtiwilligrn Feuerwehren im Bezirke Kamenz) findet voraussichtlich am 4, Juli in Ober- lMenau statt. Kleindittmannsdorf. (Unglück § fall) Durch unvorsichtig« Handhabung der Häckselmaschine geriet am 5. Mai mittags di« 17 Jahre alte Frieda Noack in Kleindittmannsdorf mit der rechten Hand unter die Messer der im Betriebe befindlichm Maschine. Der vom Bestellgang nach Pulsnitz zurückkrhrend« Lanh- briefträger Häse, welcher im Sanitättwefen (Kolonne Pulsnitz) ausgebildet ist, leistete durch Anlagen von Aderpreffr und Noivrrband die erst« Hilfe und sorgte für schnellste Urberführung nach dem TtadLkravkenhMS Pulsnitz, wo die Herren vr. weck Haufe, sowie vr. mech Schöne dem bedauernkwertM jungen Mädchen weitere ärztliche Hilf« leisteten Ohorn. (Dak 50jährige Jubiläum der Miltt 8 rvrreinS Ohorn) am 28,29, und 30 April hat einen glanzvollen Verlauf genommen. Dir Frier bestand am erstgenannten Lags in einem Konzert der Kapelle des i. Jäger > Bataillons Juf.-Rgt». Nr. 10, dessen Vorträge durch einen Prolog de» Kameraden Rossner und Lurch die Frstrrd- de§ Ehrenmitglieds Oberförster Rußig unterbrochen wurden. Im Verlaufs des Abends überbrachte ferner Geheimrat Dr. Gibherdt, Dresden, die Glückwünsche Le- KunderprästdmmS, weiter überreichte Brzirkkvorsteher Heine, Pulsnitz, 40 000 Mark als JubiläumSgabe der Brudervereine des Bezirks. Eins besondere Aufmerksamkeit wurde S noch lebenden Brreintgründern durch ihrs Ernennung zu Etzrenmitglirdern bereitet. Am Sonntag, 29. April, ^fand eine Feier am Kriegerdenkmal und WaldgoMs- dienst, Sei dem Pfarrer Ehrler die Festpredigt hielt, statt. Mit einer Tanzfrstlichkeit am Montag abend nahm dann die Frier ihren Abschluß. — (Tagung des Einzelhandels.) Wie wir aus Kreisen dr- Handels und Gewerbes erfahren, findet am Sonntag, den 10. Juni, in Bautzen auch in diesem Jahre eine Tagung des ostsächflschen Einzel Handels statt, anläßlich wiederum namhafte Vertreter d«S Kleinhandels und Gewerbes über dessen gegen wärtige Lage und ZukunftSauSblicke da» Wort ergreifen «erden und zu der ebenfalls alle in Betracht kommen den behördlichen Organe sowie die PreirprüfungSstellen besonders eingeladen werden sollen. Näheres hierüber wird in den kommenden Tagen veröffentlicht. Elstra. (Erholung? heim.) Seit 1. Mar ist seilens des Frauendank das Schloß Elstra wieder als Erholungsheim für Kriegsbeschädigte, Witwen und .Hinterbliebene in Betrieb genommen worden — Schweres Autounglück.) Am Sonn abend nachmittag gegen 4'/, Uhr fuhr der mit fünf Personen besetzte Kraftwagen des Theaterdirektors Heuer aus Bautzen in der Nähe der Haltestelle Zöb litz unweit LSbau beim Ausbiegen vor spielenden Kindern gegen einen Prellstein, wodurch drei Insassen, und zwar die Schauspieler Rudolf Pusch vom Pa lasttheater in Görlitz, Bach von demselben Theater und der Filmschauspieler Fernando aus Bantzm, herausgeschlsudert wurden Pusch war auf der Stelle tot. Fernando wurde schwer verletzt ins Löbauer Krankenhaus übergeführt, wo er inzwischen gestorben ist, während Bach mit leichteren Verletzungen davon kam. Der Besitzer des Kraftwagens, Direktor Heuer, und ein Fräulein Meininger aus Görlitz blieben un verletzt. tsä. Dresden. (G at t e n m o r d.) Am Sonn abend nachmittag wurde in einer Wohnung der Münzgasse ein schweres Verbrechen aufgedeckt Der dort wohnende 63 jährige Arbeiter Karl Krause lebte mit seiner 47 jährigen Ehefrau in unglücklicher Ehe. Besonders wegen eines bei dem Ehepaar wohnenden Kriegel kam es oft zu Streitigkeiten. Am Donners tag hörten dis Nachbarsleute besonders heftiges Strei ten und Gepolter. Dann wurde es auffallend still. Krause verließ am Donnerstag und Freitag mehr fach seins Wohnung, schaffte gefüllte Sacke weg, brachte auch Möbelstücks fort. Wie sich später heraus- stellte, hatte er verschiedene Gegenstände verkauft, um sich von deren Erlöse Alkohol zu kaufen. Einer Stu bennachbarin erklärte Krause auf deren Anfrage am Sonnabend nachmittag, seine Frau schlafe. Man be- nachrichtigte aber doch die Polizei, die am Nachmit tag in dis Wohnung eindrang. Man fand Frau Krauss scheinbar schlafend im Vette, wie sich heraus« stellte, war sie von ihrem Manne mit dem Veile er schlagen und dann ins Bett gelegt worden. Ms Krause heimkehrte, wurde er verhaftet. Dresden. (Eine jugendliche Lebens rette rin.) Am Freitag nachmittag bemerkte ein über die Friedrich August-Brücke gehendes etwa 17jähriges Mädchen, daß ein etwa 6 jähriges Mädchen in die ziemllich hochgehende Elbe gefallen war und vom Strome so tgetrieben wurde. Die Erwachsens eilte sofort dem Llüufer zu, sprang dem im Wasser trei benden Kinde nach und vermochte es zu retten Dresden. (Vergeßt die. Deutsche Not- gmeinschaft nicht.) Das Ministerium des Innern hat genehmigt, daß der Sächsische Landesausschuß der Deutschen Notgemeinschaft dis auf weiteres fort setzt. Es ist dringend zu wünschen, daß der in vielen Wohlfahrtspslegevezirken vorhandene Sammeleifer zum Wohle der Bedürftigen am Ori«, weiter anhält, zumal die Not der nur auf ganz dürftige Einkommen An gewiesene ins Unermsßltche gestiegen ist und die amt liche Wohlfahrtspflege dringend der Ergänzung durch die private Wohltätigkeit bedarf. Alle Sammelgelder dienen ohne Abzug örtlichen Unt-rftfltzungszwecken. Ihr WolMisr und Geldverdiener vergeßt deshalb neben der Ruhrhilfe die Deutsche Noigcmemschsft nicht, die berufen» ist, dis bitterste Not lindern zu helfen Spenden nehmen insbesondere die Wohl fahrtsämter in den Städten und bei den Amtshaupt- Mannschaften sowie alle TZmerndsbehörden entgegen. Dresden. (Der Muttertag) Der Plan, dir Mutter jeden zweitm SarmLmZ drS Mai, also dieses Jahr am 18. Mai, Wie seit Jahren in Amerika, jetzt auch in ganz Deutschland besonders Zu ehren, nimmt nunmehr feste Gestalt an. Die Blume, die jeder — der Erwachsene, wie das Kins — an diesem Tag« zu Ehren der Mutter tragen, soll, ist ganz Sslftbig zu wähle.r. Es können auch Feld- und Wiesenblumen sei». Nur find farbige Blumen zur Ehrung der noch lebenden, weiße zum Gedächtnis der toten Mutter vor- gesHrieben. Auch di« Müttergräber sollen mit Blumen geschmückt werden. Herrnhut. (Ein lustiger der Kei den zahlreichen Zuschauern protz? Müerkeit aus löste, spielte sich kürzlich mittags Punkt 12 Uhr vor dem hiesigen G-Amt üb. In langem -Zu^e wall fahrten bedächtigen Schrittes gegen 20 männliche Ge stalten, sämtlich angetan mit altväterlichen schwarzen Röcken, Zylinder, Regenschirm, Aktentasche und großer Brille, nach dem G-Amt und dort mit großer Um ständlichksit in dem Eingang einzeln verschwanden. Bei näherer Besichtigung erkannte man in den wür digen Herren die Studenten des hiesigen theologischen Seminare, dis sich bei einem ihrer musikalischen Um ZLgs in vergangener Woche etwa- verspätet hatten, mit dem Auge Les Gesetzes in Konflikt geraten wa ren und jetzt nach acht Tagen das ihnen zugestellts Strafmandant in Höhe von 350 Mark bezahlen wollten Als sie sämtlich im Amtszimmer osrsammelt waren, erhoben vier der Angeklagten, äußerlich durch weiße Arm- und Halsbinden gekennzeichnet, gegen den Strafantrag Einspruch und dieser wurde nach erbrachtem Mibibewsis zurückgezogen. Die übrigen schritten dann zur Begleichung der Summe, indem sie aus ihren Aktentaschen Ein-/ Zwei- und Fünfmark scheine in wüstem Durcheinander auf den Tisch war fen. Nach Durchzählung des Geldes traten sie ihren Heimweg an, ohne daß es zu einem Zwischenfall ge kommen wäre. Pirua. (Tagung der Volksparte i) 3m Anschluß an das kürzlich in diesem Blatt erschienene kurze Referat über den Wahlkrsievertretertag in Pirna seien noch einige Zellen hinZugefügt. Außer dem bs- reits erwähnte» Redner, Erz. Dr. Heinze, Reichs- justizminister, sprachen noch der Z^ich?tagsabgeordnete Herr v Everling über: „Wie stehts mit der Kultur- frage, insbesondere mit dem Reicheschulgesetzfer ner die Herren Landtagsabgrordneter Dr. Kaiser über: Landespolitik und Politik der Landtagefraktion und schließlich Herr Dr Schneider über Wirtschafts- und Finanzpolitik. Sämtliche Redner brachten des Belehrenden und der Aufklärung dis Fülle und ga den uns ein treffliches Bild über ast' das Elend und alt' die Not im weiteren und engeren Vaterlande. Doch auch ein kleiner Hoffnungsstrahl auf evtl, bessere Zeiten, d h wenn das deutsche Volk will und sich einig zeigt, ließ sich ganz in der Ferne erspähen. Chemnitz. (Ein L i e be 2 d r a m a.) Im Haus- stur eines Hauses an der Zschopausr Straße hatte der 33 jährige, aus Triberg in Baden gebürtige In- genieur Werneth morgens einer ihm bekannten 23jäh rigen Stenotypistin aufgelausri. Als das Mädchen im Hausflur erschien, um in das Geschäft zu gehen, feuerte der von dem Mädchen abgewiesene Liebhaber einen Schuß ab, durch den das Mädchen schwer, ober nicht lebensgefährlich verletzt wurde. Der Täter ver übte danach Selbstmord, indem er sich mit einem Ra siermesser die Kehle durchschnitt. Leipzig (Jubiläum des Buchdrucker. Technikums.) Die Feier seines 25 jährigen Ve- srehens begeht am 19. Mai das von dem Buchdruckers! besitzer Julius Mäser in Leipzig begründete Techni kum für Buchdrucker. Das Jubiläum, Zu dem sich bereits eine große Anzahl ehemaliger Schüler ange- meldet haben, soll in einfachsten, drm Ernste der Zeit entsprechenden Formen ausgestaltet werden. Aue. (Die Feier ihres 300jährigen L?st«hrnS) beging dt« hiesige Fleischer-Innung durch «wen Festakt mit anschließender Bannerweihr. PölMsche R-mdsch , MM Deutsches Reich. — (In England hat die französisch- belgische Note keinerleigünstige Bsu «° tsilung gesunden.) Di« in drr Presse zum NuLdr ck kommend« öffrntliche Meinung Lrtont ganz entschied«», daß der Schritt PoiueareeS, drm sich B«l- gie» wohl Loch nur gezwungenermaßen anschloß, dis ohnehin schon zwischen de» Alliierten bestrhende schwis- rige Lage noch verschärft habe. Es ist ein offener Gehtimnir, daß von Seiten der Londoner Auswärtig«» Ämter große Anstrengung«» gemacht worden sind, Frankreich von einer überhasteten Beantwortung drr deutschen Vorschläge abzuyalten, um aus diese Weise wieder einmal einen Kollrktivschrttt der Entente zu ermöglichen. Ma» scheint sogar mit dem Gedanke» umzugehrn, Frankreichs Intransigenz dadurch zu be straft», daß man di« Frage: der Verschuldung Frank reichs an England und dir Bereinigten Staaten erneut vorbriugt. Dieser Gedanke in Lie Tat umgefetzt, köt-N-te allerdings auch für Deutschland höchst uner wünschte Folgen hüben. Zn welcher Form England nun semerfttts die deutsche Note beantworten wird, sicht noch nicht fest. Möglicherweise begnügt es sich einer einfachen Bestätigung und überläßt es den Verhandlungen des Ober- und Unterhauses, dis beide im Verläufe der Woche mit der Ruhrftag« zusammen- hängende BsratunLSgegenstände auf der Tagesordnung stchrn haben, de» Kommentar zu dieser Benachrichtigung zu geben. — (Die Sturmszenen im Preußischen Landtag), di« sogar dazu führten, daß die Krimi nalpolizei koAMUnisiisHe Abgeordnete zwangsweise aus drm Sitzungssaal entfernte und andere in Haft nahm, beweisen mit krasser Deutlichkeit, auf Welchem Grad des Niedergangs der Parlamentarismus in DeuksHlaud bereits angrlangt ist. Diese Vorgänge werden gerade dir begeisterten Anhänger des Katta- m-nLarirmus zwingen, Lieft Errungenschaft mit sol chen Schranken und Sicherungen zu versehen, daß nachher das schöne Wort wohl nicht mehr in Geltung bleibt, daß wir uns im bemokratischst regierten Land der Welt befanden. Für Deutschland ist das parla mentarische Regime wMichsr Prägung ohnedies «in Unding, und es hatte aus die Dauer wohl .nicht Ler Exzesse der Moskauer bedurft, um dem deutschen Volk und vor allem de» Preuß«» die Erkenntnis Seizu- bringrn, Laß dies«» Gischen! der Revolution nicht so einfach genossen wird, wie es LargebraHt wurde. Riel, 7. Mai. (Eine Rede Dr. Luthrrs in Kiel.) Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft Dr. Luther sprach am Sonnab-nd vor Vertretern aller Wirtschaftskreis« über dar Thema: „Deutschland und das Ruhrgebiet". Kn Rhein und Ruhr sei durch den passiven Widerstand et» Damm errichtet worden, damit die französische Sturmflut nicht das dahinter liegende Land zerstöre, und nun gilt e§ für da« ganz« deutsche Volk, den Kämpfern im Westen Hilse zu bringen. Der Kampf sei «ine LrbeuHsraNe für das ganze deutsche Volk, daS sich sei nen gerechten Verpflichtungen durchaus nicht entziehe. Frankreich. Paris, 6. Mat. (Die Antwort Frank reichs überreicht) Die französische Antwortnote an Deutschland, dir mit der belgischen wörtlich über ein stimmt, ist Sonntag abend 8 Uhr dem deutschen Geschäftsträger in Parts überreicht worden. Sie ist ein längeres Schriftstück in der Form eine» Antwort schreibens auf dir deutschen Vorschläge, Dir Note ist au-gefüllt mit einer ausführlichen Polemik gegen die deutschen Vorschläge, die abgelehnt werden, — (Höll ein in LerGewaltPoincares.) Der „Matin" schreibt: Der Kommunist Crchin und seine Mitangeklagten, die sich gegenwärtig im Sonic befinden, sollen heute vormittag in Freiheit gesetzt werden. Nur zwei der politischen Gefangenen (Gabriel Peri und Laporte), die wegen Aufreizung der Solda ten zum Ungehorsam angrllagt find, sowie der deutsche ReichstagSabgeordnete Höllein, werden nicht entlassen. — (Dieser Mann gehört an -den Gal gen.) Drr „Figaro- veröffentlich ein Interview, das ihm Dorten erteilt hatte. Dorten erklärte, daß Frank reich von Preußen nie etwas freiwillig bekomm«» werde. Prsußen denke daran, den Krieg wieder aus- zunehmen. Die Rheinland« seien fränkischen Ursprungs- Sie«seien schon einmal latinisiert gewesen, sie hätte» eine alte Tradition, die dem Deutschtum feindlich ge- si«nt sei. Die RrichiüMer drS Rheinland«-, wen» die Ruhr und Frankfurt mitgerkchnrt würden, wären im stande, allrin die Rrparattontschuld aufzubringen. England. London, 8, Mai. (Das Ergebnis des englischen Kabtnrtt-rate-.) Da? englische Kabinett hat am Montag unter dem Vorsitz Lord Cur zon- in mehrstündigen Beratungen den Konflikt mit Rußland und die deutsche Reparation-note eingehend besprochen. Der Schatzkanzler hatte einige Fragen tA Unterhaus! über die Stellung Eustland» zu den deut schen Vorschlägen mit der Mitteilung beantwortet, daß er am Dienstag im Unterhaus« eine Erklärung über di« Stellungnahme der englischen Regirrung abgeb«» werde. Unmittelbar nach Schluß des Ministerrates gab Reuter folgende halbamtlich« Information übel LaS Ergebnis der Beratungen bekannt: „Die englische Rrgftrung wird dem Beispiel Frankreich» folgen urid die deutsche Note in einer eigenen Note beantworte»- Diese Note ist dazu bestimmt, klar zu legen, daß das deutsche Angebot unbefriedigend und ungmüg-nd ifi- EZ wird trotzdem nicht auf einer Ablehnung besta»' Ls», sondern ms» wird d«n Versuch unternehme», Mit dieser Not« dis Eröffnung von Verhandlung«» zwischen Deutschland und Len Alliierten herSeizusübre». Deutscher Reichstag. Sitzung vom 5. Mai. Arbeiterrechtssragen. Der Reichstag setzte am Sonnabend die Aussprache bei* Reichsorbeitsminis-crium fort. Zunächst erledigte er einige kleb» Bo. mac» sozialpolüischeii und banktechnischen Charakters. So wurt< z. B. bestimmt, dab das Grundkapital einer Aktiengesellschaft min destens 5 Millionen Mark betragen muß. Der C>e>etzentwurf j»r