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DulsnitzerMchendlatt Sonnabend, 21. April 1923. 75 Jahrgang. HeUage zu Ur. 48. Staat und Kirche. Dresden. Der Haushaltansschnß des sächsischen Land tages behandelte am Mittwoch u. a. die Frage der staatlichen Leistungen an die evangelische Landeskirche. Hierzu lagen mehrere Petitionen des LandeSkonsistoriumS, des PsarrervcreinS und der Kirchenbeamten vor. Zur Verhandlung stand gleichzeitig das von der juristischen Fakultät der Universität Leipzig aus Ersuchen des Landtags erstattete Gutachten über die für die sächsische Regierung strittige Frage betreffend Staatsleistungcn an die Kirche. Die Berichterstatterin Abg. Fräulein Hertwig (D. Vp.) gab einen Ueber- blick über den Inhalt des sehr umfangreichen und gründlichen Gut achtens, das zu dein Schluffe kommt, daß die in der Reichsverfassung sestgelegte Verpflichtung des Staates zur Gewährung der bisherigen Leistungen an die Kirche den veränderten Geldverhätnissen anzupassen, d. h., daß die Sätze entsprechend zu erhöhen sind. Bekanntlich stellt sich die sächsische Regierung auf den von den bürgerlichen Parteien bekämpften Standpunkt, daß „bisherige Leistungen" in der Reichs- Verfassung so auszulegen seien, daß nur diejenigen Beträge, die bei Inkrafttreten der Nclchsverfaffnng staatsseitig an die Kirche geleistet wurden, auch jetzt noch ohne Rücksicht auf die Geldentwertung ein zustellen seien, und zwar nur in Form verzinslicher Darlehn. Das genannte Gutachten stellt fest, daß in Sachsen henre noch zwischen Staat und Kirche eine Interessengemeinschaft besteht, die den Staat zur Erfüllung von Leistungspflichten unter Berücksichtigung des verschobenen Geldwertes zwingt. Auch über die für die Einhebung van Kirchensteuern in Sachsen geschaffene neue Gesetzgebung äußert sich das Gutachten. Es kann hierin keinen Grnnd finden, den Staat von seiner Pflicht der Kirche gegenüber zu entbinden. In der Aussprache wurde hervorgchoben, daß die Linksparteien im sächsischen Kirchensteuergesetz das Steuerrecht der Kirche ganz wesentlich be schnitten haben. Um so mehr wachse der Posten an, den der Staat von sich aus zuzuschießcn habe. Die Regierung wiederholte ihren seinerzeit im Landtag durch den Kultusminister geäußerten ab- lehnenden Standpunkt, der von der bürgerlichen Seile bekämpft wird. Die Pensionierung der Geistlichen ist in Sachsen von Alters her gesetzlich begründet und das juristische Gutachten beseitigt in diesem Punkte jeden Zweifel über die Slaatspflichten Die Re gierung erklärte, in diesem Falle die gleiche Auffassung zu haben, wie das Gutachten und demnächst einen Gesetzentwurf vorlcgen zu wollen. Die Berichterstatterin stellte folgende drei Anträge: Der Landtag wolle beschließen, die Regierung zu ersuchen: I. Die in Kapitel 93 Titel 9 des Staatshaushalts für das Rechnungsjahr 1921 eingestellte Summe entsprechend dem gegenwärtigen Besoldungs- bedarfe der evangelisch-lutherischen Landeskirche zu erhöhen und als feste Staatsleistungen einzustellen; 2. Die nach dem ReichStags- beschlnffe vom 14. Dezember 1922 vom Reiche beieitgestelltcn Vorschüsse unverzüglich anznfordern; 3. Die Penfionsvcrhältnisse der Geistlichen und deren Hinterbliebenen gemäß der im Gutachten der juristischen Fakultät Leipzig vertretenen Rechtsauffassung un- gesänmt gesetzlich zu regeln und die entsprechenden Mittel als feste Staatsleistungen in den Staatshaushalt für das Rechnungsjahr 1923 einzustellen. Die Abstimmung wurde ausgesetzt, um den Fraktionen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Säuglinge mit ungenügender Gewichtszunahme bedürfen vor allen Dingen Milch, Zucker und Malz zur Förderung des Gedeihens und zur Hebung der Kräfte. Die jungen Mütter wissen selbst, wie schwer es ist. Zucker in genügender Menge und Milch in einwandfreier Qualität zu beschaffen, deshalb nehmen sie das berühmte Nestle's Kindcrmehl, da dieses neben feinstem Weizen- zwiebackpnlver die vorher angegebenen Nährstoffe in sehr leicht ver daulicher Form enthält. Es ist wohlschmeckend, nahrhaft, ergiebig und braucht nur mit Wasser gekocht zu werden Eine illustrierte Broschüre über die Pflege des Kindes kostenlos erhältlich durch „Linda"-Gesellschaft m. b. H., Abt. bl 2, Berlin V 57. Aus dem Gerichtssaal. ß (Lohnanspruch bei T e i l st r e i k s?) In diesen Tagen hat der dritte Zivilsenat des Reichsgerichts eine Entscheidung über die Frage des Lohnanspruchs bei Tcilstreiks gefällt, die für das gesamte Wirtschaftsleben von außerordentlicher Bedeutung ist. Anläßlich eines Streiks bei der Straßenbahn in Kiel eikannte das Reichsgericht für Recht, daß bei einem Leilstreik, wenn durch ihn der gesamte Betrieb stillgelegt wird, den Nichtstreikendcn kein An spruch auf Lohnzahlung zusteht. In der Begründung des Urteils heißt es u. a.: „Der einzelne Arbeiter tritt in die Arbe tsgemein- schaft und damit in die Gesamtorganisation des Betriebes, dessen Ergebnis nicht mehr vom Unternehmer allein . . . ., sondern in gemeinschaftlichem Zusammenwirken von Unternehmer und Arbeiter schaft gewonnen wird ... Der Arbeitnehmer ist nicht mehr ein bloßes Werkzeug des Unternehmers, sondern ein lebendiges Glied der Arbeitsgemeinschaft. Der Betrieb und seine Erträgnisse bilden wiederum die Grundlage zu den Lohnzahlungen." Dieses Urteil des Reichsgerichts und vor allem die Unterstreichung des Arbcits- gemeinschafts Gedankens in seiner Begründung kann nur voll be grüßt werden. Hoffentlich trägt das Urteil dazu bei, den Faustkampf aus dem Arbcitsmarkt bald der Vergangenheit angehören zu lassen. Turnen, Sport, Spiel. Turnen: Werbeturnen des Allgemeinen Turnvereins Oberlichtenau. Auf das am Sonnabend, den 28. April in Schreiers Gasthof statt findende Bühnenschauturnen, welches eine gute Auslese aus dem vielseitigen Uebungsstoff guter Leibesübungen bildet, wird bereits heute schon hingcwiesen. Turnspiele: Ergebnis der Ausscheidungskämpfe um die Gau-Meisterschaft des Gauspiclvcrbandcs (Nördliche Obcrlansitz D. T-): Faustball: Spielabt. Tv. Kamenz. Barlanf: Spiclabt. Allg. Tv. Oberlich tenau 21 : 12 gegen Kamenz. Im Schlagball-Wettspicl siegte Ka menz über Ohorn. Radfahren: Der 6. Bezirk Pulsnitz im Lausitzer Radfahrer - Bund hält am Sonntag, den 22. April seine erste Bezirksausfahrt nach Ober lichtenau ab. Nachmittags wird ein Korso gefahren. Abends bietet der fcstgebende Verein, Radfahrerklnb „Saxonia", Oberlichtenau, in teressanten Saalsport. Sonntag, früh*/,9 Uhr: 35 Kilometer Bezirksrennen. Start: Sächsischer Hof. Ziel: Waldschlößchen. Radf.-Klub Phönix. Wochen-Spielplan Dresdner Theater. Opernhaus. Sonntag, 22. April, Tannhäuser 6-n.'/.1O. Montag, 23., Boris Godunow '/,7— n. 10. Dienstag, 24., Tief- land */,8—g. 10. Mittwoch, 25., Lvhengrin 6—g. >/«11. Don nerstag, 26, Joseph in Aegypten g-'/«N- Freitag 27., Madame Butterfly */,8—10. Sonnabend, 28., Die Meistersinger von Nürnberg 5— n. 10. Sonntag, 29., Boris Godunow 5- n4/,9. Montag, 30, Der Freischütz 7—'/.10. Schauspielhaus. Sonntag, 22, April, nachm. i/,3 bis n.'/,5 für den Verein Dresdner Volksbühne: Die deutschen Klein städter (kein öffentlicher Kartenverkauf; Die deutschen Kleinstädter 7 S. Montag, 23., Maria Stuart 8-l/,H. Dienstag, 24., Lon Carlos 6—10. Mittwoch, 2b., Die deutschen Kleinstädter */,8 bis n. '/,10. Donnerstag, 26., Ein Sommernochtstranm 7 >/<10. Freilag, 27 , Maria Stuart 7—*/«1l. Sonnabend,28, Der Bib liothekar V-8— n. 10. Sonntag, 29., Faust '/,5—9. Montag, 30., Die deutschen Kleinstädter >/,8- „ r/,io. Voraussichtliche Witterung. Sonntag: Etwas wärmer, wolkig, zeitweise aufheiternd, etwas Regen. Montag: Abwechselnd heiter und wolkig, strich-