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Nr. 16 Pulsnitzer Wochenblatt. — LieriLiag, den 6. Fsökuar 1923 Seite 2 rvmde Justizrat Voigt (Bürger!.), zum 1 Steitoerlre , ter Stadtverordneter Hoheisel (Soz) und zum 2. Stell Vertreter Sanitäterat Dr Böhme (Bürger!.) gewählt. Kamenz. (Das Ende der S t a d t k a p e H e.) Musikmeister Höhne von der Stadtkapelle hat infolge der ungünstigen Wirtschaftslage den mit der Stadt abgeschlossenen Vertrag gekünd gt und erklärt, daß ihm auch eine Erhöhung dec Subvention nicht mehr helfen könne Damit wird auch hier ein Institut der Bildung und Kunst bald zu Grate gehen. Zittau. (Spende der Stadt Reichen - b e r g) Die Nachbarstadt Reichenberg in der Tscheche Slowakei übermittelte dem Oberbürgermeister Dr. Külz in Zittau den Betrag von 1 Million Mark, den die städtischen Amtsdiener Reichenbergs für hilfs bedürftige Kinder im Deutschen Reiche gesammelt haben. > » Dresden. (Zur Regierungsbildung in Sachsen) Urber die Beratungen, die am Sonntag innerhalb der soziardumokratischen Vartrt über die Regierung-Neubildung in T-chsen staitgefunden haben, erfahren wir, daß Beschlüsse vahtngrhrnd gefaßt worden sind, daß di« gegenwärtig« Hrliung der Kommunisten und ihre Taktik er den Sozialdemokraten zurzeit un- möglich machen, mit ihnen über die Regierungsbildung In Verhandlungen zu tie'en, Der sozialdemokratischen Landtag-sraktion wurde völlig frei« Hand gelassen, ihr Verhalten im Landtag den «ingetrerenen Notwendig- ketten anzupassen. — Er darf nunmehr angenommen werden, daß die sozialdemokratische Fraktion zunächst versuchen wird, die sogenannte Klein« Koalition, be stehend au» Sozialdemokraten und Demokraten, zustande zu bringen. Diese Koalition hat nun wieder da» Bedenklich« an sich, daß dt« auf fit sich stützende Re- Gierung keine absolute Mehrheit im Landtag Himer sich hat, wenn ek nicht gelingt, die Deutsche Volk» Partei -um Eintritt in die Koalition zu gewinnen. Nur ein« Regierung, die sich auf di« drei Mittelparteien stützen kann, hat Aukstcht auf Arbeit»wöglichk«it und Bestand. — (Stlberdtebstahl) In der Nacht zum 22. Januar wurden au» Schloß E chicht mittel» Ein- bruch» SUoersächen von hohem Wert« gestohlen, u. a. «in runder silberner Wapp-nteller, S silberne Leuchter für elektrischen Anschluß (Rokokochrm), 18 silberne Fischbesteck», .8' und Krone etngravierr, 16 silberne kleine Eßbesteck», 12 silbern« altertümliche Besteck» mit der Sravieruag ,di. v. l).", 16 silberne Teelöffel, r silbern« Gabeln, 10 silberne Löffel, 1 silbern«» Messer Mit der Gravierung „l.. v. K", S golden« Trauringe mit der Scavirrung ,äl. 8. k. v. O. 22. d. 7Z.", 2 aftrr- tüm.iche Manschettenkaöpse mit der G «Vierung O " und Krone, 1 Wappenring mit Strin (Rauchtopa»), 1 GranathalSkette, sehr lang, rotbraun« länglich« Glieder und einig« Kletdungkstück«. Für die Ermittlung der T.äter und die Wiedererlangung der gestohlenen Sachen ist ein« Belohnung von 120000 M outsescht — (Ministerpräsident Buck über die Lage.) Ministerpräsident Buck sprach in Bischofs- werd« über das Friedensdiktat von Versailles. Dabei kam er auch auf die Lage in Sachsen zu sprechen und sagte u. a.: Nach dem Sturze der jetzigen Regierung werde sich zeigen, ob die bürgerlichen Parteien sich getrauen, die Zügel der Regierung in die Hand zu nehmen Es seien aber nicht die Kommunisten allein, die innerpolitische Schwierigkeiten Hervorrufen, auch in München sei ein Gefahrenherd, der die Reichsein> heit bedrohe, die Machenschaften der Nationalsozialisten unter Hitlers Führung. — Der Ministerpräsident schloß mit der Aufforderung zu reger Beteiligung an der Notaktion im Ruhrgebiet. ' — (Der Circus Sarrasani) in Dresden darf den denkbar größten Erfolg verzeichnen. Wäh- rend alle deutschen Cv cusse der schweren Not der Zeit erlegen sind, hat er bisher nicht nur seinen Betrieb am Leben erhalten, er hat sogar noch seine Leistun gen gesteigert. Das gewaltige Schaustück „Der Frem- den'Legionär" ist der Rekord dessen, was Sarra ani je geboten hat: Eine phantastische, verschwenderisch ausgestattete Bilderfolge, Massenscenen von Tieren und Menschen, hochragende Schauspieler, eine packende, spannende Handlung, die aus dem Geiste der Jetzt zeit heraus geboren ist, das vereinigt sich in einem Volksschausptelö größten Stiles. Und in der Tat war niemals das Interesse zum Ltrcus Sarrasani so stark wie jetzt, wo der „Fremden - Legionär" schon seiner SO. Aufführung entgegenßeht. Hans Stosch. Sarra sani schafft fast Uebermenschliches, um sein schönes Unternehmen für Dresden zu erhalten. Und er bitt tet nach wie vor, ihm für seine Tiere Hafer reichlich zu bringen. Er vergütet für je 10 Pfund Hafer je 1 Logenplatz, für je 7 Pfund Hafer je 1 Parkettplatz. Der Lircus Sarrasani ist wahrhaftig weitestgehender Unterstützung würdig. Dresden. (Tschechische Träume.) Das «Noröddhmische Tageblatt" berichtet au» Teplitz, daß im Berias« »on Strache in Warn»dorf jetzt die deutsch« Uebersetzung d«r Schrift ,Unser Staat und der Welt- sricden" von Hanusch Kuffr«r Erschien«» ist. Hur Kennzrichnung de» Inhalts brr Schritt s«i angeführt, daß noch ihr di« Grenz«» d«I zu Lildr^kv tschechischen Staat«» fast bi» Brrltn, bi« zur Oder, im Ostrn und Süden fast b - Debreein, Budapest, Wien reichen, im Westen Linz, Regensburg und Pofsau rinschließen und über Dresden biZ Riesa in Sachsen reich«» sollen. Deutschland ab«r sollt« noch Art der Jndianer-Resrr- oationrn auf Reste von B'y«rn, Sachsen, Württemberg beschränkt, Preußen gänzlich vernichtet And in neutral« Pufferstaaten aufgelöst werden. J>tzt ist dies« 1S17 erschienen« Denkschrift den Tschechen selbst unangenehm, und einer Teptttzer Buchhandlung, die die der D«nk- 'chtift beigegebenen Karten in ihren Schaufenstern au»- gestellt hatte, ist aufgrgebrn worden, st« sofort zu ent- fernen. Sollte man inzwischen vielleicht doch zu der Ueberzeugung gelangt sein, daß solch« Wünsch« und Hoffnvng«» noch sehr weit von ihrer Erfüllung «nt- fernt sind? Afi unsere Mbesittzer! Nach den postalischen Bestimmungen find wir ge zwungen, die monatlichen Bezugsgebllhren bis spätestens den dritten Tag des vorhergehenden Monats onzumelden, sür Monat Februar schon am 8. Januar. Bei den heutigen wirtschasilichen Verhältnissen liegt es klar aus der Hand, daß man einen Monat zuvor einen Preis nicht sestbindend srstlegen kann. Unsere Postdezieher bitten wir, den Difserenzbe'rag zwischen dem festgesetzten Bezugsvreise (800 M) und der an die Post geleisteten Anzahlung (600 M) in Höhr von LSV M als Nachzahlung persönlich in unserer Geschäftsstelle ein- zahlen oder auf unser Postscheckkonto Dresden 2138 über weisen zu wollen. — Nachzahlungen, welche bis zum 15. Februar nicht eingegangen find, werden an diesem Tage zuzüglich der hohen Pofispesen mittels Nachnahme ringe» zogen. Verlag des Pulsnitzer Wochenbl. Neustadt. (Getrübte Schlachifestfreude.) Ein Einbrecher stattete den Keilerräumen eines hiesi gen Einwohners eins» Besuch ab. Besondere An ziehungskraft übte das dort stehend? Pökelsaß aus. das er ausgiebig plünderte. Vor allem hieß er ein paar fette Schinken mitgehen Neustadt. (Ein niederträchtiges Bu benstück,) dessen Ovfer beinahe ein aus Bautzen kommender Motorradfahrer geworden wäre, wurde Donnerstag nachmittag auf der Hohwaldstraße von bisher leider unbekannten Tätern verübt, die einen Bindfaden quer über die Landstraße gespannt hatten. Glücklicherweise zerriß die Leine durch den Anprall H des Fahrers, der auf diese W iss ohne körperlichen " Schaden davon kam, seine Lede? j pp« ist jedoch stark beschädigt worden. PoMschr NuMchau. Deutsches Reich. — (Regierung-maßnahmen gegen die KatastrophrnHausse an d.en Börse».) Die R-tchSttgirrung strht auf dem Standpunkt, daß unsere wirtschaftliche Lage «ine Katastrophenpolitit nicht b«. dingt und erwägt ernsthaft Maßnahme» gegen dir augenblicklich« Devisenspekulation an drn Börsen. Verschärfung der Devisenkontrolle und stärkere Z«n- traltsierung de» Deoisrnhandel» sind vorgesehen. Ein« Schließung der Börsen ist nicht beabsichtigt, doch soll die Spekulation d«» PrivatpublikuW» erschwert «er den. MarkstützungSakrionen lasten sich vorerst nicht bewerkstrlligen. Di« Hinausschraubung Le» Dollar ist vielfach nur Spekulation-machr; so wurde der Dollar in Berlin kürzlich um 10000 M gesteigert an einem Tage, wo in Berlin nur 3SO Dollar in-gefamt umgesttzi worden sind. Buch der zum Teil unbegrün deten Verteuerung d«r Lebensmittel, die vielfach mit dem Dollarstande in keinem LUammenhange steht, soll reich-gesetzlich rntgegengetreren werden. — (Die Ritterlichkeit der sravzöst- schen Kulturträger) zeigt sich in immer»h«llerem Sicht«. Drr deutsche Ätschäft-träger in Paris ist an gewiesen worden, der französischen Regierung ein« Note zu überreichen, in der ein« ganze Rrihe schwerer Eigentum-vergehen von Angehörigen drr französischen Armer im Ruhrgebiet zur Kenntnis gebracht werden. Zum Raub und Liebstahl gesellt sich der Mord. Die Ermordung eine» unschuldigen Kinde» in Düsseldorf sollte durch die Summ« von 100000 M, heute ein Wert von nicht ganz 10 Soldmark, wettgemacht wer den. In den Privethäusrrn Hausen die französischen Eindringlinge wie die Schwein«. Li« Frau deß Di- ! r«ktors einer Ruhrzrche konnte Ich von d«n S'-walt- Tätigkeit«» der französischen Soldat««!» nur dadurch friikaufrn, daß fir der habgierig«« Meute einen Zent ner Kartoffern prrtrgab. Ein uvoerh«iratrt«r Leut nant Lerevgrr brachte in feine Quartierwohnung in Duisburg sein«' Großmutter, seine Mutter, seine zwei Schwistrrn und noch eine verheiratete Schwester mit zwei Kindern unter und kein« Borstrllung b«im Oberst» l-uwantkommandant konnte ein« Freigabe dits«» Zwanxsa-yl» für französische Obdachlos« erzielen. Der Herr Div-stonlkowmandeur, der in Wttmar stationiert ist, trieb die französisch« Ritt-rlicheit so writ, daß er, al» «in SHupobramter befehlsgemäß nicht grüßre, ihn oon sein»« seiden Begleitern körperlich mißhandeln ließ. Die Fälle solche« französischen Ritterlichkrit sind zahllos und sie dienen gewiß dazu, die Liebe und die Sympathie der Ruhrberölkerung sür die Orsncke Nation zu stärken und ausflammen zu losten, — (Der Abbruch der Orientkonferenz) mußte bereit» seit Tage» erwartet werden. Al« er am Sonntag Abend erfolgt«», gab «» doch «ine U:Ser- raschung, denn die VrrstSndigung scheiterte nicht an «vglischrn Forderungen, fs«d«rv an der pÄtzltchrn Härt« der Franzosen, die bislang den Türken in jeder Beziehung entgeg«ng?kommen waren und ihnen durch. allerlei Versprechungen Hinte» den Kulissen drn Nacken aesteift hatten. NrLt umsonst spricht die «ngltfche Prrstr von einrm »falschen Spiel" Frankreich», ohne allerdtng» daran» die-einzig möglich« Ko»'gaenz zrr ziehen und Frankreich, da» Fcsnkreich Poirvrnä» al« ben Feind E-igland» bezeichnen. Im GsgtNtril scheint et, al« sei man im britisch«» auswärtigen Amt mit beinah schon sprichwörtlich gewordener Unmännlichkeit bereit, nach einer neu«n Kowprsmißformel zu suche», durch die man in der vrienrßeage die alte Entente mit Frankreich und Italien, wen» auch nur äußerlich, wieder Herst,llen könnt«. Wird dies« Kompromißsormrb gefunden, so kann man gewiß fein, daß da» Ruhr gebiet dir Kosten aufzubringen Haben wird. — (Holländisch« Arbeiter sür die Ka- »eraben an der Ruhr.) Nach Amsterdamer Blättermeldungen hat der zentrale Trankportarbritrr- Bund 10 000 Gulden und der Bund der Mal«r und . Anstreicher 6000 Salden für die Arbeiter de» Ruhr« gebiete» zur Brrfügung gestellt. — (Der Ruf ertöne nicht vergebens!) Die schwedischen Bischöfe haben an drn Präsidenten Harding, den Erzbischof von CMterbuiy, Potrearck und den Kardinal von Pari» «in« Kundgebung ge richtet, in der e» hr^ßt, daß die ganze Welt üb«r die gegenwärtigen Errignifle empört sei. Eine Waffen- macht schneid« unter dem Deckmantel de» Frieden» große Stücke au» dem Lande de» unberbaffneten Nach- dar» und verschlimmere dadurch dessen himmettchrrt« end« Not. Der Fluch, der dadurch gesät werde, werde neue, noch entsetzlicher« Krieg« zeitigen. Sie wollten niemanden richte». Aber st« v«rurt«iltsn die Methode der Gewalt. Di« Diener der Kirch« Schweden» riefen ihre Mitchrtyen in Frankreich und in allen Ländern .zu herzhafter Tat auf und bäten di« »«rantworrlichen Staat«männer, an erster Stelle den Präsident»» der Vereinigten Staaten, durch Hrrb«tführung einer Be gegnung und durch thrlich« Brrabredung zwischen den Vertretern der Mächte dir gegenwärtige, täglich wach» sende Spannung beseitigen zu Helsen. Frankreich. Paris, S. Februar. (Keine Ruhrkohle für Frankreichs Im Figaro wird auSgesührt: ,E« st nur allzu wahr, daß seit dem Anfangs der ve» ützung die Belieferung mit Kohle, Kok» und Farb stoffe» für Frankreich ausgehört hat. Ma» muß dem Publikum die Dinge so darstrllrn, wie sie wirklich sind. Seit drei Wochen ist auch nicht ein Gramm Kohle oder Kok» nach Frankreich gekommen." Russland. — (Rußland» Wiederherstellung) Nach dem kürzlich die »R-pubUk de» fernen Ostens" in Grohrußland zurückeinvrrleibt ist, soll j?tzt auch dessen politische Besonderung von der Ukraine, Weißrußland, Srorgien und Aserbeidschan aufgehoben werden. D(» H-rrrn im Kreml halten die Zeit für gekommen, ihre Kotzenpfoien wieder vorzustnckrn, nachdem sie um de« schönen Schein» willen den kleinen N -chbarn fünf Jahre lang erlaubt haben, sich etnzubilden, daß sie vom ,Selbstbestimmung-recht der Völker" Gebrauch machen i ttfen. Besonder» die Ukraine und Georgien habe» licbliche Erfahrungen mit der Rücksicht auf ihre vationalk» Wünsche machen können. Die kümmer lichen R?ste der Selbständigkeit, welch« di« n«ue Bun- d«»vrrfaffung diesen Randgebiet«» noch luflrn will, wrrden auch keine lange Dauer behalten. Immer schneller wird da» Tempo, in dem Herr Trotzki sich zum neuen Haren, zu einem -mperialrsten vom rein sten Wasser entwickelt. Hoffentlich werden in den nicht sowjetistisch verwalteten Randstaaten die Er fahrungen der jetzt übergeschluckt werdenden Länder beherzigt, wird scharf aus kommunistische Umtriebe aufgepaßt, die Polen, Finland usw, lieber h«ut alö