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Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach. H«uptblatt und tlteste Zeitung in den Ortschuften des Pulsnitzer Amtsgerichtsbczirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Oberstetna, Niederstem« Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, Friedcrsdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf, Geschäftsstelle: Pulsnitz, BiSmarckplatz Nr. L65. Druck und Verlag von E. L. Försters Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz. Nummer 16 Dienstag, den 6 Februar 1923. 75. Jahrgang Amtlicher Teil. Gebührensätze für die Heimbürgin. Die stSvtischen Kollegien haben beschlossen, mit Wirkung oom 1. Januar 1923 die Gebühren der Heimbürgin wie folgt zu erhöhen: Für Personen unter 14 Jahren 800 Mark und für Personen über 14 Jahren 1200 Mark- Pulsnitz, den 5. Februar 1923. HHat dkk Zn Badekuren in Bad Elster Können auf die Dauer bis zu 4 Wochen an besonders Bedürftige (aber nur an solche) halbe oder ganz freie Stellen oder auch Geldunterstützungen gewühlt werden. Gesuche find sofort, spätestens bis zum 15 Februar 1923 beim Wohlfahrtsamt — Ratskanzlei — einzuretchen, das auch nühere Auskunft erteilt. Pulsnitz, den S Februar 1923. Rat der Stabt. Das Wichtigste. Der Sächsische Steinkohlenbauvercin in Zwickau beschloß, die aus dem Ruhrgebiet vertriebenen Angestellten und Arbeiter des Bergbaues sofort im sächsischen Kohlenbergbau einzustellen. Der Reichstag hat den Gesetzentwurf, nach welchem Erjatz- münzen im Nennwerte bis 1000 Mark aurgegeben werden sollen, in allen drei Lesungen angenommen. Reichskanzler Dr. Luno hat am Sonntagvor- und -nachmittag in Esten, Bochum und Dortmund im Kreise von Vertretern der verschiedensten Bevölkerungskreise Besprechungen ge flogen. Abends verließ der Kanzler wieder das Ruhrgebiet. Bei der Reichsregierung ist von Frankreich und von Polen je eine Note eingetroffen, die Einspruch gegen die durch die vorgenommene Verkehrseinschränkung angeblich hcrbeigesührte Unterbrechung des internationalen Verkehrs erhebt. Die deutschen Messen sind, solange die Ruhrbesetzung dauert, für Franzosen gesperrt. In Zeitz erschien dieser Tage auf der Grube „Emma" eine frnnzöfische Kontrollkommission, uni das Werk zu besichtigen. Der Kommtjsion wurve der Zuiritt zum Werke verweigert. Im Ruhrgebiet und Rheinland sind von den Franzosen und Belgiern drei Deutsche getötet und zwei schwer verletzt worden. Zur Erzwingung der Einstellung des Güterverkehrs nach dem unbesetzten Gebiet sind seitens der Bcsatzungstruppen die Schienen auf «einigen Strecken durch Hemmschuhe gesperrt. Bei einem durch die Unfähigkeit französischer Eisenbahner ver schuldeten Eisenbahn-Unglück in^Watjenau bei Mainz haben 9 Menschen den Tod gesunden. Im neubejetzlen Gebiete wurde ein Befehl erlassen, nach dem die Schutzpolizeibcamten die französischen Offiziere zu grüßen hätten. Bei Zuwiderhandlungen würden die Schutzpolizei beamten ausgewiesen. In den letzten Tagen find auch in München Flüchtlinge aus dem Ruhrgebiet cingetroffen, die aus Furcht vor Internierung durch die Franzosen oder infolge von Arbeitslosigkeit ihre Heimat verlassen haben. Der Belagerungszustand in Bayern wurde gestern, Msntag, wieder aufgehoben. Wegen Kohlenmangels mußten in Frankreich bereits SO Hoch öfen ausgeblajen werden. Wegen verringerter Kohlenzusuhr lasten die italienischen Staats bahnen eine Reihe von Zügen ausfallen. Die amerikanische Rüstungsindustrie trifft Vorbereitungen, um dir Friedensproduktion zurückzustellen, da sie in der nächsten Zukunft aus Europa namhafte Rüstungsaufträge erwartet. — Von wem denn? Oertliche ««d sächsische Arrgelegerrhsitea. Pulsnitz. (Gebirgoverein.) Auf die heute, Dienstag, abends 8 Uhr, im Ratskeller stattfindende Hauptversammlung wird noch besonders hingewiesen. Pulsnitz. (Mütterberatung.) Die Müt terberatung in Pulsnitz findet Mittwoch, den 7. Fe bruar 1923, nachmittags 3 Uhr, im Rathaus (Stadt- verordnetensitzungssaal) statt. Pulsnitz. (Bersin für Volksbildung) Donnerstag, s. 8 Februar, 8—10 Uhr, Schule Zim mer 17: Dr. Bäßler, Dresden: Entwicklungslehre und Darwinismus. — »/,8 Uhr Mitglieder Jahresversamm lung (Anträge bis Mittwoch an den Vorsitzenden). — (Das Wetter im Februar) Rach den Berechnungen des Leiters der öffentlichen Wetter- dienststelle in Weilburg, Professor Dr. Kreybs, wird der kommende Februar voraussichtlich verhältnis mäßig milde sein, d h. milder als sonst der Februar im langjährigen Durchschnitt zu sein pflegt. — (Die Jagd im Februar) In Sachsen dürfen im Februar, abgesehen von denjenigen Tieren, die überhaupt das ganze Jahr hindurch keine Schon zeit haben, wie z. B. Schwarzwild. Kaninchen und die Raubzeugarten, nur noch Rot- und Damwild beiderlei Geschlechts. Wildenten und Krammetsvögel (Ziemer) geschossen werden; alle anderen Wildarten haben Schonzeit. — (Briefmarken zu 10000 Mark) sind in der Anfertigung durch dis Neichsdruckerei begriffen, ebenso solche zu 3000 und 5000 Mark. Der Druck von Marken zu 1000 und 2000 Mark ist bereits an- geordnet. Nur für diese Werte wird noch die breite, größere Form angewandt. Die Marken bis zu 500 M werden in der gewöhnten Größe gedruckt. (Mit Riesenschritten gehen wir russischen Verhältnissen ent gegen — wirtschaftliche Volschewrsierung Deutschlands.) — (Das Notgeld im Verkehr lassen) Einige Zeitungen haben *die Nachricht gebracht, daß das Notgeld ab 5. Februar 1923 zur Einlösung kommt. Das ist unzutreffend. Eine endgültige Ent schließung über den Termin zum Aufruf und zur Einlösung ist bis jetzt noch nicht getroffen worden. Das Publikum wird daher gebeten, das Notgeld einst weilen weiter im Verkehr Zu 'assen," um Lis an sich schon bestehende Zahlungsmittelknappheit nicht noch zu vergrößern. Dis Einlösung des Notgeldes wird rechtzeitig bekannt gegeben werden. — (Ordnungs st rasen biszu 1 Million) Das Reichejustizministerium hat eine Aenderung des Reichsgeldstrafengesetzes ins Aug» gefaßt, um der Geld entwertung Rechnung zu tragen Der augenblickliche Höchstbetrag (100000 M) soll verzehnfacht werden. Ein Entwurf über die Heraufsetzung der Ordnungs strafen ist bereits dem Reichsrats zugsgangen. Der Entwurf sieht Höchststrafen von 50000 M bst grö- ßeren Vergehen, von 10000 M bei kleineren Ver gehen vor. — (Vor 25 Jahren!) Der Durchschnitts, preis für 1 Zentner Wetzen 7,22 Mk, Rsggen 6,14 Mk, Gerste 6,60 Mk., Hafer 7,06 Mk, 1 Pfund Rind- fleisch 65 Pfg, 1 Pfund Schweinefleisch 7S Pfg., 1 Pfund Kalbfleisch 70 Pfg, 1 Pfund Hammelfleisch 65 Pfg, 1 Schock Eier 3 Mk, 1 Zentner Kartoffeln 2,50—3,— Mk. O schöne Zett, o sel'ge Zeit, wie bist du fern, wie liegst du weit! . . . — (Der sächsische Handelskamm er tag für Unterstützung der Press?) An Anerken nung der Notlage der Presse und ihrer Bedeutung für die Oeffentlichkeit trat der sächsische Handelskam- mertug für deren Unterstützung ein. Er sieht sich veranlaßt, Handel und Industrie von sich aus eben falls auf die sattsam bekannten Schwierigkeiten der Presse mit der Aufforderung hinzulenken, auch ihrer seits der Presse durch Zeitungsbezug und Anzeigen- aufträge nachdrücklichst helfen zu wollen. — (Das Ab st erden der sächsischen Zeir tungen.) Von 241 im Jahre 1814 bestehenden selbständigen Zeitungen sind bis jetzt 43 ekngegangen, so daß jede sechste im Jahre 1814 bestehende selbstan- dige Zeitung ein Opfer der Wirtschaftskämpfe gewor- den ist. Von den noch bestehenden 198 Zeitungen schränkten ferner 11. v. H. (21 Zeitungen) dis Erschei nungsweise seit 1. Januar 1922 erheblich ein. Seit 1. Januar 1922 gingen 6. v. H. der sächsischen Hei-/ tungen zur ausschließlichen oder überwiegenden Ver wendung von Matern und Vordruckzeitungen über, so daß jetzt etwa 12 v. H. der sächsischen Zeitungen nur ein bedingtes Eigenleben führen. Diese Zahlen weisen mit erschütternder Deutlichkeit auf die Lage des Zeitungsgewerbes hin. - — (Eins empfehlenswerte Strafe für Wucherer.) Aus Prag wird gemeldet, daß man dort ein sehr empfehlenswertes Mitts! zur Bekämp fung des Leüensmitte'wuchsrs eingeführt hat. Da auch dort, wie bei uns, die Geld- und Aneststrafe ihren Zweck verfehlen, wurden besondere Strafakte^ lungen gebildet, denen die Wucherer zugeteilt werden Dsr Rat verwendet die Wucherer zum Straßenkehren und zwar muß dsr Wucherer gerade diejenigen Stra ßen täglich reinigen, in deren Nähe sich sein Geschäfts« lokal befindet. Kamenz, 5. Februar. (Bezirks versam mlung des Sächsischen Mititärvereinsbundes.) In der gestern nachmittag im Gasthof „Stadt Berlin" stattgefü.ndenen außerordent lichen Bezirksversammlnng des Bezirks Kamenz des Sächsischen Militärvercinsbundcs waren 36 Vereine durch rund 70 Delegierte vertreten. Herzliche Begrüßungsworte ses Bezirksvvrstchers Herrn Major a. D. Heine-Pnlsnitz leiteten die Verhandlungen ein. Sein Willkommen galt insbesondere dem vom Bundespräsidium entsen dete» Präsidialmitglied Herrn General Maercker und dem Bezirks ehrenmitglied Hekrn Kaufmann Grünberger. Mit packenden Worten gedachte der Herr Vezbksvorsteher weiter der schweren Not, die durch den Franzosettcinbrnch ins Rnhrgcbiet über unser deutsches V/>ter- lond hereingebrochen ist, -ind ermahnte m Einigkeit und festem Zu sammenhalt Als wichtigster Punkt stand aus der Tagesordnung eiue Aussprache über die Erhöhung des Bundesbcilrogs auf Lü M. Die Notwendigkeit dafür wurde allseitig anerkannt, und nachdem von den Herren Bczirksvorsteher und Präsidialvertreter eingehende Aufklärung gegeben war, stimmten 32 Vereine für den Antrag des Bundes und nur 4 dagegen. Mehrere Vertreter waren sogar für einen Beitrag von 100 M eingetreien. Es folgte die Erledigung einiger interner Angelegenheiten; .hierbei wurde n a. bekannt gegeben, daß die im Vorjahr vörgenommene, freiwillige Sammlung für drei durch Brandschaden heimgesuchto Kameraden die stattliche Summe von über 81000 Mark erbracht hat;—Die Opfcrwilligkeit Her Ka meraden betätigte sich aufs glänzendste auch wieder in der gestrigen Bezirksversammlung, indem eine aus der Mitte der Versammlung angeregte Tellersammlung für unsere unter feindlicher Gewalt lei denden Volksgenossen an der Ruhr den ansehnlichen Betrag von 18 500 M ergab. Eine besondere Freude wurde den Kameraden nach beendeter Versammlung noch durch einen sich anschließenden Vortrag des Herrn General Maercker zuteil, welcher über das Thema sprach: „Wie können wir die jetzige Zeit überstehen und was kön nen wir ans der jetzigen Zeit lernen?/' Zwei snrchtbare Fehler habe der deutsche Idealismus im Vertrauen auf die 14 Punkte Wilsons gemacht: die Zertrümmerung des Heeres und die Unter zeichnung des Versailler Friedcnsvertrages. Die Folgen waren schwere; durch die Zertrümmerung des Heeres wnrden wir bündstis- nnfähig, verloren die Macht, unser Staatsgebiet- zu schützen, und büßen die Kreditfähigkeit ein. Die Unterzeichnung zwang uns das Bekenntnis von ver Alleinschuld am Kriege ab und trieb uns der verhängnisvollen Erfüllungspolitik in die Arme. In zündender Rede tegte der Vortragende dann dNi Hörern ans Herz, nicht auf Hilfe von außen zu hoffen, weder von England noch von Rußland; nicht den Betörungen der Pazifisten nnd'Internationalen zu ver trauen, denn der Pazifismus sei ein Verbrechen am eigenen Volke; Kuch nicht darauf zu rechnen, daß eine Erhebung wie 1813 uns aus den Banden der Feinde erlösen könne. Es würde wohl möglich sein, die Franzosen aus dem Ruhrgebiet hinanszuwerfen, da man uns aber alle modernen Waffen genommen habe, wäre dieser Erfolg ein vorübergehender; die Franzosen verfügten über 76 Fliegerregi- mcnter, sie würden b-i einer gewaltsamen Erhebung Deutschlands von der alles verheerenden Luftwaffe rücksichtslosen Gebranch machen und einfach über zahllose Großstädte im unbesetzten Deutschland namenloses Elend bringen. Für uns gibt es nur eine Hilfe: die Zeit und der sich immer mehr verschärfende Gegensatz zwischen Frankreich nnd England, der früher oder später diese beiden jetzt noch Verbündeten zum Kriege treibt. Nach alledem darf cs für uns jetzt nur'einen Willen geben: alle Meinungsverschiedenheiten und allen Parteistreit zurückzustellen, in festem Znsammcnschluß zusammenzu stehen und sich geschlossen hinter die Reichsregierung zu stellen, um dieser ^n Rücken zu Lecken. Wir muffen uns mit Geduld wappnen, dSrfenMks aber auch mit stolzer Hoffuungssreudc. die sich gründet auf das, was das deutsche Volk ans sozialem, wissenschaftlichem und wirtschaftlichem Gebiet, nicht zuletzt auch in dm 4*/z Fahrest Welt krieg gegen 26 feindliche Mächte geleistet hat nnd was uns von keiner anderen Nation der Welt nachgemacht wird. Der Vortrag, Lei dem die Hörer auch manchen Blick hinter die Kulissen der Poli tik werfen konnten, sand stürmischen Beifall, der sich auslöste in dem Allgemcingesange des Rades „Deutschland über alles". Allseitig wnrde dem Bedauern Ausdruck gegeben, daß die aus trcudcutschcm Herzen-kommenden, begeisterten und Begeisterung weckenden Aus führungen nicht einem größeren Kreis von Hörern zugänglich waren. Möchten die einigenden Worte des Generals auf recht fruchtbaren Boden gefallen sein. Kamenz. (WahlbssStadtvsrordneten- D 2 r^t a n d -) Zum Stadtverordneten - Vorsteher