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Pulsnitzer Wochenblatt : 27.01.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-01-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1840935979-192301273
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1840935979-19230127
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1840935979-19230127
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Stadt Pulsnitz
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Pulsnitzer Wochenblatt
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-01
- Tag 1923-01-27
-
Monat
1923-01
-
Jahr
1923
- Titel
- Pulsnitzer Wochenblatt : 27.01.1923
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Nr 12 Pulsnitzer Wochenblau. — Sonnabend, ven 27. Januar 1S2S. Seite s zosen sofort aus allen sächsischen Schulen und Aka demien auszuweisen sind, Franzosen und Belgiern der Zutritt zu de^ staatlichen Theatern, Museen und Kunstveranstaltungen aller Art untersagt wird, und den städtischen Behörden und Privatunternehmen zu empfehlen, in gleicher Werse vorzugehen. Dresden. (Wer den Pfennig hat ge. ehrt, ist fetzt de» (Papier)-Taler» wert!) Händler und Private bieten, wie die „Dresdner Nach richten" berichten, in Dresden zurzeit fiir eine Mark tn Kupfer dreihundert Mar! in Papiergeld und mehr, rlehnltch, wenn auch nicht ganz so kraß wie bet dem teuren Kupfer ist die Wertoerschiebung bei den gleich falls kaum mehr zu sehenden Fünfzigpfennigern au» Aluminium. Ein smarter Dresdner Metallsabrikant hat heraurgefunden, daß sich solche mattsilberne Plätt chen recht gut zur preiswerten Verarbeitung für Ge genstände de» täglichen Bedarfs eignen. Er läßt also Lurch Agenten dies« Fünfziger für 850 Mark da« Stück aufkaufen, zahlt dem Bermittker für jede Münz« sieben Mark und schickt sie durch eine Stanzmaschinr, die mit einem einzigen Druck da» Geldstück in «inen sauber gerändelten Aluminium Fingerhut verwandelt. Da der Erzeuger jede» Eremplar mit vierzehn Mark an den Großhandel abgibt, so ist da» «in recht ein- kläglich«» Geschäft, um so mehr, al» nur «ine einzige Presse und eine Person zur Herstellung von vielen Tausenden von Fingerhüten am Tag« notwendig ist. Dresden. (BünftigeGrlegenheitzuGeldan- lagen) Wie wir hören, bereitet der Freistaat Sachsen die Ausnahme »on zwei großen Anleihen vor, welche insbesondere für den weiteren Ausbau der staatlichen Kohlen- und Elektri zitätsunternehmungen bestimmt sind. Das Anleihegesetz hat bereits im Landtage die Ausschußberotung passtert und wird voraussichtlich Anfang nächster Woche verabschiedet werden. Die Anleihen sollen zu einem Teil in Form einer festen Mark anleihe noch dem bisherigen Typ aufgelegt werden, jedoch mit einer Verzinsung von 8 also zu einem Zinsfüße, wie er so günstig bet einer Anleihe vom Rangs einer sächsischen Staatsanleihe bisher nicht üblich war. Nach dem Zrichnungs- «rfolgr, den verschiedene Obligationen in letzter Zeil hatten, und nach der Bewertung, die unsere früheren, weit niedriger verzinslichen sächstswen Staatsanleihen zurzeit an der Börse «rsahren, ist mit einem großen Leichnungserfolge zu rechnen. Dies wird insbesondere von der zugleich aufzulegrnden zweiten Anleihe zu gelten Haden, die als wertbeständiqe Anleide aus genommen werben soll. Der Gedanke dieser neuen Obliga- ttonssorm hat in der letzten Zett weite Kreise gewonnen. Die Obligationen der eisten Art, die auf feste Markbeträge lautem unterliegen wie alle Seldsorderungen den Schwankungen des Geldwertes. Sie entwerten sich also mit der Entwertung des Gelbes, sie gewinnen allerdings mit einem Wertzuwachs des Geldes ebenfalls an Wert. Bei der wertbeständigen Anleihe dagegen lautet die Schuldverschreibung nicht aus Geld, sondern aus eine stets in großer Menge vorhandene marktgängige Ware. Die ersten Versuchs dieser Act hatten den Wert von Roggen zugrunde gelegt. Gerade jetzt liegt eine Anleihe der Badischen Landes Elektrizitäts Versorgung zur Zeichnung aus, bei der die Kohle als Wertmesser dient. Auch die ge- ylant« sächsische wertbeständige Anleihe soll aus Kohle und .war aus die in den eigenen staatlichen Werken gewann ne Braunkohle (Fördrrkohle der Görlitzer Syndikatsgruppe) lauten. Wer eine derartige Schuldverschreibung erwirkt, zeichnet nicht «inen bestimmten Markbetrag, sondern 2,5 oder 10 Tonnen Kohl« und muß den zurzeit der Zeichnung gel tenden Bahnadsatzpreis der gezeichneten Kohlenmengr ein- zahlen. Bei Fälligkeit erhält er nicht unter allen Umständen denselben Geldbrtrag zurück, den er eingezahlt hat, sondern eine Summe, die dem zum Zeitpunkt der Rück zahlung geltenden Preis der gezeichneten Kodlenmenge ent spricht Er hat also die Gewähr, sür den Betrag, den ec hingibt, stets einen Betrag zurückzuerhalten, der die gleiche Kauskrast verkörpert — Die Verzinsung dieser Anleihe soll nach einem kombinierten System erfolgen, nämlich: einmal mit einem festen stets gleich bleibenden Satz von 5 °/» des «ingezahlten Geldbetrages ünd überdies mit einer Kohlen- prämie, die dem jeweiligen Wert von 2 "/, der oerbriesten Kohlenmenge entspricht Auch bet der Verzinsung ist also der Gläubiger der Gesahr der Geldentwertung nicht schutzlos Preisgegeben. — Die bisher ausgenommenen wertbeständigen Anleihen haben im Publikum das allergrößte Interesse ge- fanden. Alle diejenigen Kreise, die an sich aus eine fest ver zinsliche Anlage ihres Geldes Wert legen, die aber den Obligationen den Rücken gekehrt und sich den ihrer Ren tabilität unsicheren Aktien zugewandt Haden, weil sie in ihnen wenigsten» einen Sachwert zu besitzen «lauden, der der wach senden Geldentwertung nach ihrer Meinung Stand hält, werden mit Freuden diese Gelegenheit ergreisen, sich wert beständige Renten zu stch«rn. Insbesondere werden auch Vormünder diese Möglichkeit zur Anlegung von Mündelgeld benutzen, um die Substanz des Mündeloermögens vor der Gesahr der Geldentwertung in Sicherheit zu bringen. Ueber die Einzelheiten der Anlage werden nach Verabschiedung des Gesetzes weitere Mitteilungen ersolgen. Dresden. (Zum kommunistischen Vorstoß gegen die sächsische Regierung) Zu dem Vorstoß der Kommunisten gegen die Regierung am Schlüße der Land- tagssitzung am Donnerstag teilt uns die Nachrichtenstelle in der Staatskanzlei folgendes mit: Trotzdem der Landtag beschloßen hatte, daß die da» Vereins- und Dersammlungs- r«cht berührenden Fragen in einer besonderen Sitzung des Landtags am 8. Februar behandelt werden sollten, hat der kommunistische Abgeordnete Siewert in der Donnerstag- Sitzung des Landtages scharf« Angriffe gegen Minister Lipinski gerichtet und beantragt, dem Minister das Vertrauen durch den Landtag zu entziehen. Sein Vorgehen stützte er aus Vor gänge in Dresden vom 1». Januar und auf die Mulle-Ver sammlung in Leipzig. Siewert bemängelte, daß in Dresden Lie Polizei nicht ordnungsgemäß gegen die schreienden De monstranten eingeschritten und daß in Leipzig trotz Verlangens der Kommunisten die Wulle-Vcrfammlung nicht verboten worden sei. Demgegenüber ist sesrzuhalten, daß wegen der Vorgänge in Dresden ein« Diszipltnaruntersuchung schwebt, als deren bisheriges Ergebnis Oberleutnant Saupe vorläufig seines Dienstes enthoben worden ist. Zu der Versammlung in Leipzig sei bemerkt, daß nach Art. 123 der Retchsoersas- sung alle Deutschen das Recht Haden, sich ohne besondere Erlaubnis friedlich und unbewastnet zu versammeln. Dieses Recht ist eingeschränkt durch das Gesetz zum Schutze der Republik vom 21. Juli 1923. Noch § 14 dieses Gesetzes Können Versammlungen, Auszüge und Kundgebungen verboten werden, wenn bestimmte Tatsachen vorlirgen, die die Besorg nis rechtfertigen, daß in ihnen Erörterungen stattfinden, die d«n Tatbestand einer strafbaren Handlung im Sinne der Z8 1-8 des Schutzgeseses darstellen. Ueber den Begriff „bestimmte Tatsachen" hat der Staatsgerichtshos zum Schutze der Republik Entscheidungen gefällt, aus denen hervorgeht, daß ein Verbot nicht bloß aus Vermutungen gestützt werden darf und baß das Auftreten eines fich als Gegner der Repu blik bekennenden Redners in einer Versammlung allein noch nicht genügt, um die Versammlung zu verbieten. Die Ver sammlung dürste auch nicht verboten werden, weil zu be fürchten sei, daß Andersgesinnte sich hineinmischen könnten. Daraus geht hervor, daß die WuAs Versammlung nicht verboten werden konnte, solange nicht der Nachweis gelang, daß diese Versammlung das Schulgesetz sür die Republik verletzen werde. Die Kommunisten haben Gegenversamm- lungen veranstaltet mit dem Zwecke, die Walle Versamm lung zu verhindern. Sie hoben auch eine Demonstration unter freiem Himmel gegen die Wulle-Versammlung ange- kündigt. Diese Demonstration und einen etwa geplanten Umzug der Teilnehmer an der WuHs-Versammlung, nicht aber die Versammlung in geschlossenen Räumen, hat der Polizeipräsident van Leipzig »erboten. Sein Vorgehen war korrekt und gründete sich auf die Anwendung des Art 123 der Reichsversassung, nach dem Versammlungen unter freiem tzimmel bei unmittelbarer Gesahr sür die öffentliche Sicher heit verboten werden können. z. SWW emöMMMe WM. Dresden, (b. Tag.) Nach viertägicicr, wissenschaftlicher, beruflicher Arbeit versammelten sich die zur 3. Landwirtschaftlichen Woche nach Dresden gekommenen Landwirte am Freitag mittag noch einmal zu einer imposanten, vom Sächsischen Landbunde ein berufenen Versammlung im Zirkus Sarrasani. Das mächtige Zir kusgebäude war bis auf den letzten Platz gestillt- Die ehemaligen Hostrompeter eröffneten die Veranstaltung mit dem Blasen des Liedes „Das treue deutsche Herz." Darauf betrat der Borsitzende des Sächsischen Landbundes, Landtagsabgcordneter Pagenstecher, das mit den sächsischen Landesfarben und dem Landbundwappen (drei Aehren) geschmückte Pult und führte nach begrüßenden Worten au die Gäste und die Bertretcr sämtlicher landwirtschaftlicher Vereini gungen und des Landarbeiterverbondes n. a. aus: Das deutsche Volk hat wie kein anderes Volk durch das Entgegenkommen in der Ersüllungspolitik den ehrlichen Willen zum Völkerfrieden gezeigt; aber der schamlose Vertragsbruch und der dadurch offenbarte Ber- nichtungswille Frankreichs haben das deutsche Volk endlich zur natio nalen Einigung znsammengeschweißt. Der Bauernschaft erwächst die Verpflichtung zu intensivster Produktion um unser Volk in seiner Ernährung vom Auslände unabhängig zu machen. Redner gedachte dann der beiden verstorbenen Kämpen der sächsischen Landwirtschaft, Exzellenz Dr. Mehnert und Oekonomierat Schmidt, zu deren ehren- dem Gedächtnis sich die Versammelten erhoben, während die Hof- trompetc« „Ich halt' einen Kameraden" bliesen. Das Wort „Der König ist tot, es lebe der König!" übertrug er und sagte: Gott gebe uns wieder einen Schmied, der durch kräftige Hammcrschläge uns zu nationaler Einheit zusammenschweißt l Unter großem Bei fall erklärte der Redner dann, daß der Sächsische Landbuud bereits über eine Million Mitglieder zähle und der Deutschöster- reichischc Landbund sich ihm angeschlossen habe. Mit ihrem Gruße an die brave Ruhrbevölkerung habe die Bauernschaft ihr unentgeltlich Lebensmittel znkommcn lasten. Nach der Rede trug Frau Grambitzka, Meißen, ein tiefempfundenes Gedicht „Ein deutsches Mahnmort" vor. - - Reichstagsabgeordnctcr Dr. Obcrfohren führte u. a. aus: Der Vernichtungswille Frankreichs habe das Gegenteil erzeugt, was Poincarce wollte, die internationalen Bcr- hetzungsidec» scheiterten am deutschen Herz, deutschen Sinn, deutschen Gehirn. Brüderliche Gruße senden wir unseren Landleutcn, die di gemeinsame Abstammung nicht verleugnen, sondern eine in der deutschen Geschichte einzig dastehende Würde wahren. Dank gebühre vor allem auch der Reichsregiernug, die Stahl im Rückgrat besitze. Wir wollen uns aufraffen aus der Trauer und zu Taten nationaler Auferstehung schreiten I Die deutsche Landwirtschaft will freudigen Herzens ihr Letztes hingebcn für ihr deutsches Volk, aber keinen Pfennig für die Reparationen. Wir warten auf das Rauschen der Tat. — Es sprachen noch Abgeordneter Schreiber, Mischwitz, der Vorsitzende des Bundes junger Landwirte nnd ein Vertreter der Bauernhochschuls. Im Schlußworte teilte Abgeordneter Pagenstcchcr noch mit, daß der Sächsische Landbuud deu Wert von 1000 Zentner Roggen der Reichsregierung für die Nuhrbevölkerung überwiesen habe. Dann wurde unter stürmischem Bcisall folgende Entschließung angenommen: Der Sächsische Landbnnd erhebt schärfsten Protest gegen den verbrecherischen Einbruch der französischen und belgischen' Horden in friedliches deutsche« Gebiet. Wir danken der Reichs regierung für ihr deutsches Verhalten und rufen dem Reichskanzler zu: „Landgraf, bleibe hart!" Unsere Brüder im Ruhrgebiet werden wir nach bester Kraft und mit freudigem Herzen unterstützen. Ihr mannhaftes Verhalten gibt uns d-e Hoffnung, daß ihr Kampf dem ganzen geliebten Baterlande die baldige Befreiung von den Fesseln des Versailler Vertrages bringen möge. Haltet aus! — Zum Schluffe erhoben sich die Tausende und sangen stehend das Deutsch landlied. — Mit dieser eindrucksvollen Versammlung und vater ländischen Kundgebung fand die Grüne Woche der sächsischen Landwirte ihren harmonischen Äusklang. Politische Nondschav. Deutsches Reich. Berlin, 26. Januar. („ R u h r h i l f e l") In dem vom Reichspräsidenten, der Reichsregierung und den Landesregierungen erlassenem Aufrufe zur Bolksspende für das Ruhrgebiet heißt es: „Deutsche Volksgenossen! Im Frieden, entgegen den ge schlossenen Verträgen, hat der französische Imperialismus das Ruhrgebiet, sreics deutsches Land, mit militärischer Macht verge waltigt. Was Deutschland erneut auferlegt wird, verlangt ciu großes gemeinsames Bolksopfer. Es geht um Deutschlands Da sein und Zukunst, um Recht und Freiheit des Volkes. Gebt des halb zur deutschen Bolksspende! Die ausgebrachten Gelder werden »on einem Beltra»ensausschuß verwaltet, der unter dem Vorsitze des Reichskanzlers zusammentritt." In dem Aufrufe der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Ruhr spende heißt es: „Wir fordern Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf, sofort für diese Spende Geldmittel zur Versügung zu stellen. Die Spenden werden entgegengenommen von der Reichsbank, sämt lichen Banken und Bankiers, Sparkaffen »nd Genoffenschaften unter der Bezeichnung „Ruhrhilfe, Abwehr des Einbruches in das Ruhrgebiet". Von den Arbeitgebern wird erwartet, daß sie voran gehend Beträge in Höhe des Vierfachen des von ihren Arbeitern und Angestellten bereitgestellten beitrage». Arbeitgeber, die im Verhältnisse zu ihrer wirtschaftlichen Bedeutung genngere Zahlen von Arbeitern und Angestellten beschäftigen, werden gebeten, ihre Beträge entsprechend zu erhöhen. Arbeiter, Angestellte und Be amte sollen vorerst als Spende den Verdienst einer Stunde opfern. Uw die Gelder schnell und reibungslos bereitzustellen, wird emp fohlen, entsprechenden Abzügen bei Lohn und Gehalt zuzustimmen." Der Aufruf ist von deu Organisationen unterzeichnet, die die gesamte deutsche Wirtschaft repräsentieren. — In einem dritten Auf ruf, der von denselben Organisationen anSgsht, wird gegen die Preistreiberei Stellung genommen und u. a. erklärt: „Die Folgen des Rechtsbruches an der Ruhr haben sich in einer weiteren starken Entwertung der Mark ausgedrückt. Diese Entwertung entspricht nicht der tatsächlichen Wirtschaftslage Deutschlands. Infolgedessen besteht kein Anlaß, der Entwickelung des Dollarkurscs in der Preisbildung in Landwirtschaft, Handel »nd Industrie überhastet zu folgen oder gar ihr voranzueilen. Diese Zurückhaltung erwarten wir von allen beteiligten Kreiken und wünschen vielmehr, die Preisentwicklung trotz der ungünstigen Währungslage mit allen Mitteln, auch unter Opsern, in erträg lichen Grenzen zu halten. Da indessen den Preissteigerungen eine entsprechende Festsetzung der Löhne und Gehälter folgen muß, sol len die Herhandlungen darüber von der Arbeitgeberschast mit dem Willen zum Entgegenkommen bis zur äußersten Grenze, von der Arbeiterschaft in Anerkennung der schwierigen Lage geführt wer den, die sich aus der gesamte» Lage Deutschlands auch für seine seine Wirtschaft ergeben hat oder noch ergeben wird." München, 26. Ja». (Belagerungszustand in Bayern.) Das Gesamtministerium des Freistaates Bayern «erläßt heute Abend folgende Bekanntmachung sür das rechtsrheinische Bayern: „Der Druck der Feinde auf Deutschland verlangt zurzeit Zusammenfassung aller Kräfte zur Abwehr. Jetzt ist nicht Zeit zu pölitischen Auseinandersetzungen, durch die die Gefahr von Zusam menstößen unter Deutschen heraufbeschwört werden. Den Führern der mnionalsozialistischen Deutschen Arbeiterpariei wurde daher er öffnet, daß unter diese» Umständen anläßlich ihres Parteitages Ver anstaltungen nnd Festlichkeiten unter freiem Himmel nicht zugelaffen werden. Sie lehnten die Berücksichtigung dieser Anordnung ab und drohten, daß der staatlichen Gewalt enlgegengetreten werde. Damit hat die Nationalsozialistische Arbeiterpartei den Boden der Verfassung verlassen und der verfassungsmäßigen Regierung den Kampf angesagt. Um allen Störungen, von welcher Seite sic auch immer kommen mögen, zu begegnen, hat daher die Staatsregicrung beschlossen, den Ausnahmezustand zu verhängen. Sie erwartet von allen Staais- bürgern die genaueste Beachtung der bestehenden Gesetze und der Anordnungen, die dis Aufstellung eines Generatstaatskommissariats vorsehen, zu dem der Innenminister Dr. Schwcyer bestellt ist. Außer dem werden zur Aufrechterhaltung der öffentliche» Ordnung und der Sicherheit besondere Beauftragte der Regierung bestellt, und zwar die Regierungspräsidenten für ihre Regierungsbezirke und die Polizeipräsidenten in den großen Städten, — (Belag«rung»zustand in Trier.) In folge der Nukweisungen von 10 Beamten durch fran zösische Behörden sand in Trier ei» Proteststreik aller RrSeitnehmer und eine patriotische Kundgebung statt. Ein französische» Kavallerieregiment benutz.« di«» zu Angriffen auf di« Menge. Di« Demonstrationen s«tz. ten fich jedoch bt» ti«f tn die Nacht hinein fort. Neber Trier wurde der Belagtrungtzustand verhängt. Der Berkehr ruht. — (Kindermord durLfranzösischeOf- si ziere!) Di« ersten blurigen Opfer de» Völkerrecht», widrigen Einfall« Frankreich« und Belgien» in da» Ruhrgebiet genügen der ylorreich-n Armer de» Herr» Poircartt noch nicht. In Essen haben dir französische« Osstz err für fich von der Stadtverwaltung täglich je 5 Liter Milch gefordert. Dies« Forderung bedeutet nicht« andere» als Kindermord durch die französischen Osfizirre, da die Milchversorgung der Essener Bevölke rung schon ohnehin so trostlos ist, sodaß bereit» jetzt alle übrr zwei Jahre alten Kinder überhaupt keine Vollmilch mehr erhalten. Auf die energischen Vorstel lungen der Essener Stadtverwaltung hin beschränkten sich dann di« sranzösischrn Offiziere auf di« Forderung von täglich 60 Blavco Milchkarien, mögen auch da- rüber deutsche K nder elendiglich zugrunde gehen. Deutscher Reichstag. Die Finanzkatastrophe. Die außerdeutsche Teilnahme an dem schweren Ungemach der feindlichen Ruhrbesttzung dauert an. Am Donnerstag konnte Reichspräsident Löbe von einer Reihe von Kundge bungen herzlicher Sympathie Mitteilung machen. Sie stammen vornehmlich uu» österreichischen Landtagen, sodann auch von den deutschen Abgeordneten (Südtirolern) des italienischen Par laments, und erweckten große Genugtuung. Die große Ein- sührungsrede zur ersten Lesung des Reichsctats sür 1S23 hielt sodann, nachdem kleiner« Vorlage» schnell angenommen waren, der Reichsfinanzminlster Dr. Hermes. Er befand sich in schwieriger Situation. Die Kahlen, die er in dem Voranschlag des Etats im Frühherdst vorigen Jahres niedergeschrieben hatte, find bereits überholt, sodaß der Voranschlag eigentlich nur noch die Bedeutung eines Programms hat, Mit 7S2 Milliarden waren die Einnahmen und Ausgaben des Reiches »»gesetzt worden, nunmehr aber stellt sich heraus, daß allein der ordent liche Etat eine Gesamtausgabe von 3,2 Billionen ausmacht, denen günstigsten Falls an Gesamteinnahmen der Betrag von 2 Billionen gegenübersteht. Es klafft also allein im ordent lichen Etat ein Difizit von über 1 Billion, und es ist nicht ab zusehen, wie die Folgen der verbrecherischer Ruhrbesetzung fich für die Reichsfinanzen auswirken werden An Ersparnissen ist wohl das Mögliche geleistet worden und es wird mit diesem Bestreben sorlgesahrcn werden. Aber was will das im Grenzen besagen, wenn die Mark immer tieser stürzt, und was wesentlich im Verfolg der Ruhrbesetzung? Wir treiben nicht nur in der StaatswiUschast, sondern auch in der Privatwirtschaft den un heilvollsten Zuständen entgegen. Der Minister legte dar, was da» Ruhrkohlengebtet, diese wirtschaftliche Herzkammer, sür uns nach dem Verlust Oberschlcstens und der Entziehung der Saarkohle bedeutet. Es besteht die Gefahr, daß der ganze Mechanismus des Ruhrgebtetes und damit das Hauptorgan unseres Wirtschaftslebens ins Stocken gerät. Und ferner läßt sich das Maß der nachteiligen Rückwirkung aus das deutsche Finanzwesen noch nicht entfernt absehen. Der Minister kündigte eine größere Kreditforderung zur Beseitigung der wirtschaftlichen Schäden durch die Ruhrbesetzung an. Und daneben halte man die Behauptung PolncarLs, er wolle Deutschland zu Resormen veranlassen, und die Mark zu stabilisieren. Dar ausbrechende Gelächter der Abgeordneten war da nur allzu berechtigt. Nun zeichnete der Ministers ein erschütterndes Bild der Leiden der Bewohner des Ruhrgcbiete» und der zunehmenden Entbehrungen des deutschen Volkes in den unbesetzten Landestcilen. Stürmische Entrüstung, die fich in Pfuirufen entlud, durchwogte das Haus. Die Einschränkung aller Luxusausgaben soll nun gesetzlich in Angriff genommen werden. Ach, wenn nur auf der anderen Seite erreicht werden könnte, daß der beängstigenden Verelendung des Volke», nament lich der Jugend. Einhalt geschieht! Unsere Kinder find in Ge- sah:! Und niemand sonst trägt an unserm völkischen Ruin die Schuld als die Gewaltpolitik der Franzosen! Das nagelte der Minister unter stürmischen j Zustimmung des Hauses fest und mit größter Entschiedenheit wir» er dir französische Behauptung zurück, daß Deutschland den Stur, der Mark selbst verschuldet habe. Klar und bündig bezeichnete er als einzige Möglichkeit in der traurigen Lage Deutschlands den festen Willen der Ge samtheit zu entschlossenem Widerstand, damit einmal gründlich
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