Volltext Seite (XML)
Nr. 13. Pulsnitzer Wochenblatt — Dienstag, den 30. Januar 1923. Seite 2. — (Wetterbericht) vom 29. Januar, früh: Obwohl am Sonnabend über Irland strenge Kiilts herrschte und sich ein Ausläufer hohen Drucks bis nach dorthin erstreckte, ist doch eine Abkühlung von irgend einer hohen Bedeutung in Deuischland nicht erfolgt, da immer »och di» Wechselwirkung zwischen Liefdrvck- «grbieten über Nordeuropa und dem »Hoch' im -ortbrstand. Im bIV vor Irland war überdies ein »euer Minimum schon am Sonnabend angedeutet, so dH der HochdruckauSitiufer dort wieder beseitigt sein wird. Abkühlung Set unS wird ernstlicher nach Vorüierganx der neuen Minimums zu erwarten sein, ob von Dauer, erscheint noch fraglich. — (DarLausendmarkstück.) Der ReichSrat hat den vom Reichkstnanzministerium auSgearbeiteten Gesetzentwurf über die Prägung von Ersatzmünzen genehmigt. Er hat darin insofern eine Linderung vorgrnommen, als er eint feste Höchstgrenze fü.r die Prägung von Hartgeld in Höhe von 1000— Mar! geschliffen hat. — (Zur Aufbewahrung der Kartof feln.) Lllgrmein hört man, daß in diesem Jahre sehr viele Kartoffeln verderben. Er sei deshalb kurz auf einige Gesichtspunkte, die bei der Aufbewahrung zu beachten find, hingewiesen. Di« Grundregel ist, die Kartoffel vor Feuchtigkeit, vor zu hoher Temperatur und vor Licht zu schützen. Zur Vermeidung zu hoher Temperatur empfiehlt e« sich, die Kartoffeln nicht höher als 70 Zentimeter zu lagern. Die Temperatur soll nicht über 8 Grad Celsius betragen. Am besten ist <S, wenn die Temperatur durch häufiger Lüften brr Lagerraumes zwischen zwei und sechs Grad gehalten werden kann. Feuchtigkeit begünstigt stark die Aus breitung der Krankheiten. Ein gutes Mittel dagegen Ist das Einstreuen von feingemahlenem G1p» oder Kalk, wodurch nicht nur die Fruchtigkeit aufgesogrn, son der auch die FäulniSerreger abgetötet werden. Ferner empfiehlt »S sich, die Kartoffeln aus einem Lattenrost zu lagern oder, wenn er sich um kleinere Mengen handelt, sie in Kisten unterzubringen, di« vielleicht aus Ziegelsteine gelegt werden können. Sehr wichtig ist da» öfter« auSlesen bet stark kranken Beständen möglichst alle vier Wochen; die kranken Knollen find Lei dieser Gelegenheit zu entfernen und die anderen Kartoffeln zu entkeimen — (Das Zeitungssterben.) Die Not der Presse macht auch vor Parteiorganen nicht Halt. Die „Tachsenstimme", das Organ der Deutschen Volks Partei in Sachsen, stellt jetzt ebenfalls ihr Erscheinen ein. Großnaundorf. (Diebe haben hier eins Gastrolle gegeben.) Bei 2 Gutsbesitzern und einem Häusler wurde in der Nacht zum 27. Januar eingebrochen und außer Lebensmitteln, Kleidung«- stücken, Schuhwerk und anderen Gegenständen, auch L wertvolle Treibriemen und ein Herren-Fahrrad, Marke Naumanns Dynamo, mit schwarzem Rahmen bau, gerader vernickelter Lenkstange mit schwarzen Griffen, vernickelten Pedalen, Freilauf und Rücktritt bremse, gestohlen. Der Gesamtwert der gestohlenen Sachen beträgt etwa 600 000 Mark. Auf die Wieder erlangung der Treibriemen, Leder, 9 —10 w lang, 10,8 cm breit und 4,8 mm stark und 11—12 m lang, 10,8—11 cm breit und 8 mm stark, sind 8000 Mark Belohnung ausgesetzt. Wer sachdienliche Wahrneh mungen in Bezug auf die Diebstähle machen kann, wird gebeten, dies dem nächsen Gendarmerie- oder Polizeiposten mitzuteilen. Oberlichtenau. (Die Mütterberatung) findet Freitag, den 2. Februar, nachmittags 8 Ahr in Schreier» Gasthof statt. Arzt wird anwesend sein. Alle jungen Urauen und Mütter find hierzu «ingeladen. Oberlichter«»«. (Abhanden gekommen) ist hier einer Fabrikarbeiterin ihr gesamter Lohn in Höhe von fast 24 00V Mark. Auf welche Weife dies geschehen ist, hat durch die sofort eingeleiteten polizei lichen Ermittelungen noch nicht festgestellt werden können. Ohor«. (Oefsentliche GemetnderatS- sitzung.) Hu ihr hatte sich eine so zahlreiche Zu hörerschaft eingestellt, wie sie der VsrhandlungSsaal wohl selten gesehen hat. Aird sie bei den Aussprachen über die Grundmiete, über di« Tragung d«r Kosten bei Lählerumdautr», über di« ungewöhnlich hohe Grundgebühr »der gar über di« »kostenlos«' Toten« bestattung aus ihre Rechnung gekommen sein k — wer kann «» wissen! — — Diese letztere Forderung, di« schon längst vor der entsetzlichen Teuerung erhoben wurde, wird mit dem Fortschritten dieser selbst, auto matisch in Erfüllung gehen, wenn auch vielleicht nicht in dem Ausmaße, wie ,» gewünscht wirb. Dem „Allergleichmacher' Tod, soll die „uniforme' Beerdigung de» Leichnam» auf Gemetndekosten folgen und di« Lebenden sollen, je nach ihrem Einkommen, steuerlich dafür auskommen. Die Einkommensteuer; die Ohorn 1921 ausbringen mußte, betrug für da» Gteuerjahr 1921 rund 1'/, Million Mark. Mindesten» ein gleich hoher Betrag müßte auch für di« kommunale Be stattung aufgebracht werden. Schon Reich und Ländern graut vor den Milliarden tosten und den Gemeinden, die durch die Beseitigung der Ftnanzhoheit in Millionen- schulden gestürzt wurden und hie keine sonstigen extraen Einnahmen haben, fehlt e» erst recht an den nötigen Mitteln. Aber getan werden muß etwa», deshalb be schließt der Gemeinderat die Aufstellung «ine» Ort»- gesetzt», da» nach seiner Beratung der Regierung vorgelegt werden soll. — Die VertragSbedingungr» der Großröhrsdorfer Elektrizitätswerke» lassen leider kein« «roßen Hoffnungen auf Minderung der Kosten Seim Z-ihlerumbau oder gar gerade bei dem kleinen Abnehmer unsozial wirkenden hohen Grundpreis auf- kommen. Vielleicht hilft aber in gewissen Fällen «in Bittgesuch an da» Werk. — An den Verkehr-stellen sollen demnächst Tafeln oufgestrllt wrrden, an denen die Bekanntmachungen der Gemeinde anxeheftet werden. — Wit Vorschlägen zur Erhöhung der Grundmiet« wird «in paritätischer Ausschuß Setraut, der mit dem WohnungSauSschutz Verständigung suchen soll. — Der Waldfeldpachtpreis für das laufende BaHljohr, das vom 1. 10 22 läuft, soll ftr da» 4,Sö Hektar gr»ß« fortlaufende Gelände auf L5 29O M festgesetzt werd«». In anbetracht dessen aber, daß das immerhin arm« Waldland erst vor kurzer Zeit mühselig urDpr gemacht wurde, und daß e» wenig ertragreich ist, soll versucht werden, vom ForsififtuS noch »in Pachtfteijshr zu erlangen. — Im G?w«rb«gerichtSbszuk hat Srdau«r- lichrrweis« der Vorsitzende sein Amt niedergelegt. Die «mtShauptmannschaft soll ersucht werden, vielleicht unter Zentralisierung für den ganzen Kamenzer Bezirk, alk ferneren Vorsitzenden einen juristisch gebildeten Beamten zur Verfügung zu stellen. — In seiner Mehrheit beschließt der Gemeinderat für 1923 Sei einem Zuschlag zur Gewerbesteuer von 1» Prozent zu bleiben. Kür sie ist maßgebend, daß d-n Steuerzahlern cxxvs An «nsere Leser! Der katastrophale Sturz der Mark wirft seine verhängnisvollen Schatten schonungslos auch auf das deutsche Zeitungsgswerbe. Schwerer als je kämpft die deutsche Presse um ihre Erlstenz. In unserer sächsischen Heimat allein sind 43 Zeitungen im hartem Ringen erlegen. Jeder 8 Stamm im sächsischen Blätterwald fiel dem Sturm der Wirischaftskämpfe zum Opfer. Der neue Monat droht mit neuen Lücken und neuer schwerer Heimsuchung, wenn nicht die schützende -and der Leser hilft Bedenkt, daß smit jeder sterbenden Zeitung ein Stück wertvollen deutschen und Geisteslebens zu Grabe getragen wird. Verkennt nicht in der Stunde der Not Wert und Notwendigkeit Eurer Heimatzeitung! Treue um Treue, trotz schwerer Zeit, trotz neuer Opfer! Der Vezugsprei sIür Monat Februar 1928 beträgt: Bei Abholung am Schalter . . Mk. SOO- Bei Anstelnng durch die Bote» . Mk. 850.— Unsere Postbezieher bitten wir, den Differenz- betrag zwischen dem später festgesetzten Bezugspreis« (880 — M.) und der an die Post geleistete Anzah lung (600 — M ) in Höhe von 200 M. als Mach zahl««, persönlich in unserer Geschäftsstelle ein. zahlen oder auf unser Postscheckkonto Dresden Nc. 2188 überweisen zu wollen. Nachzahlungen, welche bi» zum 18. Februar nicht eingegangen find, werden an diesem Lage zuzüglich der hohen Post, fpesen mittel» Nachnahme eingezoge«. Hochachtungsvoll Verlag des Pulsnitzer Wochenblattes. « exxxs für 1922 dt« Einschätzung noch nicht zugegangsn ist. Der Steuerzahler aber kann doch wohl verLangen, daß er erst Kenntnis von der Höhe der Steuer erhält, zumal Auksicht vorhanden, daß der Landtag die Gewerbesteuer rückwirkend verdreifacht! — Herr Fabrikbesitzer Beruh. Rammer hat für di« Notleidenden der Gemeinde ihr dankenswerter Weise 30000 M über- geben, die dem Wohlfahrtsausschuß zur Verteilung überwitten werden. Weißbach. (Stiftung) Die Mitglieder des Landbundes hiesiger Gemeinde stifteten ca. 100 KOO M zur Notstandsunterftützung an hiesige, wirklich bedürf tige Einwohner. »resdek. (Aufklärung des gestrigen Naubübecfalles) Wie seinerzeit gemeldet, wurde am Sonntag, den 10. Dezember, ein hier zugereister junger Mann von 2 Unbekannten vom Hauptbahn' Hof aus nach kastritzer Flur verschleppt und dort seiner Kleidung und sonstigen Wertsachen beraubt. Die Täter sind jetzt durch bei ihnen vorgefundene und dem jungen Mann mitgeraubte Ausweispapiere in dem 21 Lahre alten Arbeiter Arthur M. aus Gelsenkirchen und dem Schlosser Willy Sch aus Ber lin festgestellt worden. Beide haben in Berlin und Umgegend mehrere derartige Straftaten verübt. Bei der Ausführung eines neuerlichen Raubüberfailes ge lang ihrs Festnahme. Dresden. (Aufdeckung eines geplan ten Raubmordes.) Am vergangenen Dienstag wurde der Dresdner Kriminalpolizei bekannt, daß gegen eine in der Josephstraße in Vorstadt Strehlen wohnende Privata ein Raubmord geplant sei. Die von der Kriminalpolizei sofort aufgenommenen Er hebungen ergaben, daß ein bei der Privata wohnen« der Neffe, der 21 jährige, frühere Student und jetzige Hilfsarbeiter Walther G. den Plan gefaßt hatte, seine Tante durch dritte Personen umbringen u»d berau- i den zu lassen. G, der Schulden hat, wollte sich auf > diese Weise in den Besitz des Vermögens sei««» Tani« setzen. Er hatte sich zu diesem Zwecke wiederholt ix ein hiesiges Bolkshsim begeben und sich dort mit zwei Leuten bekannt gemacht, die er in seinen Plan ein« weihte und denen er für die Ausführung der Tat ei«e Abfindungssumme versprach. Die beiden Leute sollten dis Frau knebeln und umbringsn. Die ver ständigte Kriminalpolizei verhaftete den G., als er seinen Komplizen das verabredete Zeichen gab. Ve» Uedeltäter, der noch hartnäckig leugnet, ist 21 Jahre alt. Er studierte an der Technischen Hochschule zu Dresden und arbeitet jetzt an der Staatsbahn. — (Abhaltung der Dresdner Vogelwiese 1828.) In der Hauptversammlung der Dresdner pri« veligierten Bogenschützengesellschaft wurde beschlossen, di« Abhaltung der Vogelwiese in der Zeit vom 7 bis 18. Juli energisch zu betreiben, falls sich eins genü gende Anzahl Aussteller melden. — (Keine Fran zosen und Belgier in Dresdner Hotels.) Der Herein der Hotelbesitzer von Dresden und Um gebung har in seiner letzten Sitzung festgestellt, daß seit dem Einmärsche ins Ruhrgebiet keine Franzosen und Belgier in den Dresdner Hotels ausgenommen worden sind. — (Der Circus als Warner und Er zieher.) In Dresden erregt jetzt Sarrasanis neues Sensation« - Schaustück „Der Fremden. Legionär" ein kolossales Aufsehen. Hans Stosch Sarrasani hat dies mal einen Griff mitten ins Leben hinein getan, er malt in gewaltigen Bildern die Schrecknisse der afri kanischen Hölls, die Grausamkeiten des glorreichen französischen Militarismus. Packender und volkstüm licher, spannender und ernster ist nie ein Tirkusspiel gewesen, und nicht nur Zehntausende von erwachsenen Menschen lassen sich in den Bann der abenteuerlichen Vorgänge ziehen: drr Jugend vor allem ersteht in diesem Schaustücke eine tiefdringende Warnung. In Deutschland, auch in Sachsen haben die lockenden und goldklinzenden Verheißungen der französischen Werber ganz junge, unerfahrene Jünglinge gefangen, die unseren Feinden a!s willkommenes Kanonenfut ter in der Wüste gedient haben. So haben Lehrer und Schulleiter jetzt ganze Klassen zum LircuSbesuch angemeldet, und Sarrasant erfüllt seine Aufgabe: die Kunskstätte zu sein, die sich an dis Heranwachsende Jugend wendet. Wegen des bedeutenden Umfanges des Programms beginnen bei Sarrasani jetzt die Abendvorstellungen um 7,15 Uhr. Nachmittags-Vor stellungen — mit halben Preisen für Kinder — fin den an jedem Mittwoch und Sonntag um 8 Ahr statt. Niederoderneitz. (Gin Schlittengespann gestohlen) Ein mit einem Fuchs bespannter Schlit ten, der vor einer hiesigen Gastwirtschaft hielt, wurde von Dieben gestohlen. Der Besitzer erleidet einen Schaden von 1'/, Millionen Mark. Klingenthal. (Einstellung eines Kupfer bergbauwerkes.) Dis Gewerkschaft „Klingenthal- TraLlitzer Kupferbergbau" hat das Bergbaurscht auf« gegeben. Das bedeutet, daß der Bergbau dort ein« gestellt wird and alles angelegte Kapital verloren ist. Die ttupferfunde waren ungenügend. PoMtsche Nrmdschrm Deutsche» Reich. * Verlin, 29. Januar. (Eine Kundgebung de» republikanischen Reichrbund«».) Der republikanisch« R«ich»bund veranstaltete am Sonntag «ine gutdesuchte Kundgebung, in der Verirrter der Dtmokratrn, de» Z-ntrum» und der Bereinigten So zialdemokratisch«« Partei gegen die Bsfrtzung de» Ruhrgebirte» und gegen di« von München ausgehen- d«n Bestrebungen, die brutsche Einheit zu z«rsplittrrn, Protest «in gelegt wurde. Verlin, «0. Januar. (Fritz Thyssen über die Lage im Ruhrgebtit«.) Fritz Thyssen, der gestern tn Berlin eingettoff«» war und h«ute, Dievrtag, früh wieder in da» Ruhrgebiet zurückreist, empfing rinen vrrtrerrr der »Deutschen «llgemktnen Zeitung' zu einer Unterredung, in der er u. a. auSführte: E» geht jetzt uw die höchsten nationalen -nttrcffm. Dt« Franzosen wünschen die deutsche Industrie zu ver nichten, um im Kriegsfall« Verfügung über den KokS zu haben. Drr bisherig« pofiiiv« Erfolg der Franzos«» ist gleich Rall. Keine einzige Tonne ist nach Westen binaurzegangen. And dabei wird e» auch bleibe«. Gin so komplizierter Apparat wie da» verkrhrSaetz de» Ruhrgebiet«» ist einfach nicht zu handhaben, wenn nicht alle Räder willig ineinandergrrisen. E» ist eine ganz dilettantsvhafte Auffassung, mit «in paar Eisen- bohnern diesen Apparat in Sang halten zu wollen. Die Zollini« halt« ich für undurchführbar. Di« Drohungen der französischen Press« mit Aushungerung de» Ruhrgebiets» kann ich nicht ernst nehmen. Zunächst gilt», sich nicht einschüchtern zu lassen. Ich kann nur nochmal» sagens daß die Heilung der Arbeiterschaft und der gesamten vroblkerung von seltener Urber- zeugung-treue ist. Die Lohnzahlungen für di« Arbeiter schaft sied sichergestellt. Wenn die Fravzosen fir be schlagnahmen sollten, so würden andere Maßnahmen ergriffen werden. Da» einmütige Eintreten de» ge- samtrn Volke» an der Ruhr für die nationalen An» tereflen schließt allerdtng» nicht au», daß in der Zukunft wieder die bestehenden Gegensätze politischer und materieller Natur auftreten. -etzt aber stehen alle «tn für die gemeinsame drutsch« Sache. Wir sehen d«r Zukunft mit vollster Ruh« entgegen.