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Vom Zaubern. (Geschichtliche Betrachtungen von R. K.) 5) Schrepfer hatte damit «inen Erfolg davon getragen, obwohl nach heutigem Denken da» Ganze nur ein plumper Betrug gewesen war, dessen später noch einmal gedacht werden soll. Nicht so erfolgreich für Schrepfer war die Paketöffnung. Schrepfer hatte nach dem Schatze schreiben müssen. Da» Paket war auch angekdmmen. Di« Er- öffnung wurde aber von seiten Schröpfer» durch allerlei Autflücht« von einem Tage zum andern verschoben. Nur durch Verwendung seiner hohen Günstlinge entging Schrepfer dem ihm drohenden Geschick, al» Betrüger ent larvt zu werden. Nl» ihm der Boden in Dre»d«n zu heiß wurde, reiste er am angrsrtzten Tage der Eröffnung nach Leipzig. Die Eröffnung fand statt. Du» Paket enthielt — we'.ße» Papier und mehrer« Zettrl auf denen wieder auf andere Papiere verwiesen wurde. Btschostwerder und Hopfgarten, die von dem Betrug« noch nicht» wußten, reist«« Schrepfer nach und gingen noch ganz vertraut mit ihm um. Nl» nun aber der 7. Oktober 1774, al» der Tag der Frist herannahte, auf welchen Schrepfer seine Gläubiger mit Zahlung vertröstet hatte, gedachte er, da er sich keinen Nutweg wehr sah, mit einer Überraschung au» der Welt zu gehen. Beim Abendessen sagte er zu den oben Genannten und noch zwei anderen seiner Be kannten: »Diese Nacht legen wir un» nicht zu Bett, denn morgen mit dem Frühesten, noch vor Sonnenaufgang, sollen Sie ein ganz neue» Schauspiel zu sehen bekommen. Bi» jetzt habe ich Ihnen Verstorben« gezeigt, die in» Leben zurückgerufen wurdrn, morgen sollen Sie aber einen Lebenden sehen, den Sie für tot halten werden.' Nach diesen Worten schlief er noch mehrere Stunden. Bei Anbruch de» Tage», gegen 5 Uhr, stand er mit den Worten auf: »Nun, weine Herren, ist e» Zeit, daß wir gehen.' Im Rosentale angelangt, sagte Schrepfer in vollster Gemütsruhe: »Rühren Sie sich nicht von der Stelle bi» ich Sie rufen werde; ich gehe jetzt in diese» Grbüfch, wo Sie bald «ine wunderbare Erscheinung sehen sollen.' Kurz nachher fällt «in Schuß. Ec wird zunächst nicht beachtet, weil man denkt, e» fei ein Jäger in der Nähe. Nach längerem Warten dringen die nochmals Belogenen in» Dickicht ein und sehen Schrepfer tot auf dem Boden liegen. Niemand beklagte ihn, wohl «der die von Schrepfrrn »Geschröpften' ihr verlorenes Geld, u. a. verlor du Bokc 4—5000 Taler. Urber da» Verfahren, da» in jener Zeit beim Geisterbeschwör«n «»gewendet wurde, mag ein Hallescher Professor kurz berichten: »Da» Verfahren besteht in einem Räucherwerk, da» man in einem dunklen Zimmer verbreitet. E» hat zwei Eigen, schäften: 1. den Zuschauer in einem Halbschlaf zu ver setzen, der ihn noch alle» verstehen läßt, was man sagt, doch tief genug ist, ihn am Nachdenken zu hindern; S. ihm da» Gehirn derartig zu erhitzen, daß seine Einbildungs kraft ihm lebhaft da» Bild der Worte, die er hört, abmalt und di« Vorstellung beifügt, die dazu bient, da» Ziel seine» Streben» zu verfolgen und zu erreichen. Er ist in dem Zustande eine» Menschen», der nach den leichten Eindrücken, die er im Schlafe empfängt, einen Traum zusammensetzt. Nachdem der Geisterbeschwörer vom Zu schauer möglichst virle Einzelheiten über die Person, die ihm erscheinen soll erfahren und nach der Form und den Kleidern gefragt hat, in denen der Verstorben« er- sHeinrn soll, (bei Leuten, di« dem Zauberer bekannt waren, fiel selbstverständlich die Erkundigung weg) läßt er den zu Täuschenden in da» dunkle Zimmer treten, dir Besprechung hat also vor der Beschwörung stattgcfundrn. Wenn nun angenommen werden kann, daß da» Räucher werk zu wirken begonnen hat, folgt der Beschwörer, de^ sich vor der Einwirkung der Dämpfe durch einen in einen dazu hergestellten Liqurur getauchten Schwamm schützt, und spricht: »Sie sehen den und den, so und so gestaltet und gekleidet, worauf sich seiner erregten Phantasie sofort die Gestalt einmalt. Hierauf erfolat mit rauher Stimme die Frage: ,Wr» willst du ?' Dar Opfer diese» Schwindel» ist" davon überzeugt, daß der Geist zu ihül spricht und antwortet. Da» Gespräch endet mit einer durchs Räucher werk erzeugten Ohnmacht. Diese wirst einen Schleier über da», wa» der Betrogene gesehen und gehör», ver wischt kleine Mängel, deren er sich erinnern könnt«, und hinterläßt beim Erwachen «in« aus Furcht und Achtung g«mischte Überzeugung, gegen die ihm kein Zweifel mehr bleibt.' Vielleicht war der H-xe zu Endor, die dem Saul den verstorbenen Samuel vorräuscht«, ein ähnliche» Ver fahren bereit» bekannt. Man kann sagen, so war auch die wohldurchdachte Methode Schrepfer». (Forts, folgt) Die empfindsame Zeil im Seifersdorfer Dal. 16) Von Herbert Sticht- Infolgedessen suchte man nur die Nnmut in der Natur — wie die angeführten Verse an den Denkmälern e» ja kundraten —, aber den vollen Ton brr Landschaft vermocht« man noch nicht in sich aufzunrhmen. Wie sollt« man auch! Denn da» Erhaben« in der Natur war noch unbekannt; da» offenbarte erst da» damals mit der Besteigung des Montblanc und de» Groß glockner» beginnende Vordringen in die Welt der Alpen. Und daß man in der zweiten Hälfte de» 18. Jhrhun« dert» avfing, im freien Wasser zu baden — was auch Goethe eifrig propagierte —, spricht nicht dagegen, son dern beweist eher di« Richtigkeit de» S-sagten. Diese neue Sitte, von den aristokratischen Geschlechtern sofort ausgenommen und gepflegt, hatte natürlich auch in Seifertdorf Eingang gefunden, und im Tale wurde eilig für ein Naturbad gesorgt. Noch heut« erkennen wir gegenüber der H-rdersäule, wo die Röder scharf recht winklig umbiegt, seine gemauerten Reste. In melodischen Versen strömte dies r neue, vorher unbkkannte Genuß der Anmut in der Natur hier aus: »Nicht im Getümmel, nein, im Schoß« der Natur Km Silberbach in un helau schien Schatten Besuchet uns dir holde Freud« nur Und überrascht uns oft auf «in«r Spar, Wo wic sie nicht vermutet hatten.' — Schließ ich griff empfindsame» Denken und Fühlen — wovon am Beginn dieser NuSführungen auSgegangen wurde — auch auf das Bürgertum in den Städten über. Der Boden dafür war gut vorbereitet, denn dir Rsbinsonadsn und Gellers empfindsame Lustspiele und Romane, die man mit Begeisterung ausgenommen hatte, wissen den Weg nach dieser Richtung. Der Bürger wandert also jetzt auss Land, seine Vorliebe für länd-, liche Freuden beginnt. Die Natur ist ihm aber nur der erträumt« Gegensatz zur Stadt. Hier Schuld, Sünde, Zwang, Verderben — dort, wo die Lüfte reiner wehen, Uaschulo und Freiheit. Im SriferSdorfer Tal zumal war'» dem weichen Stadtbürger leicht gemacht, den fin gierten Gegensatz von Stadt und Zand al» Wahrheit zu empfinden. Denn dies Tal wurde ja offensichtlich am unteren Eingang« von zwei Köttern bewach», die darauf sahen, daß nicht» von städtischer Verdorbenheit hier eingeschmuggelt wurde. Die Statue d,S einen, des HirtrngottrS Pan, ist heute verschwunden, aber der ander« hält noch Wacht — Nmor, der gefährliche kleine Kerl! So kam «», daß der Residenzler mit seinen wohl -2- abgewogenen Sitten, der streng aus Anstand hielt, voll auf Genüg« fand, in der empfindsamen arkadiichen Welt, die ihn im Tal umgab, und nicht imstande war, etwa» von dem vorhandenen tieferen Stimmungshintergrund der Anlagen zu erfassen. Für ihn waren darum in erster Linir die Inschriften bestimmt, di« gleichsam al» Leitmotiv« zu ihm reden sollten. Die sächsische Volksart neigt nun einmal zur Weichheit, und darum wollte der Besucher au» der Stadt eine Ansprache an» Gemüt, wenn «r sinnend vor den von Neuheit glänzenden Denk- Mülern stand, die Trän« drr Rührung im Auge! Aber da» Zritenrad rollt unaufhaltsam weiter l Deshalb fand auch dieser Zustand in seiner Blüte Geg ner, und ondererseit» trat in dieser Bewegung selbst schließlich größere Ruhe ein. Die Geister, di« sich im Taumel bewährt hatten, gewannen da» Ohr der Nation und aus ihrem Wirken entstand eine geistig« Strömung, die weniger di« subj-kttven enthusiastischen LebenSSußerun- gen festhtest al» vielmehr die neue seelische Haltung ver- stand und erlebte Nur au» diesem Zustande ist da» schroffe Urteil Schiller» recht zu begreifen, der da» Seifer»dorfer Tal von Loschwitz au» kennen gelernt ha ben mag, al» er Gast im Körnerschen Hanse war. Er sagt am Schluffe «iner Rezension de» Gartenkalender» für 1795*^: »Da» NrteU de» Vrrfafler» über den Garten von Schwetzingen und über da» Seifertdorfer Tal zu Dresden wird jeder Leser von Geschmack, der diese An lagen in Augenschein genommen, unterschreiben und sich mit demselben nicht enthalten tönnen, eine Empfindsam keit, welch« StttiNfprüche, auf eigne Täfelchen geschrieben, «n die Bäume hängt, für aff-ktirrt, und einen Geschmack, der Moscheen und griechische Tempel in buntem Gemisch durcheinander wirft, für barbarisch zu erklären.' Fortsetzung folgt. Wie es zur Gründung des Schlosses Hirschstein gekommen sein soll. Von Fr. Beruh. Störzner. Dem ehemaligen Klcsterorte Srußlitz gegenüber er hebt sich auf einem hohen und steilen I lien am linken Ufer der Elb« dcS malerische Schloß Hirschstein, ein« Perls der E-blandschaft unlechalb Meißen». Wit oft schon hat «» Malern als Metis gedient. Um di« Mitte des 11. Jahrhundert», al» noch dich- 1er Wald diese Gegend vielfach bedeckte, hielt ein Meiß-, nsr Markgraf einst «in; große Hetzjagd hier ab, di- Tag« hindurch andauerte. Da erblickten die morkgräflichen Jäger plötzlich einen wunderschönen, weißen Hirsch, wi« fie noch keinen gesehen hatten. Sie setzten ihm nach, stundenlang verfolgten sie ihn, aber vergeblich. Endlich waren fi« ihm auf Sprerwurfwettr nah«. Schon wollten sie ihre Jagdwaffs gegen ihn schleudern, da stürzte er sich vor ihren Augen von einem hohen Felsen hinab-in die brausende Elbe, durchschwamm den Strom und ver schwand im Walde am jenseitigen Ufer. Zur Erinnerung an jene wilde Jagd erbaut« der Markgraf droben auf der Felsenhöhe «in Jagdhaus und nannte «S den Hirschstein. H'-r hielt der Markgraf nun oft Einkehr und ersreut« sich an drr herrlichen Aussicht auss Elbtal. Ruk dem Jagdhaus« wurde mit der Zett ") Diese Rezension- Schillers über den „Taschenkalender auf das Jahr 179ö für Natur- und Gartenfreunde", nüt Abbildungen von Hohenheim bei Stuttgart und anderen Kupfer» bei Aotta in Tübingen erschienen, brachte die Allgemeine Literatur-Zeitung vom 11. Okrober 1794. Die hier zitierte Stelle nach „Sämtliche Werke, Tempelausgabe", Band 12, S. 307. Der Satz üver die Moscheen usw. bezieht sich auf de» Schwetzinger Garten. ein« Burg, di« d«n D«utsch«n al» Schutz gegen di« Sor- den Wenden dient««. So manche Kämpfe sanden in ihrer Nähe statt. Die rätselhaste Stetnsigur am Schlosse - Hirschstein. Die alterrgrauen Mauern de» Schlosse» Hirschstein an der Elbe find von d«r Sage mit ihrem immer grünen Efeu der deutschen Dichtung lieblich umrankt. Wenn in früheren Zeiten di« Mädchen der umlirgenden Dörfer in der Splnnstube um da» Kienspanlicht an den langen Winterabenden beisammensaßen, lauschten sie so gern den Erzählungen der im Lehnstuhle sitzenden Großmutter oder auch d«» Großvater». Wie war da» schön, wenn dann auch noch der Schneesturm um» Hau» heulte und die brennenden Holzscheite im Of«n prasselten! Da standen wohl die surrenden Räder und Spindeln auf einige Minuten still. Nn der Außenseite de» Schlosse» Hirschstein war früher ein« in St«in gehauene Figur zu sehen. Sie stellt« «in« Frau dar, di« auf den Armen ein Kind trug. Ira« Figur sollt« an folgenden Vorgang erinnern: Einst wurde in der Kapell« de» Schlosses «in Kind de» Burgherrn g«tauft. An di« Taufe schloß sich ein großer Taufschmau». Dabei floß der Wein in Strömen. Al» nun die Amme da» ihr anvertraut« Kind in die Wiege bringen wollte, lrgte sie in ihrer Trunkenheit da» Kind zum geöffneten Fenster hinaus. E» stürzte hinab in dir Tiefe. Wie nun di« trunkene Amme merkte, wa» sie getan, eilte sie in den Frstsaal, wo die schmausenden Kindtaufsgäst« saßen und berichtete jammernd, wa» ge- schehen sei. Da war der Schrecken groß! Alle sprangen entsetzt auf und stürmten hinunter in den Burggarten. Da» arm« Kind müsse ja. wie sie all« meinten, zerschmet tert am Felsen liegen. Doch wie groß war die Freude! Unversehrt lag e» im Grase und schlief wie sonst in der Wiege. Da» Kind war von den an der Felsenwand wurzelnden Sträuchern aufgefangen worden und infolge- drffen sanft zur Erde geglitten. Mit aufrichtigem Dank« gegen Sott hoben sie ds» Kind auf und brachten e» wieder hinauf in die Burg. Nun war die Freude doppelt groß. Zar Erinnerung ließ der Burgherr unter jenem Fenster die betriffen.de Figur in Stein einhauen. Nach einer ander«» Urbrrlilstrung sollte jrn« Stein figur die Jungfrau Maria mit dem Jefu»ktnd darge- stellt haben. Von Fritz Kaiser-Ilmenau. Ach, es ist schon lange her, daß wir zusammen saßen im Kreis« der GespiUcn und Pfänoer auslösten. Wir waren beide jung, ganz jung. Du vierzehn. Und ich trug die Tutianermützr. Ich seh dich noch, wir du in lauter Purpur auf glühtest und verlegen den Blick zu Boden schlugst, wenn wir un» küss-n wußten. Di« Gespielen waren jünger al» wir. Sir verstan den diese Symptome nicht. Und da» war gut. So blieb es geheim. Nur ich fühlt« mit dir. Ting e» mir doch nicht ander». Wie waren wir dankbar dem Spie! im tiefsten Herzen, wenn es un» die Feier dieser ersten Küsse schenkte. Wir fühlten in uns etwa» erwachen. Etwa» Große», Schöne» und Heilige». Wir redeten nie davon. Nur in dm Augen lasen wir e» gegenseitig. -3-