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Pulsnitzer Wochenblatt : 13.01.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-01-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1840935979-192301131
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1840935979-19230113
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1840935979-19230113
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Stadt Pulsnitz
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Pulsnitzer Wochenblatt
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-01
- Tag 1923-01-13
-
Monat
1923-01
-
Jahr
1923
- Titel
- Pulsnitzer Wochenblatt : 13.01.1923
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Nr. 8 Pulsnitzer Wochenblatt. — Sonnablnd, oen 13. Januar 1SS3. Seite 8. sondere« musikalischer Genuß bevorsteht. Das Pro gramm bringt wieder nur beste, erstklassische Musik; auch das Schuben'sche Thema und Variationen über das Tor und das Mädchen ist aus besonderen Wunsch wieder in die Musikfolge ausgenommen.. Wir weisen schon heute auf dieses Konzert hin und geben der Hoffnung Ausdruck, daß durch einen gefüllten Saal die Wertschätzung solcher musikalischer Veranstaltungen bewiesen werde. Pulsnitz. (Verein für Volksbildung.) Mon lag, den 15., 22. und 29. d. M-, 8-10 Uhr, Schule, Zimmer 1?: Dr. Mockrauer, Dresden: »Was lehrt Schoppenhauer über Re- Ilgion?' (Dr. Mockrauer ist einer der befähigst«» volkshoch» schullehrer.) - (Wetterbericht) vorn 12. Hanuar, früh: Das gestern bei Jütland lagernde Minimum entfernt sich langsam, «r veranlaßte in den letzten 24 Stunden in Deutschland meist zeitweise Niederschläge. Durch Verstärkung der isländischen und Verfluchung des südwestlichen »Hoch" find beide gleich stark geworden. Ueber Hsland herrscht Winterwetter und es ist des halb aus der Rückseite der Störungen demnächst etwas kälteres Wetter zu erwarten. Zunächst scheint jedoch eine neue Störung machzusolgen. — (Ab1. FebruarverdoppelungderEisen» Kahn-Fahrpreise.) Der ständige Ausschuß der Reichs» «isenbuhnrutes billigte einhellig die Politik der Reichsbahn, die zum Ausgleich zwischen Ausgaben und Einnahmen eine schneie Anpassung der Tarife an die Geldentwertung fordert, wobei die wirtschaftlichen Interessen, soweit eben möglich, durch Speziali sierung des Tarifs berücksichtigt und geschont werden sollen. Hand in Hand hiermit sollen Ersparnisse auf der Busgabenseite gehen durch Verringerung der persönlichen und sachlichen Aus gaben und Hebung der Arbcitrintenfität. Der Ausschuß erkannte einstimmig die Notwendigkeit an, den Personenverkehr entspre- chend seinen Selbstkosten in Zukunst stärker heranzuzichen. Mit allen gegen zwei Stimmen wurde die Notwendigkeit der Er Höhung der Personentarise zum 1. Februar d. I. um 100 Pro zent anerkannt. — (Ein Verzeichnis der neuen Postgebühr reu) bringen wir wegen Platzmangel erst in der Dlenstagnummcr. — (Goldhypothe ken.) Mitteilung aus Nr. 6 der Handelskammer zu Zittau: 8n letzter Zeit sollen viele Htzpothekendarlehen deshalb gekündigt worden sein, weil — nach einem Gerücht — ein Gesetz zu erwarten sein sollte, wonach bei gestiegenem Verkaufspreise eines Grundstückes die Forderungsan sprüche des HypothekenglSubigers eine Steigerung im Verhältnis zu dem Mehrerlös erfahren sollten, der bei dem Verkauf des hypothekarisch belasteten Grundstücks gegenüber dem Friedenswert erzielt wird, so daß also beispielsweise die Hypothskenschulden aus 5 Millionen Mark anwachsen würden, wenn ein Grundstück, das einen Borkriegepreis von 1 Million Mk. halte und mit 500000 Mark Hypothekenschulden be lastet «ar, für 10 Millionen Mark verkauft würde Die bei den verschiedenen Stellen eingezogenen Er- kund gungen haben ergeben, daß dieses Gerücht in keiner Weise zutrifft. Insbesondere hat das Reichs- justizministerium amtlich erklärt, daß ein Eesetzent. wurf des betreffenden Inhalts von der Reichsregie- rung nicht geplant wird. — (Goldmark und Papiermark.) In dem Aufsatz in der Nummer vom 9. 1. SS ist be hauptet worden, die Hypothrkengläubiger hätten auf Grund einer Entscheidung des Reichsgerichts eine rechtliche Handhabe, zu verhindern, daß die Grund stückseigentümer ihre Hypothekenschulden in Papier mark zurückzahlen. Diese Ansicht ist unrichtig Die Entscheidung des Reichsgerichts beschäftigt sich nur mit der Frage, in welcher Welse bei Beendigung der Pacht der Eesamtschätzungswert des übernammenen und zurückzugewährenden Inventars zu berechnen ist. Für diesen Fall hat das Reichsgericht eine Umrech nung der Papiermark in Goldmark für angemessen erachtet. Diese Entscheidung darf nicht in der Weise verallgemeinert werden, daß Hypsthekengelder in Goldmark oder wenigstens in einem höheren Betrage, als der Wert der Papiermark ausmacht, zurückgezahlt werden müssen. Diele Ansicht ist auch von anderen Gerichten bisher nicht vertreten worden, es ist zweck los, den Gläubigern insbesondere den Kleinrentnern in dieser Beziehung Hoffnung zu machen, in der sie doch bald bitter enttäuscht werden würden. Ob eine gesetzliche Regelung der Rückzahlung von Hypo thekengelder in Goldmark, wie sie jetzt angeblich im Wirtschaftsausschuß des Reichstags beraten wird; den Kleinrentnern Hilfe bringen wird, ist sehr fraglich Jedenfalls sind die Gerichte nach der jetzigen Rechts lage nicht befugt, die Rückzahlung der Hypotheken- gelder in Papiermark zu verhindern. Die tm Organ des Rentnerbundes vertretene gegenteilige Ansicht ist ebenfalls nicht zutreffend. — Sonnabend, den 20. Januar 1923, vormittags 9 Uhr findet öffentliche Sitzung des Bezirksausschus ses statt. Die Tagesordnung hängt im Dienstgebäude der Amtshauptmannschast aus. — (Die Mütterberatung in Puls- nitz M. S findet am Mittwoch, den 17. Januar nachmittag 3 Uhr in der Schule statt. Arzt wird anwesend sein. — lDie Mütterberatung in Lichten berg) findet am Dienstag, den 16. Januar nach mittag S Uhr in der Schule statt. Arzt- wird an wesend sein. Oberster»«. (Standesamtsnachrichten) In dem seit 1. Januar 1S22 für die hiesige Gemeinde neugegründeten Standesamtsbezirke sind im Jahre 1Ü22 zu verzeichnen: 38 Geburten, davon 18 Knaben und 21 Mädchen; Eheschließungen fanden statt 18, Sterbefälle kamen 18 zur Eintragung, davon 8 männ liche, 6 weibliche und 1 Totgeburt. Kamenz. (Einbruch.) Ein aussehenerregend« Ein bruch ist gestern in der 4. Morgenstunde in die Auslage de« Aatsuhrmacher Reißmann'schen Geschäfte» am Markte verübt worden. Der Täter, ein hiesiger Einwohner, hat die überaus starke Glasscheibe eines der. drei großen, am Hause befindlichen Schaukästen zertrümmert, von den ihm dadurch erreichbar ge wordenen ausgestellten Gegenständen drei Weckuhren geraubt und ist damit geflüchtet. Infolge des kanonenschußähnlichen Knalles, der durch die Zertrümmerung der großen Scheibe ver ursacht wurde und die Alarmierung der Polizei sowie im Schlafe liegender benachbarter Anwohner zur Folge hatte, dürste es dem Täter annehmbar unmöglich gewesen sein, noch größere Beute zu machen. Schon zeitig gestern morgen konnte ihn die Polizei ermitteln und festnehmen, auch die gestohlenen Uhren sind wie dererlangt. Die zertrümmerte Glasscheibe dürste einen Wert von etwa 40 00 Mark haben. Elstra. (Ende des Streiks bei der Firma Bienert.) Nach tagelangen Einigungsverhandlungen, die vorgestern vormittag endlich von Ersolg gekrönt waren, kann der Streik bei der Firma Bienert, der fast S Wochen andauertc, als beendet angesehen werden. Ein Teil der Belegschaft hat die Arbeit bereits schon wieder ausgenommen. Bautzen. (Einweisung berDtsbtverordnete n.) Die neu- bezw wiedergcwählten Smbtverordneien Bautz-ns wurden am Donnerstag durch Oberbürgermeister Niedner in ihr Amt ein- gewtsseu. Zum Vorsteher wurde Fleischermeister Richard Lunze, zum 1. Vizevsrfteher Gewerkschastdieamter Paul Räder gewählt. Dresden. (Aus dem Landtage.) Im Haushalt ausschutz ä sand am Donnerstag die Vorlage betreffend Gewäh rung örtlicher Zuschläge an Lehrer, Beamten und Ruheständler gegen die Stimmen der Kommunisten Annahme. Die Zuschläge werden für die gleichen Orte gewährt, die vom Reiche sestgelegt sind. Er find die»: Dresden, Leipzig, Ehemnitz, Sebnitz, Her- tigswalde, Brambach und Schönberg. Der Aurschutz stimmte ferner einer Entschließuug zu, das gesamte Sachsen als ein Wirt schaftsgebiet mit besonders schwierigen Verhältnissen zu bezeich nen und die sächsische Beamtenschaft demgemäß zu berücksichtigen. — (Der Deutsche Beamtenbund gegen die fran zösische Gewaltpolitik) Die Leitung des Deutschen Beamtenbundes hat beschlossen, die Mitglieder des Bundes zum energischen Protest gegen die jranzösische Gewalt- und Zwangs- polttik und namentlich gegen ben Einmarsch der Franzosen in da, Ruhrgebiet auszurusen Sie begrüßt dir Versicherung des Reichskanzlers, daß Deutschland unter Druck und Drohung nicht handeln werde und ist entschlossen, die Regierung in ihrem Widerstand gegen Vertragsbruch und Erpresserpolitik mit aller Energie zu unterstützen. Der Vorstand der Landesgruppe des D. B. B. erwartet, daß die Leitungen der Ortskartell« dafür sor gen, daß die Beamtenschaft sich an den stattfindenden Kund gebungen restlos beteiligt und, soweit solche an einzelnen Orlen nicht geplant sind, von sich aus Stellung nimmt. Dresven. (Halbmast flaggen als Pro test gegen denVertragskruch.) Die sächsische „Staatszeitung" verifsentlicht folgende Kundgebung der Regierung: „Um dem Gefühl der Enttäuschung, EmpSrung und Trauer über das neueste Vorgehen der französischen Regierung gegen das wehrlose Deutschland Ausdruck zu geben, sind die sächsischen staatlichen Dienstgebäude, die staatlichen Schulen und die im wesentlichen aus Staatsmitteln unterhaltenen Stiftungsgebäude nächsten Sonntag, den 14 Ja- nuar 1-28 gemäß der Verordnung des Gesamtmini- steriums vom 18 Oktober 1922 auf Halbmast zu flaggen. — Dresden, 11. Januar 1923. Der stell- vertretende Ministerpräsident Lipinski.' Leipzig. (Broßfeuer.) Am Donnerstag Abend brach in den beiden Lagerschuppen des Werker II der Firma A. Blei» övrt L C». in Leipzig Eutritzsch Feuer aus, du» sämtliche Vor- rE an Drahtseilen und Maschinen vernichtete. Der angerichtete Gebäude- und Sachschaden beträgt Hunderte von Mtlllönen. Es wird Brandstiftung vermutet. Ehemnitz. (Aufruf der Kommunistischen Partei.) Das hier erscheinende kommunistische Blatt »Der Kämpfer" veröffentlicht einen Aufmf der Zentrale der KPD., der Leitung der Kommunistischen Partei Frankreichs, der fran zösischen Arbeiter-Union, der Kommunistischen Partei Groß- briltantens, des Exekutivkomitees der Kommunistischen Partei Italiens, der Kommunistischen Parteien Belgiens, der Nieder lande und der Tschecho Slowakri, der an das arbeitende Volk der Ententestaaten und der besiegten Länder, der sich gegen den Ruud- und Erpresserfrieden der Gewalt und des Hasses und gegen die imperialistischen Pläne Frankreichs und Belgiens richtet und in dem es u. a. heißt: „Die Besetzung des Ruhr- gebiete» bedeutet einen neuen Krieg, selbst dann, wenn auf deutscher Seite Kein bewaffneter Widerstand geleistet wird. Sie wird die Gegensätze zwischen den verschiedenen Staaten ver schärfen und die nationalistischen Leidenschaften neu entfachen und auf die Spitze treiben." Ler Ausruf protestiert gegen den Raubfrieden von Versailler, gegen die Besetzung be» Ruhrge bietes, gegen die Zerstückelung Deutschlands, verlangt sofortige Zurückziehung der Besatzungstruppen und fordert Organisation de» Abwehrkampfes in allen Werkstätten, Bergwerken Schreib- stuben und Dörfern. Soweit wäre gegen den Ausruf nicht» einzuwenden. Wie schon immer, glaub! aber die KPD. auch heute wieder, daß in der größten Not des Vaterlandes ihr Weizen am besten blüht, denn der Aufruf besagt weiter: „Der gemeinsame Feind, gegen den die Einheitsfront der Arbeiter zu bilden ist, ist der deutsche und französische Kapitalismus." Der Ausruf enthält scharf« Angriffe gegen die Reichsregierung und proklamiert Abwälzung aller Lasten des Kriege« und aller Kosten des wirtschaftlichen Wiederausbaues aus die Schultern der Sozialisten und Errichtung der zentralisierten Staatsmacht auf d«m Wege zur Arbeiterregierung. Am Einhritswillen und der Vaterlandsliebe der übrigen Parteien wird aber die „sogenannte" Einheitsfront der kommunistischen Weltverbesserer einen unüberwindlichen Widerstand finden. Sächsischer Landtag. Sitzung vom 11. Januar. Bor Eintritt in die Tagesordnung der 7. Sitzung gab Landtags- Präsident Winkler eine Erklärung ab, -n der, er im Namen des säch sischen Bölkes und im Einvernehmen sämtlicher Fraktionen, mit Ausnahme der kommunistischen, feierlichen und schärfsten Protest gegen den neuen Akt einer widersinnigen Gewaltpolitik Frankreichs erhob, das seine Hände erneut nach deutschem Gebiete ausstrecke, von dem eS weiß, bist es das Herz unserer Wirtschaft und unserer Industrie ist. Die Grüßstätten deutscher Arbeit wolle es unter seine Gewalt bringen. (Nie Kommunisten unterbrechen die Erklärung des Präsidenten durch fortwährende Zwischenrufe.) Frankreich wisse, daß es einen wehrlosen Gegner vor sich habe. Frankreichs Gründe für sein Vorgehen sei nur ein Vorwand. Wir sprechen unseren deutschen Brüdern, die in erster Linie die Drangsale dieser Politik zu erdulden haben, unser tiefstes Mitgefühl aus. Die Stimmen, die aus dem Rheinlande herüberdringen, geben Zeugnis, daß unsere Brüder treu zum Reiche stehen. (Erneute Zwischenruse der Kom munisten.) Hierauf gibt der stellv. Ministerpräsident Lipinski folgende Erklärung zu dem Vertragsbrüche Frankreichs ab: Trotz der klaren Erkenntnis, daß das Diktat von Versailles in seinem vollen Umfange unerfüllbar »nd undurchführbar ist, hat die sächsische Regierung die Politik der Reichsreqierung darin unter stützt, daß alles getan werden müsse, um den Versailler Vertrag in den Grmzen der Leistungsfähigkeit deutscher Volkswirtschaft zu erfüllen. Sie hat aber insbesondere die Herabsetzung der Repara tionsleistungen zu ihrem Teile zu fördern versucht und die Stabili sierung der Mark durch Aufnahme innerer und äußerer Anleihen unterstützt und so dazu ieigetragen, daß das deutsche Volk aus dem wirtschaftlichen Zusammenbruche infolge des Krieges sich wieder cmporarb-ite. Das schnelle Sinken des Wertes Ler deutschen Mark zeigt, daß das Reich bei der Erfüllung des Versailler Diktats bis zur äußersten Grenze der Leistungsfähigkeit Deutschlands gegangen ist. Die Verhandlungen in Paris sind an dem imperialistischen Machtwillen der kapitalistischen Kreise Frankreichs gescheitert. Die Gewaltpolitik Poincaree« trinmphiert. Französische Truppen find in deutsches Gebiet eingedrungen, um das deutsche Volk unter den Willen der französischen Machthaber zu beugen und die wirtschaft liche Regelung des Revarationsproblems unmöglich zu machen. Die sächsische Regierung ist mit dem Herrn Reichspräsidenten der Auffassung, daß Frankreich Gewalt unter Bruch des Versailler Friedens-Vertrages anwsndet. Sie appelliert mit ihm an das Ge wissen der Welt und der internationalen werktätigen Bevölkerung, diesem Rechtsbrnch und der Gewaltanwendung Einhalt zu gebieten, und auf die Erhaltung des Friedens hinzumirken. Das deutsche Volk muß in seiner tiefen Not zusammenstehen. Es wird dies umso leichter tun können, je stärker der Wille von der Reichsregierung bekundet und betätigt wird, die Republik zu festigen und auszubaucn und alle Teile des Volkes nach ihrer wirt schaftlichen Leistungsfähigkeit zu den Lasten des Friedensvertrages und dem Wiederaufbau der deutschen Volkswirtschaft heranzuziehen. Die sächsische Regierung fühlt mit der Bevölkerung der be setzten Gebiete die schwere Not und Bedräugnis in der sie steht, und fordert die sächsische Bevölkerung auf kühles Blut und Ruhe zu bewahren, sich auch nicht durch das Vorgehen einzelner irregelei teter »der aufgehetzter Gruppen zu Unbesonnenheiten Hinreißen zu lassen, sondern alle Kraft einzusetzen, um neuen Kciegstreibereien und neuem Kriegsbrände entgegexzuwirken. Im Anschluß an diese Erklärung kommt es zu einer auch im sächsischen Parlamente unerhörten Radauszenc, die von den Kom munisten herbeigeführt wird. Abg. Böttcher (K.) beantragt Be sprechung der verlesenen Erklärungen. — Als er bemerkt, es gebe zahlreiche sächsische Arbeiter, die diesen nationalen Rummel a la 1914 nicht duldeten, tritt auf allen Seiten des Hauses heftigster Wider spruch zutage, dann schallt es einmütig zu den Kommunisten hin über: Rausl Der Präsident pocht unaufhörlich mit dem Hammer auf den Tisch und erklärt, die Ausführungen des Abg. Böttcher als nicht zur Geschäftsordnung-gehörig. — Abg. Böttcher, spricht unter gro ßem Lärm und fortwährenden HammcrschlLgcn des Präsidenten wei ter. Rufe: Raus! Schluß! Der Präsident erklärt, im ganzen Lande werde man die Erk ürungen Böttchers richtig einzuschätzen wisse«. Der Vorstand «nd der Aeltestenrat stimmten überein, heute keine Aussprache zuzulassen. Das Haus lehnt den Antrag Böttchers einmütig ab. (Abg. Böttcher ruft: Die nationale Einheitsfront von 1914! Bravorufe) Als sich die Lärmwellen einigermaßen ge legt Haien, ruft der Abg. Siewert (Kom ) neue Lärmszenen hervor durch Ausführungen zur Geschäftsordnung, die aber bei dem herr schenden Lärm absolut unverständlich bleiben. Der Präsident unter bricht die Sitzung auf eine Viertelstunde. Die Kommunisten toben während sich der Saal leert Welter und wenden sich besonders gegen dle Minister Lipinski und Fleißner. Das HauS tritt dann in die Erledigung einer langen Tages ordnung ein, die ausschließlich Angelegenheiten der Schule, Religion und Kirche umfaßt. Vach Begründung der Anträge und Anfragen, die sich auf Schulsragen und iutbesondere auf die bekannt-» Fleitz- nerschen Verordnungen beziehen, durch mehrere Redner, antwortet Kultusminister Fleißner. Den interessantesten Punkt seiner Rede bildete die Rechtfertigung sein«r bekannten Rclizionsvcrordnung. Man erfuhr, daß Verhandlungen zwischen dem Reiche und den Län dern Sachsen, Braunschweig und Thüringen, stattgesunden haben, deren wichtigstes Ergebnis ist, daß neue Strafverfahren gegen die jenigen katholischen Eltern, die ihre Kinder am Feste Allerheiligen nicht in die Schule schickten, nicht eingeleitet werden, Entlassungen von Schülern nicht stattfivdcn sollen. Es findet dann eine längere Besprechung der Anträge und Anfragen stakt, worauf diese an die Ausschüsse verwiesen wurden. Nächste Sitzung Freitag, den 12. Ja-, nuar, vorm. 9 llhr: Anleihegesetz und Entwurf über die Erhöhung der Gewerbesteuer für 1922, Kirchen- und Schulfragen. LItzung vom 12. Januar. In der heutigen 8. Sitzung des Landtags, die bereits 9 .Uhr vormittags begann, wurde zunächst die Regierungsvorlage über ein Anleihegesetz in Vorberatung genommen. Das Gesetz bestimmt in seinem grundlegenden § 1: Das Finanzministerium wird ermächtigt, zum Ausbau der staatlichen Kohlen- und Eleklrizitätsunternehmungen die Bestände der LaudeShauptkasse bis zu drei Milliarden Mark durch Aufnahme einer oder mehrerer verzinslicher Anleihen in dem zur Beschaffung dieser Summe erforderlichen Nennbeträge zu ver stärken — Finanzminister Heldt begründete die Vorlage. Er gab ein Bild vom gegenwärtigen Stande des staatlichen Braunkohlen bergbaues in Sachsen und eröffnete, daß die geforderten 3 Milli- «tden Mark sich inzwischen infolge der Geldentwertung wohl bereits auf 1b Milliarden Mark erhöht hätten. Das Finanzministerium gedenke weiter eine ElektrizitäiS- und eine sogenannte wertbeständige Anleihe aufzunehmen. Durch einen weiteren Paragraphen der Vorlage soll das Finanzministerium ermächtigt werden, zur vorüber- zehenden Verstärkung der Bctrlebsmenge der gandcshauptkasse weitere Schatzanwcisungcn im Betrage von 4 Milliarden Mark auszugeben. Zu der Vorlage äußerten sich Redner aller Parteien. Im all gemeinen wurde die Notwendigkeit der Vorlage anerkannt, da neue Geldmittel zur Aufrechterhaltung des staatlichen Kohlenbergbaues dringend erforderlich spien. Mehrere Vorbehalte machten die Redner der kommunistischen und der deutschnationalen Partei. Die Vor lage ging schließlich an den HaushaltSausfchuß 8. Eine lange Aussprache entwickelte sich über den Gesetzentwurf, nach dem die zu entrichtende Gewerbesteuer für das Rechnungsjahr 1922 aus 300 v. H. festgesetzt werden soll und den mit in Beratung genommenen volkspartcilichen Antrag zur Behebung der Notlage der freien Be- rufe, diese von der Gewerbesteuer auSznnehmen. Vorlage und Antrag wurden schließlich gleichfalls an den Ausschuß verwiesen. — Nächste Sitzung Dienstag nachmittag 1 Uhr. Politische Nimdscharr Deutsches Reich. Berlin, 12. Januar. (Protest des Reichs rates.) Zu Beginn des gestrigen Neichsratsfitzung gab Staatssekretär Behre folgende Erklärung ab, die dle Mit glieder des Hauses stehend angehörten: »Der Reichsrat, als verfassungsmäßige Vertretung oller Länder, erklärt in Ueber einstimmung mit der Retchsregierung einstimmig seinen Pro test gegen die von der französischen und belgischen Regierung durch die Besetzung eines Teiles des Ruhrgedietes an den deutschen Volke unter Bruch des Friedensoertrages von Versailles begangene Vergewaltigung. Der Reichsrat be« zeugt vor der ganzen Welt, daß das deutsche Volk bemüht gewesen ist, die ihm aulerlegten, nach dem Urteile der ernsten Wirtschaf^autoritäten der Welt untragbaren Lasten bis zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit zu ersüllen, und daß es da-
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