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Pulsnitzer Wochenblatt : 23.11.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-11-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1840935979-192211238
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1840935979-19221123
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1840935979-19221123
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Stadt Pulsnitz
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Pulsnitzer Wochenblatt
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-11
- Tag 1922-11-23
-
Monat
1922-11
-
Jahr
1922
- Titel
- Pulsnitzer Wochenblatt : 23.11.1922
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Nr. 189. Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den SS. November 1823. Seite 8. demokratische Rsichstagssraktion zur Wrage der Produktions- sörberung und des Achtstundentages einen Beschluß gefotzt, In dem die Stabilisierung der Mark als erste und dringendste Ausgabe der deutschen Politik bezeichnet wird, um die setz'ge Aotlaae zu heben Eine Verlängerung der gesetzlichen achl- stündigen Arbeitszeit wird mit oller Entschiedenheit abgelehnt Ueberstunden sollen kollektiven Vereinbarungen mit den Ge werkschaften Vorbehalten bleiben. Hannover, 2t November. (Volksabstimmung in Hannover) Wie gemeldet, planen die Deutsch-Han« »overaner eine Volksabstimmung in den Regierungsbezirken Stade und Lüneburg, um die Abtrennung Preußens hexbei- zusühren. In den Kreisen der preußischen Regierungspar teien wird der Gedanke erwogen die Volksabstimmung über die Krage des Verbleibens bei Preutzen oder die Trennung von Preutzen in ganz Hannover hcrbeizuführen. Konferenz in Lausanne. Da» amtlich« Lommuniquö. Lausanne, 22. November. Die Friedenskonferenz zab heute nachmittag folgendes amtliche Lommuniqut heraus: Der Ausschuß für die territorialen und militärischen Fragen hielt heute Morgen 10 Uhr 30 Minuten seine erste. Sitzung ab. Er begann mit der Prüfung der europäischen Kreuze der Türkei. — Ismet Pascha forderte im Namen der türkischen Abordnung für die Türkei bis Grenze von 1913, indem er die Gründe für diese Forderung anzab. Er verlangte eine Volksabstimmung in Westthrazien. Auf Einladung des Präsidenten erklärte Ismet Poscha, daß er später die notwendigen genauen Angaben über die Grenzen von Westthrazien machen werde, — Weniselos legte dar, warum die griechische Ab ordnung nur die Grenze von 1915 annehmen könne,' und darum sei sie der Ansicht, daß die wcstthrazische Frage auf der Konferenz nicht gestellt werden dür e. Ismet Pascha behielt sich die Antwort auf diese Bemerkungen vor. — Nintschitsch (serbisch kroatisch slowe nisches Königreich) appellierte an den versöhnlichen Geist der Ab ordnungen und sprach den Wunsch aus, daß die Grenze an der Maritzalinie festgesetzt werden möge entsprechend der Pole der alli ierten Mächte vom 23. September, wobei eine auf beiden Seiten dieser Grenze zu bestimmenden Zone v»m Schwarzen bis zum Aegäischcu Meer entmilitarisiert werden müßte. Er bekämpfte den Plan einer Volksabstimmung in Westthrazien oder jede andere Ver- änderung des Vertrages von Neuiliy. — Duca, Rumänien, schloß sich den Erklärungen Nintschitschs an — Die bulgarische Delegation dvird heule nachmittag 5 Uhr über die Frage des wirtschaftlichen Zuganges Bulgariens zum Aegäischen Meer vernommen werden. Mussolini droht die Entente zu sprengen. Militär- konfentionen? — Die unzufriedenen Titrken Lausanne, 23. tiöv. Neber das politische Programm sind hier gestern wichtige Einzelheiten bekannt geworden. Mussolini verläßt heule Nacht Lausanne, um in Rom Bericht zu rrstatten. I» kurzer Zeit wird er dann nach Paris reisen, wo er mit Poin- «aiö »der die Rcparationsfrage beraten will. Mussolini, der sehr offenherzig ist, verhehlt nicht, daß Italien, wenn es wolle, die Entente aufs Schwerste gefährden könne, wenn nicht alle italieni scheu Forderungen erfüllt würden. Italien werde niemals ans Inseln des Dodekanes verzichten. Außerdem müßten die Mandate Frankreichs und England« über Syrien und Palestina unter allen Umständen so gehandhabt werden, daß Italien in seiner Ausfuhr nicht im geringsten behindert werde. Italien müsse in der Türkei dieselben Konzessio en erhalten wie England und Frankreich. - Nach diesen Erklärungen Mussolinis scheint die Einigkeit unter den Alliierten nicht ganz so ausgezeichnet zu sein, wie allgemein borge- tänscht wird; es gibt scheinbar noch eine Menge Risse nud Sprünge. — Van untorrichteter Seite verlautet, daß Poincaiä von Mussolini Menüber Deutschland wichtige Zugeständnisse erhallen Habs. Musso lini hält das Vorgehen Frankreichs gegenüber Deutschland für durchaus berechtigt und steht auf dem Standpunkt, daß auch der sehr zesährliche Einfluß Rußlands auf Deutschland energisch bc kämpft werden müsse, kimtliche Vertrage zwischen Frankreich nud Italien sollen in kürzester Frist nmformnliert werden. Frankreich wolle Italien große Znzeständniffe in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht machen. Italien soll sich bereit erklärt haben, mit Frank- reich eine Mililärkonodntion rinzugeheu, die in einigen Punkten mit der beigisch französischen Militärkonvention Aehnüchkeit haben soll. — Aus den Kreisen Ler türkischen Delegation verlautet, daß Jsmed« Pascha mit dem bisherigen Verlaufe der Konferenz sehr unzusriedcn sei, da es den Anschein habe, als solle der siegreichen Türkei hier «in Frieden diktiert werden, »er wie die übrigen Fiiedensvcrträgc der letzten Jahre niemals die witkliche Pazifizierung der heimge- suchten Länder bringen kann, der vielmehr nur dazu angetan ist, die beteiligten Völker aufs Neue zu beunruhigen. Oswald Spengler über Deutschlands Lage. Spenglers Buch ..Der Untergang des Abendlandes" ist inner halb zweier Jahre zu internationaler Berühmtheit gelaugt und hat gewirkt, wie seit Hervortreten der Echriften des jungen Nietzsche kein zweites geschichtsphilosophisches Werk — durch sich selbst der beste Beweis, daß die fatale Voraussage des Titels ein Nonsens, ein Widerspruch in sich selbst ist. Da sollte nicht nur das geistige Deutschland, sondern das ganze deutsche Volk aufhorchen, wenn sein Verfasser, der stille Münchner Gelehrte, das Wort zu unsres Vater landes gegenwärtiger Lage ergreift. Er hat sich kürzlich zu einem Besucher folgendermaßen darüber geäußert: „Zum Pessimismus ist, fiir mich wenigstens, gar kein An laß »orhanden. LS ist notwendig, unsere Zeit einmal mit der »on 1806 zu vergleichen. Man muß da freilich die volkstümliche Legende zerstören, die uns die Ereignisse jener Zeit in urum öelpkmi umye- logcn hat. Es ging damals in vielem schlechter, in nichts besser als heute. Der König war ein Mann in der Art der Dutzendstaats- männer unserer Tage. Der erste Kopf der Zeit, der Freiherr vom Stein, ein Staatsmann von Format, war kaltgestellt worden. Er wurde niederträchtig behandelt. Es herrschte wirtschaftliches Elend und Teuerung in Formen, die denen von heute nicht nachstehen. Die Börsenspekulation nuferer Zeit hat ihr vollendetes Gegenstück in der Agiotage jener Tage, die aus Kursschwankungen preußischer, sächsischer, russischer und französischer «eldsorten, Spekulationsgewinne zog. Der berühmte Ausruf „An mein Volk" wurde dem König mit dem Säbel abgezwungcn. Das alles sollte einmal eindringlich gczeigt werden, nm zu beweisen, daß unsere Lage keineSwe-s hoff- nungslvs ist. Man darf auch nicht vergessen, daß das politische Eiend keineswegs auf Deutschland beschränkt ist. Sehen Sie Eng land an. Ziehen Sie Vergleiche zwischen der „politischen" Politik eines Disrae.i, eines Gladstone und der eines Lloyd George. Stel len Gie die Ereignisse in Parallele znr Politik Bismarck« und Wirths. Auf beiden Seiten Abstieg! In England wie in Deutsch land ist heute ein I n u e n Politiker Führer der äußeren Politik: der Gewerkschaßlcr Lloyd George, der Zentrnmsmann Wirth. Das bedeutet in jedem Falle schlechte Politik. Die französischen Staatsmänner unserer Tage haben ihre Waffen im diplomatischen Hin und Her der Entente cordiale zwischen Petersburg und Pari« gewonnen. Ohne Staatsmänner »on Format zu sein,' sind sie doch das, was Lioyd George und Dr. Wirth nur erstreben: Außen poli ker aus Instinkt iinrPraxis. Die Niederlage Lloyd Georges in der Auseinandersetzung mit den Dominions, seine Mitarbeit am Versailler Vertrag, durch die er die Weltstelkung Eng land« ruiniert Hal. sein Zuiückweichen vor Clemenceau und PoincarL, seine unglückliche Politik neuerdings in der Orientfraae sind Beweise dafür, daß der Innenpolitik, ihren Methoden und Trägern, im Ge samtbereiche der politischen Fragen nur eine untergeordnete Bedeutung im Vergleich zur Außenpolitik zukommt. I nnen - Politik ist unr der Außenpolitik wegen da. Be handelt man sie al« Selbstzweck (das heißt: man ' macht schlechte Außenpolitik!, so wnd mau sehr bald nicht mehr in der Lage sein, das innere Leben der Nation in Ordnung zu halten. Will man dieseTatsachcuauf den Kopf stellen, so qibteS ein Unglück Die nachbismarckschs Zeit bi« in unsere Tage ist ein einziges Exempel dafür. Lloyd George ist ein weiteres. Hier ist also ein P inkt, an dem wir einhaken müssen!" So spricht der wahre Spengler! Den erkennen die »ielen Spengler Enthusiasten uichr — leider! Sic sehen gemäß der Unter gangs- und Berfallsstimmung unserer Tage nur einen Mystiker, einen Geschicht«metaphysiker, der vor ihnen in berauschender Sprache große welthistorische P rspektivc» auftnt, und klammern sich an diesen „Propheten" - der Spengler gar nicht ist und sein will! — mit dem unserer Zeit eigenen Zuge zum Romantischen und Mystischen, zur Ablösung aller Willensfnnktionen durch reines Gefühl (L la Wandervogel!). Ja sogar vor der Todsünde scheuen sie nicht zurück, Spengler auf eine Stufe zu stellen mit dem Inder Tagora, dessen in verwässernder Nebersetzung gereichte Lebensweisheit — ebenso ge fährliche Kost für Halbgebildete wie Spenglers Werk! — nun schon jahrelang deutsche Lebensauffassung »ergiften und zersetzen hilft. Aber Spengler« „Untergang des Abendlandes" bedeutet in Wahr heit — er hat das selbst ausgesprochen — des Abendlandes Voll endung, ist Bekenntnis zum Willen und zum selbe« jeder Ge spreiztheit und Sensalionslüsteraheit abholden Ä r b e i ts i d e a l t« « m « «, dem Luther die Weihe des Gottesdienstlichen »erlichen, zn dem Bismarck sich bekämet und von dem Goethe geredet hat als de» „Kräften, die mit Fülle die Tätigen lohnen". Wann wird »lax das endlich begreifen?! H. Sticht, t Vermischtes. * (Deutsch — bi» »um Selkbeutel.) Irr Köln spielt ein großer Spritschirberprozeß. Natür lich hat der Staatsanwalt Nnklage erhoben auf Grund deutscher Strafbestimmungen. D'e Herren Schieber find indes der Ausf ffung, daß sie auf Grund der .Ordonnanzen" der fremdländischen Besatzungsbehörde der deutschen Grrichttbarkeit nicht unterstehen. Der Prozeß ist nun vertagt worden, weil st- di« Vertei diger der Schieber, di« RrKtsanwäKe Dr. Schreiber, Köln, Dr. Kleefisch, Köln, Dr. Mrderg, Berlin und Dr. Peschke, Bertin, an di« Internationale Rheinland» kommisflon gewandt haben, damit diese entscheiden soll, welcher Recht gilt. Wenngleich er di« Pflicht eine» jeden Berteidigerr ist, für seinen Klienten alle Vorteile heraaSzuholen, die die geltenden Bestimmungen de» eigenen Staalswtsrns bieten, so überschreitet doch der Appell an die fremde B«sotzung«b>hö de da« Matz de» national Erlaubten. Bislang 'war es ein Privileg d«r Kommunisten und von Landesverrätern, bet der Besatzung H lf« zu suchen gegen da» eigene L ind. Wenn die Zukunft der Schieber al» dritte im Bunde ein Gleiche» praktiziert, so st da» auch noch in Kauf zu nehmen. Wenn aber Verteidiger, die zur Verteidi gung deutsch«» Recht» berufen find, mit ihren Kli enten unter die Fittiche der Entente schlüpf«^ um dies« d«r dtutschen Rechtsprechung zu entzieh«», so wird »afür im deutsch«« Volke auch nicht dc-s geringste Verständnis vorhanden sein. Di« d«utsche Würde wünsch« unser deutsche Volk auch dann beobachte^ wenn e-r an de» G lkbeutel geht Sport - Nachrichten. Berlin, 2». Nov. (Handballspiel Berlin- Dresden.) Vas Spiel hatte gestern etwa 1200 Personen zu dem Platze am Bahnhofe Witzleben gelickt. Dem Kampfe der Männermannschaften ging ein Damensplel voraus, in dem sich hie Mannschaften beider Städte mit 1 : 1 (0 : 0) trennten. Das Männeripiel endete mit dem überlegenen Siege von 8 : 1 der Berliner Mannschaft Kirchen-Nachrichten. Pulsnitz. Sonntag, den 28. No»., Totensonntag: (Kirche ge heizt) '/,9 Uhr «eichte. S Uhr Predigtgottesbienst (1. Thefs. 4, 13 18. Pfarrer Schulze. Lieder: Nr 715 338 315,3. 323,5. Sprüche: Nr. 128. 127. 11 Uhr Kindergotleedienst (Luk. 7, 11 - 16). 5 Uhr Predigtgottesdienst, anschließend Abendmahls« feier Pfarrer Ehrler. Im Betsaal Ohorn: 5 Uhr Predigtgoltcrdlenst, anschließ nh Abendmahlsscier. Pfarr. Semm. Die Kollekte de» Sonntag» für die eoang Deutschen lm Aus land. — Dienstag, den 28. Nov : 8 Uhr Arbeitsabend des Gustav Adolf Frauenoerelns im Konfirmandenzimmer. 8 Uhr Bibelstunde in landeskirchlicher Gemeinschaft. 8 Uhr Iung- sraucnvcrein Ohorn. — Mittwoch, den 29. Nov.: 8 Uhr Iungmänneroerein Ohorn. — Donnerstag. 30. Nov.: 4 Uhr Altenvereinigung im Jugendheim. 8 Uhr Bibelftunde in Frte« dersdorf. — Freitag, den t. Dez.: 8 Uhr Bibelstunde in der Schule zu Ohorn. Lichtbildervorträg« im Konfirmandenzimmer. „Die Geschichte des Bibelbuche» und der Bibelübersetzung.' Sonnabend, den »5. Nov., 3 Uhr für die konfirmierte Jugend, vor allem Jünglings- und Iungfrauenocrein. Mittwoch, den 2V Nov. kür Erwachsene. «LU - > «U» Dein ist mein Herz. »5) Originalloman von H. Courths-Mahler. Und dt«se Baroneß Rita, die ihr Vater an Günter verkaufen wollte, weil ste ihm eine Last war. dieses mibe beutende unscheinbare Geschöpf, die sollte sie ganz sicher nicht aus Günters Herzen verdrängen Rein — tausendmal nein — das sollte sie nicht. Und wenn ste es hindern konnte, sollte ste auch nicht Günters Gattin werden. Tis gönnte Keiner anderen den Platz an seiner Seite, Ach — wenn ste doch oller Fesseln ledig wäre — frei von dem furchtbaren unerträglichen Awang ihrer Ehe — dann würde Günter den noch zu ihr zuiückkehren. Nur seine Ehrenhaftigkeit hielt ihn von Ihr zurück Er respektierte in ihr die Gatlin eines anderen und zwang sich, itzr ruhig und kalt zu begegnen. In seinem Herzen s-h es anders aus — mutzte es anders aussehen. Und wenn ste frei wäre, würde er wieder ihr gehören, ihr allein. Sie sprang aus und sah mit brennendem Blick und zusammengebissenen Zahnen noch dem Schloß hinüber. .Du bist mein. Günter Balberg — und ich will dich nicht lassen — ich kann es nicht. Du darsst dich an die andere nicht binden — denn ich will sr«i werden — frei für dich. Mir gehörst du — mir allein — und ich will Kämpfen um dich, will alles, alles dahingeben für dich. Ich habe ja nicht gewußt, was ich tat, als ich dich ausgab und mich an den andern band — den ich Haffs — verabscheue. Was ich hier ei lauscht — gottlob, daß ichs tat — das soll mir nützen. E» ist eine Waffe gegen die Baronesse — und gegen den Herrn Baron, der über andere richten will und doch selbst der treuloseste Mensch ist, den ich kenne. Ich leide es nicht, daß eine andere meinen Platz einnimmt — wenn ich ihn auch selbst in törichtem Wahn, in meiner Sucht nach Glanz und Reichtum aufgob.' In wilder Erregung stürmte ste nach dem Gärtnerei- Häuschen zurück und bestieg ihr Pferd. Dem Gärtner warf ste ein Goldstück zu. Und dann jagte ste davon, um den Sturm in ihrer Brust auszutoben. Pie verwegensten Pläne entwarf ste in ihrer aufgereg ten Phantasie, wie ste es verhindern könnte, daß Günter fich mit Baroneß Vita verband. Aber einen nach dem andern wutzie ste wieder sallen losten, weil er unausführbar war. Müde und elend, wie zerschlagen am ganzen Körper kehrte ste nach Cronersheim zurück. Zum Glück batte ihr Gatt« «en eine geschäftliche Unterredung mit einem Pächter und lo blieb ihr sine ungestörte Stunde, um zu ruhen amd fich leidlich zu fassen. W.is ste tun sollte, um Günter von einer Verlobung mtt Rita zmückzvhailen, wußte ste nach immer nicht. Ste suchte sich vorläufig damit zu beruhigen, daß vielleicht ohne ihr Dazutun nicht zu einer Verbindung kommen würde. Günter hotte vielleicht nur seinem Onkel nicht direkt eine abweisende Antwort geben wollen. Mit diesem schwachen Trost mußte ste sich vorläufig begnügen. Tie war nach der furchtbaren Auflegung zu malt und zu müde, um klar denken zu können. Ein Gesühl der Sehnsucht kam «der ste, sich hinzulegen und nie mehr zu erwachen. In den nächsten Tagen beobachtete Günter R ia mit geschärften Blicken. Zum erstenmal sah er das Weib in ihr und er mußte sich gestehen, daß ste fich sehr reizvoll ent faltet batte. In der Atmosphäre von Liebe und Güte und in der ausmeiksomen Pflege ihrer sehr tüchtigen und gewissenhaften Aose war Rita wirklich überraschend ausgeblühi. Zum ersten mal merkte er, daß. ihre früher so Knospenhafte Gestalt stch lirblich gerundet hatte. Ste schien auch gewachsen zu sein und ihr« kindlich hastigen, unausgeglichenen Bewegungen waren jetzi von mädchenhafter Anmut. Er bemerkte «ruck sonst noch allerlei, was ihm bisher nicht ausgefallen war. Einmal in diesen Tagen, als ste von einem gemeinsamen Ausritt heimkchrten, hab er st«, wie saust Immer, vom Pferde. Dabei hielt er ste einen Moment länger, als nölig wir, in seinen Armen und zog str mtt la- l em Druck an sich. Da merkte er, daß ein leises Zittern über sie dahinflog und daß dunkle Röte in ihre Wangen schoß. Dabei sah sie ibn an, scheu und verstohlen, und doch mit einem weichen, zärtlichen Schimmer. Als ste seinem forschen den Blick begegnete, wurde ste sehr verlegen und hastete ins Schloß. Ein andermal reichte ste ihm bei T sch etwas. Daoei faßte er ihre Hand mit warmem Griff. Und da zuckre das kleine Händchen merklich und wieder wurde ste unter seinen Blicken rot. Streichelte er ihr, wie sonst, zärtlich über das Haar oder di« Wange, dann schmiegte sie fick nicht mehr, wie in der ersten Zeit, in kindlicher Harmlosigkeit in seine Aime, sondern zuckte zurück und sah verwirrt an ihm vorbei. Es war, als hätten Baron Viktors Worte Günter für all diele kleinen Anzeichen die Augen geöffnet. Rita wurde immer unsicherer im Verkehr mit ihm, und unter seinen forschenden Augen bekam ihr Gesichtchen oft einen Ausdruck hilfloser Verlegenheit. Kurzum, es währte nur einige Tage, bi« Günter die Gewißheit erlangt hotte, dotz Rita ihn lieble, daß ihre junge Seele stch ihm erschlossen und zu eigen gegeben hatte. Eine tiese Rührung kam bei dieser Erkenntnis über ihn. Es lag bei alledem so sehr der Zauber der Reinheit, des Unberührtleins über Ritas Wesen, daß ihn ein Gesühl der Andacht «füllte. Mtt einer Zartheit ohnegleichen be gegnete er ihr. In diese Tage fiel dann eine größere Gesellschaft in Conershcim, zu der die beiden Balbergs und Rita schon slKher eingeladen worden waren. Rita harte erst absagen wollen, wett ste noch in Trauer war, aber Frau Carry hatte die Absage nickt gelten lassen, weil ste fürchtete, daß dann auch die Barone nicht kommen würden. Sie hatte Rita versichert, daß es durchaus keine große offizielle Festlichkeit sei, sondern nur ein nachbarliches Zu sammenkommen, wie es auf dem Lande üblich sei. Auch die Toilettenscage hatte Carry liebenswürdig gelöst. »Sie ziehen eines Ihrer reizenden weißen Kleider an und fertig', hatte fie gesagt. So hatte Rita schließlich zugesagt und mit ihr die beiden Herren. Nun war der für die Gesellschaft bestimmte Tag her angekommen. Frau Earry war in den letzten Togen nicht in Balberg gewesen. Man hatte fich nicht gesehen seit dem Tage, da Cany das Gespräch der beiden Herren belauscht hatte. Sie hatte nicht die Kraft in stch grsüdli, ruhig bleiben zu können und war außerdem noch nicht mtt stch ins Klare gekommen, wie ste stch oerhUten sollte. In Valders war Eariy nur von Rita vermißt worden. Diese sagte fich indes, dotz Cerny wohl durch die Vorbereitung zu der Gesellschaft in Anspruch genommen sei. Sie halt« natürlich keine Ahnung, was inzwischen geschehen war und wie wenig freundlich Carry ihr« gedachte. Rita hatte ihren Anzug beendrl. Ihre Zofe hatte fie so hübsch als möglich gemacht. Sie trug «in weitzes Kleid von seinem, weichem Seidenstoff mit schönen schwarzen Sp tzen und einer breiten, schwarzen Sammelschärpe garniert. Dies Kleid hatte Tante Exzellenz vorsorglich sür klein« Gesellschaften bestimmt. Rita hatte es bisher noch nio t getragen. Es batt« rin« Schlepp« und einen kleinen, herzförmigen Ausschnitt, au« dem das seine, schlanke Hälschen gar lieb heroorkam und der die edle Sl-ckenlinie frettieß Das Kleid schmiegt« stch in elegantem Sitz um die schlanke, zart gerundete Mädchengestalt- Fvrtsekung fvlgt.
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