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Rr 81 Pulsnitzer Wochenblatt. — Dienstag, Sen 11. Juli 1S23. Seite I. hat- stimmen wir «ne« Schutz« dieser Sttfeflan, u d der Bereitschaft der Rttch»tagkfrsktion zu, an dem Ge setz zum Schutze der Republik mitzu»irken. Wir stnd mit der Annahme de« Besitz?» einverstanden, wenn Ihm der Tharakter eine» «inseitigen Nuknahmeges-tzr» genommen wird. Bon der Regierung verl«ngen wir die Wiederaufrichtung der Staatkautoritii» -«8«" die Herrschaft der Strotze und erheben den schärfsten E n spruch gegen die unerhörten Aukschreitungen bei den letzten Demonstrationen. Wir »«wahren un» weiter gegen jede Schmähung der Vergangenheit unserer gro tzen vaterländischen Geschichte, Wir wollen die Rttchr- Hagge gegen V«rLchtlich«aLm>, u»d Beschimpf»! g geschützt w ffrn, aber wir wenden uns ebenso gr-er. die Beschimpfung der schwarz. Weiß-roten F-Hne, die «n» nicht Karben einer Partei, sondern Symbole der »ach hartem geschichtlichen Kampf» errungenen deut schen Einigkeit ist. W-r hoben ungeachtet der Lg'ta tion der Drutschnati»valsn Volkspartei bisher in gut- - Beziehungen zu ihr zu stehen »ersucht. Im Inter sie der so notwendigen Gesundung wenden wir uns ade gegen jede Verhetzung auch durch rechtsradikale Ele mente mit rücksichtsloser Schärfe. — (Die neue« Versuche zur Er «ei- terungderRegierungSkoalitton.) Die ganze Gntwicklung der Dinge in Deutschland ist de« Plane, dir Negt«u»g«r,aiition durch den Eintritt der U sb Hänzigen Sozialdemokraten zu erweitern, in der letzten Woche sehr hwderlich gewesen, denn die traurigen Nachrichten über kommunistische Unruhen in einer An zahl deutscher Städte mußte« auf di« ReichSregirrunc und aus d e RrsierungSpartrien eisen tiefen E „druck machen. Der ganze deutsch« Parlamentarismus muß ja nach den Vorgängen im Rtichttage und im »reu ßischen Landtage Bankrott machen, wenn di« äußerste Linke durch Tumulte da» parlamentarische L-ke» be herrschen will. Auch ist e» mit de» Verhsndlunxen über den Eintritt der Unabhängig«« Sozialdemokraten In die Rrgierung noch nicht einmal zu ein« V rstäa digung zwischen den MthihritSsozialisten und den Unabhängigen Sozialdem»kraten gekammen. D «halb, lag «S in dieser kritischen Zeit nah, daß die dsmo- lratifch« Partei und die Zentrlemkpartet «st der Dmt schen BolkSpartet in Kühlung üder di« Krage ira -», »d die Drutsche Volkspartei in eine R^gier«NE»koal'- tion eintreten »»ll«. D e Deutsch« VolkSpartei hält vun ihren Eintritt in die R gterung für möglich und »trd der Reichrnutschuß der Deutsch«! BolkSpartei über di-se Krage entscheiden. Berlin, 10 Jul». (Ein Ausruf der Reich», leitung der demokratischen Partei) wendet sich gegen di« in einzelnen Vandesreilrn geplanten Generalstreik» und TeuerungSkundgrbungen. Ja dem Aufrufe heißt «S: Wer sich an Kundgebungen dieser Art beteiligt, entfernt sich von der demokratischen Staatrauff ffung und dient der Gewaltpolitik, die letzten En»eö immer reaktionär ist. W r ersuchen olle demakrüttschen R-publitaver, jede Beteiligung an sol chen Kundgebungen abzulehnen. Berlin, 10 Juli. (Der Reichs rat) beschäftigte sich heute mit den Ausschußberichten über den Entwurf des Gesetzes Über die Maßnahmen gegen die wirtschaftliche Natlage der Presse Ein Antrag Preußen wurde angenommen, worin es heißt: Bei der Veräußerung von Holz durch einen zur Gewin nung des Holzes von forstwirtschaftlichen Grundstücken Berech tigten wird eine Abgabe von '/,«/, des Verkaufspreises erhoben. Die Nutznießung von forstwirtschaftlichen Grundstücken unter Mar«eliese. 20) Roman von Anny von Pan Huys. - Werninghausen setzte sich aufrechter. .Welche Ueber- Mschung! Ich lasse bitten, einzutreten!' Fräulein Melis batte noch etwas auf dem Herzen. .Verzeihen Sie, Herr Werninghausen, Mf ich fragen, ob nun Herr Jankowsky wieder an Ihren Vortragsabenden Mitwirken wird, statt Fräulein Berneck?' »Weshalb fragen Sie das?' flog es der Haushälterin scharf entgegen. Fräulein Melis zuck!« mit den Augenlidern, gab den Mundwinkeln eine trübselige Richtung nach unten. »Ach, ich meinte nur —sie wurde unsicher, doch un 1er dem befehlenden Blick des Mannes fuhr sie fort; »ich meinte nur, die Vortragsabende mit Herrn Jankowsky seien schöner gewesen, das Fräulein verdirbt Ihnen nur den Erfolg.' So, da war es heraus. Fräulein Metis hatte keine Vorliebe für Marieliese, weil diese sie doch in absehbarer Leit aus ihrer guten selbständigen Stellung verdrängen wußte Werninghausen biß sich aus die Lippen. Es tat weh, zu hören, daß es überhaupt einen Menschen gab, der ihm Erfolge streitig zu machen vermochte, aber schließlich wußte er es, die Kritik hatte ja mit Hellen Fanfaren Marielieses Ruhm hinauogeschmettert »Was kümmert es Sie, wer an meinen Abenden mit mir auftritt,' wies er die Haushälterin ärgerlich zurecht. Johanna Melis wußte genau, wie weit sie gehen durfte. »Verzeihen Sie, Herr Werninghausen, ich meine nur, Sie sind doch entschieden ein viel größerer Künstler als Fräulein Berneck, aber dem Publikum gefällt die Maske rade mit dem Biedermeierkleid und ich finde, so buntes ab- linkendeg Zeug gehört nicht in Ihre ernsten Abende. Herr Jankowsky paßte viel besser hinein.' Jetzt lächelte Werntnghausen, die Melis war ein fa moses Frauenzimmer und ihre Auffassung der Sachlage ge fiel ihm. »Nun lassen Sie ober Herrn Jankowsky endlich Eintreten.' ermahnte er, »das Uebrige wird sich finden' Ein übergroßer schmaler Herr von slasischem Typus erschien. Ein Gruß, ein kräftiger Händedruck Jankowsky nahm aus die Einladung des Schauspielers Platz Er zupfte an seinem Anzug herum, rückte an seiner Kravatte und sagte dann vorwurssosll: »Meine Geige hat wohl ihren Wert bei Ihnen ein- gebüßt, »erehrter Werninghausen; ich la» mit Erstaunen 10 b» bleibt von der Abgabe frei. Die Abgabe ist an die Rück» vergütungskvsse sür die deutsche Presse abzuliesern. Das Gesetz soll vorläufig bis zum 31. Dezember 1923 gelten. Fn erster Linie soll die kleine und mittlere Presse berücksichtigt werden. Aus der Umsatzsteuer bei Holzverkäufen wird eine Ausfuhrab- gabc von 1'/2 vom Tausend erhoben. - (Anziehen der Getreidepreise.) Nach dem Wochenbericht des Deutschen Landwirtschastsrats zogen infolge der Valutakatastrophe in der verflossenen Woche die Preise des Getreides in schärfstem Tempo weiter aufwärts. Der Zentner Getreide stieg um durchscknittlich !20 160 Mk vor acht Tagen. Irgend ein Eindruck der teilweise gebesserten Saatenstandsberichte und der Tatsache, daß wir uns sür Wintergetreide infolge der Hitze schneller als früher erwartet der Schnittreife nähern, war gegenüber dem allmächtigen Einflüsse der Dollarhaussee nicht zu erkennen gewesen. — (Ein Drittel der Bevölkerung Polens sind — Nichtpolen.) Nach einem Bericht, den das stati stische Hauptamt in Warschau auf Grund der letzten Volkszäh lung herausgegeben hat, hat Polen gegenwärtig ohne Wilna und Oberschlesien und ohne die Armee rund 25 Millionen Ein wohner, darunter nur 17 359 888 Polen. Die Zahl der Nicht polen beträgt 8012 564, d. h. 31,6 v. H. England. London, 10 Juli. (Der neue srnsatto- nele Z ilammenbruch der Mark), schreibt D i y N wr, ist nur auf die großen Ankäufe auSläm Zische,. Z hlunz»mittel zur Bestreitung Ker R paration» e stur g n zurLSzuführen. Da» ist selbstverständlich den fr«v-sfi chen Banks«» ebenso genau bekannt, wir irgend Wnchm Tülmhm«rn an der Bankierkonferenz Uder die vnbelehrte öffentliche Meinung, die nicht fi-b', daß da» französische System durch Steuern arr». balarz-ert wird, verhindert die R x.ttrung, dies zuzu ,-Srn Et ist Sache der französischen Politiker, zu entscheiden, wann st« ihren Wählern die WshrHett sage!-. E- ist aber nicht einzusrhen, warum der Rest Europa» «Leos» darauf warten soll. W r wüffen un» e.- tm testen, mit oder ohne Frankreich zur Lösung des P cH WS zu sch eiten, UM so den Frieden, die Sicher heit und «ine feste Grundlage zu erhalten. — Daily Tzprrß serlsngt, daß anstelle Les Versailler Vertrage» »in neuer F-teden«vertrag geschloffen «erde. Die Männer von 1919 hätten im DunkUn gearbeitet und rncht wffn können, wie da» Europa nach dem Kriege a rieht» würde. Heute aber wüßten st« «». Ds» Wo« hssfi, daß H-rrding nach den NosemöerMshleK die Signaturmächte de» Versailler Vertrage» zu einer K nstr ? z nach W-ifhmzton «inladen werde, um einen reuen B -trag a^zuschlieZen, London, 11. Hult. (Englands Bemüh- «ngen u« die Lösung der deutschen Fi- narizkris«,) Die englische Regierung entfaltet eine bemerkenswert« Tätigkeit in der Frä^e der deutschen Ktncmzkr's« sileyd George konferierte mit dem er krankten Cßampecleikr, mit dem amerikanischen Bot- i<L«fr«r, sowie mit dem italienischen Außenminister GchLvzer vor seiner Amreis« »sch Pari». Di» enzltschs Kabinett sktz»e «in Komitee ein, ds» wahrscheinlich schon am Dienstag dem Kabinett Bericht erstatten wird. Man nimmt an, daß dis sür E d« dieser Mo. nots vorgesrh »e neue Zusammenkunft der alliierten Minister erheblich früher statt staden wird Der amrri kavtsche Botschafter Harvey scheint der amerikanischen R girrung die Teilnahme an den Beratungen ewpfoh. len zu haben, doch verdient die Ar ficht der Daily Expreß Beachtung, daß von Amerika ein aktive» Ein- r« fen erst nach den Mmmberwahlm zu erwarten sei. Ummerhtn könnt« die ebenfalls erst für den Herbst vo^sthexe neu- Zusammenkunft des Morgankomitee», neulich, es war gerade in Hannöver, wie gut Sie sich ohne mich behalten baden.' »Ich wußte nicht, wo Sie sich gerade aushielten mit Ihrer jungen Frau, und da meine Braut wirklich etwas leistet, schob ich sie an Ihre Stelle, lieber Jankowsky', er widerte Werntnghausen. Der anders neigte sich ein wenig auf seinem Stuhls vor. »Verstehe und begreife Gratuliere übrigens noch nachträglich zu der Verlobung ' »Ich banke sehr, bester Freund, aber sagen Sie mal, was haben Sie diesen W nter für Pläne?' »Ich bleibe in Berlin mit meiner Frau, gebe hier einige Konzerte und unternehme von hier aus meine Kunst reisen, wie in den Jahren vorher,' erfolgte die Antwort. Werntnghausen überlegte nicht lange, da sein Entschluß schon gefaßt war, ehe Fräulein Melis ihn noch daran erin- nerte, wie sehr er sich letzthin durch Marielieses Mitwirken geschadet. «Sagen Sie, Verehrtest«,' begann er, »würden i Sie da vielleicht, wie im vorigen Jahre —' Ec brauchte nicht zu Ende sprechen, der Geiger hatte schon begriffen und eifrig streckte sich seins langfingerige Hand zum Paktadfchlutz Lem Schauspieler entgegen. „W e gerne wirke ich an Ihren Abenden mit, abgemacht, nur bitte ich rechtzeitig um die Daten, damit ich mich mit meinen Kon zerten danach richten kann.' Werninghausen atmete aus. Dem Himmel sei Dank, nun war Marieliese wieder Kalt gestellt, nein, statt st» über strahlen zu lassen, sollte sie lieber in die häuslicher- Grenzen der guten Dilettantin zurückkehren. Ec würde ihr einfach sagen, er gönn« dem Publikum ihren Anblick nicht und sei eifersüchtig. Das klang hübsch und glaubhaft und er ging damit allen Weitläufigen Auseinandersetzungen aus dem Wege. In bester Laune entnahm er einem Wandschrank eine Flasche Portwein und Gläser. Beim zweiten Gläschen lächelte Jankowsky: »Ich habe Ihnen auch etwas abzu> bitten, lieber Werninghausen, denn denken Sie, ich bildete mir ein, Ihre Verlobung, von der ich auch unterwegs las, sei aus Klugheitsgründen, wenigstens von Ihrer Seite aus, goschlcssrn. Sie waren doch früher ziemlich ehefcheu und ich dachte, der Wrmingtzausen will sich gut versorgen. Die Pflegetochter von Konsul Zedler zur Frau zu bekommen, erschien mit ungefähr so, als wenn ein gewöhnlicher Sterb licher das große Los gewinnt.' Werntnghausen sagte großartig: »Ich bin nicht berech nend, nur verliebt." Zarikowsky nickte. »Natürlich, und weil ich kleiner »on Ihnen dachte, bitte ich Ihnen ja auch ab, denn seit ich wie der Drily Telegraf meldet, e» al» möglich er« scheinen lassen, baß Krankreich nunmehr «tnwilltgt, baß die Uankter» die ges-emren Fragen prüfe« und Vorschläge machen. Jedenfalls deuten alle Anzeichen darauf hin, d«ß in London wiederum an einer sehr «mf«ff»nben Lötung gearbeitet wird. Deutscher Reichstag» Da« Tchutzgesetz im Reichstage. Sitzung »om 10. Juli. Die politische Lage im Reichstage ist noch immer unge klärt. Man spricht von der Gefahr einer Reichstagsauflösung, die zweifellos von ernsten Folgen begleitet sein müßte. Die Parteien reden vorläufig noch aneinander vorbei. Die mittlere Linie der Verständigung ist noch nicht gefunden. Diese unge klärte Situation übt auf die Plenarsitzungen ihre Wirkungen aus. Ucberall birden sich im Sitzungssaale Gruppen, wo Neu gierige Aufklärung wünschen von den Wissenden. — Die Mon- tagssitzung nahm erst um 5^ Uhr ihren Anfang. Die Inter pellation Hergt (Dntl) betr. Aufruhr und Anarchie in Thüringen und Dr. Becker-Hessen (D. Bp.) betr. die Vorkommnisse in Darmstadt werden, wie ein Regierungsvertreter mitteilte, in der üblichen Frist beantwortet werden, voraussichtlich also Tube der Woche Eine sozialpolitische Erörterung wurde dann durch einen Antrag aller Parteien ausgelöft, der eine Erhöhung der Bezüge der Sozialrentner vorsieht. Da die Reichskasse nicht in der Lage ist, die erforderlichen Mittel auszubringen, ssll die Er höhung zu Lasten der Versicherungsträger erfolgen. In der Aussprache erkannte man die Notlage der Sozialrentner allge mein an und bedauerte, daß es unmöglich sei, noch mehr diesen Aermsten der Armen zu tun. Die Vorlage fand natürlich ein mütige Zustimmung. Es wurde eben so viel gewährt, wie mög lich war. Im Namen des Bildungsausschusses forderte Abg. Dr. Deermann Hilfsmaßnahmen für die Junglehrer und Jung lehrerinnen und Auskunft, ob noch in einzelnen Anstalten Schul klassen vorhanden wären, die überfüllt seien, das heißt solche, die sechzig Kinder und mehr bergen. Das Haus stimmte diesen Forderungen zu. — Dann wurde in die zweite Lesung des Ge setzentwurfes zum Schutze der Republik eingetreten, das im Rechtsausschutz in schwierigen Sitzungen geprüft worden ist. Die Aenderungen sind noch nicht grundlegender Natur. Abg. Dr. Bell (Ztr.) berichtete eingehend über die Ausschußoerhand lungen. Ein bayerischer Protest gegen die Aorlage folgte. Da rauf wurden diese Verhandlungen abgebrochen. Der Versuch, den Gesetzentwurf über die Pflichten der Beamten zum Schutze der Republik ohne Erörterung un den Rechtsausjchuß zu über weisen, mißlang. Die Deutschnationalen erhoben hiergegen Ein spruch und ihr Vertreter Abg. Deklerk protestierte scharf gegen diese Vorlage. Die Hauptverhandlungen über all diese Gesetz entwürfe, die mehr oder minder einen inneren Zusammenhang haben, wird am Dienstag ihren Anfang nehmen und voraus sichtlich die ganze Woche dauern. Die Katastrophe der Mark. w. V?. Die Denkschrift, in der die während des Mai in Paris versammelten Weltbankiers die Hemmnisse einer Anleihe begebung darlegten, enthielt neben dem Ausdruck der Bereit schaft, einer neuen Einladung unverzüglich zu folgen, zugleich eine Warnung. Auch eine kurze Wartezeit, meinten die Ban kiers, un» selbst die unvermeidliche Pause zwischen einem An leihebeschluß und der Anleihe selbst könne sür den Zustand der deutschen Geldwtrtschaft schlimme Folgen haben. Etwas später erklärte aber Poincare: die Anleihe bliebe zwar wünschenswert, m«n müsse jedoch die richtige Reihenfolge einhalten; erst müsse Deutschland „seine Finanzen in Ordnung' gebracht haben. Dieser Auffassung entsprach die Entsendung des „Garantiekimmitees", das fetzt in Berlin verhandelt. Beides, die Warnung der klugen Tatsachendeurteiler, die in Paris zu Gaste waren, und die Kurzstchtigk-it ihrer Wirt« ist eher, als man geahnt hat, bestätigt worden Es war eigent lich nicht schwer zu erkennen, daß der Kurs der deutschen Mark, durch keine politische und wirtsch«ftliche Tatsächlichkeit gestützt, sich nur halten konnte, solange er «n dem dünnen Seil der Anleihehoffnung hing, sobald dies Seil zerriß oder auch nur nachgab, mußte er abwärts rollen. Es ist ein falscher Trost, einzuwenden, ein so jäher Sturz sei die Folge einer „Panik", der di« Beruhigung notwendig weiß, wie wackelig bas Bankhaus Zedler steht, bin ich über zeugt, Sie schließen eine Ltcbesehe.' Werntnghausen meinte etwas Kaltes an seinem Kör per entlang gleiten zu fühlen. Doch ließ er sich äußerlich nichts ar,merken, wie sehr ihn die flüchtig hingeworfenen Worte drs Geigers erregten. Ganz nebenhin sprach er: „Ach, man schwatzt so viel, und wenn auch das Bankhaus Zedler ein paar Verluste gehabt, so find die nicht im Stande, so eine Virwa zu erschüttern." Er sagte das aufs Geratewohl nur, um möglicherweise mehr aus dem Geiger hrrauszulocken, denn bisher war t noch nicht das geringste Nachteilige über die Finanzen des alten Bankhauses zu Ohren gekommen. Jankswfky trank und während er sein Glas niedersetzte, antwortete er bedäch tig: »Gewiß wird viel geschwatzt, cber in diesem Falle bin ich zufällig gut unterrichtet Schon seit längerer Zeit krankt die Firma an Geldverlusten und Mißersolgen, jetzt war fie beinahe wieder obenauf, da reißt fie ein Hamburger Bank haus mit sich und —' Er brach ab und schloß dann: »Na, die Hauptsache werden Sie ja auch wissen' Er sak plötzlich in ein starres ei tsetztcs Gesicht und meinte stammelnd: „Ich bitte, Freund Werningdausen, was ist Ihnen, sollten Sie von alledem nichts geahnt haben?' Er schlug sich oor die Stirn. ,O. «Ä Tölpel, natürlich, von der lctzien Sachs können Sie ja auch kaum wissen, habe es ja selbst «rst von meinem Schwager, dem Bankdirektor in Hamburg, gebärt, der wiederum durch Beziehungen erfuhr, wie stark die Firma Zedler bei dem jetzt fallenden Bankhaus beteiligt ist. — O, was mache Ich mir sür Vorwürfe.' Werninghauscn brachte jetzt ein Lächeln auf. »Offen gesagt, Verchrlester, ja. Sie haben mich erschreckt, aber so unangenehm, mir der Schreck auch war, so ist es mir doch lieb, unterrichtet zu sein.' Le se, wie für sich, setzte --r hinzu; »Meine arme Braut, sie wird mit den Eltern leiden." Der andere drückte ihm fest die Hand. »Nun weiß ich bestimmt, Ihrer Wahl liegt auch nicht die geringste Be rechnung zugrunde.' Kaum war der Besucher fort, warf Arno Werning« bansen die Maske ab; wozu Komödie spielen, wenn keine Zuschauer da stnd. Die Hauptsache war, der Geiger hatte die Ueberzeugung von seiner selbstlosen Liebe zu Marieliese mit sich genommen, und da er ein Schwätzer war, würde er kiese schmeichelhafte Meinung bald weitergeben. Das macht sich gut, wenn dann, natürlich erst in einiger Zeit, die Ver lobung wieder gelöst wurde Denn Arno Werninghausen war sich darüber sofort einig, eine Ehe mit der vielleicht bald mittellosen Marieliese reizte ihn gar nicht. Fortsetzung folgt.