Volltext Seite (XML)
Amtsblatt Anzeiger Fernsprecher Nr. 11. Sonntag, 30 Dezember 1911 Ur. 301 Erschein! jeden Werktag abends für den folgenden Tag. Rerugspreis frei ins Haus vierlrl- Mrlich S.1O Mk.» monatlich 70 Pfg. Durch die Post bei Abholung auf dem Postamle vierkel- Mrlich 2.10 MK., monaklich 70 Pfg., frei ins Haus vierteljährlich 2.62 Mk., monatlich 84 Pfg. Kür dir Rückgabe unverlangt ringefandler Schriftstücke wird keine Verbindlichkeit übernommen. WrschSstsstelle: Schulstraße Lr. 31. Briefe und Telegramme an das Amtsblatt Hohenstein-Ernstlhal. Bank-Konto: Chemnitzer Bankverein, Chemnitz. P o st s ch e ck - K o n t o Leipzig 23 464. 67° Ja-kK Der Anzeigenpreis betrügt in den obengenannten Orken für die fechsgrHalkene LorpuspM 16 Pfg., auswärts 20 Pfg., im Leklamekeil 40 Pfg. Bei mehrmaligem Abdruck tarifmäßig!» Nachlast. Anzeigenaufgabe durch Fernsprecher schließt jedes Beschwerderecht au». Vs? zwangsweiser Eintreibung der Anzeigengrbührrn durch Klage oder im Konkursfalle gelangt volle Betrag unter Wegfall der bei sofortiger Bezahlung bewilligten Abzüge in Anrrchnu»D für Hohenstein-Ernstthal mit Hüttengrnnd, Oberlungwitz, GerSdorf, HermS*O>p Bernsdorf, Rüsdorf, Langenberg, Meinsdorf, Falken, Reichenbach, LangenchurSdorf, Latlo» berg, Grumbach, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbau- Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Pleißa und Rußdorf. für As MU Amtsgericht M Sm AMat z« Hohmstck-Wtbl. Organ aller Gemeindeverwaltungen der umliegenden Ortschaften. «W««, »I!I!»»>Iltis mmmims-MMNnmeUlii !I ZglksabstlMMg iti Polk», LitMil md Alkiid. M Mk Il-UMM Berlin, 28. Dez. (Amtlich.) In geschickt und schnell durchgeführtem An griff gelang es einem unserer U-Boote, in der Irischen See innerhalb von fünf Tagen 13 5VV BRTo. Schiffsraum zu vernichten. Sämtliche Schiffe waren große Dampfer. Einen von ihnen schoß das U-Boot aus einem stark gesicherten großen Geleitzug heraus. Ein anderer Dampfer von etwa 5000 BRTo. hatte anscheinend Sprengstoff geladen. Unter auf fallend heftiger Detonation und starker Feuer erscheinung verschwand der größte Teil des Schiffes fast augenblicklich, und nur das in Weißglut getauchte Heck war noch wenige Mi nuten sichtbar. Der Chef des Admiralstabes der Marine W MMMWlMG Eine kurze Unterbrechung. Brest-Litowsk, 27. Dez. Die Beratungen der Delegationen der Verbündeten mit den Vertretern Rußlands über die Spezialfragen wurden auch in den folgenden Tagen fortge setzt. Die Beratungen sind inzwischen so weit gediehen, daß eine kurze Unterbrechung der Verhandlungen in Aussicht genommen werden kann, unl den Delegationen, von denen ein zelne mit ihren heimischen Behörden Fühlung zu nehmen haben, hierzu Gelegenheit zu bieten. W WW« M Wl-MNl. Di« Politik der Friedens- »ngebote — so wird den „Dresd. Nach richten" aus Berlin geschrieben — hat in Brest- Litowsk nunmehr den Gipfel erstiegen, uns in wenigen Tagen soll es sich herausstellen, ob die Verbandsmächte im Westen und Süden Eu ropas geneigt sind, sich an den Friedensver handlungen zu beteiligen, oder ob sie die Op- ferbereitschaft des Vierbundes wiederum zum Anlaß rühmen werden, um ihren Völkern die Versicherungen zu! geben, daß Deutschland Und seine Bundesgenosse» end gültig am Ende ihrer Kräfte seien. Die letztere Auslegung unseres Feinde ist so gut wie sicher; denn es wird von ihnen ausgesprochen, den Deutschen seien! sämtlich« zum Kriegsühben erforderlichen Rohstoffs aus gegangen. Diese völlig unzutreffende Behaup tung beruht leider aus Gerüchten, die absichtlich in Berlin verbreitet werden, um die deutsch« Sache zu schädigen. Da sich die Politik der Friedensangebote trotz aller schlimmen Erfah rungen als unbelehrbar erwiesen hat, so wird auch Brest-Wtowsk an den bedauerlichen Fol gen nichts ändern. . ! Die geschickte englische Politik verfolgt be harrlich das Ziel, die Deutschen um ihren Was- fenerfclg und ihren Siegespreis zu bringen und sie auf ihren gewaltigen Kriegskosten sitzen zu. lassen, damit die Gegner später wirtschaftlich zugrunde gehen und unters der Bleilasi der hun dert Milliarden verkommen. Effi nach dem vorausgegangenen völligen Verzicht Deutsch ¬ lands will man sich in London zu Verhandlun gen herbeilassen. Es könnte auch im Plane der britischen Staatsmänner gelegen haben, die russisch-deutschen Verhandlungen durch die maß losen Forderungen der russischen Regierung zu sprengen. Infolge! der überraschenden Zustim mung des Vierbundes wurde dies aber ver hindert, und England wird nur; den weiteren Schachzug schnell zu tun haben. s Das englische Reuter-Bureau betont bereits daß alle politischen Parteien Englands fiir eins Fortsetzung des Krieges bis zum endgültigen Siege seien. Bis zum 4. Januar erwartet der Wierbund die Entscheidung deb Entente, ob sie auf die Friedensbedingungen von Brest-Litowsk eingehen wA; dann erWrt er sich für frei. Später wird er schwerere Foroe- rungen stellen. Also — Schach dem Verbände. England wird sich dem Zuge voraussichtlich entziehen und vertrauensvoll auf das sicher nicht ausbleibtnde nächste Friedensangebot warten. Es kennt zwar die Stärke von Hindenburgs Heerstraße aber auch die Schwäche der Berli ner Wilhelmstraße! * Die gesamte deutsche national« Presse lehnt das deutsch-russische Frie densangebots scharf ab. Genugtuung findet es nur beim „Berl. Tagvl/, beim „Vorwärts" und der „Germania", den drei Brüdern vom 19. Juli. Sehr beachtet wird die Stimme, die aus Bayern herüberfchallt. Auch dock ist man unzufrieden. Diese Stimmung kleidet der „Bayrische Kurier", das führende Zsnttnms- blatt Bayerns, in folgende Worte : ..Die rus sischen Delegierten bestanden auf der Begannt gäbe einer allgemeinen Plattform unter An näherung an die bolfchewikischen Kriegsziele Es scheinen ja recht nebulöse und ra dikale U n t e r st r ö m u n g e n vorhanden zü sein, wie man sich ja überhaupt 'm revolu tionären Uebergangszeiten nur zu gern an der Phrase und an einer idealistischen Systematik berauscht, die an jeder Ecke mit den harten Tatsachen zusammenstöß':,. sobald man sie i in das Reich der Wirffichkeit überführen möchte. Die Mittelmächte sind wahrlich weit gegangen, als sie sich in diese Ge dankengänge einließen, wenn sie auch das son derbare Verlangen in Punkt 3 der russischen Stipulationen ablehnten, wonach die Tschechen usw. das Recht erhalten hätten, ihre Staatsan gehörigkeit zu bestimmen. Eine solche Ein mischurig in die häuslichen Angelegenheiten der Staaten stünde am schlechtesten einem Frieden an, der an her Spitze den Programmim; von der Selbständigkeit der Nation trägt. Nicht wenigen Kreisen im deutschen Lande mag das Entgegenkommen gegen die Fülle der bolsche- wikischett Ansprüche zu weitgehend, das Ein- gehen! auf dis revolutionäre Phraseologie grund sätzlich bedenklich erscheinen." Noch bemerkenswerter ist es, daß auch die amtliche „Bayrische S t a a tss'z t g." kri tische Töne vernehmen läßt: „Noch ein letz tes Mal ist der feindlichen Koalition eigentlich allzu entgegenkommend! Gelegen heit geboten, die neue Versündigung an der Menschheit wenigstens teilweise wieder gut zu machen, die sie mit der Zurückweisung des Frie densangebotes ilm vorigen Jahre beginge Noch einmal s A u s R u ß l a n d s W U n s ch, dem zu! widerstreben die Verbündeten keine Veran lassung hatten. Aber es wird nur eine kurz befristete Zeit sein, die ihnen zur Entscheidung bleibt. Bis zum vierten Tage des neuen Jahres müssen sie zu erkennen gegeben haben, wie sie zur Sache des Friedens stehen. Wollen sie den Frieden, einen ehrlichen Frieden, sie können ihn haben. Ehrlich und über alles Verdienst milde zugleich. Ziehen sie in gänz- licher Verkennung ihrer Lage und ihrer Aus sichten die Fortsetzung des Krieges vor. dann werden sie Deutschland und seins Verbündeten auch hierzu bereit finden. Aber die Verant wortung, die furchtbare bleibt bei ihnen. Von Brest-Litowsk aus gehen den Völkern setzt die Zeichen auf, in denen ihre Zukunft geschrieben steht. Wehe den Staatsmännern, die sie nicht zu deuten und zu beachten vermögen." iMon über Rußland. In der französischen Kammers interpellierte der sozialistische Abgeordnete Moutet über die Unterhandlungen zwischen den alliierten Regierungen, die ohne Wissen des Parlaments gepflogen und jüngst veröffentlicht worden seien. Er fragte, welche Maßnahmen der Regierung infolge der erwähnten Veröffentlichung notwendig erschei nen würden. Auf Zwischenrufe, insbesondere von Briandfl der erklärte, daß die von den Russen veröffentlichten Verträge für niemanden geheim seien, erwiderte Moutet, es werde ein Interesse dafür bestehen, eine Debatte der Ge heimsi)Mng vom 5. Juli über die innere Po litik zu veröffentlichen. P i ch o u erklärte, daß alle Vertretet der Alliierten dieselbe Erklärung abgegeben hätten, und zwar: „Au dein Tage, au dem Rußland eine regelrecht gebildete, auf den Willen der Na tion gegründete Negierung besitzen wird, wer den wir bereit sein, mit ihm über Kriegs ziele und die wichtigsten Bedingungen eines > gerechten und dauerhaften Friedens zu ver handeln." Der Sozialist M i sl ral erklärte, die En tente habe Unrecht getan, den Sozialisten die Pässe für Stockholm zu verweigern, denn da durch sei die Lage Kerenskis unhaltbar gewor den. Der Redner schloß mit dem Verlangen einer Revision der Kriegsziele der Entente. Der Abg. Sairolle interpellierte sodann über die durch den Wajsfenstillstand au der russischen Front fiir Frankreich geschaffene Lage. Nach längeren Ausführungen Pichons lehnte die Kammer mit 378 gegen 103 Stim men den Vorrang für eine Taaesordtnmg Lcn- guet ab, nach der u. a. künftig nur die vom Parlament gutgeheißenen Verpflichtungen als gültig angesehen werden sollen mW nahm mit sämtlichen 484 abgegebenen Stimmen eine -la gesorduung Symjan an, wonach die Kammer di« Erklärung der Regierung billigt und j un Vertrauen zu ihr zur Tagesordnung' übergehr. Darauf wurde die Sitzung aufgehoben. „Havas berichtet aus Paris noch folgende Einzelheiten: Der französische Außenminister Pichon erklärte einem Vertreter des ..Jour nal" daß er wie Lloyd George die russi sche Frage als ernst ansehe. Die rus sische Armee habe im Kriegsplan der Alliierten eine bedeutende Rolle gespielt. Maar habe vor übergehend sogar erwartet, daß die russische Armee nach Wien kommen und Oesterreich außer Kampf setzen werde. Der Zusammenbruch Rußlands sei nach dem Eingreifen der Verei nigten Staaten das wichtigste Ereignis dieses Krieges. Pichon sagte weiter : Er wisse nicht, ob die Friedensverhandlungen zum Ziels füh ren werden. Die Maximalisten würden ihre Grundsätze verleugnen, wenn sie die Aneignung Kurlands, Litauens und Polens durch Deutsch land gestatteten. Damit würden" auch die. ei gentlichen Schwierigkeiten fiir Deutschland be ginnen Pichon fügte schließlich hinzu : Er glaube nicht an die Möglichkeit einer Verprovi- anstierung Deutschlands durch Rußland. Die Wiederherstellung der Tränsportmöglichkeiten werde mehrer« Jahre er ¬ heischen. Sehnsüchtig beabsichtige Deutschland an den Stillen Ozean und nach China zu ge langen, sagte Pichon. Auf dieser Seite sei aber nichts zu befürchten. Japan werd« China im Auge behalten, und Deutschland werde niemals dorthin zurückkehren. Die wirt schaftliche Lage der Verbündeten! sei günstiger als diejenige Deutschlands. Zum Schluffe er klärte Pichon, mit einer auffallend lahmen Wendung, die elsaß-lothringische Frage geb« nicht zu Mißhelligkeiten zwischen den Diploma ten der Alliierten Anlaß. Nack) einer späteren Meldung hat Pi ch o n noch gesagt : Die Ereignisse in Ruß land stellen zusammen mit dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg die wichtig ste Tatsache dieses Krieges dar. Die jetzige russische Regierung hat sich selbst in ihren offi ziellen Beziehungen zu den Alliierten rmmöglich gemacht. Dank den Bolschewili befindet sich Rußland heute in voller Auflösung, und Deutsch land bemüht sich, das Werk der Zerstörung der russischen Militärmacht fortzusetzen rmd einen Abgrund zwischen Rußland und den Alliierten zu schaffen. Unsere Kriegs ziele ''nv in den wiederholten Erklärungen unserer Mi nister und in den Tagesordnungen des Parla mentes bezeichnet. Zuerst siegen. (Bei- fall.) Lloyd George hat noch gestern wiedev- holr, nian erhalte den Frieden nur durch einen Sieg. Siegen, warum? Um zu unterdrücken und zu herrschen? Mit nichten, um den Welt- frieden, Gerechtigkeit und Brüderlichkeit za sichern. Die Wiederherstellung Elsaß-Lo- thringens leistet Gewähr für einen dauert- haften Frieden. Wir werden den Krieg erst dann als gewonnen bettachten, wenn Deutsch- land erklären wird, daß es bereit ist, einen Frieden anzunehmen, der! auf der Grundlage der Gerechtigkeit und der Wiedergutmachung des begangene» Unrecküs begründet ist. Die Alli- ierten wollen mich ein unabhängiges unteilbares Polen mit allen Ga rantien einer großen wirtschaftlichen und mili tärischen Entwicklung. Das, was uns von den Feinden unterscheidet, ist das Streben nach einem gerechten und dauerhaften Frieden. Man begreift leicht, daß Deutschland und Oesterreich sich weigern, ihren Frieden ohne Annexionen mehr zu erläutern. Die Veröffentlichung der Geheinwerträge in Rußland ist ein vollständi ges Fiasko für Deutschland; sie hat nicbt die guten Beziehungen zu den skandinavischen Län dern beeinträchtigen können. Es wird Ruß- lands Begräbnis sein, sich von den Feinden einwickef nzu lassen. An dem Tage, wo man unmittelbar wegen der FriedenSbedingungen an uns herantteten würde, werden will sie mit seren Bundesgenossen! zusammen prüfen. Ein solcher indirekter Friedensvov- schla g aber verdient nicht, erwogen zu wer den. Entschieden werden die russischen Ver handlungen zum Ziele führen, und dann wird dies die Kapitulation Rußlands sein, oder die Verhandlungen werden scheitern. In bei den Fällen wird für uns der K r i eg weitergehen. Es bedeutet offenbar eix nen großen Erfolg für Deutschland, ob Ocster- reich-Ungam die Bewegungsfreiheit an unserer Front besitzt. Deutschland hat sich dw unmög liche Aufgabe gesetzt, die Welt zu besiegen, aber die Welt wird siegen, und die Franzosen wer den einen beträchtlichen Anteil an dem Siege haben. * Dio Antwort auf das Brest-LitowS- ker F r i e d e n s g e w i n s e l hat der fran zösische All enminister Pichon in nicht miß- zuverstehender Weise erteilt: Unser Kriegsziel ist der Sieg? Daß das unaufhörliche Friedensgojammer seitens der Mittelmächte mW d e n K r i e g ins unab-