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02-Ausgabe Erzgebirgischer Volksfreund : 07.10.1944
- Titel
- 02-Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1944-10-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-19441007021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-1944100702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-1944100702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1944
-
Monat
1944-10
- Tag 1944-10-07
-
Monat
1944-10
-
Jahr
1944
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Atte Fra»kreichplS«e -er Brtte« war England nicht mehr im früh««« Sinn «in Feudalstaat, «» war auch nicht mehr im Innern halb französisch, sondern «« war ganz englisch geworden, und in allen öffentlichen An gelegenheiten hatte sich ein Mitbestimmungsrecht «ine» Par- lament» herausgebildet, in beste da» städtische Bürgertum im „Hau» der Gemeinen" oder dem Unterhau» neben den Lords sein« gewichtige Vertretung besaß. Die« englische Parlament wurde nun, wenn auch durch mancherlei Wechselfälle unterbrochen, in zunehmendem Maße an Stelle des Königtum» bestimmend für die englische Politik, besonder» für die auswärtige. Ls geschah dies dadurch, daß sich au» den Resten des alten, durch fortwährende Erhebungen neu auskommender Familien in den Adelsstand sich ergänzen den, m t großem Grundbesitz ausgestatteten Adels und au» geschäst ich erworbenem bürgerlichen Reichtum eine neue Ober schicht bildete, deren Angehörige die Regierungsgewalt an sich nahmen. Das Königtum wurde daneben immer mehr zu einer sorgfältig gepflegten dekorativen und repräsentativen Spitze, das Parlament dagegen der Apparat, durch den Aristo kratie und „gentry" ihre Belange verfolgten. Das hatte eine Politik zur Folge, die sich schlechthin auf Macht und Reichtum im persönlichen wie im staatlichen Dasein richtete, und damit war bei der rasch wachsenden Entwicklung des englischen Ge werbe», des englischen Handels und des englischen Kolonial- reich» der Streit mit Frankreich gegeben. Auch Frankreich versuchte eine Wirtschafts, und Ueber- seepolitik großen Stils zu treiben und überdies eine Eng land bedrohende Machtstellung auf dem europäischen Festland zu gewinnen. Daraus entsprang ein teils kriegerisch offener, teils verborgener Spannungszustand zwischen Frankreich und England, der von der Regierung Ludwigs XIV. bis zum Ende Napoleons auf St. Helena dauerte. Dom Wiener Kon greß an war es englische Politik, Frankreich nicht zu schwachen, sondern ehe mit ihm zusammenzugehen. Scharf und deutlich wurde diese Tendenz von da an, wo in England das Wachs tum des deutschen Handelns und der deutschen Flotte als Gefahr empfunden wurde. 1914 kam es zum ersten, 1939 zum zweiten Kriegsbündnis Englands mit Frankreich gegen Deutschland. Als Frankreich diesmal die ersten entscheiden den Schläge durch die deutschen Waffen erhalten hatte und durch den ebenso hastigen wie vergeblichen Aufbau der so- genannten Weygandlinie ihre entscheidenden Fortschritte auf- zuhalten versuchte, erschien Churchill mit dem Flugzeug bei der damals von Reynaud geleiteten französischen Regierung und machte ihr den unverblümten Vorschlag, Frankreich möge, als neues großes Mitglied in den Commonwealth of Nations, d. h. in das britische Imperium, eintreten. Das war die alte Idee des Angevinischen Reichs in kolossal erweitertem Maß- stab, und eben diese Bestimmung für Frankreich lebt auch in der gegenwärtigen Gedankenwelt der regierenden Männer in England für die Nachkriegszeit weiter. Ob es wohl viele Franzosen gibt, die das ahnen? Dr. Paul Rohrbach. Der deutsch« Kaiser Heinrich V. halt« «ine Urenkelin Wil helms de» Eroberer» von England geheiratet, Mathilde. Sie blieb von ihm kinderlo» und ging, 1125 Mtw« geworden, nach England zurück. Um sich dort — sie war der letzte Sproß des Eroberer» — al» Königin gegen ihre Widersacher zu halten, heiratete sie einen großen Vasallen der französischen Arine, den Grafen Gottfried von Anjou. So kam ein fran zösische» Geschlecht auf den englischen Thron. Damals «ar in England von der normannischen Eroberung her das Fran zösische die Sprache de» Hofe», de« Adel», der Regierung und Verwaltung. Gottfried» und Mathilden» Sohn, Heinrich II. von England, erwarb durch Heirat noch da« große südfranzö- fische Herzogtum Aquitanien zu beiden Seiten der Garonne, eines der reichsten Länder de» damaligen Europa. Fortan betrachteten sich die englischen Könige al» Herren des nach dem Namen der Hauptstadt von Poitou, Angers, sogenannten Angevinischen Reichs, das ganz England und dazu auf fran zösischem Boden alles Land von der Normandie bi» an die Pyrenäen umfaßte. Dem Namen nach waren die Besitzungen in Frankreich französische Lehen, tatsächlich gehörten sie dem König von England. Der englische Raum war begrenzt, im französischen Teil de« Angevinischen Reich» aber winkte den englischen Baronen reicher Besitz. Der Anspruch auf die poli tische Zusammengehörigkeit der Länder diesseits und jenseits de» Aermelkanals wurde noch gestärkt durch die gleiche Sprach« und Kultur der herrschenden Schicht. Die Entschei- düng darüber, daß England feisten Charakter als ein Doppel- reich zu beiden Seiten des Kanals verlor, fiel erst im 15. Jahrhundert im Zusammenhang mit der patriotisch-mystischen Erscheinung des Mädchens von Orleans. Die Jungfrau be wahrte Frankreich vor dem völligen Verschlucktwerden durch England. Seitdem stehen Frankreich und England als ge- trennte Größen nebeneinander. Hat es einen Zweck, heute an jene vergangenen drei Jahrhunderte englisch-französischer Geschichte zu erinnern? Doch wohl, denn wenn es nach England, zum mindesten nach Winston Churchill ginge, so könnt« das Angevinische Reich, oder etwas dem Aehnliches — wiederkommen. Werfen wir einen Blick auf das Verhältnis zwischen England und Frankreich seit dem Ende des Mittelalters. Englands frucht barer Boden, sein mildes Klima und seine Insellage begüi» stigten früh das Aufkommen eines kräftigen Gewerbes, eines gewinnbringenden Handelns und damit eines aufblühenden Städtewesens, in dem sich eine für jene Zeit bedeutende Geld macht festsetzte. Auf die Geldbewilligungen der Städte waren die englischen Könige für ihre Kriege auf dem Festland zur Behauptung der Besitzungen in Frankreich noch mehr ange- wiesen als auf die stete Bereitschaft ihres kampflustigen Adels. Die noch aus der Erobererzeit herstammenden großen nor mannischen Adelsgeschlechter gingen im 15. Jahrhundert wäh- rend des Dreißigjähriges Krieges zwischen den um die Krone streitenden Häusern Bork und Lancester großenteils zugrunde. Als die Tuoor-Dynastie die Erbschaft des Königtums antrat, Die Kampflage im Weste«. Ueber die Kampflage im Westen wird mitgeteilt: Die Kampfkraft -er 2. britischen Armee ist durch ihre schweren Der- löste im mittleren niederländischen Raum so gesunken, daß nach der 1. kanadischen Armee jetzt auch noch die 1. US.-ameri- konische Armee große Teile ihre« Frontabschnittes Wernehmen mußte. Die Briten verteidigen zur Zeit nur noch die verhält nismäßig kleine nördlich« Kappe des Einbruchsraumes Eind hoven—Nymwegen. Hier versuchten sie am Donnerstag, durch heftige Gegenstöße ihren Brückenkopf nördlich des Waal als Sprungbrett für weitere Operationen gegen di« Festung Holland zu befestigen. Nach dem Sieg bei Arnheim begannen unsere Verbände von Tag zu Tag starker auf die zwischen Waal und Nieder- rhein stehenden feindlichen Kraft« zu drücken. Zunächst griffen sie von Nordwesten und Norden an und gewannen schrittweise Boden. Seit einigen Tagen stehen unsere Truppen auch süd- westlich Arnheim bei Wageningen auf dem Südufer des Nieder rheins. Nachdem sie sich genügend Bewegungsfreiheit erkämpft hatten, stießen sie nunmehr auch von Nordwesten gegen den feindlichen Brückenkopf am Waal vor. Di« Briten setzten sich verzweifelt zur Wehr und führten auf dem Luftwege Verstär kungen zu. Dennoch konnten sie nicht verhindern, daß unsere Angriffe von Nordwesten und Nordosten weiter Boden ge wannen. Aus ihren vorgeschobenen Stellungen halten unsere Truppen ihren Druck weiterhin aufrecht. Die Härte dieser Kämofe wurde noch übertroffen durch das erbitterte Ringen im niederländisch-belgischen Grenzgebiet nördlich Antwerpen und Turnhout. Hier versuchten die Kanadier seit acht Tagen, die Front bis zur Spitze des Nym- wegener Einbruchsraumes zurückzudrängen. Ähre Haupt angriffe erfolgten längs der nach Tilburg, Breda und Roosen aal führenden Straßen. Nach anfänglichem Bodengewinn wurde der Feind durch Gegenstöße zurückgedrUckt, so daß das geringfügige Ergebnis sein« hohen Verluste nicht ausglich. Wi« im Novdteil der Westfront zerschellten am Widerstand unserer Truppen auch die Angriffe der Nordamerikaner zwi schen Metz und der Burgundischen Pforte. Di« in Richtung auf Metz vorstoßenden feindlichen Einheiten blieben im nord- lichen Vorfeld bei Wacheren und im südwestlichen am Fort Driant unter hohen Verlusten im Abwehrfeuer oder im Gegen- angriff unserer Grenadierregimenter und Panzerbrigaden liegen. Da« Erstaunen der Nordamerikaner über den beut- schen Widerstand findet seinen Niederschlag in einem Bericht der nordamerikanischen Armeezeitung „Stern« und Streifen". Ueber den Kampf eines aus Offizieranwärtern der Kriegs- schule Metz gebildeten Regiments berichtet sie: „Die Offiziere und Offizieranwärter dieses Regiments kämpfen mit einem Fanatismus ohne Beispiel. Mit den besten und neuesten In fanteriewaffen ausgestattet hielten sie ihre Linien gegen heftige Angriffe. Alle Regeln der deutschen Abwehrtaktik und alle klastischen Lehren über das Halten von Stellungen kamen bis zum Extrem zur Anwendung. Mit unwahrscheinlicher Genauig- leit schossen Pak und Artillerie. Noch nie hatten wir solche Verluste an Panzern und Fahrzeugen durch Volltreffer." Gleich zäh wie dieses Regiment kämpfen auch unsere übrigen Verbände an der Front zwischen Salzburgen und Lure, wo der Feind, teilweise mit neu herangeführten Kräften, feine Angriffe gegen die Vorberg« der Westvogesen fortsetzt. Für kampfentscheidende Taten. Da« Ritterkreuz erhielt der au« dem Mannschaftsstand hervorgegangene Kapitänlt. Hans Hoßfeld, Kommand. einer Marineart.-Abt. Hoßfeld zeichnete sich in den schweren Ab- wehrkämpfen an der Rarwafront durch hervorragende Füh- rung seiner Abteilung, sowie als Führer eines Sonderunter, nehmen« im Finnischen Meerbusen au«. — Ferner wurden mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet Major Spier, Komm, einer hess.-thür. Panzerjägerabt.; Hptm. Herbert Jordan, Bat- teriechef in einem Art.-Regt. au« Deutsch-Krone; Oblt. d. R. Heinrich Hesse, Bataillonsf. in einem rhein.-westf. Gren.-Regt.; Lt. Herbert Lehring, Zugf. in einem schles. Gren.-Regt.; Fw. Kuno Zipfel, Zugf. in einem Ulmer Jägerregiment. * Don einem Feindflug kehrte der mit Ritterkreuz ausge- zeichnete Lt. Fritz Neumüller, Flugzeugs, in einem Schlacht- geschwader, nicht zurück. Kurz« Meldungen. In der Gauhauptstadt Saarbrücken führte Reichsorgani sationsleiter Dr. Ley den mit der Leitung des Gaues Wcst- mark beauftragten stellv. Gauleiter Stöhr in sein Amt ein. Der Führer der wallonischen Volksgruppe, Eichenlaub- träger Leon Degrelle, hat die Arbeitsdienstpflicht für alle jungen Wallonen sowie für die Mädchen vom 17. bis 25. Le bensjahr angeordnet. Sie wird in Deutschland abgeleistet. Nach Reuter sind die Sowjets dabei, Reval zum Haupt- stlltzpunkt ihrer Flotte im Kampf um die Ostsee auszubauen. Es wimmele dort von sowjetischen Seeleuten. Mit einem Boot kamen von der Insel Dagö 110 Flücht- linge auf der schwedischen Insel Gotland an. Sie waren nach der Besetzung der Insel durch die Sowjets zum Tode ver urteilt wovd«n. Wie sie berichten, wurden Tausende von Ein heimischen von den Sowjets ohne jede Verhandlung hinge richtet. Mit Genehmigung der schwedischen Regierung begann die Abwanderung aus weiteren fünf nordfinnischen Gemeinden mit 28150 Einwohnern nach Schweden. Bis Dienstag waren 24 205 Flüchtlinge mit 16 982 Haustieren in Schweden ein getroffen. Die „Befreier" haben auch der Stadt Florenz den Hunger gebracht. Sie haben die Brotration auf 100 Gramm täglich herabgesetzt. Außerdem werden auf den Kopf der Bevölke rung täglich zwei Liter Wasser verteilt. Unter der Ueberschrift „Kinder, die das Lachen verlernt haben" veröffentlicht die „Neue Zürcher Zeitung" einen Be- richt über den Besuch einer Schule in Rom. Die Klassen seien halb leer gewesen, die Kinder mager, hohlwangig und in Lumpen gekleidet. Montgomery und andere Befehlshaber der angloameri- konischen Truppen erhielten sowjetische Orden, desgleichen britische Minister für die Kriegslieferungen. Roosevelt ließ Stalin in Moskau seine Düste überreichen. Gleichzeitig meldet Moskau, daß der „Nationalrat der amerikanisch-sowjerischen Freundschaft in den USA. große Freundschaftskundgebungen veranstalten wird. » Tito-Broz, der Vollstrecker der Moskauer Befehle 'im Dalkanraum, weilte in Moskau und hatte Besprechungen mit Stalin. Der Rundfunksender Toulouse teilt mit, daß in Spanien Guerillakämpfe ausgebrochen seien. Die französisch-spanische Grenze bei Andorra sei von den spanischen Behörden ge- schlossen worden. Der britische Botschafter in Madrid, Sir Samuel Hoare, hat sich nach London begeben. Seit Donnerstag liegen in Detroit (USA.) 25 Rüstungs fabriken still, da die Belegschaften von 60 000 Mann in den Streik getreten sind. Das chilenisch« Kabinett ist zurückgetreten. , s«m rag der «ehrertüchtt^ung. Aufruf de» Gauleiter«. Meine lieben Hitlerjungenl Am ersten Tage der Wehrertüchttgun^ im vorigen Jahre hat euch der Führer aufgerufen, eure höchste Ausgabe darin zu sehen, der kämpfenden Truppe immer den besten solda- tischen Nachwuchs zuzuführen. Und ihr habt euern ganzen Ehrgeiz darangesetzt, diesen Auftrag zu erfüllen. Unter dem Vorbild eurer älteren Kameraden im Felde, von denen viele hohe und höchste Tapferkeitsauszeichnungen tragen, habt ihr euch körperlich gestählt, politisch-weltanschau- lich gefestigt, waffentechnisch vorbereitet und euch bereits in so großer Zahl freiwillig zu den Waffen gemeldet, daß ihr euch heute mit Recht die Armee der jungen Kriegsfreiwilligen nennen dürft. In unerschütterlicher Treue zum Führer, zu unserem deutschen Volke, aber auch im fanatischen Haß gegen unsere Feinde rüstet ihr euch für den Entscheidungskampf um die Zukunft unseres Reiches. Als die jüngste Gefolgschaft Adolf Hitlers, dessen Namen ihr tragt, seid ihr der nie ver- siegende Kraftquell unserer stolzen, nationalsozialistischen Volksarmee. Der Tag der Wehrertüchtigung 1944 ist ein erneuter Be weis der Wehrfreudigkeit und der Siegeszuversicht der deut schen Jugend. E« lebe der Führer! Martin Mutschmann, Gauleiter und Reichsstatthalter. Ein« großzügige Regelung. Zweimal haben die von falschen Freunden irregeführten Polen im Ablauf dieses Krieges das Schicksal ihrer Millionen- stabt Warschau herausgefokdert und zum zweitenmal haben sie unter dem Hohn der Briten und Bolschewisten kapitulieren müssen. Ein Abschnitt des Kapitulationsvertrages behandelt die mit der Waffe am Kampf beteiligt gewesenen Mädchen und Frauen. Hier hat die deutsche Wehrmacht, über die Bestim mungen der Genfer Konvention vom 27. 7. 1929 hinaus gehen-, eine überaus großzügig« Regelung getroffen. Die weiblichen Mitkämpfer gelten ebenfalls als Kriegsgefangene und werden als solche in besonderen Lagern untergebracht. Auch die im Offiziersrang stehenden Mädchen und Frauen werden anerkannt. — Außer dem Führer der Aufständischen, General Bor-Komorowski, haben sich fünf weitere polnische Generale und geschlossen« Einheiten der Aufständischen in Stärke von 12 000 Mann der deutschen Wehrmacht ergeben. Mit dem Fahrrad vom Atlantik zu den Vogesen. NSK. (Kriegsberichter Willi Sämisch, PK.) In B. trafen wir den Matrosenobergefreiten M. aus Hamburg wieder, mit dem ich vier Wochen vorher auf einer Geleiffabrt durch die Biskaya an Bord unseres Minensuchbootes Kriegswache ge- gangen war. Wir sprachen in jener Nacht vom Krieg und von den Lieben daheim und von vielen Dingen, die ein Soldaten- her- bewegen. Schlicht und einfach erzählt er von seinen letzten Unternehmungen, von den Gefechten mit Zerstörern und Flug zeugen, bei denen es ost hart zuging. Währenddessen suchte er mit dem Nachtglas die Kimm ab. Wie alte Bekannte begrüßten wir uns. Das blaue Bord- päckchen hatte er mit dem Tropenzeug vertauscht. Aus dem von Staub und Schweiß verdreckten, von der Sonne gebräun ten Gesicht schauten uns blaue Augen lächelnd an. Umständ lich stellte er sein Fahrrad mit dem wenigen Geväck an die nächste Hauswan-, rückt« die Handgranaten unter dem Koppel zurecht und nahm die Maschinenpistole über die Schulter. Nach dem wir eine Zigarette angezündet hatten, sprachen wir Über Erlebnisse seit unserer letzten gemeinsamen Seefahrt. „Sie wissen ja, daß unser Minensuchboot bei einem Ge fecht gesunken ist. Gott sei Dank hatten wir keinen Toten, sondern nur Verwundet«, di« wir alle bergen konnten. Bon St. Nazaire wurden wir im Rahmen der Rückverlegung in Richtung Reichsarenz« in Marsch gesetzt. Mit Lastkraftwagen fuhren wir zunächst nach La Rochelle- da nördlich der Loi« da» Land -um Teil in der Hand nordamerikanischer Truppen war. Na, da» Fahren mit den Auto» war ja ganz nett, aber e« ist nicht» für einen Seemann, der nun mal Schiffsplanken unter den FÜß«n haben muß. Hinter La Rochelle hatten wir Pech, denn unser LKW. hatte eine Panne, deren Reparatur fünf Tage dauern sollte. Sie kennen ja unseren Kommandanten! Ist doch ein Pfunds- kerl. Was, warten sollen wir? sagte er. Kommt nicht in Frage! Werden mal sehen, was sich da machen läßt. Zudem werden die Lastkraftwagen ja auch für andere Zwecke dringend gebraucht. Weni« Stunden sväter war unsere ganze Bootsbesatzung mit Fahrrädern ausgerüstet. Wie der Alte das angestellt hat, ist uns heute noch ein Rätsel. Jeder verstaut« sein weniges Gepäck auf feinem Drahtesel, und ab ging es mit"„Dreimal A. K." in Richtung Poitier». Da wir alle gut bewaffnet waren — einige Maschinengewehre hatten wir für all« Fälle mitge nommen —, brauchten wir keinen Ueberfall zu befürchten. Oft hab« ich ja lachen müssen, wenn ich unseren „Verein" so durch die französisch« Landschaft rad«ln sah, aber schon nach wenigen Tagen gewHnt man sich an die neue Umgebung und an alle», wa» dies« Fahrt mit sich brachte. Wir kamen un» tatsächlich wie eine Radfahrschwadron des Heeres vor, und viele würden uns auch dafür gehalten haben, wenn wir nicht di« Abzeichen der Kriegsmarine getragen hätten. Weit auseinandergezogen fuhren wir durch das Land. Kur- vor B. erchieltrn wir au» dem Wald beiderseits der durch eine Baumsperre gesperrten Straße Maschinengewehr- feuer. Während unser Vortrupp von den Fahrrädern sprang und au» dem Straßengraben das Feuer erwidert«, kämmten der Haupttrupp und die Nachhut den Wald durch, dabei haben wir in kürzester Zeit das Nest ausgehoben. Im Laufe der nächsten Tage haben wir uns dann noch öfter mit Terroristen herumgeschlagen, wobei dann auch die ersten Ausfälle bei uns eintraten. Tagsüber griffen uns oft feindliche Jagdbomber an, doch erkannten wir sie immer rechtzeitig genug, um uns in Deckung bringen zu rönnen. Eine unliebsame Ueberraschung erlebten wir noch kurz vor D., wo wir auf der Landstraße von überschweren nord- amerikanischen Granatwerfern Feuer erhielten. Der Spuk dauerte allerdings nur kurze Zeit, da unsere „Tiger"-Panzer einen Vorstoß unternahmen und die Nordamerikaner vertrie ben. Ja, und jetzt sind wir hier. Morgen geht es weiter in Richtung Deutschland, wo wir ein neues Boot in Dienst stellen sollen." - Gedankenvoll schaut er in die Weit«, wo am blauen Him mel deutsche Jäger ihre Kreise ziehen. Dann findet er sich wieder in die Wirklichkeit zurück: „Wenn die Fahrt auch reich an Strapazen war, denn Radfahren Uber mehrere hundert Kilometer in Regen un- brennender Sonne, über Berg und Tal, ist für Seeleute nicht so einfach, so haben wir doch unsern unverwüstlichen Seemannshumor nie verloren. Wir haben uns nie unterkriegen lassen, und da» wir- auch in Zukunft nicht der Fall sein!"
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