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Adorker Wochenblatt. Mittheil««gen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Neunter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von dec Post: I Thaler, bei Beziehung des Blattes durch Botenqelcqcnbeit: 2» Neugroschen. »^20. Erscheint Me Mittwoche. 15. Mtti 18^4. Der Mor- seiner eigenen Kinder. Ein Blatt für Lie großen und kleinen Bier - und Itockenstubcn. Du sollst nicht tödten. Wer Blut vergießet, dcff Blut soll wieder vergossen werden. Mosaisches Criminalrecht. Wer die von ihm verursachte Tödtung in Folge eines mit Vorbedacht gefaßten Entschlusses, oder mit Ueberlegung ausgeführt hat, ist als Mörder mit dem Tode zu bestrafen. Art. I2l. des Criminalgcsctzbuchcs. Eine ohne Vorbedacht in aufwallcnder Leidrnschaft verübte Tödtung soll mit acht- bis zwanzigjähri ger Zuchthausstrafe ersten Grades geahndet wer den. Wenn jedoch der Getödtetc durch besonders schwere Beleidigungen oder thatliche Mißhand lungen den Thater zum Zorn gereizt hat, und dieser dadurch auf der Stelle zu der That hin gerissen worden ist, so kann der Richter bis zn vierjähriger Arbeitshausstraft herabgehcn, und ist ist" einem solchen Falle auf Zuchthausstrafe ersten Grades niemals zu erkenne». Art. 12j. desselben Gesetzbuches. Eine Mutter, welche ihr uneheliches Kind während der Geburt oder in den ersten vier und zwanzig Stunden nach derselben um das Leben bringt, ist mit vier- bis fünfzehnjahrigerZuchtbansstaa- fe zweiten Grades zu belegen.— Bei Abmessung der Straft ist vorzüglich zu berücksichtigen, ov sie den Entschluß zu Tödtung des Kindes schon vor der. Entbindung, oder erst während, oder nach demselben gefaßt hat. Ist jedoch mit Ge- rvißhüitz oder großer Wahrscheinlichkeit anzuneh- men, dgß:jdas-ftbcnd geborne Kind nicht lebens fähig wHr, so ist die, nach vorstehender Bestim mung verwirkte Straft auf die Hälfte herabzu- fetzen. ' Art. 126. desselben. Dor ungefähr sieben Jahren geschah in unserer nächsten Nähe etwas bis dahin niemals Dagewescnes. Ein armer Mann macht seine beiden Kinder, von de nen das eine ungefähr fünf, das andere sechs Jahre alt ist, mit Brandwcin trunken und füttert sie mit Rosinen. Nach diesem Hcnkcrsmalc geht er in die Nebenstube, zündet sich bei den Nachbarslcuten die Pfeife an, spricht unbefangene Worte und gebt bald zurück, um mit dem Nassirmesser seinen beiden schla fenden Kindern die Kehle abzuschneiden. Dies mit fester Hand gethan, stößt er das Erdäpfelloch in der niedrigen Stube auf, legt sich die Schlinge an den Hals, zieht die Füße an und hängt in der traurigen Mördergrube. — Ich hatte damals noch keine Kinder, wußte also nicht, was cs heißt, Dater sein, dachte auch nicht allzu tief und war als Advokat und sonst geneigt, Alles zu entschuldigen und — auf die Ver hältnisse zu schieben. Am Orte der That, wo die nackten, geschlachteten Kleinen mit offener Kehle (sie wären fett, wie die Heringe, äußerte ihre Mutter*) auf Stroh lagen, wo daneben, von den Füßen der brutalen, schaulustigen Menge gestoßen, der zusam men gekrümmte Leichnam ihres Mörders und Vaters lag, sah cs so elend, dürftig, schwarz und furchtbar aus, daß ich nur wünschte, hier die Zeloten gegen menschliches Elend und Verbrechen versammelt zu sc- ben , um zu hören, ob sic mehr verdammten, als be mitleideten. Mich, das gestehe ich, überkam der Schauer eines großen Volkstrauerspieles. An der Wand standen, von der Hand des Helden dieser Um gebungen, die Worte: „Das hab' ich Alles gethan gestern Abend spät." Hatte Grabbe oder ein anderer Dichter einen grö ßern Schluß seiner Tragödie finden können, als in kielen paar Worten lag k Welche Schwermut!), welch' aufgeloßtes Beugen unter der einhcrschrcitendcn Noth- wendigkcit, welcher Triumph des Endes in diesen we- *) Der Wahrheit freu. Versicherung des Einsenders.