Volltext Seite (XML)
202 wider Billigkeit beschwert, keine Wendung und Linderung erhalten und erbitten kann, Zuflucht zu einem Churfür sten des heiligen Römischen Reichs zu nehmen und dieß «bsi^nt! omni not» rt-KcIUonis." Diese Rechte wurden bis auf die neuere Zeit von den jedesmaligen Kaisern bei ihrem Regierungsantritt beschworen. Erst die Kai serin Maria Theresia hob sie im Jahr 1764 eigenmäch tiger Weise auf. Vielleicht jnoch ausgedehnter waren die Landesfrei heiten Baier ns, welche nebst dem vorzüglichsten der vorstehenden Befugnisse „eine gegenseitige bewaffnete Hilfsverbürgung aller Bürger gegen jede Verletzung des Rechts von irgend Wem" enthalten. So heißt es im Freiheitsbriese vom Jahre 1311: „Thäten wir das nit (nämlich wenn in einem Punkte die Verfassungs rechte verletzt und dieser Verletzung nicht abgeholsen würde), und kommt dann der Verletzte gegen den Vice- domb, Richter oder Amtmann in ein That, der soll er oder seine Helfer gegen uns keine Entgeltnuß haben und sollen halt alle unsere Grasen, Freyen, Dienstmann, Edel, Geistlich und Weltlich ihn des geholsen seyn." In der Urkunde von 1322 heißt es, für den Fall, daß die Rechte dieses Freibriefs vom Fürsten verletzt wür den: „So mögen sich alle Pfaffen, Laien, Grafen, Dicnstmann, Arm und Reich gegen uns setzen." Diese Rechte wurden auch nach eingeführter Erblichkeit des baierschen Regentenhauses von dem jedesmaligen Regenten vor dem Antritte seiner Regierung anerkannt und beschworen, und vom letzten König noch 1799 feier lich zugesagt. Auch im Würtembergischen, wie im Hannöverschen, gab es ähnliche Versassungsrechte, nicht minder in Böh men, wo sie erst nach der Schlacht am weißen Berge, wenigstens großentheils, verloren gingen, ingleichen in den Ländern, die sich allmählig an das preußische Für stenhaus angeschlossen. Letzteres bezeugt, mindestens von Brandenburg, Friedrich der Große selbst in seinen Me moiren für die brandenburgische Geschichte, wo er S. 62 sagt: „Die brandenburgischen Stände hatten bis aus Georg Wilhelm (1640) einen völligen Einfluß auf die Regierung. Man befragte sie über alle Staatsangelegen ¬ heiten und folgte ihrem Rath. Der Graf von Schwarzen« bürg (Minister) minderte später ihre Macht, die sie je doch niemals gemißbraucht hatten." So beweisen alle diese Nachrichten, die noch durch viele andere vervollständigt werden könnten, die Existenz von Repräsentativ-Verfassungen in Teutschland seit den frühesten Zeiten, die Existenz von Rechten, deren Forde rung man jetzt revolutionär nennen würde. Dies beweist aber auch zugleich, wie ungeschichtlich jene Souverainitätsdiener und Hofpublizisten verfahren, wenn sie den Fürsten und dem teutschen Volke vorfabeln wollen, daß das Repräsentativsystem ein sür Teutsch land sremdartiges Institut sey, welches von dem Aus lande uns zugekommcn, als unsern Sitten, Gebräuchen, Ansichten und Herkommen nicht angemessen anzusehen, oder wenigstens nach starker Beschneidung erst angcpaßt werden müsse! Auf der Grundlage des Vertrags beruhten alle Rechte der Fürsten, wie alle Pflichten der Unterthemen in Teutschland. Dies ist allein die „geschichtliche Unter lage" seines Staatsrechts. Von Gottes Gnaden gab es wenigstens sonst weder Rechte noch Verbindlichkeiten. Geographisches Räthfel. In einem Staate, dessen Name eben das Räthsel ist, trug sich vor Kurzem folgende — buchstäblich wahre — Geschichte zu: Die Schützengesellschast eines kleinen Städtchens baute ein neues Schützenhaus, und da dasselbe sich un mittelbar an einen starken, kühn hervorspringenden Stein (Felsen) lehnte, kam sie auf die Idee, demselben den Namen eines weit und breit hockverehrten Volksver treters (der einen Stein im Namen, bei jedem ächten Mann einen Stein im Brette hat, und einer gewissen Parthei schon längst ein Stein des Anstoßes ist) bcizu- legen. — Aus deshalb erstattete Anzeige wurde der Ge sellschaft vom bürgerfreundlichen Ministerium diese Benennung nicht nur nicht gestattet, sondern ihr auch