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A-orker Wochenblatt. M i t t h e i l u n g e n über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfter Jahrgang. VrciS für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 1« gr. SLchs., bei Beziehung de« Blattet durch Botcngclegenheit * 12 Gr. Süchs. Erscheint jeden Donnerstag. 22. Aug. 183». Reflexionen über Zensur. (Beschluß.) Wohl mag die wachende Preßpolizci Druckschrif ten und andere öffentliche Darstellungen von gefähr lichen oder doch gefährlich scheinenden (?) Gedanken in den Offizinen der Buchdrucker oder Buchhändler auf suchen . und einstweilen mit Beschlag belegen, damit die Verbreitung gehindert werde; allein der Nachthcil, der daraus nolhwendig hervorgeht, kann nur den Schuldigen, niemals aber den Unschuldigen treffen, wenn nicht Despotie herrschen soll. Besonderer Wäch ter der Preßpolizci aber bedarf cs gewiß nicht. Denn wer die Polizei auszuüben hat, nach ihrer Gattung, Hal auch ihrem Dienste sich zu widmen in jeder spe ziellen Funkzlon. Es muß dies von der Landes- und Stadtpolizei gelten. Nur möge man bei der Landcs- hchörde für diesen Zweig eine besondere Deputazion oder Sckzion erwählen, was man denn auch in grös sern Städten leicht nachahmcn kann. In kleinen Ort schaften, wo cs cntwcdcr nur eine oder wohl gar keine Presse gicbt, und das Augenmerk mehr auf die Verbreitung von andern schädlichen Gcdankendarstcl- lungen z. B. von sittenlosen und glaubcnverletzcndcn Liedern, Gemälden u. s. w. zu richten ist; da wird wohl jeder Stadtrath oder jede andere Polizeibehörde Kraft und Mittel genug besitzen, um zur Erreichung des Zweckes die richtigen Anstalten zu treffen. — Was nun endlich das Dritte anlangt, was der Preßpolizci eines Staates zukommt, daß dieselbe näm lich Vcrgehungcn gegen die öffentliche Wohlfahrt durch Darstellung allgemein schädlicher Gedanken auch zu richten und zu bestrafen hat; so muß dieselbe stets die erste oder summarische Untersuchung haben, wie dieses auch bei andern Polizewcrgchungen der Fall ist. Durch diese erste Untersuchung muß ermit telt werden, ob eine Schrift oder eine andere Dar stellung von Gedanken, welche als verdächtig mit Be schlag belegt worden ist, auch wirklich das ist, wo für man sie für den Augenblick ansehen zu müssen glaubte, nämlich gefährlich und verderblich für die öffentliche und allgemeine Wohlfahrt. Denn durch die nähere Untersuchung, welche so schleunig, als möglich anzustcllcn ist, kann sich oft auch das Gcgen- thcil ergeben, und sich zeigen, daß irgend ein ängst liches und mißtrauisches Polizcigemüth bei seiner De- nunziazion durch eine trübe Brille geblickt und eine Mücke vielleicht für einen Elephanten angesehen hatte. Nach dieser ersten Untersuchung kann dann erst von einer Bestrafung die Rede sein, vorausgesetzt, daß sich irgend eine Schuld hat ermitteln lassen. Frei lich wird diese Ermittelung der Schuld oder Nicht- Schuld nur von den subjektiven freieren oder beengte ren Ansichten des einzelnen Untersuchungsrichters ab hängen; allein das ist ein Einwand, welchen man zu jeder Zeit und in jeder anderen Beziehung zu machen hat, da nun einmal das vielleicht ursprünglich tcut» sche Institut der Geschwornengerichte für jetzt in Teutschland keinen Boden zu finden scheinet. Mag indessen dieser Ucbelstand auch fortbestehen, wenn nur die Bestrafung des Schuldigen keinem andern Gerichte als dem übcrlassrn würde, wclchcs mit der