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1Z4 Dankbarlich wurde dleß auch von der großen Zahl der Hörer anerkannt. Befriedigt und erbaut verließen sie den Ort der Aufführung und die Stadt. Hörten wir doch auS dem Munde gar mancher auch aus der Ferne Gekommener, daß sie weher die Mühe eines weiten Weges, noch den mäßigen Kostenaufwand scheuen würden, wenn e« „morgen wieder etwas Aehnliches für sie zu hören gäbe.". Und gewiß un verkennbar war die Aufmcrsamkeit und die Theil- nähme, mit welcher von sämmtlichen Zuhörern In der reichbesuchten Kirche dem Vortrage des großen Ton- Werks gefolgt wurde. Ja, das war freilich eine Musik, bei der der Hörer nicht aus der Wirklichkeit des Lebens herausgerifsen, sondern wobei er erst recht in diese Wirklichkeit hincinversetzt wird. Darum bleibt sie auch immer so ansprechend, so ergreifend für Jedermann. Daher bleibt es erklärlich, warum selbst so viele Landleute, die gekommen waren, um zu hören, den Geschmack an dem, waS man ihnen bot, bis zum letzten Augenblicke nicht verloren. Sie ist einfach und natürlich und doch so groß und erhaben, ists, wie die Natur selbst, der sie Hochgebildet ist, und ist somit der schönste Lobgesang auf die Gottheit, wie wir einen Zuhörer später sich darüber aussprechen zu hören Gelegenheit hatten. Sogen wir's nun. nach diesem allen endlich auch wagen, unS über die Aufführung ein kunstrichterlichcs Urtheil anzumaßcn? Nein, das 'überlassen wir be scheiden kompetenten Richtern, nur erlaubt möge es sein, noch anzuführen, welche Bemerkungen sich uns aufdrängten. So schien uns wohl zwischen den In strumentalisten und Dokalisten kein rechtes Verhält- niß zu bestehen, und namentlich kamen unS die Chöre als noch zu schwach bemannt vor. Doch würde der Versuch, sie zu verstärken, den Unternehmern auch größere Schwierigkeiten aufgelegt habcn, und dieser Umstand muß der billigsten Berücksichtigung Werth genannt werden. Daß aber diese Chöre jenem Mangel zum Trotz wenigstens ihre gute und kräftige Wirkung nicht versagten, war wohl lediglich der Wahl des Altarplatzes zu verdanken, der alü Ort der Auf führung allerdings zweckmäßiger und den Effekt be günstigender sein mußte, als das Chor, wo (noch ab gesehen von der Unzulänglichkeit dcS Raumes) doch jedenfalls die Schallwellen theils nach oben sich hätten wenden, thrils nur von den vorne anstehenden Sän gern und Instrumenten unmittelbar in daS Schiff der Kirche hätten dringen können, während jetzt ihr ' Schwung nach allen Richtungen des großen Raumes ausstrbmte. Einige kleine Unebenheiten beim Dor trage in Hinsicht auf Präzision, Einfallen der Stim men, wenige schleppende Stellen und Stimmung eini ges Blasinstrumente wollen wir, im Vergleich zudem, was im Ganzen geleistet wurde, vorzüglich aber in Erwägung, daß dieß die erste von dem Dirigenten übernommene große Aufführung war, gar nicht in Anschlag bringen. Dagegen gereicht es zu besonde rem Vergnügen, auf die Kräfte, welche zu Dienste standen, hinzuweisen und unter ihnen vorzüglich di« Namen eines E ich le r, Kästlz/r, Mahler, Höller, Fincke, Schulze, Wiesinger, Blum zu nennen, Anderen, die wir aus Unbekanntschaft mit ihren Namen ungenannt lassen müssen, unbeschadet. Was die Sänger der Solopartien betrifft, so kön nen wir uns ebenfalls nur vortheilhaft über sie aus sprechen. In Herrn Musikdircktor Schulze aus Zwik-' kau, der die Partie des Raphael übernommen hatte, lernten wir einen Sänger kennen, dessen volles und klangrelchcs Organ vielleicht zehn Jahre früher noch energischer gewirkt habcn mag, der aber auch jetzt noch durch Anmuth und Stärke in seinem Ge sänge fesselt, wenn wir gleich nicht unerwähnt lassen wollen, daß wir ihm um dieser Parthie willen noch einige Tiefe gewünscht hätten. Seine Äeklamazion fanden wir vortrefflich. Eben so sahen wir uns durch den Gesang des Herrn Kandidat Mollwiz sehr zufrie den gestellt, obwol uns seine Partie mehr Höhe zu fodern schien, als er ohne besondere Anstrengung zu geben vermochte. Schade, daß der als Gabriel auf tretende Sänger vom Terte zu wenig vernehmen ließ, zumal da sonst sein Gesang, wenn auch nicht vom vorzüglichsten Organ, doch von Kraft, guter Schule und Reinheit zeugte. Fräulein Jani, als Eva, dür fen wir wohl mit Recht eine freundlich, Erscheinung nennen. Die Biegsamkeit und Geschmeidigkeit ihres Organs, das Flötende ihrer Töne verdient schon jetzt unsere Anerkennung und verspricht uns für di, Zu kunft noch Vorzüglicheres. Unsere Erwartung wird unS nicht täuschen, wenn ,S ihr gelingt, sich mehr Unbefangenheit zu eigen zu machen und mit der Schönheit Ihres Gesanges vorzüglich mehr Kraft und Stärkt, wie sie ein volles Orchester immer erheischt,