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58 drnzen, dir jeder Völkerfreund sicher nur billigen kann, lassen sich In Folgendes zusammen fassen. Alle Völker und Staaten, deren gesellschaftliche Einrichtungen und Verfassungen auf gleichartigen Prinzipien beruhen, sind unter einander durch eine naturgemäße Gemeinschaft der Interessen verbunden, wie dieß oben in noch weiterem Umfange von allen Gliedern des heutigen Staatenssstems behauptet wur de, weil sich in allen je nach den verschiedenen Bil dungsstufen mehr oder minder ein gleiches Streben nach gesellschaftlichem Fortschrciten regt; — wie dies schon im fernen Alterthume der Helle Blick der prak tisch gebildeten Griechen erkannte, bei denen Staaten mit aristokratischer Verfassung nur mit aristokrati schen, demokratische nur mit demokratischen in Vünd- niß traten. Diesen Interessen muß in konstituzioncl- lcn Staaten nicht blos von Seite der Regierungen, sondern auch von Seite der ihr zur Mitwirkung bci- gegebencn Organe der Volksvertretung die sorgfäl tigste Aufmerksamkeit gewidmet werden; — mit an dern Worten: es muß an der Stelle oder mindestens neben der zeltherigen Kabinetsdiplomatie, die leider nur zu oft über das Geschick der Völker in unheim lichem Dunkel nach den einseitigsten Rücksichten und Willkürlichen Gutdünken verfügte, eine entsprechende Völkcrpolitik geschaffen werden, die nach festen sozia len Grundsätzen die Beziehungen der großen Familien der Menschheit unter einander zu deren Heile offen regelt, befördert und erweitert; zu deren Handhabung alS naturgemäße Folge des diesen Staaten zu Grunde liegenden politischen Prinzips die den Volkswillen ge setzlich ausdrückenden Körperschaften mltberufen sein müssen. Alles Forderungen, die schon bei der jetzigen konstituzionellen Praxis einigermaßen, wenn auch nicht genügend, anerkannt und befriedigt zu werden begon nen haben, sogar von oben herab durch die jedes maligen Beziehungen der Thron- und Eröffnungsreden auf die Verhältnisse zu den Nachbar - und andern Staaten. In dem vorliegenden Falle nun muß ins besondere das gegenseitige Verhältniß der Spannung zwischen Teutschland und Frankreich schwinden, einer Spannung, die sich in unsern Tagen zwar nicht mehr so sehr durch offenen Haß, dagegen aber durch eine noch weit schlimmere gegenseitige Nichtanerkennung und Achtlosigkeit äußert; eine Verpflichtung, der in unsern Tagen daS französische Volk noch mehr, alS das tcutsche nachzukommcn hat, damit ihm nicht länger deshalb, weil Böhmen auch über dem rechten Rhcinufcr liegt, Alles, was au Ze la Zu KKln, jen seits des Rheins, liegt und vorgcht, ein böhmisches Dorf sei, sondern es seine stammverwandten Nach barn würdigen lerne, deren Zukunft mit der seinigcn unauflöslich verknüpft sein wird; die mit ihm zusam men von der Natur und der Vorsehung zur Leitung der Geschicke Europas, mithin für jetzt der ganzen kultivirten Erde, berufen scheinen. Eine Politik in dem angegebenen Sinne darf sich aber nicht nach Art der althergebrachten auf bloss theoretische Grundsätze beschränken, oder unter vieldeutigen und deshalb Nichts bedeutenden Worten vermänteln, sondern alS reines belebendes Element Glück schaffend in den Kreis der gegebenen Verhältnisse eintreten, damit sie nicht der Vorwurf treffe, der in der spöttischen Bemerkung des russischen Gesandten zu Paris, des Grafen Pah» len, liegt, die er über den die Unabhängigkeit Polens betreffenden Paragraphen der Addrcssc der französi schen Abgeordnetenkammer an den König im Jahre ^838 machte: „es ist nur eine Redensart mehr;" damit ihre Aktenstücke nicht nach Art des Quadrupel- Vertrags der westeuropäischen konstituzionellen Mächte zur diplomatischen Makulatur herabsinken. Wohl mögen die ausgestellten Grundsätze zahlreiche Tadler finden. Gegen sie genüge die einfache Bemer kung, daß ohne Ihre Anerkennung auch der einstim mige kräftige Beschluß der teutschen Volksvertretung (man entschuldige diesen Ausdruck!) zu Gunsten der Aufrechthaltung des durch einseitige Willkühr aufge hobenen Staatsgrundgesstzes von Hannover einer gleichen Mißbilligung unterliegen würde, in welche doch kein Freund des Rechts und der Ordnung wird cinstimmen wollen, außer die „Partei der Verstock ten" und „der Feigen," wie sie Prof. Ewald, der verbannten Göttinger Einer, so treffend brandmarkt*), gegen die man kein Wort zu verlieren braucht, da man sie zu überzeugen weder hoffen, noch wünschen kann. Doch halten wir es nicht für überflüssig, zum Schlüsse als treffenden Beleg für die entwickelten An sichten die Worte des ausgezeichnetsten unter den Mitgliedern der bairischen Abgeordnetenkammer von ') Worte an Herrn Klcnze in Hannover. Von H. Ewald. Basel, in der Schweighäuserschcn Buchhandlung. ISS«. S. 32 —SS.