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diejenige Kenntniß und Wissenschaft anzucignen, ohne welche daS gesellschaftliche Leben im Staate nur halb genossen werden kann. Das Alles kostet freilich Geld, ist nicht umsonst zu haben. Ahcr gewöhnlich läßt man eS nur bei dem, was nöthig ist, nicht bewenden, oder man bildet sich ein, Manches sei nöthig, was davon Himmelweit entfernt ist. Blickt der geneigte Leser auf die Millionen, welche in den verschiedenen Staaten nur allein in Europa für daS Heer der Beamten, für eine zahlreiche Soldateska, zu Ausstattung der glänzenden Hofhaltungen gebraucht werden, so wird es ihn freilich bedünkcn wollen, daß Manches anders sein könnte. Jndeß mag der ge neigte Leser seine Gedanken darüber bei sich behalten, sowie er es denn auch billig finden wird, daß wir ein Gleiches thun. Aber das dürfen wir wahr scheinlich — und weil wir es dürfen, so woll«n wir es auch — sagen, daß, wenn — die stehenden Heere und die Staatsschulden nicht wären, unsere Abgaben mindestens um die Hälfte verringert werden könnten. Nun werden freilich Manche sagen: das ist Alles recht gut, aber die stehenden Heere können wir nicht entbehren, wenn wir nicht total geschlagene Menschen sein wollen. Nun — wir wollen uns jetzt darüber in keinen Streit einlaffen; wir sagen blos, wenn wir sie nicht hätten, so brauchten wir nicht so viel. Auch kann man einwenden, wenn der Staat Schulden hat, so muß er sie doch bezahlen; eS kann folglich auch darin nichts geändert werden. Sehr richtig. Aber woher sind die Schulden der verschiedenen Staaten entstanden, wenn wir fragen dürfen? Haben sie etwa die Völker gemacht, um ihr Glück zu befördern? O nein.' o nein! o nein! Str sind fast überall sogar ohne alles Zuthun der Völker kontrahirt worden. Die Mächtigen dieser Erd, haben sie gemacht, nm — Ihre Staaten zu be schützen, also — um mit einander Krieg zu führen. Die Völker hatten fürwahr in der Regel kein In teresse weiter dabei, alS daß sie nebenbei daS Blut ihrer Kinder opferten und ihre Saatfelder zu Schlachtfeldern Hergaben. Doch — Ruhe ist die erste Bürgerpflicht. Darum machen wir einen Sprung. Ätzer das Schuldenwescn der Staaten ist in der That für den Abgabenpflichtigen etwas Bangenerregendes. Die Schuldenlast ist in vielen Ländern so groß, daß, wen» noch 100 Jahre Frieden wäre, an eine gänz liche Tilgung derselben dessenungeachtet nicht gedacht werden könnte. Und glaubst Du, lieber Leser, daß die Konferenzen und die Protokolle und die Redens arten in den Thronreden und die gegenseitigen Freund- schaftsversicherungen der Großen und die musterhafte Geduld der Kleinen in Wahrheit so nachhaltig ein- wirken wird, daß von jetzt an überall noch loojäh- riger Friede und Freundschaft sein soll? — Der be rühmte Engländer David Hume sagt: „es ist „nothwendig, in Fricdenszeitcn für die Kriegsbe- „dürfnisse zu sorgen, und im Voraus Schätze, alS „Werkzeug, der Eroberung und Vcr/Hcidigung, zu „sammeln, ohne sich auf außerordentliche Auflagen „zu verlassen, noch weniger in unruhigen und ver wirrten Zeiten zu borgen," und rühmt diese Ge wohnheit vorzüglich an den Alten. Doß wir Neu linge diese Regel nicht befolgen können, wenn wir nicht rin Paar Dutzend Staatsbankerotte machen, liegt auf der Hand. Der Karren ist einmal verfah ren. Ehe wir unsere Staatsschulden auf dem künst lichen Wege der Tilgungsplane und Sinking - Fonds bezahlen können, haben wir die Ruhe schon längst wieder satt und unS iü ein halbes Dutzend Kriege verwickelt, die nicht blos das Leben unserer Söhne, Väter und Brüder, sondern auch wieder Geld, viel Geld, viel Geld kosten, und zu denen wir also oder vielmehr unsere Oberherrrn wieder neue Staats schulden machen werden. — In den ältesten Zeiten unserer jetzigen Staaten bestritten die Fürsten ihre Ausgaben und den Auf wand für die Leitung des StaateS aus den Einkünften ihrer Kammergütcr, der Zölle und der Regalien. Ordentliche Steuern waren damals nicht gewöhnlich. Ward der Landesherr in einen Krieg verwickelt, so mußte sich der Adel mit seinen Knechten bewaffnen, waS Im Nothfalle auch die Städtr mit ihren Bürgern thaten. Späterhin vergrößerten sich die Bedürfnisse deS Staates immer mehr und mehr. Der Aufwand für die fürstliche Hofhaltung erforderte größere Sum men, alS jemals, die Ausstattung der Prinzessinnen wurde kostbarer, Festungen mußten angelegt un» unterhalten werden, durch wiederholte Kriege wurden die fürstlichen Kassen erschöpft, es erfolgte die Ein führung der stehenden Heere, die Errichtung von Landeskollegien, die Unwrhaltung auswärtiger Ge sandtschaften und die Erfindung anderer ähnliche