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die romantische Thorheit derjenigen, die, gegen den Strom schwimmend, an der Monarchie noch festhal ten, nachdem sie, seiner Meinung zufolge, außer Mo de gekommen ist, und die eine glühende Liebe zu Ihrer Person kund geben, wenn der Schwachsinn Ihrer Rath geber Ihre Krone gefährdet haben wird, re." Wenn die jetzt noch vergönnte Frist verschwendet wird auf armselige Auskunftsmittcl, um ein zusammenfallcndes Sistem zu stützen, ohne einen Stützbalken von der einzigen Seite "herzuholcn, wo gesundes Zimmerholz zu haben ist — aus dem Volke; so sehe ich noth wendig weder ruhiges Glück für Ew. Majestät Tage, noch dauernde Sicherheit für die Monarchie voraus. Finden dagegen die Lehren politischer Weisheit, welche die Erfahrung aller Jahrhunderte lehrt, geneigtes Ge hör, und wird der Muth, der kluge Muth gezeigt, die Regierung auf eine breite, haltbare und populäre Grundlage zu stellen, ohne die, möge im Amte sein wer da will, England nach innen und nach außen in hoffnungsloser Lähmung kranken muß, dann, ja dann bin ich überzeugt, wird ein so gegründetes Gebäude jedem Stoße trotzen; dann betrachte ich Ew. Majestät Herrschaft nicht nur als vollkommen gesichert, son dern auch als unsäglich ruhmvoll, und Ihr Volk als endlich von all' den Gefahren befreit, die es jetzt um ringen. Möge der allmächtige und allweisc Lenker der Geschicke, er, In dessen "Hand die Herzen der Menschen liegen, Ihr Herz mit Weisheit und Kraft zu diesem Ende begnadigen, das ist das heiße Gebet zedes wahren Volksfreundes." So darf ein „Unterthan" In England zu seiner Königin sprechen; solche Urtheile darf man in Eng land selbst über die obersten Staatsbeamten laut und öffentlich äußern! Nur keine Mäßigkeitsvereine! Die Regierung von Brobdignak *) hat vor Kurzem eine Massregel getroffen, die, wenn überhaupt noch irgend rin Zweifel über die Weisheit und Humanität derselben vorhanden wäre, diesen aufs Kräftigste und Bündigste widerlegen würde. Man erstaunt, wie weit die sogenannten zivilisirtcn Staaten mit all' ihrer ge priesenen Staats - und Regierungsweisheit dagegen noch zurück sind. — Die obengenannte Regierung hat nämlich durch ein Hattischerif **) alle Mäßigkeits- Vereine im ganzen Reiche aufgehoben und verboten. — Um nun aber die Leser dieser Blätter in den Stand zu setzen, die Nützlichkeit und Zweckmäßigkeit dieser MaaSregel gehörig würdigen zu können, erlau ben wir uns, auf die Vortheile, die dieselbe für den Staat im Allgemeinen unbezweifelt herbciführen, so wie auf die Nachtheile, die sie von mehren Klassen der brobdignakschen Staatsbürger abwenden wird, in aller Kürze aufmerksam zu machen. ') S. vr. GuIlliverS Reisen. Mandat, Verordnung oder so «twat. Bekanntlich sind alle in der Welt bestehenden Mäßigkeitsvereine nur allein gegen das Branntwein- trinken gerichtet. Denn wer Wein hat, oder Geld, um welchen zu bezahlen, dem bleibt es unbenommen, soviel davon zu trinken, als er vertragen kann — oder auch mehr. Eben so bekannt ist es aber auch, daß in allen Staaten auf die Produkzion des Brannt weins sehr hohe Steuern gelegt sind und daß somit dieser Industriezweig den Staatskassen bedeutende Ein nahmen gewährt. Nun ist es aber klar, daß wenn, wie die Stifter der Mäßigkeitsvereine wollen, kein Branntwein mehr getrunken wird, auch keiner mehr gebrannt zu werden braucht; wird kein Branntwein mehr gebrannt, so wird auch keine Steuer davon be zahlt; geht keine Branntweinsteuer ein, so entbehrt die Staatskasse einen ihrer bedeutendsten Zuflüsse, und da doch die dringendsten Bedürfnisse des Staats, z. B. der Aufwand für das stehende Heer, die Thea ter, Museen, Pina - Glypto - und andere Theken, Reisen, Bauten und dergl. mehr, von den getreuen. Umerthsnen aufgebracht werden müssen; so würde jedenfalls der Ausfall an der Branntweinsteuer durch Erhöhung der Abgaben auf andere Gegenstände, z. B. Brot und Erdäpfel, oder wol gar auf Wein, Rum, Gänseleber - Pasteten u. s. f., ausgeglichen werden müssen, wovon das Erstere den Armen, Letzteres den Reichen vielleicht unangenehm sein 'möchte. Aus dem eben Gesagten werden die geneigten Leser d. Dl. die Nützlichkeit und Zweckmäßigkeit der brod- dignakschcn Massregel für den Staat überhaupt wol zur Gnüge erkannt haben und es bleibt uns nur noch übrig, die Nachthelle In Rede zu stellen, welche jene Massregel von einzelnen Klassen von Staatsbürgern abwendct. Nehmen wir zuerst den Schaven der Ge richte und Advokaten, den diese, wenn die Mäßigkeit unter den Staatsbürgern einrissc und das Schnaps- trinken aufhörte, unfehlbar erleiden würden. Jeder, der, wie Einsender dieses, mit der Tendenz und den Wirkungen des Branntweintrlnkens vertraut ist, wird zugcstehen, daß es nicht wol möglich Ist, darinnen, waS man so sagt, Maas und Ziel halten. Sagt doch schon Salomo, daß man davon wol zuviel, niemals aber genug bekommen könne. Hat man aber ein mal zuviel, so kreißt das Blut schneller.und feuriger durch die Adern, man fühlt sich größer, stärker, rei cher, angesehener, klüger, als sonst; man setzt alle kleinlichen Rücksichten gegen seine Mitschnapstrinker, die sich In ähnlichem Zustande befinden, aus den Au gen. Es entsteht Streit — man schimpft und wird geschimpft — man schlägt und wird geschlagen. Aus geschlafen am andern Morgen, erinnert man sich wol dunkel, was einem am vorigen Abend wiederfabren Ist, kann sich aber durchaus nicht besinnen, was man selbst gethan hat. So viel steht fest, man ist belei digt worden und das erheischt Rache und Genug- thuung. Man geht daher zum Advokaten, läßt sich für Geld und gute Worte eine Klage fertigen und reicht diese bei den Gerichten ein. Nun dauerts aber gar nicht lange, so erhält man eine Gegenklage und er-